Aromaextrakte und -konzentrate in flüssiger oder pulverförmiger Form fanden in letzter Zeit für verschiedene Verwendungszwecke vermehrt Eingang in die Lebensmittelindustrie. Verschiedene Gründe fördern eine solche Entwicklung. Einmal führt die fortschreitende Rationalisierung im industriellen Herstellungsprozess bei vielen Lebensmitteln zu Aromaeinbussen, sei es in qualitativer oder quantitativer Hinsicht. Weiter sind es die Probleme der verlängerten Haltbarkeit, der gezielten Aroma-Dosierung und nicht zuletzt produktionstechnische und hygienische Gründe, die den Hersteller in manchen Fällen zu standardisierten Aroma-Präparaten greifen lassen.
Zur Verwendung von Ersatzaromen steht heute ein weites Feld offen, das vom natürlichen Extrakt über sogenannte naturidentische Aromen bis zu Kombinationen synthetischer Aromastoffe reicht. Röst-, Brat- und Backaromen, die durch Erhitzung von meist wasserarmen Gütern auf Temperaturen über 1000 c gebildet werden, stellen ausserordentlich komplizierte Gemische flüchtiger Stoffe dar. Es ist bis jetzt nicht in befriedigender Weise gelungen, solche Aromen durch Analyse und Rekombination ihrer Komponenten naturtreu nachzuahmen. Ein anderer Weg, der beschritten werden kann, besteht darin, anstelle des zu röstenden oder bratenden Lebensmittels ein Modellgemisch zu ermitteln, das die Aromamuttersubstanzen in aufeinander abgestimmten Verhältnissen enthält und dieses dem gleichen Röst- oder Bratprozess zu unterwerfen.
Solange jedoch die chemischen, histologischen und strukturellen Bedingungen, die in einem geformten Gut bei Hitzeeinwirkung zu einem spezifischen Aroma führen, nur unvollständig bekannt sind, ist die systematische Suche nach geeigneten Modellen oder Ersatzprodukten sehr erschwert.
Röstaromen von tierischen Lebensmitteln, z. B. Fleisch, Eiern, Milchprodukten, besitzen meistens nur beschränkte Haltbarkeit, da sie sich schwer von den übrigen Lebensmittelbestandteilen abtrennen lassen. Da man bei der Aromaerzeugung an die durch das Lebensmittel gegebene chemische und strukturelle Beschaffenheit gebunden ist, bleibt wenig Spielraum, um sie in konzentrierter Form herzustellen.
Manche artspezifischen Röst- und Brataromen haben ähnliche Wirkungen auf den Geruchs- und Geschmackssinn, d. h. sie besitzen eine gemeinsame Grundnote, die sie als untereinander verwandt empfinden lässt. Daher findet z. B.
das feine Aroma, das man durch Bräunen von Sauerrahm Butter erhält, nicht nur Verwendung als solches, d. h. als Überguss für Teigwaren und Gemüse, sondern auch in Saucenkompositionen zu Fisch oder Fleisch, In anderen Fällen wird Butter zum Anbraten verwendet oder Speisen und Lebensmittelzubereitungen beigegeben, die anschliessend gebraten oder gebacken werden müssen, um verzehrfertig gemacht zu werden. Hierbei liefert das Aroma der gebräun teer; Butter, je nach Anteil und Rezeptierung mehr vorherrschend oder mehr nur als Aromabasis, einen Beitrag zum Aromagesamteindruck des jeweiligen Lebensmittels. Leider neigt Butter, sei es im frischen oder gebräunten Zustand, rasch zum Ranzigwerden unter gleichzeitigem Verlust des charakteristischen Aromas.
Ihre Verwendung für Produkte, die über längere Zeit haltbar gemacht werden sollen, ist daher beschränkt. Ferner wäre in manchen Fällen, sei es aus rezeptorischen oder ernährungsphysiologischen Gründen, die Erzeugung des Aromas unter Einschränkung der Butterfettmenge wünschenswert.
Es wurde nun überraschend gefunden, dass sich haltbare Röstaromen, u. a. auch das Aroma der braunen Butter, auch aus anderen Milchbestandteilen erzeugen lassen. Das erfindungsgemässe Verfahren zur Herstellung eines Röstaromas ist dadurch gekennzeichnet, dass man ein lipoprotein- und milchsäurehaltiges Milchprodukt mit einem als Wärmeübertragungsmittel und gegebenenfalls auch als Aromaträger dienenden Stoff im Gewichtsverhältnis 1:200 bis 1:1 (bezogen auf die Feststoffe) vermischt und anschliessend unter kräftigem Mischen bis zur Erzielung des gewünschten Aromas auf eine Temperatur oberhalb des Siedepunktes von Wasser erhitzt.
Als Ausgangsmaterialien eignen sich vor allem Buttermilchpulver oder die bei der Herstellung von Schmelzbutter (eingesottener Butter) anfallenden Einsiederückstände, wobei je nach Ausgangsstoff und Verfahrensbedingungen verschiedene Röstaromen entstehen.
Als Wärmeübertragungsmittel eignet sich eine Vielzahl von festen, vorzugsweise pulverförmigen, oder flüssigen Stoffen, die unter Umständen auch als Trägerstoffe für die gebildeten Aromastoffe dienen können. Beispiele derartiger Wäremeübertragungsmittel sind genussfähige hitzebeständige Fette oder Öle, wie auch inerte Feststoffe, z. B. Silicagelpulver oder Lösungsmittel.
Bei Verwendung von Wärmeübertragungsmitteln, die auch als Aromaträger dienen, gehen die gebildeten Röstaromastoffe in diese Stoffe über, welche vom Rückstand durch Filtration oder Zentrifugation abgetrennt und zum Aromatisieren von Lebensmitteln verwendet werden können.
Je nach dem gewünschten Aroma empfiehlt es sich, ein Milchprodukt als Ausgangsmaterial zu verwenden, welches bis zu 25 % Milchsäure, bezogen auf das trockene Milchprodukt, enthält. Zur Erzeugung des bekannten, nussartigen Braunbutteraromas wird z. B. vorzugsweise ein Milchprodukt mit 3 bis 5% Milchsäure, bezogen auf das trockene Produkt, verwendet. Dieser Milchsäuregehalt kann durch natürliche, biologische Säuerung bei der vorgängigen Verarbeitung der Milch oder durch Zusatz von Milchsäure (in optisch aktiver Form oder als Racemat) zu Milch oder zum Milchprodukt vor dessen Verwendung im vorliegenden Verfahren erzielt werden.
Eine grosse Rolle bei der Bestimmung des entstehenden Röstaromas spielt ferner die Temperatur, die Geschwindigkeit und die Dauer der Erhitzung. Im allgemeinen gibt eine Temperatur von über 1200 C die erwünschten Resultate. Bei der Herstellung eines Braunbutteraromas empfiehlt sich eine Temperatur von über 140"C, B. 145 bis 155"C.
Die fettfreie Trockenmasse der Butter beträgt etwa 1,3 %. Entsprechend ergeben z. B. 1 bis 2 Gewichtsteile Buttermilchpulver auf 100 Teile Fett ein Präparat, das in der Aromaqualität und -intensität ungefähr der braunen Butter entspricht. Eine Steigerung der Aromakonzentration kann durch Erhöhung des Buttermilchanteils herbeigeführt werden.
Ein bevorzugtes Gewichtsverhältnis von Milchprodukt zu Wärmeübertragungsmittel liegt z. B. im Bereich von 1 :100 bis 1:5, bezogen auf die Feststoffe. Wo es praktikabel erscheint, kann der Erhitzungsprozess in einem geschlossenen System, z. B. in einem Autoklaven, gegebenenfalls unter Anwendung von Überdruck, durchgeführt werden. Die Anwesenheit von Feuchtigkeit stört oder verunmöglicht die Aromabildung. Deshalb eignet sich die Verwendung von Buttermilch anstelle des Trockenpulvers nur in solchen Systemen, in denen das Wasser vor Erreichung der Rösttemperatur verdampfen kann.
Das nach dem Erhitzen erhaltene Produkt, welches das gewünschte Röstaroma enthält, kann je nach dem gewählten Wärmeübertragungsmittel und Verwendungszweck direkt oder nach weiterer Aufarbeitung zum Aromatisieren der verschiedensten Lebensmittel verwendet werden.
So kann z. B. ein in der beschriebenen Weise erhaltenes Gemisch von Röstaroma und Fett oder Ö1, gegebenenfalls nach Zugabe weiterer Aromastoffe, wie Braunbutter zur Aromatisierung von Teigwaren, Gemüse, Fischen usw. verwendet werden. Es kann aber auch bei der Herstellung von Konditoreiwaren, Dessertprodukten, Schokoladeartikeln, Eisspeisen, Saucen, Suppen u. a. m. zur Abrundung beitragen. Die Wahl des Fettes oder Öls oder eines anderen lipophilen flüssigen Aromaträgers, z. B. eines Lösungsmittels oder eines Feststoffpulvers, richtet sich dabei nach der gewünschten Textur und Konsistenz, dem Verhalten beim Erwärmen und Erhitzen, der Haltbarkeit oder nach ernährungsphysiologischen Gesichtspunkten. Zur Herstellung eines Extraktes des Aromastoffes kann das erhaltene Reaktionsgemisch mit einem geeigneten Lösungsmittel extrahiert werden.
Gewünschtenfalls kann das Lösungsmittel sodann zur Bildung eines entsprechenden handelsfähigen Konzentrates eingeengt werden.
Durch geeignete Wahl der Ausgangsstoffe und ihrer Mengenverhältnisse sowie der Verfahrensbedingungen ist es möglich, Röstaromen verschiedener Duft- und Geschmacksrichtungen herzustellen und zu haltbaren marktfähigen Produkten zu verarbeiten.
Beispiel 1
30 g Buttermilchpulver, das eine titrierbare Azidität, ausgedrückt als Milchsäure, von 2,5% besitzt, werden mit 0,5 g 90%iger Genussmilchsäure gut vermischt und in 1 kg gehärtetes Erdnussfett enthaltendes Backfett gegeben, das vorgängig durch Erwärmen auf 50 C geschmolzen wurde. Unter intensivem Rühren wird das Gemisch innerhalb von 15 Minuten auf 148 C erhitzt und nach Erreichung dieser Temperatur wieder auf Raumtemperatur abgekühlt. Man erhält ein haltbares, braunes Sediment enthaltendes Fett, dessen Aroma durch Zugabe eines kommerziellen Butteraromakonzentrates abgerundet und ähnlich wie braune Butter als Überguss zu Gemüse, Teigwaren, Fisch u. a. m. verwendet werden kann.
Beispiel 2
100 g Buttermilchpulver werden mit 2,75 g 90%iger Genussmilchsäure versetzt, um die titrierbare Azidität auf 5% zu erhöhen, und bei 60 C in 500 g geschmolzenes gehärtetes Erdnussfett eingetragen. Die Suspension wird homogenisiert, unter kräftigem Rühren innerhalb von 10 Minuten auf 1500 C erhitzt. Das Rühren wird fortgesetzt, bis die Temperatur auf 80" C gesunken ist. Das braune Sediment wird durch Zentrifugation aus dem aromatisierten Fett entfernt. Dieses aromatisierte Fett stellt ein haltbares Aromakonzentrat dar, das z. B. zur Herstellung von Trockensaucen, Trockensuppen, Dessertpulver, denen es einen angenehmen Röstgeschmack erteilt, verwendet werden kann.
Beispiel 3
350 g Rückstände, die beim Einsieden der Butter anfallen, und die eine titrierbare Azidität von 3%, ausgedrückt als Milchsäure, aufweisen, werden durch Extraktion mit Petroläther entfettet, bei 60 C an der Luft getrocknet und vermahlen. Sie werden hernach mit 350 g Silicagelpulver vermischt und das Gemisch im Autoklaven unter Rühren innerhalb von 30 Minuten auf 145" C erhitzt. Nach der Abkühlung wird der Autoklav geöffnet und das braune Pulver in 1 Liter Äthylalkohol eingetragen, der kurz zum Sieden erhitzt wird.
Die suspendierten Stoffe werden durch Filtration vom Alkohol abgetrennt und in der gleichen Weise mit einem weiteren halben Liter Alkohol behandelt. Die vereinigten Auszüge werden sodann unter Vakuum bei 25" C auf 100 ml eingeengt und filtriert. Dieser Aromaextrakt bildet, nach Zugabe von Aromastoffen oder Aromastoffgemischen, eine Basis für Karamel-, Brot-, Röstmehlaromen und dergleichen.