Verfahren zur Herstellung von carbonisierbaren Fasern und deren Verwendung zur Herstellung von Kohlenstoffasern
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung von carbonisierbaren Fasern aus organischen Polymerfasern, die bei Erhitzen in einer inerten Atmosphäre auf Carbonisationstemperatur schmelzen oder zerstört werden, und auf die Verwendung der erhaltenen oxydierten Fasern zur Herstellung von Kohlenstoffasern.
Es ist bekannt, Kohlenstoffasern durch Erhitzen von Cellulose- oder Polyacrylnitrilfasern in einer inerten Atmosphäre auf Carbonisationstemperatur herzustellen.
In der US-Patentschrift Nr. 3 412062 wird ein Verfahren zur Herstellung von Kohlenstoffasern beschrieben, wobei Fasern aus organischem Polymer, beispielsweise aus Polyacrylnitril, zu Kohlenstoffasern mit hoher Reissfestigkeit und hohem Youngmodul umgesetzt werden, indem sie zu einem Zeitpunkt der Umsetzung der kombinierten Wirkung von Hitze und Spannung ausgesetzt werden.
Gewisse Polymerfasern, beispielsweise solche aus Polyamiden, aromatischen Polyestern und Polyvinylalkohol, werden üblicherweise als nichtcarbonisierbar betrachtet, da sie bei Temperaturen weit unterhalb der Carbonisationstemperatur, die normalerweise in einer nichtoxydierenden Atmosphäre im Bereich von 800 bis 10000 C liegt, schmelzen oder zerstört werden.
Es ist Gegenstand der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Herstellung von carbonisierbaren Fasern aus derartigen, üblicherweise nicht als carbonisierbar erachteten Polymerfasern, insbesondere aus Polyamiden, aromatischen Polyestern und Polyvinylalkoho- len zu schaffen, die zu Kohlenstoffasern umgesetzt werden können.
Erfindungsgemäss wird dies dadurch erreicht, dass die Fasern unter Spannung in einer freien Sauerstoff enthaltenden Atmosphäre auf eine Temperatur unterhalb ihres Schmelz- bzw. Zerstörungspunktes und in diesem Zustand praktisch erhitzt werden, bis sie vollständig von Sauerstoff durchdrungen werden.
Die nach dem beschriebenen Verfahren erhaltenen Fasern werden zu Kohlenstoffasern umgesetzt, indem die oxydierten Fasern in einer nichtoxydierenden At mosphäre auf eine Carbonisationstemperatur von ungefähr 10000 C erhitzt werden.
Die solchermassen erhaltenen Kohlenstoffasern sind beispielsweise höchst kristallin und die C-Achse der Graphitkristailite verläuft bevorzugt senkrecht zur Längsachse der Fasern.
In einer bevorzugten Ausführungsform der beschriebenen Verwendung werden die Kohlenstoffasern nach der Carbonisationsbehandlung in einer inerten Atmosphäre über die Carbonisationstemperatur hinaus und bis zu 33000 C nacherhitzt.
Zwei unerlässliche Erfordernisse im beschriebenen Verfahren sind die Anwendung von Spannung und gleichzeitiger Erhitzung in der Gegenwart von Sauerstoff. Die Erhitzung sollte genügend hoch sein, beispielsweise auf 100-250 C, dass durch die Fasern Sauerstoff in vernünftigem Ausmass absorbiert wird, und sie sollte während genügend langer Zeit durchgeführt werden, um eine praktisch vollständige Durchdringung der Fasern mit Sauerstoff zu ermöglichen.
Die in diesem Stadium angewendete Spannung soll mindestens so hoch sein, dass die beim Erhitzen der Fasern sonst auftretende Schrumpfung verhindert wird, oder dass die Fasern sogar verlängert werden. Es ist zu beachten, dass bei Erhitzen von Polymerfasern der vorstehend genannten, bevorzugten Art, ohne Spannung in Luft eine Längsschrumpfung von mehr als 40 S auftritt und die nötige bevorzugte Orientierung der Polymermoleküle verlorengeht.
Der Modul, die Reissfestigkeit und Bruchdehnung von Kohlenstoffasern werden durch die Sauerstoffmenge, welche die organischen Fasern vor der Carbonisation absorbierten, sehr stark beeinflusst.
Die Erhitzung der Polymerfasern in einer oxydiei renden Atmosphäre, beispielsweise Sauerstoff, unter Spannung und auf eine Temperatur, die den Fortschritt der Oxydation in kontrollierter Art erlaubt, und die unterhalb dem Schmelzpunkt der Faser liegt, soll während genügend langer Dauer erfolgen, um zumindest praktisch vollständige Durchdringung des Sauerstoffs durch die Faser zu ermöglichen. Dies kann als die Zeitdauer betrachtet werden, die der Sauerstoff benötigt, um im Querschnitt der Fasern zu deren Zentrum durchzudringen. Mikroskopisch kann dies an einem polierten Querschnitt einer oxydierten oder vollständig carbonisierten Faser oder in einem dünnen Mikrotomquerschnitt festgestellt werden.
Wenn die Bruchdehnung der durch Carbonisation erhaltenen Kohlenstoffaser gegen die durch die Oxydation im beschriebenen Verfahren vor der Carbonisation in den Fasern auftretende Zunahme an Sauerstoffgehalt aufgetragen wird, verläuft die Bruchdehnung durch ein Maximum, jedoch der Modul der erhaltenen Kohlenstoffaser steigt mit zunehmendem Sauerstoffgehalt, anfänglich rapid und mit zunehmendem Gehalt langsamer, jedoch ständig an.
Zur Behandlung nach dem beschriebenen Verfahren geeignete Polymerfasern sind beispielsweise solche aus Polyamiden, aromatischen Polyestern und Polyvinylalkohol, und es wurde experimentell festgestellt, dass diese Fasern bei Erhitzung unter kontrollierten Bedingungen in oxydierender Atmosphäre ohne Zerstö rung oder teilweise oder ganze Carbonisation vom Sauerstoff bis in ihr Zentrum durchdrungen werden.
Vorzugsweise ist die oxydierende Atmosphäre handelsüblicher reiner Sauerstoff, wobei gefunden wurde, dass die zur Erzielung der gewünschten Durchdringung der Fasern mit Sauerstoff benötigte Behandlungsdauer im Vergleich zu der Verwendung von Luft unter sonst jedoch gleichbleibenden Bedingungen beträchtlich vermindert wird. Der Durchmesser der zu behandelnden Polymerfasern beeinflusst die zur Oxydation benötigte Zeitdauer ebenfalls.
Die hier verwendete Bezeichnung handelsüblicher reiner Sauerstoff bezieht sich auf Sauerstoff, wie er in Druckgasflaschen für gewöhnliche industrielle Verwendung geliefert wird.
Vorzugsweise wird im beschriebenen Verfahren die Erhitzung länger durchgeführt, als zur Erzielung praktisch vollständiger Durchdringung des Sauerstoffs durch die Fasern benötigt wird, wobei sich erwiesen hat, dass der Youngmodul der schlussendlich erhaltenen Kohlenstoffasern mit zunehmender Dauer der Hitzebehandlung über den Punkt vollständiger Durchdringung der Fasern mit Sauerstoff hinaus, ansteigt.
Es wurde gefunden, dass' mit zunehmender Dehnung der Fasern aufgrund der während der Oxydation und/ oder Carbonisation angewendeten Faserspannung, der resultierende Youngmodul parallel zur Längsachse der Kohlenstoffasern ansteigt. Vorzugsweise wird die Schrumpfung der Fasern während den Hitzebehandlungen verhindert, indem die Fasern auf eine Form bzw. einen Rahmen gewickelt und in dieser Lage festgehalten werden.
Vorzugsweise wird die Temperatur während der Carbonisation um nicht mehr als 3000 C/h erhöht.
Die Reissfestigkeit und der Youngmodul der Kohlenstoffasern können weiter erhöht werden, indem die Fasern anschliessend an die Carbonisation in einer separaten Behandlungsstufe in einer inerten Atmosphäre auf eine Temperatur, die über die Carbonisationstemperatur hinausgeht und bis zu 33000 C nacherhitzt werden.
Wenn die Fasern dabei unter Längsspannung gehalten werden, zeigen die erhaltenen Kohlenstoffasern einen höheren Youngmodul und eine höhere endgültige Reissfestigkeit in Längsrichtung.
Die vorstehend genannten Polymerfasern werden im Verlaufe ihrer Herstellung verstreckt. Dies ist dahingehend zu verstehen, dass die Verstreckung der Fasern die linearen Polymermoleküle paralleler in Richtung der Faserlängsachse orientiert, wodurch die Kristallinität der Fasern und deren Reissfestigkeit erhöht werden.
Beispiel 1
Einzelfilamente von 6 den und 13 cm Länge aus hochfeissfestem Nylon wurden auf Graphitrahmen gespannt und deren Enden am Rahmen mit Bakelitzement befestigt. Die Fasern wurden dann in diesem Zustand in Luft während 40 h lauf 2200 C erhitzt und darin, immer noch auf dem Rahmen befestigt, durch Erhitzen in einer nichtoxydierenden Atmosphäre von Wasserstoff durch Erhitzen auf 10000 C oxydiert, wobei die Temperatur mit 1500 C/h erhöht wurde. Einige der erhaltenen Kohlenstoffasern wurden dann geprüft.
Die erhaltenen Resultate sind in der nachstehenden Tabelle angeführt:
Filament Durchmesser R issfg t k it Youngmodul
Reissfestigkeit Youngmodul
Nr. ,u kg/cm2 kg/cm2
1 14,7 4,01 X 103 1,127X106
2 15,7 3,37 X 103 0,096 X 106
3 14,1 6,19 X 103 1,207 x 106
4 13,1 6,96 X 103 1,417 X 106
5 14,1 4,99 X 108 1,207 X 106
6 14,7 3,02 X 103 1,085 X 106
7 13,5 6,47 X 103 1,284 X 106
8 11,8 5,70 X 103 1,753 X 106
9 15,4 3,94 X 103 1,207 X 106
Die restlichen Kohlenstoffasern wurden dann nachbehandelt, indem sie unter Vakuum während 1 h auf 14000 C erhitzt wurden.
Nach dieser Nacherhitzung wurden die Fasern geprüft. Die erhaltenen Resultate sind in der nachstehenden Tabelle angeführt:
Endgültige
Filament DUrchmesser Reissfestigkeit Youngmodul
Nr. 1z kg/cm2 kg/cm2
11 13,5 4,36 X 103 1,27 X 106
12 11,4 8,16 X 103 1,83 X 106
13 14,3 7,03 X 108 1,12X 106
14 9,8 13,0 X 103 1,97 X 106
15 14,0 2,88 X 103 1,20 X 106
16 12,4 9,77 X 103 1,69 X 106
17 10,1 9,77 X 103 2,39 X 106
18 13,4 3,80 X 103 1,48 X 106
19 9,9 15,08 X 103 2,60 X 106
Wenn Youngmodul und Reissfestigkeit gegen Faserdurchmesser ausgetragen werden, ist ersichtlich, dass im allgemeinen das Verhältnis zwischen Faserdurchmesser und Reissfestigkeit und Modul umgekehrt proportional ist.
Die Wirkung der Verhinderung einer Längsschrumpfung der Fasern, weiche zu einer Herabsetzung des Faserdurchmessers führt, ergibt Kohlenstoffasern von erhöhter endgültiger Reissfestigkeit und erhöhtem Youngmodul gegenüber solchen, deren Längsschrumpfung nicht verhindert wurde.
Beispiel 2
Einzelfilamente von 3 den aus Nylon wurden auf einen Graphitrahmen gewickelt und daran durch Klebstoff befestigt. Die Filamente wurden in diesem Zustand durch Erhitzung während 40 h in Luft auf 2200 C oxydiert. Die erhaltenen oxydierten Filamente wurden dann, immer noch auf dem Rahmen befestigt, durch Erhitzen in Wasserstoff auf 10000 C, wobei die Tem peratur mit 1500 C,h erhöht wurde, carbonisiert.
Prüfung der ungebrochenen Kohlenstoffasern ergab die nachstehenden durchschnittlichen Resultate:
Endgültige Reissfestigkeit 7,03 X 103 kg/cm2
Youngmodul 1,12 X 106 kg/cm2.
Einige der erhaltenen Kohlenstoffasern wurden spannungslos unter Vakuum während 1 h auf 14000 C erhitzt, wonach deren Prüfung die nachstehenden Resultate ergab:
Endgültige Reissfestigkeit 15,08 X 103 kg/cm2
Youngmodul 2,60 X 106 kg/cm2.
Beispiel 3 Polyvinyialkoholfilamente von 2 den wurden auf einen Graphitrahmen gewickelt und mit Klebstoff am Rahmen befestigt. Die Filamente wurden dann in diesem Zustand durch Erhitzen in Luft während 16 h auf 2200 C oxydiert und danach, immer noch auf dem Rahmen, durch Erhitzen in Wasserstoff auf 10000 C, wobei die Temperatur mit 1500 C/h erhöht wurde, carbonisiert und dann, immer noch auf dem Rahmen, während 1 h in Argon auf 25000 C nacherhitzt.
Die erhaltenen Kohlenstoffasern zeigten eine endgültige Reissfestigkeit von bis zu 7,73 x lO3 kg'cm2 und einen Youngmodul von 0,42 x 106 kg/cm2.
Für normale Verwendungszwecke gesponnene Nylonfasern enthalten in der Regel Zusätze, welche die Oxydation des Nylons verzögern. Dies führt dazu, dass die im beschriebenen Verfahren benötigte Oxydations dauer erhöht wird. Es wurde gefunden, dass bei Verwendung von Nylonfasern, die keine Oxydationsverzögerungsmittel enthalten, die zur vollständigen Oxydation nach dem beschriebenen Verfahren benötigte
Behandlungsdauer nützlich vermindert werden kann.
Es wurde auch gefunden, dass die Herabsetzung der
Oxydationsdauer ermöglicht wird, indem die Nylon fasern mit einem Oxydationsbeschleuniger vorbehandelt werden, welcher die Oxydationsgeschwindigkeit der Fa sern erhöht. Eine derartige Behandlung kann beispiels weise erfolgen, indem ein Oxydationsbeschleuniger in die Nylonschmelze vor dem Spinnen gegeben wird, oder indem die bereits gesponnenen Nylonfasern mit einem solchen Beschleuniger nachbehandelt werden.
Es wurde beispielsweise gefunden, dass durch Behand lung von Nylonfasern in einer Flotte, die Cuproionen und Hydroxyiaminchlorid enthält, die vorbehandelten Fasern viel schneller oxydieren als gleiche, jedoch nicht vorbehandelte Fasern.
Die nachstehende Tabelle zeigt, dass die Bruchdehnung von Kohlenstoffasern mit zunehmendem, von Nylonfasern absorbiertem Sauerstoffgehalt ansteigt. In diesem Versuch wurden Filamente aus Nylon 66, die zur Verhinderung von Schrumpfung auf einen Rahmen gewickelt waren, in Luft auf 2200 C erhitzt. Es WUf- den verschiedene Erhitzungszeiten eingesetzt und der von den Filamenten prozentual von ihrem Gewicht ab sorbit'rote Sauerstoff ermittelt. Die oxydierten Filamente wurden dann durch Erhitzung in einer nichtoxydierenden Atmosphäre auf 10000 C carbonisiert und die Bruchdehnung der erhaltenen Kohlenstoffasern gemessen.
Die ermittelten Resultate sind in der nachstehenden Tabelle angeführt:
Oxydationszeit absorbierter Bruchdehnung der bei 2200 C Sauerstoff Kohlenstoffasern h Gew.%
10 1 10
30 3 27
50 5 37
75 8 43
Es ist somit offensichtlich, dass ein Verfahren, das das Ausmass der Sauerstoffabsorption der Fasern erhöht, vorteilhaft wäre. Es wurde gefunden, dass eine Vorbehandlung von Nylon 66-Filamenten während 30 min in einer wässrigen Lösung von 100 ml Wasser, enthaltend 10 g CUS04 . 5H20 und 2 g NH > OH HCi bei 900 C bei nachherigem Erhitzen der auf einem Rahmen befestigten Filamente in Luft auf 1900 C die Sauerstoffabsorption dieser Filamente, im Vergleich zu gleichen, jedoch unbehandelten Filamenten, um das 9fache gesteigert wird.
Dies ermöglicht die Abkürzung der gesamten Behandlungszeit.