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Verfahren zur Herstellung von wasserlöslichen therapeutischen Mitteln
mit baktericider bis bakteriostatischer Wirkung Die Erfindung betrifft ein Verfahren
zur Herstellung von wasserlöslichen Chemotherapeuticis, welche je nach den angewandten
Bedingungen und Konzentrationen bakteriostatischbis baktericid wirken, ohne auf
dem oder im Körper Nebenwirkungen hervorzurufen.
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In nicht zum Stand der Technik gehörenden Vorschlägen wurde gezeigt,
daß die bakteriostatische bis baktericide Wirkung der Ascorbinsäure oder ihrer Salze
im Organismus erhalten oder erheblich gesteigert werden kann, wenn man sie mit den
Säurechloriden von freie Mercaptogruppen enthaltenden Aminocarbonsäuren, z. B. Cystein,
oder deren Derivaten oder Salzen, oder mit Säurechloriden von natürlich vorkommenden
Aminocarbonsäuren oder deren Derivaten oder Salzen, auch wenn sie keine freie Mercaptogruppen
enthalten, wie z. B. Säurechloriden von Methionin, Alanin, Tyrosin oder Glutaminsäure,
umsetzt.
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Durch diese Maßnahmen gelingt es, die Ascorbinsäure vor dem fermentativen
Angriff im Organismus so zu schützen, daß ihre baktericide Wirkung voll zur Geltung
kommt. Das Ferment Ascorbinase ist offenbar nur dann in der Lage, die Ascorbinsäure
zu oxydieren und dadurch unwirksam zu machen, wenn diese in freier Form vorliegt.
Verknüpft man jedoch die Ascorbinsäure in geeigneter Weise mit anderen, ebenfalls
körpereigenen Substanzen, so kann sie nach therapeutischer Applikation durch diesen
Schutzeffekt ihre hervorragende baktericide Wirkung z. B. gegen Pneumokokken, Streptokokken
und Staphylokokken voll entfalten.
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Es ist auch bekannt, daß die Ascorbinsäure durch Bindung an Harnstoff
stabilisiert werden kann, und daß der Harnstoff bei zusätzlicher Bindung an Aminocarbonsäuren
seine stabilisierende Wirkung gleichzeitig auf diese auszudehnen vermag. Die Stabilisierung
der Ascorbinsäure ist dabei nicht auf die Wechselwirkung zwischen Ascorbinsäure
und Aminocarbonsäure, sondern ausschließlich auf die Wirkung des Harnstoffs, dessen
Anwesenheit nach dem Stande der Technik für unbedingt erforderlich gehalten werden
mußte, zurückzuführen.
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Es ist außerdem ein Verfahren zur Herstellung haltbarer wäßriger Lösungen
von Ascorbinsäuresalzen des Histidins durch Lösen der beiden Komponenten in Wasser
unter Luftabschluß bekannt. Wahrscheinlich entstehen hierbei komplexartige Bindungen,
die eine gewisse gegenseitige Stabilisierung der beiden Komponenten bewirken. Wie
die durchgeführten Versuche zeigten, tritt bei solcher Bindung der Ascorbinsäure
an Aminocarbonsäuren von der Art des Histidins oder Alanins auch eine Stabilisierung
der Ascorbinsäure gegen die fermentative Oxydation derselben im Körper ein. Es wurde
nun gefunden, daß sich dieser Schutz der Ascorbinsäure vor fermentativer Oxydation
im Körper gegenüber dem durch eine komplexartige Bindung an Aminocarbonsäuren von
der Art des Histidins, Alanins erzielbaren Schutz erheblich steigern läßt, wenn
man von nativen, schwefelhaltigen, insbesondere freie Mercaptogruppen enthaltenden
Aminocarbonsäuren, wie Cystein, Homocystein, Glutathion oder ihren Salzen, z. B.
den Hydrochloriden, ausgeht und diese komplexartig an die Ascorbinsäure bindet.
Solche Bindungen werden nach der Erfindung durch Erwärmen der Ascorbinsäure oder
des Metallsalzes derselben mit der nativen, schwefelhaltigen Aminocarbonsäure oder
dem Salz derselben in einem inerten organischen Lösungsmittel auf Temperaturen zwischen
30 und 100° erhalten. Vorzugsweise erfolgt die Erwärmung längere Zeit, d. h. 30
Minuten bis mehrere Stunden. Ein für die Durchführung des Verfahrens geeignetes
Lösungsmittel ist z. B. absoluter Alkohol. Die Reaktion wird mit besonderem Vorteil
unter Ausschluß von Luftsauerstoff durchgeführt, der durch Überleiten oder Hindurchleiten
von reinem Stickstoff oder einem anderen inerten Gas von der Reaktionsmasse ferngehalten
wird.
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Beispiel 1 3,22g sorgfältig getrocknetes Cysteinhydrochlorid löst
man unter Rühren in 400 ml absolutem Äthylalkohol.
Bei einer Temperatur
von 40° gibt man eine Suspension von 3,96 g -Natriumascorbinat in 100 ml absolutem
Äthylalkohol zu, rührt unter einer Stickstoffatmosphäre 21/z Stunden bei 40° und
läßt über Nacht bei Raumtemperatur stehen. 1,7 g vorwiegend aus Natriumchlorid bestehender
Niederschlag werden daraufhin abgesaugt. Das Filtrat engt man bei schwachem Vakuum
und einer Badtemperatur von nicht über 40° unter Durchleiten von Stickstoff bis
zu einem Volumen von etwa 130 ml ein, wobei sich die Lösung zu trüben beginnt, gibt
260 ml trockenen Äther zu und läßt 10 Stunden bei Kühlschranktemperatur stehen.
Der so erhaltene weiße, amorphe Niederschlag beträgt etwa 1,6 g, ist leicht löslich
in Wasser und wenig löslich in den meisten organischen Lösungsmitteln. Aus der analytischen
Untersuchung resultiert ein geringer, schwer abtrennbarer Gehalt an Natriumchlorid
und als Hauptprodukt eine Verbindung der beiden Ausgangskomponenten Ascorbinsäure
und Cystein in bisher unbekannter Bindungsform, wie z. B. der gefundene Schwefelgehalt
von 9,9% S (berechnet 10,6%) zeigt. Die gewonnene Verbindung ist jedoch nicht identisch
mit jenem Gemisch oder Salz, das z. B. durch Einengen einer wäßrigen Lösung von
je einem Molgewicht Cysteinhydrochlorid und Natriumascorbinat oder Cysteinbase und
Ascorbinsäure entsteht. Dies ergibt sich einerseits eindeutig durch das Ultraviolettspektrum.
Das Spektrum der erfindungsgemäß gewonnenen Substanz zeigt ein scharfes Maximum
bei 245 m[,, während das erwähnte Gemisch oder Salz ein solches deutlich getrennt
bei 265 m#t aufweist. Noch überzeugender ist der biologische Vergleich der beiden
Stoffe. Die erfindungsgemäß erhaltene Verbindung entfaltet an mit Streptokokken
oder Pneumokokken infizierten Mäusen bei intraperitonealer Verabreichung eine außerordentliche
baktericide Wirksamkeit. Das genannte Vergleichsprodukt hingegen bleibt wirkungslos
bzw. zeigt nur den bekannten geringen bakteriostatischen Effekt der Ascorbinsäure.
Beispiel 2 1,49 g feinpulverisiertes Methionin werden mit 200 ml absolutem Äthylalkohol
versetzt und durch Zugabe von weiteren, insgesamt 0,36 g Chlorwasserstoff enthaltenden
20 ml Äthylalkohol unter Schütteln und leichtem Erwärmen in Lösung gebracht. Die
noch etwa 40° warme Lösung versetzt man mit einer Suspension von 1,98 g Natriumascorbinat
in 20 ml absolutem Äthylalkohol und schüttelt nach Verdrängen des im Gefäß enthaltenen
Sauerstoffes durch trockenen, reinen Stickstoff 30 Minuten bei einer Temperatur
von 40°. Nach Abkühlen filtriert man vom Ungelösten, engt das Filtrat bei schwachem
Vakuum bis auf 75 ml ein, gibt 250 ml trockenen Äther zu und läßt 48 Stunden bei
Kühlschranktemperatur stehen. Es scheiden sich daraufhin 0,7 g feine, schuppenförmige,
farblose Kristalle aus, die sich ab 200° leicht bräunen, aber bei 260° noch nicht
geschmolzen sind. Der Stickstoffgehalt der gefundenen Verbindung beträgt 4,5%, der
Schwefelgehalt 10,30/0.
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Die baktericide Wirkung der nach dem Verfahren der Erfindung erhaltenen.
Produkte ergibt sich aus folgenden bakteriologischen Untersuchungsbefunden: Mäuse
wurden mit der 20fachen Dosis letalis minima einer hochvirulenten, vom Menschen
stammenden Bakterienkultur von Staphylococcus aureus haemolyticus intraperitoneal
infiziert. Die Versuchstiere erhielten daraufhin in Zeitabständen von bis zu 4 Stunden
nach der Infektion auf gleiche Weise Lösungen der obigen Reaktionsprodukte in physiologischer
Natriumchloridlösung verabreicht. Es zeigte sich dabei, daß noch Dosierungen zwischen
0,050 und 0,3 mg pro Maus (deren Gewicht durchschnittlich 10 bis 15 g betrug) ausreichten,
die Tiere ohne toxische Folgeerscheinungen am Leben zu erhalten.
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Vergleichsweise ist zu sagen, daß eine entsprechende Schutzwirkung
durch Sulfonamide erst mit etwa 12 mg pro Maus zu erreichen ist, während eine vergleichbare
Wirkung durch Antibiotika (Terramycin, Aureomycin) bei Lösungen zwischen 0,020 und
0,2 mg erzielt wird. Besonders bemerkenswert ist ferner, daß ähnliche Untersuchungsbefunde
mit den nach der Erfindung hergestellten Substanzen auch bei Infektion der Versuchstiere
mit Pneumokokken und Streptokokken erreicht wurden.
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Mischt man dagegen Cysteinhydrochlorid und Ascorbinsäure bzw. Natriumascorbinat,
z. B. durch gemeinsames Lösen in physiologischer Natriumchloridlösung, so läßt sich
in den angegebenen, bei den Produkten des Verfahrens nach der Erfindung wirksamen
Dosierungsbereichen keine baktericide Wirkung erzielen, vielmehr starben die Versuchstiere
dabei ebenso wie die Kontrolltiere. Unsichere positive Ergebnisse derartiger Gemische
wurden erst bei 200-bis 500facher Höherdosierung beobachtet.
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Die Unterschiede in der therapeutischen Wirkung der nach dem Verfahren
der Erfindung aus freie Mercaptogruppen enthaltenden Aminocarbonsäuren und Ascorbinsäure
erhaltenen Produkte gegenüber den einfachen Gemischen der Ausgangsstoffe und insbesondere
auch gegenüber den aus nicht schwefelhaltigen Aminocarbonsäuren und Ascorbinsäure
erhaltenen Komplexverbindungen sind aus den folgenden bakteriologischen Versuchsreihen
deutlich zu erkennen Mäuse mit einem Durchschnittsgewicht von 12 g wurden mit einer
mehrfachen Dosis letalis eines hochvirulentenBakterienstammes vonStaphylococcus
aureus haemolyticus intraperitoneal geimpft. Nach 1 Stunde erhielten die Tiere die
in der untenstehenden Tabelle angegebenen Mengen folgender Präparate in physiologischer
Natriumchloridlösung in den bezeichneten Konzentrationsreihen verabreicht.
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Präparat Nr. 3g: Reaktionsprodukt nach Beispiel 1. Präparat Nr. 11g:
Gemisch von Cysteinhydrochlorid und Natriumascorbinat im molekularen Verhältnis.
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Präparat Nr. 19g: Aus folgender Reaktion erhaltenes Produkt: 0,89
g d,1-Alanin und 1,76 g Ascorbinsäure werden gemeinsam in 3,5 ml destilliertem Wasser
bei Raumtemperatur gelöst. Zur Lösung gibt man 15 ml Äthylalkohol und hält das Reaktionsgemisch
unter einer Stickstoffatmosphäre 2 Stunden auf einer Temperatur von 45°. Nach Abkühlen
auf Raumtemperatur versetzt man die Lösung mit 40 ml trockenem Äther und läßt wiederum
unter Stickstoff 10 Stunden bei Kühlschranktemperatur stehen. Die Fällung, ein helles,
wasserlösliches Pulver, beträgt etwa 1,7 g. Der Stickstoffgehalt der erhaltenen
Verbindung beträgt 5,12% und damit etwa die berechnete Menge für eine Verbindung
aus je einem Mol beider Ausgangskomponenten mit der angenommenen Bruttoformel C.H1508N.
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Die jeweiligen Grenzen der Schutzwirkung sind aus den Bezeichnungen
L = lebend (nach 48 Stunden) und -I- = tot ersichtlich. Die nicht nachträglich behandelten
Kontrolltiere waren in allen Versuchen nach 3 bis
5 Stunden schwer
krank und nach 5 bis 15 Stunden sämtlich tot.
Tierversuch (Maus) |
Präparat I Dosis (mg) I Testkeim I Ergebnis |
Streptococcus |
3 g 20 haemolyticus L |
3 g 10 desgl. L |
3 g 5 desgl. L |
3 g 2,5 desgl. L |
3 g 1,25 desgl. L |
3 g 0,625 desgl. L |
3 g 0,3125 desgl. L |
3 g 0,1562 desgl. L |
3 g 0,075 desgl. L |
3 g 0,0375 desgl. L |
Streptococcus |
11g 20 haemolyticus L |
11g 10 desgl. -I- |
11 g 5 desgl. -I- |
11 g 2,5 desgl. -f- |
11 g 1.25 desgl. |
Streptococcus |
19 g 20 haemolyticus L |
19 g 10 desgl. L |
19 g 5 desgl. L |
19 g 2,5 desgl. L |
19 g 1,25 desgl. -I- |
19 g 0,625 desgl. |
Bemerkenswert ist besonders für die Reaktionsprodukte aus Cystein und Ascorbinsäure,
daß die Tiere trotz der schweren Intoxikation keine Krankheitserscheinungen, keine
nachträglichen Todesfälle und bei der Sektion auch keine Organveränderungen zeigten.
Diesen Verbindungen ist in Anbetracht ihrer innerhalb des Bereiches der Antibiotika
(Penicillin, Terramycin, Aureomycin) liegenden baktericiden Wirksamkeit, ihrer toxikologischen
Harmlosigkeit und ihrer gegenüber den Antibiotika unvergleichlich besseren Zugänglichkeit
ein außerordentlicher therapeutischer Wert zuzusprechen. Den Produkten aus schwefelfreien
Aminosäuren und Ascorbinsäure ist gewiß ein therapeutischer Wert nicht abzusprechen,
doch reicht ihre Wirkung bei weitem nicht an diejenige der nach der Erfindung erhaltenen
Produkte heran.