Eisenbahnfahrzeug. Bei Drehgestelltriebwagen ist die Unter bringung .des Antriebsmotors am Kasten untergestell nachteilig und überholt; die Unterbringung am Drehgestell stösst jedoch bei den bisherigen Lösungen des Drehgestel les auf Schwierigkeiten. So lässt sich z. B.
der Drehzapfen bezw. der diesen tragende starke Querträger wegen des Motors gewöhn lich nicht in der Mitte des Achsabstandes unterbringen, und es lässt sich auch die Ein baustelle desselben nicht mit Rücksicht auf die gleichmässige Verteilung der Achsdrücke wählen;
überdies wird in starken Bahn- krümmuugen das Zusammenwirken der Stoss- und Zugvorrichtungen zweier gekuppelter Wagen dadurch besonders erschwert, dass in der Mehrzahl der praktischen Fälle der An triebsmotor an die dem Wagenende zuge kehrte (äussere) Achse des Drehgestelles ge bunden ist, wodurch der Drehzapfenabstand verkürzt und der Überhang des Wagen kastens über den Drehzapfen verlängert wird.
Bei mit Laufgestellen ausgerüsteten Lokomotiven, welche nicht durch diese Dreh gestelle, sondern durch Triebachsen im Ge leise geführt werden, ist die Stelle des Dreh tellers im Drehgestell nicht frei wählbar, sondern wird diese durch die Forderung, dass das Laufwerk unbedingte Einstellfähigkeit in Geleisebögen haben muss, durch die Geo metrie des Laufwerkes bestimmt. Die rich tige Verteilung der Achsdrücke bereitet also auch dem Lokomotivkonstrukteur die bereits erwähnte Schwierigkeit.
Die Erfindung behebt diese Schwierig keiten in der Weise, dass die die gegenseitige Verdrehung des Drehgestelles und des Wagenkörpers ermöglichenden, zur Über tragung von lotrechten und waagrechten Kräften dienenden Organe von der Dreh achse abseits gelegene, zum Teil am Kasten- ges,tell und zum Teil am Drehgestell ange ordnete, zusammenarbeitende und ineinander greifende Führungsteile sind, die sich auf ge- rader Bahnstrecke in zur Längsmittelebene des Fahrzeuges symmetrischer Lage befin den.
Die Führungsteile, welche in ihrer ein fachsten Form aufeinandergleitende Kreis ringteile sein können, lassen sich am zweck mässigsten an den Seitenträgern (Längsträ gern) des Drehgestelles unterbringen, wo durch der sonst für die Drehachse benötigte Teil des Drehgestelles für den Einbau des Antriebsmotors frei gemacht werden kann. Hierbei lässt es sich durch Anordnung der Führungsteile an einem Halbmesser um eine ideelle Drehungsachse auch erreichen, dass die Lastübertragung längs des Drehgestelles an solchen Punkten erfolgt, welche die be liebige Beeinflussung der Achsdruckvertei lung ermöglichen.
Fig. 1 der Zeichnung zeigt schematisch ein Ausführungsbeispiel des Erfindungs gegenstandes; Fig. 2 und 3 veranschaulichen je eine beispielsweise Ausführungsform der Gleitführungen; Fig. 4 zeigt ein eigenarti ges, vorteilhaftes Anwendungsbeispiel des erfindungsgemässen Drehgestelles.
Gemäss Fig. 1 lassen sich der Wagen kasten K und das aus den Stirnträgern F und den Längsträgern H zusammengestellte Drehgestell gegeneinander um .den Punkt 0 verdrehen, so dass der Wagenkasten über die durch den Punkt 0 gehende vertikale Dreh achse hinaus einen Überhang 7a besitzt.. Der Achsenabstand des Drehgestelles ist mit p, der Drehachsenabstand des Wagenkastens, welcher dem Drehzapfenabstand der bisheri gen Drehgestelle entspricht, mit a bezeich net.
Im Drehgestell ist der Antriebsmotor M eingebaut, welcher auf die dem Wagenende zugekehrte (äussere) Achse wirkt. Die Über tragung der sich aus dem Gewicht des Wagenkastens ergebenden Last geschieht, anstatt mittels eines den bisherigen Lösun gen entsprechenden, um die Drehachse 0 zentral angeordneten Drehtellers, mittels der zwischen der ideellen vertikalen Drehungs achse und dem innern Radsatz des Dreh gestelles an den Längsträgern H-H mit dem Halbmesser r um die Drehungsachse ange- ordneten Gleitführungen (Gleitbacken) A,
B und mittels der über den genannten Gleit führungen am Wagenuntergestell befestigten (nicht dargestellten) Gegenbacken. Die Gleit- backen und Gegenbacken sind bogenförmig, und die Bogen@änge der letzteren ist so be stimmt, dass sie auf den am Drehgestell vor gesehenen Gleitbacken A, B selbst bei der grössten in Betracht kommenden gegenseiti gen Verdrehung aufliegen können.
Wie aus der Zeichnung ersichtlich ist, wird durch eine derartige Anordnung der Gleitbacken als lastübertragende Teile der zweckentspre chendste Einbau des Motors gar nicht beein trächtigt; sogar, weil die Gleitbacken an den Längsträgern befestigt sind, macht sich ein für die Befestigung der Drehteller der bis herigen Lösungen dienender starker Quer träger ähnlicher Träger entbehrlich.
Erlaubt es der Platzbedarf des Motors, so kann an statt zwei gesonderter Gleitbacken <I>A, B</I> auch ein einziges zusammenhängendes, vom einen Längsträger quer bis zum andern hin überreichendes Bogenstück verwendet wer- ja es kann sogar - an einem hierzu dienen den besonderen Querträger befestigt -- ein einziges mittleres Bogenstück (Fig. 1, C) Verwendung finden; die dargestellte Lösung ist;
aber sowohl hinsichtlich der Freiheit in der Ortsbestimmung des Motors als auch in bezug auf Einfachheit und Verlässlichkeit die beste. Es kann nämlieh nicht bezweifelt werden, dass bei der gegenseitigen Ver drehung des Wagenkastens und des Dreh gestelles zwischen den Gleitbacken und den Gegenbacken (welche - zwecks Herstellung der in den bisherigen Lösungen durch den Drehzapfen bewirkten,
hier jedoch fehlenden Verbindung zwischen Wagenkasten und Drehgestell - keine einfache Gleitflächen sind, sondern mittels ihrer Einliängeteile auch ineinandergreifen) eine Neigung zum Festklemmen auftritt, welche um so geringer und daher um so unschädlicher ist, je mehr der Winkelabstand zwischen den äussern Endpunkten der Gleitbacken beträgt. Von diesem Gesichtspunkt aus ist also die An wendung einer einzigen, in die Mitte verleg- ten Gleitbacke am nachteiligsten, während die dargestellte Lösung,
oder auch die dieser entsprechende (nicht dargestellte und teurere) Lösung mit einem sich von<I>A</I> bis<I>B</I> er streckenden, ununterbrochenen Bogen jeden falls vorteilhafter ist, und um so vollkom mener und verlässlicher gemacht werden kann, je grösser der Winkelabstand zwischen den äussern Endpunkten der an den Längs trägern H ruhenden Gleitbackenteile ist. Bringt man die Gleitbacken <I>A</I> und<I>B,</I> an statt des von der Drehungsachse gemessenen Abstandes r, in die Lage A' bezw.
B' vom Halbmesser<I>r' ></I> r, so vergrössert sieh im Sinne des Gesagten die Gefahr des Fest- klemmens; da sieh aber dabei ihre von den Radachsen des- Drehgestelles gemessenen<B>Ab-</B> stände von p1 auf p1' bezw. von p2 auf p2' ändern, kann man eine bessere bezw. gewis sen Zwecken besser entsprechende Verteilung der Achsdrücke erhalten.
Zusammenfassend besteht also der Haupt vorteil der neuen Lösung darin, dass der Mittelpunkt der relativen Verdrehung zwi schen Wagenkasten und Drehgestell vom Ort der Lastübertragung unabhängig ge macht werden kann und die durch den Dre hungsmittelpunkt gehende vertikale Achse kein greifbarer Konstruktionsteil, sondern bloss ein geometrischer Begriff ist, so dass der Ort des. Drehungsmittelpunktes von dem der Lastübertragung völlig losgelöst werden kann, diese somit den für sie eigentümlichen und vorteilhaftesten Gesichtspunkten ent sprechend gewählt werden können.
Der über hang n, welcher mit Rücksicht auf die Aus, schwenkung der Zugvorrichtung von der Geleisemitte und auf die hiermit zusammen hängende Verminderung der Kastenbreite vom theoretischen Drehpunkt O gemessen werden muss, lässt sich beliebig vermindern, ohne hierdurch die Achsdrücke irgendwie zu beeinflussen. Die Verteilung der Achsdrücke wird durch die mit den Teillängen p1, p2 (bezw. p1', p2') festgelegte Lage der Gleit- backen A, B (bezw. A', B') oder der An- sehlussstelle des die einzige Gleitbacke C tragenden Querträgers bestimmt.
Ein weiterer Vorteil dieser Absonde rungsmöglichkeit des theoretischen Dreh punktes ist, dass dadurch auch die Seitenver schiebungen des gewöhnlich in die Führer kabine hineinragenden Motors beliebig ver mindert, also, die Breite der im Boden der Führerkabine ausgebildeten Motorverscha lung kleiner genommen werden kann.
Ein grosser Vorteil liegt überdies in dem aus, der Fig. 1 hervorgehenden Umstand, dass die in den meisten Fällen mögliche Unterbringung der Gleitbacken<I>A, B</I> an den Längsträgern des Drehgestelles die Anwendung des für das Anbringen des Drehtellers stark zu bemes senden besonderen Hauptträgers überflüssig macht, welcher Umstand nicht nur einer Ge wichtsersparnis gleichkommt, sondern - was oft noch wichtiger ist - entweder für die Verkürzung des Achsabstandes im Dreh gestell oder für die bequemere und zweck- mässigero Unterbringung der maschinellen Einrichtung verwertet werden kann. Diese Wirkungen machen sich natürlich auch für Lokomotivdrehgestelle geltend.
Hinsichtlich der Fig. 1 bereitet für d@e praktische Ausführung die bogenförmige Ausbildung der Gleitbacken eine gewisse Schwierigkeit, da die Anfertigung solcher Gleitbacken und ihrer Gegenstücke, sowie ihre einwandfrei genaue Befestigung am Drehgestell (bezw. am Wagengestell) nicht deicht möglich ist. Diese Schwierigkeit lässt sich aber durch die in den Fig. 2 oder 3 dar gestellten Ausführungen,der Gleitführungen leicht umgehen.
In der Ausführung gemäss diesen Figu ren sind die Bogenführungen der Fig. 1 durch gerade Führungen ersetzt, welche in einer in der Fig. 2 dargestellten Weise aus starr an den Längsträgern H des Drehgestel- les befestigten genuteten Führungsbahnen A, B und dem am Kastenuntergestellebenfalls starr befestigten, in diese Bahnen hinein ragenden lotrechten Führungszapfen Z be stehen; die Lage dieser letzteren ist in der Zeichnung einer ausgeschwenkten Lage des 'Wagenkastens Ir entsprechend eingezeich net.
Da der Abstand<B>d</B> der Führungszapfen Z unveränderlich ist, gelangen sie bei jeder Verdrehung in eindeutig bestimmte Lagen und sind somit zur gegenseitigen Führung des Drehgestelles und des Wagenkastens ge eignet. Der in den Geradführungen geführte Teil der Zapfen Z kann, um die Reibung der Seitenführung zu vermindern, mit Rollen ausgerüstet sein.
Die Übertragung des Kastengewichtes kann, bei entsprechender Ausführung, unmittelbar durch die Zapfen, an den zweckmässig auf besonderen Rollen rollenden untern Enden derselben erfolgen, die Lösung kann aber auch eine solche sein, dass die Führungszapfen allein zur Führung dienen, während zur Lastübertragung beson dere Gleitbahnen an den Geradführungen ausgebildet werden, welche mit besonderen Gleitflächen des Kastenuntergestelles zu sammenarbeiten. Die Lösung gemäss Fig. 3 weicht von der letzteren insofern ab, als die Führungszap fen als Kulissenführungen ausgebildet sind, welche sich nicht nur zur Führung, sondern auch zur unmittelbaren Lastübertragung eig nen. Die dargestellte Lösung ist eine solche, dass die am Drehgestell (z.
B. an den Längs trägem H desselben) befestigten und die ge nutete Führungsbahn enthaltenden Teile der Kulissenführungen um lotrechte Drehzapfen verdrehbar sind, während ihre Gegenstücke am Kastengestell starr und in solcher Lage befestigt sind, dass die zu ihren Längsrich tungen senkrechten Normalen sich auf ge raden Bahnstrecken (d. h. wenn die vertika len Symmetrieebenen des Wagenkastens und des Drehgestelles zusammenfallen) in der durch den Mittelpunkt 0 der gegenseitigen Verdrehung gehenden vertikalen Drehachse schneiden.
Durch diese kinematische Verbindung, gleichviel, ob in der Ausführung gemäss Fig. 2 oder gemäss Fig. 3, wird die gegen seitige Verdrehbarkeit des Drehgestelles und des Kastengestelles einwandfrei und unter Ausschluss der Verkantungsgefahr gewähr leistet, wobei allerdings die Verdrehung nicht um eine ortsfeste Achse, innerhalb der prak- tischen Grenzen jedoch angenähert um eine solche erfolgt.
Die Anordnung kann, im Gegensatz zur Darstellung, natürlich auch umgekehrt werden, indem im Falle der Fig. 2 die Führungszapfen Z und im Falle der Fig. 3 die starr befestigten Führungsteile am Drehgestell, die gemäss den Figuren am Drehgestell befindlichen Teile dagegen am Kastengestell angeordnet werden können.
Bezüglich des Laufes der Fahrzeuge lässt sich von den angegebenen Lösungen erwar ten, dass, da zum Verdrehen des Kastens auf den in ,der Entfernung r vom Punkt 0 be findlichen Gleitbahnen ein grösseres Moment als bei der bekannten Lösung mit Drehteller erforderlich ist, das Schlängeln des Drehge stelles durch das diesem Drehmoment ent gegenwirkende Reibungsmoment gedämpft wird, was vom Gesichtspunkt des ruhigen Ganges eine vorteilhafte technische Wirkung darstellt.
Die Anwendung der Erfindung ist wegen ihrer angeführten Vorteile natürlich auch dann begründet, wenn am Drehgestell kein Motor untergebracht werden soll; die Erfin dung ist also - ob-,volil bei. Motorwagen be sonders vorteilhaft - in ihrer Anwendung nicht allein auf diese beschränkt.
Unter den möglichen Lösungsvarianten kann, ausser den ausführlich beschriebenen und dargestellten Fällen, für besondere Zwecke natürlich auch der Fall in Betracht kommen, bei welchem die Gleitführungen am Drehgestell zwischen der ideellen Drehachse und der dem Wagen ende zugekehrt liegenden Laufradachse an geordnet sind; es können sogar an beiden Seiten der geometrischen Drehachse Gleit- backen angewendet werden.
Diese Variante ist im Vergleich mit der einseitigen Anord nung der Gleitbacken deshalb von besonde rem Vorteil, weil dann bezüglich der vom Kastengestell auf zwei vorhandene Dreh- gestelle zu übertragenden Kraft beide Dreh gestelle einander gleichgestellt sind, wäh rend sonst die Kraft auf das eine Drehgestell als Zug, auf das andere dagegen als Schub übertragen wird.
Wenn die Gleitbacken zu gleich an beiden .Seiten der Drehungsachse symmetrisch angeordnet sind., fällt die Resultierende (jedoch natürlich nicht die Übertragungsstelle) der auf das Drehgestell übertragenen Belastung mit der Drehungs achse zusammen; durch Verlegen der beider seitigen Gleitführungen auf verschiedene Radien lässt sich jedoch der Ort der Be lastungsresultante auch zwischen gewissen Grenzen verschieben. Die zuletzt erwähnte Lösung ist beson ders in ihrer Anwendung auf Gelenkdreh gestelle für Gelenkzüge von Wichtigkeit. Ein bezügliches Beispiel ist in Fig. 4 ersichtlich, gemäss welchem die den Zug bildenden Eisenbahnwagen (z.
B. die Wagen K1 und K2) .an ihren benachbarten. Enden paarweise mittels des Drehgestelles miteinander ver bunden sind; zwischen den Wagen und dem Drehgestell stellen die am gleichen Halb messer befindlichen, nach einer beliebigen der oben angeführten Lösungsvarianten aus geführten Gleitführungen A1, B1 bezw. A2, B2 den Zusammenhang her.
Diese, Anord nung ermöglicht einerseits die Verkürzung der Kuppellänge der Wagen und daher die Steigerung der Sicherheit und .der Bequem lichkeit des Durchganges zwischen denselben, anderseits sichert es auch den grossen Vor teil, dass die Kupplungsflächen der zu kup pelnden Wagen in völlig gleicher Weise aus gebildet werden können, während die bis herigen Lösungen an beiden zu kuppelnden Wagenenden je eine ungleichartig ausge führte (untere und obere) Kugelschale ("Drehpfanne") erforderten, welche im ge- kuppelten Zustand der Wagen lotrecht über einander lagen, so dass die eine von ihnen niedriger,
die andere höher über den Schie nenkopf am betreffenden Wagenende be festigt werden musste, und daher die Ausbil dung der Wagenenden in bezug aufeinander nicht einheitlich sein konnte.