-
Verfahren zur Aufarbeitung von säurehaltigen nitrierten organischen
Verbindungen Wenn Glycerin, Glykol, Benzol, Sorhit, Toluol oder andere organische
Substanzen nitriert werden, wird ein Rohprodukt erhalten, das von der hinterbleibenden
Nitriersäure ahgetrennt wird. Dieses Rohprodukt enthält Salpetersäure - in manchen
Fällen bis zu 15 0/o - und eine geringe Menge (<10/o: Schwefelsäure und wird
deshalh durch Waschen mit Wasser oder wäßrigen Lösungen von im allgemeinen Natriumcarhonat,
Natriumhydroxyd oder Ammoniak gereinigt. Ein Teil der nitrierten Substanz sowie
die im Rohprodukt gelöste Salpetersäure gehen im allgemeinen bei diesem Waschen
verloren.
-
In der deutschen Patentschrift 523 883 wird ein Verfahren beschrieben,
hei dem die freien Säuren in diesen nitrierten Produkten durch direkte Neutralisation
der säurehaltigen nitrierten Produkte mit gasförmigem Ammoniak oder mit Ammoniak,
der in einem Teil des nitrierten, durch Waschen von den Säuren befreiten Produktes
gelöst ist, ausgenutzt werden. Dabei bildet sich ;Änmoniumnitrat, das in Suspension
in der Verhindung verbleibt und somit eine Komponente des Explosivstoffes bildet,
für den das nitriert Produkt bestimmt ist. Auf Grund der Schwierigkeiten, die von
der Reaktion erzeugte Wärme zu steuern - die ohne I(ühlung die Temperatur um nahezu
1000 steigern kann - und die Ammoniakmenge zu dosieren, hat sich dieses Verfahren
als praktisch unbedeutend erwiesen. Es wurde die Bildung instabiler Produkte festgestellt,
die die Gefahren beim Lagern des Explosivstoffes, hesonders in Gegenwart von überschüssigem
Ammoniak, erhöhen.
-
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Aufarheitung
von säurehaltigen nitrierten organischen Produkten, wie säurehaltigem Nitroglycerin-Nitroglykol,
wobei diese Produkte durch den Zusatz einer Mischung aus Ammoniak oder organischer
Base und Ammoniumnitrat neutralisiert werden. Bei der Herstellung der Ammoniak-Ammoniumnitratmiscllung
wird Ammoniak in Ammoniumnitrat aufgelöst, vorzugsweise bei niedriger Temperatur,
heispielswei se unterhalb 200, um das Entweichen des Ammoniaks zu verhindern. Die
Ammoniak-Ammoniumnitratmischung kann an Ammoniak gesättigt sein oder weniger Ammoniak
enthalten. Der Ammoniak kommt vorzugsweise in Form von wasserfreiem oder gasförmigem
Ammoniak oder konzentriertem flüssigem Ammoniak zur Verwendung. Das Ammoniumnitrat
besteht vorzugsweise aus handelsüblichem kristallisiertem Ammoniumnitrat. Der Grund,
weshalb ein niedriger Wassergehalt in dem Ammoniak und dem Ammoniumnitrat verwendet
wird, besteht darin, daß der Wassergehalt des herzustellenden Sprengstoffes unterhalb
von l,50/o gehalten werden soll.
-
Die organische Base, die zur Neutralisation des säurehaltigen nitrierten
organischen Produktes verwendet wird, besteht vorzugsweise aus Aminen oder Amiden,
beispielsweise Harnstoff, Anilin, Guanidin, Naphthylamin oder Hexamethylentetramin.
Bei der Neutralisation nach diesem Verfahren, beispielsweise mittels Harnstoff,
wobei sich Harnstoffnitrat bildet, entsteht wesentlich weniger Wärme, als wenn die
Salpetersäure mit Ammoniak allein neutralisiert wird.
-
Harnstoff ist ein üblicher Stabilisator für Explosivstoffe, und ein
Überschuß daran bringt nicht die unerfreulichen Eigenschaften von Ammoniak mit sich,
sondern ist sogar erwünscht. Um die Neutralisation der Säuren in dem rohen säurehaltigen
nitrierten Produkt zu beschleunigen, ist es angebracht, diese Basen in Form einer
geschmolzenen, vorzugsweise eutektischen Mischung mit Ammoniumnitrat zu verwenden.
Es gelingt leicht, die Menge der Mischung zu dosieren, und die entstehenden Explosivstoffe
sind hei der Lagerung sehr stabil, vorausgesetzt, daß Sorge getragen wird, daß ein
geringer Üherschuß an Harnstoff vorliegt.
-
Ein Teil des Ammoniumnitrats kann durch ein anderes Nitrat ersetzt
werden, um einen niedrigen Schmelzpunkt zu erhalten, beispielsweise durch Natriumnitrat
in einer Menge bis zu 500/o Wen Harnstoff als Neutralisationsmittel verwendet wird,
liefert ein eutektisches Gemisch von 450/0 Harnstoff, 47,50/0 Ammoniumnitrat und
7,50/0 Natriumnitrat den niedrigsten Schmelzpunkt.
-
Die Gegenwart von Ammoniumnitrat in der Neutralisationslösung verringert
den Temperaturanstieg.
-
Es besteht kein Nachteil in der Zugabe von Ammoniumnitrat zu der Neutralisationslösung,
da bei der Herstellung der meisten handelsüblichen Explosivstoffe ohnehin Ammoniumnitrat
zu dem nitrierten Produkt zugesetzt wird.
-
Der auf die Neutralisation zurückzuführende Temperaturanstieg kann
dadurch noch mehr verringert werden, daß man das nitrierte Produkt und Ammoniumllitrat
beispielsweise zu gleichen Teilen vor Zugabe der oben beschriebenen Neutralisationsmischung
vermischt. Dadurch kann der durch die Neutralisation hervorgerufene Temperaturanstieg
niedriger als 300 gehalten werden.
-
Auf Grund der Lösungswirkung von Salpetersäure auf Ammoniumnitrat
kann ein handelsübliches Ammoniumnitratprodukt ohne Trocknen und Zerkleinern mit
dem säurehaltigen nitrierten Produkt vermischt werden. Das Ammoniumnitrat wird dann
in dem nitrierten Produkt fein dispergiert. Solche feindispersen, teilweise kolloidalen
Nitrate bilden stabilere Suspensionen und Explosivstoffe, die leichter in Patronen
bzw. Kartuschen gepreßt werden können als größer gekörnte Nitrate.
-
Die Neutralisation der Salpetersäure in dem nitrierten Produkt besitzt
viele Vorteile gegenüber den bisherigen Waschverfahren. Wie schon erwähnt, wird
die tatsächliche Ausbeute an Nitratprodukt erhöht, und außerdem geht weniger Salpetersäure
verloren. Zudem bewirkt das Waschen einen bestimmten Grad an Hydrolyse bei den Salpetersäureestern,
was durch die hier beschriebene Methode vermieden wird.
-
Die folgenden Beispiele sollen die Erfindung näher erläutern, ohne
sie zu beschränken.
-
Beispiel 1 1000 g Nitroglycerin mit einem Gehalt von 9,40/; HNO3
wurden mit 1000 g NH4NO3 gemischt.
-
140 g einer Lösung von 20°/o Ammoniak in Ammoniumnitrat wurden mit
140 g NH4NO3 gemischt.
-
Diese beiden Mischungen wurden zusammengeknetet, wobei die Temperatur
um 280 anstieg. Diese Suspension wurde mittels 30 g Nitrocellulose gelatiniert,
dann wurden 200 g Holzmehl hineingeknetet. Der entstandene Explosivstoff hat einen
um 420/0 höheren »Mörserwert« als reines Trinitrotolnol. Der Mörserwert wurde mit
einem ballistischen Mörser nach den in A. Stettbacher, Spreng- und Schießstoffe
(Zürich 1948), und K. H. Fraenkel, Handbuch für Sprengarbeiten (Stockholm 1954),
diesbezüglich angeführten Angaben bestimmt.
-
Beispiel 2 1000 g einer Mischung von säurehaltigem Nitroglycerin,
Nitroglykol und Nitrosaccharose (10 0/o HNO3) wurden mit 800 g Ammoniumnitrat gemischt
und bei 80 gehalten. Zu dieser Mischung wurden 150 g einer Lösung von 200/0 Ammoniak
in Ammoniumnitrat bei 0° gegossen. Die Temperatur stieg auf 460 an. 25 g Nitrocellulose
und 200 g Torfmehl wurden in die resultierende Suspension eingeknetet.
-
Die Detonationsgeschwindigkeit des Explosivstoffes betrug 6600 m/Sek.
und sein Übertragungswert 400 mm. Sein Mörserwert übertrag den von reinem Trinitrotoluol
um 40 0/o, der Abel-Test ergabt 60 Minuten ohne Reaktion.
-
Beispiel 3 1000 g säurehaltiges Nitroglycerin-Nitroglykol (9,5°/o
HNO3) wurden mit 500g Ammoniumnitrat
gemischt und bei 100 gehalten. Es wurde eine
Mischung aus 170 g Ammoniumnitrat, 30 g Natriumnitrat und 160 g Harnstoff bereitet
und bei 450 gehalten. Diese Mischung wurde in die säurehaltige Masse eingeführt,
wodurch die Temperatur auf 460 anstieg. In die so erhaltene feinkörnige Suspension
wurden 1000 g Ammoniumnitrat, 270 g Aluminiumpulver, 45 g Holzmehl und 40 g Nitrocellulose
eingeknetet. Der entstandene Explosivstoff ließ sich leicht pressen, seine Detonationsgeschwindigkeit
betrug 6560 m/Sek. und sein Übertragungswert 210 mm.
-
Beispiel 4 1000 g säurehaltiges Nitroglycerin-Nitroglykol (9 O/o
Salpetersäure) wurden bei 200 mit einer Mischung aus 150 g Ammoniumnitrat, 125 g
Harnstoff, 30 g Hexamethylentetramin, 3 g alkylsulfonsaurem Natrium S R. C H (C
H3) O S O3 Na, R bedeutet einen Alkylrest mit 12 Kohlenstoffatomen] und 7g Wasser
von 250 vermischt. Die Temperatur stieg auf 540 an. Die resultierende Suspension
eignete sich zum Gelatinieren von Nitrocellulose und zum Einkneten sauerstoffabsorbierender
Substanzen.
-
Beispiel 5 1000 g Nitroglycerin-Rohprodukt, das 9,5 O/o H N O3 enthielt,
wurden in eine bei 200 gehaltene Mischung aus 700 g Ammoniumnitrat und 240 g Anilin
eingeführt. Die entstandene Suspension wurde zum Gelatinieren mit Nitrocellulose
verwendet. Es wurden auch Sauerstoff absorbierende Substanzen und Ammoniumnitrat
in diese Suspension eingeknetet.
-
Beispiel 6 1000 g Nitroglycerin-Robprodukt, das 9,5 ovo H N 03 enthielt,
wurden mit 1000 g Ammoniumnitrat vermischt. Diese Mischung wurde unter Rühren mit
einer Mischung aus 200 g Ammoniumnitrat und 180 g Hexamethylentetramin versetzt.
Die entstandene Suspension eignete sich zum Gelatinieren mit Nitrocellulose. Auch
Sauerstoff absorbierende Substanzen ließen sich in diese Suspension einkueten.
-
Beispiel 7 1000 g Nitroglycerin-Rohprodukt, das 9 O/o Salpetersäure
enthielt, wurden bei 200 mit einer Mischung aus 150 g Ammoniumnitrat, 400 g Naphthylamin
und 10 g Wasser vermischt. In die so erhaltene Mischung wurden Sauerstoff absorbierende
Substanzen und Ammoniumnitrat eingeknetet.
-
Beispiel 8 1000 g Nitroglycerin wurden mit 1500 g Ammoniumnitrat,
300 g Guanidinnitrat, 300 g Holzmehl und 40 g Nitrocellulose gemischt. Die Mischung
wurde geknetet und ergab einen stabilen Explosivstoff von dem im Beispiel 3 beschriebenen
Typ. Entsprechende Ergebnissie lassen sich durch Mischen von säurehaltigem Nitroglycerin,
Guanidin, Ammoniumnitrat, Holzmehl und Nitrocellulose erzielen.