Verfahren zur Herstellung uni Konservierung von Pflanzensäften. Frucht- und andere pflanzliche Säfte werden im allgemeinen in der Art hergestellt, dass aus den betreffenden Früchten und son stigen Vegetabilien der in ihnen enthaltene Saft auf mechanischem Wege ausgepresst wird. In dem solchermassen erhaltenen Safte wird entweder eine bestimmte Menge ge- wöhnlichen, im Haushalt gebräuchlichen Zuckers aufgelöst, oder der Zucker wird dem Saft als Wasserlösung zugesetzt.
So verfährt man sowohl zum Zwecke des Süssens als der Konservierung. Man kann aber auch so ver fahren, dass man über den unzerstampften Früchten, wie z. B. Beeren eine Zuckerlö sung von bestimmter Konzentration ausgiesst. Unter dem Einfluss der Osmose dringt dann Saft durch die Schalen hindurch in diese Zuckerlösung ein. Der osmotische Druck ist verschieden je nach der Konzentration der Zuckerlösung und der Beschaffenheit des Zuckers. Von letzteren Umständen hängt auch die Haltbarkeit des aus den Früchten abgesonderten Saftes ab.
Die vorliegende Erfindung bezweckt nun, den Saft aus Früchten und andern Vegeta- bilien unter Ausnutzung der Osmose so voll ständig wie möglich abzusondern und gleich zeitig eine Zuckerlösung zu verwenden, die den Bakterien und überhaupt den Mikroben die Lebensäusserungen unmöglich macht.
Beim erfindungsgemässen Verfahren zur Gewinnung und Konservierung von Pflanzen säften wird eine Invertzuckerlösung verwen- det. Dieses Verfahren ist dadurch gekenn zeichnet, dass ein Disaccharid mittels Säu ren invertiert wird, wobei eine saure Invert= zuckerlösung erhalten wird, deren Redog- potential und pH-Wert an sich so niedrig sind,
dass darin. keinerlei Bakterientätigkeit möglich ist, diese Invertzuckerlösung auf Pflanzenteile, aus denen der Saft abgeschie den werden soll, einwirken gelassen wird, wo bei zufolge hohen osmotischen Druckes der Invertzuckerlösung in den Pflanzenteilen ent haltener Saft fast vollständig und ohne Ver wendung mechanischer Hilfsmittel sowie ohne eine für Bakterientätigkeit günstige Verdünnung ausgezogen wird.
Je grösser der osmotische Druck einer Zuk- kerlösung ist, desto intensiver und vollstän diger dringt der in den Früchten enthaltene Saft durch die Aussenhaut der Fruchtschale heraus. Der osmotische Druck gewöhnlichen Zuckers (Saccharose) wird auf das Doppelte gebracht, wenn der Zucker vollständig inver tiert ist. Der Grad der Invertierung ist so von Bedeutung für ein möglichst weitgehen des Diffundieren eines Frucht- oder Pflan zensaftes.
Ist die Invertierung unvollständig, so wird der Saft unter Umständen zu zuk- kerhaltig und schmeckt dann zu süss; der spezifische Saftgeschmack wird verdeckt und der Zucker kristallisiert als dicke Schicht am Boden des Gefässes.
Der Invertzucker wird z. B. aus Saecharose c mit einer Säure hergestellt,. indem man mit Wasser zusammen erhitzt. Hierbei kön nen verschiedene Säuren verwendet werden, anorganische sowohl wie organische. Mit Salzsäure sind ausgezeichnete Erfahrungen gemacht worden, aber bessere Resultate sind doch durch Verwendung von Oxysäuren, und zwar von einer oder mehreren zusammen, erzielt worden.
Unter diesen Säuren seien in erster Linie Wein- und Zitronensäure ge nannt, letztere eignet sich am besten. Die In vertierung des Zuckers mittels Zitronensäure kann folgendermassen ausgeführt werden: 5 kg Kristallzucker (Saccharose), 50 g Zitronensäure und 21/4 1 Wasser werden auf dem Wasserbade (Doppelkessel) unter stän digem Umrühren erwärmt, bis die Tempe ratur der Lösung auf 90 C gestiegen ist. Das Gefäss wird zum Kühlen abgestellt, und die Lösung ist darauf fertig zum Gebrauch für die Konservierung von Beeren und Früch- tei3.
Das Redoxpotential der so erhaltenen In vertzuckerlösung beträgt 830 bis 360 mV, und ihr pH-Wert ist etwa 2,28 bis 2,30, je nach dem, wie vollständig die Invertierung verlau fen ist.
Die Invertierung kann auch mit andern Säuren ausgeführt werden, aber bei Anwen dung von Zitronensäure ist die Karamelisie- rung am geringsten. Folgende Tabelle zeigt die Veränderung von Rd- und p11-Werten beim Fortschreiten der Invertierung während der Erhöhung der Temperatur:
EMI0002.0022
Temperatur <SEP> Invertierungs <SEP> (o <SEP> PH <SEP> Rd
<tb> 80<B>0</B> <SEP> 76,5 <SEP> 2,33 <SEP> 326
<tb> 90<B>11</B> <SEP> 90 <SEP> 2,30 <SEP> 330
<tb> 91<B>11 <SEP> 1</B>00 <SEP> 2,28 <SEP> 344 Es geht daraus hervor, dass ein chemischer Prozess vor sich geht, wenn der Zucker mit Hilfe von Säure und hoher Temperatur in- vertiert wird. Der osmotische Druck ver doppelt sich dabei als Folge der invertierung und verstärkt die konservierende Eigenschaft der Lösung.
Gleichzeitig wächst auch die dem Zucker eigene reduzierende Wirkung zufolge der Invertierung. Der solchermassen gewonnene Invertzuk- ker wird zur Saftbereitung z. B. wie folgt verwendet: Gesäuberte frische Beeren oder Fruchtscheiben werden in ein Glas-, Porzel lan- oder emailliertes Gefäss, wie z. B. einen emaillierten Eimer, getan. Die Invertzucker- lösung wird darübergegossen, bis die Beeren ganz von der Lösung bedeckt sind. Auf die Beeren wird ein Glas- oder Porzellanteller gelegt, der bequem in das Gefäss passt.
Auf den Teller wird als Gewicht ein reiner Stein gelegt, um das Aufsteigen der Früchte über die Oberfläche der Lösung zu verhindern. Das Gefäss wird mit Pergamentpapier ver schlossen und 1 bis 2 Monate an einen küh len Ort gebracht; während dieser Zeit dringt der in den Beeren enthaltene Saft klar in die Zuckerlösung ein. Der Inhalt des Gefä sses wird dann durch ein geeignetes Lochfilter gegossen. Der erhaltene Saft wird in Fla schen abgefüllt, die mit einem Wattebausch oder mit einem Kork verschlossen sind, und an eine kühle Verwahrungsstelle gebracht.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass die kon servierende Wirkung eines derartigen Invert- zuckers das gemeinsame Ergebnis dreier ver schiedener Faktoren ist.. Diese drei verschie denen Faktoren sind: verdoppelter osmoti- scher Druck, niedriges Redoxpotential und Saüerkeitsgrad. Die Haltbarkeit ist denn auch so gross, dass es nicht nötig ist, die Saft flaschen vor der Füllung völlig zu sterili sieren oder die Flaschen während des Ver brauches ihres Inhaltes sorgfältig zu verschlie ssen.
Einen besonders wichtigen technischen Fortschritt bildet das erfindungsgemässe Ver fahren insofern, als bei Verwendung der obengenannten sauren Invertzuckerlösung irgendwelche mechanischen Pressvorrichtun- gen nicht nötig sind.