Verfahren zur Herstellung von Kunstfäden aus Zellulose-estern oder -äthern nach dem Nassspinnverfahren. Es ist bekannt, bei der Herstellung von Kunstfäden aus Zelluloseestern und -äthern Fallbäder zu verwenden, die zur Verlang samung der Koagulation quellend wirkende Salze, wie Rhodanide, Chlorzink u. a. m. enthalten. Diese Bäder enthalten gewöhnlich mehr oder weniger grosse Mengen des beim Spinnen ins Bad gelangenden Lösungsmittels, zum Beispiel Aceton.
Es ist möglich, unter diesen Bedingungen nach dem Streckspinn-' verfahren Fäden von grosser Feinheit zu ge winnen, die die nach dem üblichen Trocken spinnverfahren erhältlichen an Festigkeit um zirka 25 bis<B>30%</B> übertreffen. Beim Spinnen mit diesen Bädern ist die Gefahr der Verklebung jedoch sehr gross, und die erhaltenen Gespinste unterscheiden sich trotz ihrer Feinfädigkeit von der trocken gespon nenen Seide in unvorteilhafter Weise durch einen harten und spröden Griff.
Nunmehr wurde gefunden, dass man die mechanischen Eigenschaften der Fäden noch wesentlich verbessern kann und die Gefahr der Verklebung vermeidet, wenn Fallbäder verwendet werden, die quellend wirkende Salze und kolloide Substanzen, wie Me lasse, Sulfitablauge, Gerbstoffe, lösliche Stärke, Eiweissstoffe, lösliche synthetische Harze usw. enthalten.
Besonders geeignet sind Sulfitablauge und Lösungen abgebauter Eiweissstoffe, zum Beispiel von abgebautem Keratin. Es lassen sich mit solchen Bädern aus Acetylzellulose unschwer Seiden mit' einer Festigkeit von 2 bis 2,5 gr pro Denier und darüber herstellen, das heisst mit un gefähr der doppelten Festigkeit von Erzeug nissen, die beim Verspinnen nach dem üblichen Trockenspinnverfahren erzielt wer den.
Es ist ein besonderer Vorteil dieser Spinn bäder, dass, wie Versuche ergaben, der Ge halt an Lösungsmitteln, die durch die Spinn lösung ins Fallbad gebracht werden, in ver hältnismässig weiten Grenzen schwanken kann, ohne dass die guten Eigenschaften der Fäden merklich beeinflusst werden. Die Her stellung einer einheitlichen Ware im grossen macht daher keine Schwierigkeiten. Die ZViedergewinnung des Lösungsmittels und die Einstellung des Fällbades ist dann besonders einfach, wenn zum Auflösen der Acetyl- zellulose ein einheitliches Lösungsmittel, zum Beispiel Aceton, verwendet wird.
Die koagulierende Wirkung der Fällbäder kann noch durch Zugabe von nicht quellend wir kenden Salzen und quellend bezw. lösend wirkenden, nicht oder nur schwer flüchtigen organischen Substanzen, wie zum Beispiel Äthylenchlorhydrin, Monoacetin, Phenolen. Glykolmonoacetat, Diacetonalkohol, Cyclo- hexanon, Furfurol u. a. m., modifiziert wer den.
Setzt man bereits der Spinnlösung was serlösliche Quellungsmittel, zum Beispiel Rho- dansalze, zu, so kann die Menge der quellend wirkenden Substanzen im Fällbad erheblich reduziert werden.
Beispiele: 1. Eine 22%ige Lösung von Acetyl- zellulose in Aceton wird durch Spinndüsen mit Bohrungen von 0,5 mm Durchmesser in ein Fällbad gedrückt, das im Liter neben Wasser 200 gr Ammoniumrhodanid und 550 gr gereinigte Sulfitablauge vom spezi fischen Gewicht 1,25 enthält. Die Tempe ratur des Fällbades beträgt etwa 20', die Ballänge etwa 30 cm.
Der Acetongehalt im Fällbad kann in weiten Grenzen, zum Bei spiel zwischen 1 und 9 %, variieren. Der mit einer Geschwindigkeit von etwa 15 bis 20 m pro Minute abgezogene Faden wird auf sei nem Wege zur Spinnspule oder zum Spinn topf mit Wasser nachgewaschen. Der Einzel titer der gewonnenen Seide beträgt 1 bis 2 Denier, die Festigkeit 2,0 bis 2,5 gr pro Denier.
2. Man arbeitet, wie in Beispiel 1 an gegeben; jedoch enthält die Lösung an Stelle der Sulfitablauge 400 gr Melasseschlempe vom spezifischen Gewicht 1,33 pro Liter.
3. Man arbeitet wie nach Beispiel 1. und ersetzt die Sulfitablauge durch 500 gr mit Salzsäure neutralisierter, durch alkalischen Aufschluss erhaltener Keratin- oder Glutin- lösung vom spezifischen Gewicht 1,25, die etwa<B>50%</B> organische Substanz und etwa <B>10%</B> anorganische Bestandteile, im wesent lichen Kochsalz, enthält.
4. Man spinnt eine Lösung, bestehend aus 20 Teilen Acetylzellulose, 2 Teilen Ammo- niumrhodanid, 4 Teilen Wasser und 74 Tei len Aceton in ein Fällbad, das 500 gr der in Beispiel 3 beschriebenen Keratin- oder Glutinlösung und 40 gr Rhodanammonium neben Wasser im Liter enthält.
5. Eine Spinnlösung, bestehend aus 20 Teilen Acetylzellulose mit 54,5 % Essigsäure in 80 Teilen Aceton wird in ein Fällbad ge sponnen, das aus 1 Gewichtsteil der bei Bei spiel 3 verwendeten Keratinlösung, 1,2 Ge wichtsteilen Ammoniumrhodanid,1 Gewichts teil Natriumacetat, 1 Gewicbtsteil Caleiurn- chlorid und 3,5 Gewichtsteilen Wasser be steht.
Man spinnt bei einer Fällbadtempe- ratur von etwa 2,0', einer Fällbadhöhe von etwa 30 cm, mit einer Geschwindigkeit von 25 bis 50 m pro Minute. Es werden Festig- keiten von 2,5 bis 3,5 gr pro Denier erreicht-.
6. Man verwendet dieselbe Spinnlösung, wie in Beispiel 5 angegeben, und spinnt in einem Fällbad, bestehend aus 1 Gewichts teil der in Beispiel 3 angeführten Keratin- oder Glutinlösung, 1,5 Gewichtsteilen Am- moniumrhodanid, 2 Gewichtsteilen Calcium- ehlorid, 1 Gewichtsteil Natriumaeetat, 1 Ge wichtsteil Glykolmonoacetat und 7 Gewichts teilen Wasser. Die Badtemperatur beträgt etwa 20', die Ballänge 35 cm, die Abzugs geschwindigkeit 40 bis 60 m pro Minute.
Bei dieser Arbeitsweise lassen sich Fäden mit einer Reissfestigkeit von 2,7 bis 3,2 gr pro Denier bei einem Einzeltiter von 2 Denier und darunter erhalten. e Die fertige Kunstseide hat einen milden. gedämpften, der Naturseide sehr nahekommen den Glanz.