Verfahren zur Chlorierung von Essigsäure. Monoehloressigsäure ist ein wichtiger Aus gangsstoff für organische Synthesen. Die be kannten, in der Praxis benutzten Verfahren verlaufen aber nicht besonders zufriedenstel lend. Aus B. I: O. S. Final Report Nr. 929, Seite 7 ff., geht, hervor, dass in Deutschland ein Verfahren verwendet wird, bei dem 70 Stunden erhitzt werden muss. Die Ausbeute ist hierbei 93 %. Nach Kharash und Brown [J.
Am. Chem. Soc. 62 (1940), Seite 925 ff.] wird bei der Chlorierung mit Sulfurylchlorid in Gegenwart von Peroxyd als Katalysator eine Ausbeute von höchstens 50 % erhalten.
Bei dem Verfahren gemäss der Eifindung gelingt es, beim Erhitzen während nur etwa R Stunden etwa ebenso hohe Ausbeuten zu erzielen wie bei dem im B. I. 0. S.-Bericht be schriebenen Verfahren. Das neue Verfahren bat ausserdem den Vorteil, dass man keinen schwer zu handhabenden Stoff wie Sulfuryl- ehlorid, sondern ausschliesslich leicht erhält liche imd leicht aufzubewahrende Stoffe be nötigt.
Nach der Erfindung wird Essigsäure chlo riert, indem man gleichzeitig Chlor und Schwefeldioxyd einleitet, wobei in der Essig säure ein oder mehrere Stoffe aufgelöst oder dispergiert sind, die die Bildung von Sulfuryl- ehlorid aus Schwefeldioxyd und Chlor kata lytisch fördern.
_9,1s Katalysatoren haben sich insbesondere aktive Kohle, Kampfer, Stickstoffbasen und Mercaptane als brauchbar erwiesen. In der Literatur ist die Anwendung von Stickstoffbasen und Mercaptanen zur Darstel lung von Sulfurylchlorid noch nicht beschrie ben. Wohl haben Kharash und Mitarbeiter [J. Am. Chem. Soc. 62 (1940), Seite 2594] die Vermutung geäussert, dass diese Verbindungen die Zersetzung von Siilfurylchlorid in Schwe feldioxyd und Chlor fördern.
Diese Auffassung ist später auch von I3elberger geteilt worden [siehe Möllering und Lüttgen, Sulfohalogenierung -und Sulfo- balogenide (1942), Seite 13 oben].
Im Gegensatz hierzu wurde festgestellt, dass man ausgezeichnet Sulfurylchlorid her stellen kann, wenn man Schwefeldioxyd -und Chlor in Sulfurylchlorid leitet, das z. B. etwas Pyridin enthält oder auch wenn man mit Chlor vermischtes Schwefeldioxyd durch oder über erhitztes Pyridin leitet.
Primäre, sekundäre und tertiäre Amine erwiesen sich ebenfalls als wirksam. Insbeson dere muss Dimethylanilin genannt werden. Die heterozyklischen Stickstoffverbindungen gaben alle gute Resultate. Chinolin und Pipe- ridin erwiesen sich z. B. als ungefähr ebenso aktiv wie Pyridin. Gute Ergebnisse wurden auch mit Mercaptanen erzielt.
Es ist überraschend, dass bei dem neuen Verfahren keine Sulfochlorierung auftritt oder nur höchstens in unbedeutendem Masse., denn aus der schon erwähnten Veröffent lichung von Kharash geht ja hervor,
dass Sul- fiirylchlorid auf Essigsäure in- Gegenwart von Pyridin oder Thiophenol einwirkt unter Bildung eines Säureanhydxids der Formel
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Auch bei der Behandlung von Kohlenwas- serstoffeh mit Sulfarylchlorid und organi schen Stickstoffbasen oder Mereaptanen als ,Katalysatoren fanden Kharash und Mitarbei ter, dass hauptsächlich Sulfochlorierung auf trat,
während in vielen Fällen überhaupt keine Chlorierung festzustellen war [J. A. Chem. Soe. 61 (1939), Seite 3089].
Diese Versuche wurden ausserdem im all gemeinen unter der Einwirkung von Licht durchgeführt, während beim Verfahren nach der Erfindung eine Belichtung keine oder eine kaum wahrnehmbare Wirkung hat.
Nach der französischen Patentschrift Nr. 870294 soll bei Einwirkung eines Ge misches von Chlor und Schwefeldioxyd auf höhere aliphatische oder zy kloraliphatische Verbindungen (mit 8 bis 25 Kohlenstickstoff atomen), die Schwefel oder Sauerstoff enthal ten, hauptsächlich eine Chlorierung stattfin den. Dies soll auch der Fall sein bei Belich tung und bei Zusatz von Katalysatoren, wie Mono-, Di- oder Triäthanolamin, aliphatischen primären, sekundären oder tertiären Aminen, aromatischen Aminen, z.
B. Dimethyl- anilin, zyklischen Basen, z. B. Pyridin oder Chinolin, und Nitrilen, wie Aceto- nitril oder Benzonitril. Obgleich sowohl Essigsäure als auch Essigsäureanhydrid in der Literatur als Katalysatoren erwähnt wer den, die die Bildung von Sulfurylchlorid aus Sehwefeldiöxyd und Chlor fördern,
findet praktisch keine Reaktion statt, wenn man Chlor und Schwefeldioxyd in reinen Eisessig leitet oder in Eisessig, in dem Essigsäure anhydrid aufgelöst ist. Offenbar ist die kata lytische Aktivität jener Verbindungen zu ge ring.
Die Geschwindigkeit der Chlorierung beim erfindungsgemässen Verfahren ist unter 60 für die praktische Anwendung zu gering. Vorzugsweise wird auf 100 bis 115 erhitzt. Höheres Erhitzen ist möglich, aber nicht vor teilhaft, weil dann intensivere Kühlung not wendig ist, um entweichenden Dampf zu kon densieren und ins Reaktionsgefäss zurück zuführen. Diese Schwierigkeit würde sieh noch stärker fühlbar machen, wenn die Tem peratur bis zum Siedepunkt der Essigsäure ansteigen würde, was deswegen zu vermeiden ist.
Es hat sich weiter gezeigt, dass man mehr Chlor zusetzen kann als Schwefeldioxyd, z. B. fünfmal so viel, ohne dass Chlor in bedeuten dem Masse aus dem Reaktionsgemisch ent weicht.
Ausserdem ergab sich, dass der Chlorgehalt in der Gasmischung während des Verlaufes der Reaktion gesteigert werden kann. Bei spielsweise kann während der ersten Stunde ein Verhältnis von Chlor zu Schwefeldioxyd von 3:1 und später von 10:1 gewählt werden.
Die benötigte Menge an Katalysator liegt im allgemeinen zwischen 0,05 und 1 Gewichts prozent. Technische Pyridinbasen sind billige Katalysatoren, die sich in der Praxis bewäh ren. Viele von den genannten Katalysatoren werden selbst chloriert, aber offenbar sind die Chlorierungsprodukte ebenfalls aktiv. Das geht auch daraus hervor, dass dieselbe Kata- lysatorenmenge mehr als einmal gebraucht werden kann, ohne dass die Ausbeute an Mono- ehloressigsäure geringer wird.
Die Essigsäure soll vorzugsweise kein oder wenig Wasser enthalten. Um das vorhandene Wasser zu binden, kann man eine kleine Menge eines organischen Säurechlorids oder Säureanhydrids zusetzen, vorzugsweise das Chlorid oder Anhydrid der Essigsäure selbst. Das Essigsäureanhydrid ist dem Acetylehlorid vorzuziehen, das schon bei 51 bis 520 siedet und daher Schwierigkeiten verursachen kann, wenn die Reaktionsmischung zu schnell er hitzt wird.
Man kann so arbeiten, dass aus der Reak tionsmischung Schwefeldioxyd und Chlorwas serstoff entweichen. Durch Auswaschen mit einer beschränkten Menge Wasser kann das Chlorwasserstoffgas in konzentrierte Salz säure übergeführt werden. Das Schwefel- dioxyd löst sich nur in sehr geringem Masse und kann also aufs neue verwendet werden.
Im allgemeinen soll die Einführungs geschwindigkeit des Chlors so gewählt werden, dass das Gas nicht oder kaum entweicht.
Bei Anwendung eines bestimmten Über- scliusses an Chlor entweicht das sich der Re aktion entziehende Schwefeldioxyd fast ganz in der Form von Sulfurylchlorid, das zurück gewonnen werden kann, z. B. 'durch Abküh lung der entweichenden Gase, wobei letzteres kondensiert. In diesem Falle sorgt man zweck mässig dafür, dass keine grossen Mengen freies Chlor in der entweichenden Gasmischung vor handen sind.
Sulfurylchlorid ist infolge der zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten [Ind. Eng. Chem. 36 (1944), Seite 785 bis 791] ein sehr wert volles Nebenprodukt.
Während der Reaktion kann gegebenen falls gerührt werden, was insbesondere bei der Herstellung von Monochloressigsäure im grossen von Vorteil ist. Man kann in diesem Falle auch weitere Massnahmen treffen, um eine gute Verteilung der Gase in der Flüssig keit zu erreichen, z. B. indem man die Gas mischung an mehreren Stellen gleichzeitig ein leitet oder indem man dafür Sorge trägt, dass sie fein verteilt wird, sobald sie in die Flüs sigkeit kommt.
Beispiele: 1.. In eine Mischung von 600 Gewichts teilen IOOo/oiger Essigsäure und 3 Gewichts teilen Pyridin wurde bei 1000 über einen Gas verteiler eine Mischung von gleichen Volu menteilen Chlor und Schwefeldioxyd mit einer solchen Geschwindigkeit eingeleitet, dass nach 8 Stunden 750 Gewichtsteile Chlor verbraucht waren. Das zylindrische gläserne Reaktions gefäss war mit einem Rückflusskühler ver sehen. Durch Rektifikation der Reaktions inischung erhielt man 804 Gewichtsteile Mono- ehloressigsäure, Siedepunkt 187 bis 1.890, und 82 Gewichtsteile Essigsäure.
Die Monochlor essigsäure kann auch durch Kühlung des Re aktionsgemisches gewonnen werden, wobei sie grösstenteils kristallisiert und abgesaugt wer den kann. Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass die Mutterlauge, die noch den Katalysator enthält, nach Zusatz von Essigsäure aufs neue chloriert werden kann, ohne dass eine neue Menge Pyridin oder eines andern Katalysators zugesetzt werden muss.
2. In eine Mischung von 600 Gewichtsteilen 98,9o/oiger Essigsäure, 40 Gewichtsteilen Essig säureanhydrid und 3 Gewichtsteilen tech nischer Pyridinbasen wurde bei 105 bis 1100 eine Mischung von Chlor und Schwefeldioxyd mit einem Volumenverhältnis von 4:1 mit einer solchen Geschwindigkeit eingeleitet, dass nach 7 Stunden 720 Gewichtsteile Chlor ver braucht waren. Das Reaktionsgefäss war mit einem Rückflusskühler versehen, der mit einem grossen absteigenden, mit Wasser ge kühlten Kühler verbunden war. Auf diese Weise wurden aus den entweichenden Gasen 171 Gewichtsteile Sulfurylchlorid kondensiert.
An Monochloressigsäure erhielt man 788 Ge wichtsteile, während 91 Gewichtsteile Essig säure zurückgewonnen wurden.
3. In ein zylindrisches, gläsernes, mit einem ziemlich grossen Rückflusskühler versehenes Reaktionsgefäss, das eine Mischung von 600 Gewichtsteilen 98,9o/oiger Essigsäure, 40 Ge wichtsteilen Essigsäureanhydrid und 3 Ge wichtsteilen technischer Pyridinbasen enthielt, wurde bei 110 bis<B>1150</B> unter Rühren eine Mischung von Chlor und Schwefeldioxyd ge leitet. Während der ersten Stunde war das Volumenverhältnis der Gase<B>3:</B> 1, danach 10:1. Die Reaktionsdauer betrug 8 Stunden. In dieser Zeit wurden 730 Gewichtsteile Chlor und 87 Gewichtsteile S02 eingeleitet.
Durch Rektifikation des Reaktionsgemisches erhielt man 885 Gewichtsteile Monochloressigsäure und 62 Gewichtsteile Essigsäure.
4. In eine Mischung von 200 Gewichtsteilen 100 /oiger Essigsäure und 1 Gewichtsteil Di- inethylanilin wurde unter Rühren bei 105 bis 1.100 eine Mischung von Chlor und Schwefel dioxyd mit einem Volumenverhältnis von 3:1 eingeleitet. Die Reaktionsdauer betrug 6 Stun den; eingeleitet wurden 230 Gewichtsteile Chlor. Nach 24stündigem Stehen bei Zimmer temperatur wurde die auskristallisierte Chlor essigsäure scharf abgesaugt; es resultierten 227 Gewichtsteile eines Produktes mit dem Schmelzpunkt 60 bis 62,5 . Die Mutterlauge enthielt noch 52 Gewichtsteile Monochloressig- säure.
5. In einer -vTisch@,lng von 150 ,Gewichtsteilen 99,7o/oiger Essigsäure, 2 Gewichtsteilen Ace- tylchlorid und 1 Gewichtsteil technischer Pyridinbasen wurde eine Mischung von Chlor und Schwefeldioxyd mit einem Volumenver hältnis von 4:1 geleitet. Anfangs war die Temperatur 600 und die Gaseinleitungsge- schwindigkeit ziemlich gering. Nach einer halben Stunde wurde die Temperatur all mählich erhöht, bis sie nach eineinhalb Stun den auf 1100 gestiegen war.
Inzwischen wurde auch die Gaseinleitungsgeschwindigkeit er höht, aber so, dass nur sehr wenig Chlor im entweichenden Gas vorhanden war. Nach ins gesamt 8 Stunden wurde der Versuch be endet. Das Reaktionsgemisch wurde fraktio niert, wobei man 192 Gewichtsteile Monochlor essigsäure erhielt.
6. Es wurde wie in Beispiel 5 angegeben verfahren; nur wurden statt 2 Gewichtsteile Acetylchlorid 3,6 Gewichtsteile Benzoylchlorid zugesetzt und sofort auf 105 bis 1100 erhitzt. Man erhielt 202 Teile Monochloressigsäure.
7. In eine Mischung von 75 Gewichtsteilen 98,9o/oiger Essigsäure, 5 Gewichtsteilen Essig säureanhydrid und 1 Gewichtsteil Kampfer wurde bei 110 bis 1150 eine Mischung von Chlor und Schwefeldioxyd mit einem Volu menverhältnis von 2:1 geleitet. Nach 7 Stun den wurde fraktioniert und 84 Gewichtsteile 1Ionochloressigsäure gewonnen.
B. In eine von 660 Gewichtsteilen 100o/oiger Essigsäure und 3,5 Gewichtsteilen aktiver Kohle wurde unter Rühren bei 105 bis 115 eine Mischung von Chlor und Schwe- feldioxyd geleitet, und zwar die erste halbe Stunde mit einem Volumenverhältnis von 2: 1, danach von 10:1. Die Reaktionsdauer betrug 6 Stunden;. eingeleitet wurden 715 Gewichts teile Chlor. Durch Rektifikation der Reak tionsmischung erhielt man 867 Teile Mono chloressigsäure.