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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Cellulosecarbamat mit verbesserten Löseeigenschaften in Alkalihydroxid durch Umsetzung von Cellulose mit Harnstoff in einem inerten, flüssigen, organischen Reaktionsträger.
Die Herstellung von Celluloseregenerat-Produkten über den Weg des Cellulosecarbamats stellt eine umweltfreundliche Alternative zu dem Cellulosexanthogenat-Verfahren (Viskose) dar. Die Erzeugung von Cellulosecarbamat erfolgt bekannterweise durch Einbringen von Harnstoff in gegebenenfalls aktivierten Zellstoff und Umsetzen des Harnstoffs mit dem Zellstoff bei konstanter Temperatur, oberhalb der bei etwa 132 C liegenden Zersetzungstemperatur des Harnstoffs in Isocyansäure und Ammoniak, entweder in trockener Phase (US-2 134 825 A, EP-Patente 0 057 105 A, 0 178 292 A, 0 402 605 A und 0 402 606 A) oder in einem inerten, flüssigen, organischen Reaktionsträger (EP-0 097 685 A, DE-Patente 44 43 547 A und 44 17140 A, US-5 378 827 A).
Während mit steigender Reaktionstemperatur und Reaktionsdauer der Substitionsgrad der Cellulose zunimmt, wird gleichzeitig durch die thermische Einwirkung und die verlängerte Reaktionsdauer die Löslichkeit des gebildeten Cellulosecarbamats in wässrigem Alkalihydroxid und die Lösungsstabilität der Lösung verschlechtert. Gute Löslichkeit und Lösungsstabilität sind Voraussetzungen zur Erzielung der geforderten Qualitätsmerkmale von Celluloseregenerat-Produkten und zur wirtschaftlichen Durchführung des Verfahrens, welches durch möglichst hohe Cellulosecarbamat-Konzentrationen der Spinnlösungen und geringstmöglichem Natriumhydroxid-Einsatz geprägt sein muss.
Die Vorbehandlung der Cellulose mit Alkalihydroxid (EP-0 178 292 A) oder Ammoniak (EP-0 057 105 A), mit heissem Wasser unter Überdruck (DD-298 789 A) oder mit Enzymen (PL-Patent 159 085 A) oder die Nachbehandlung des Cellulosecarbamats mit Wasser oder wässnger Säure in der Hitze, gegebenenfalls unter Überdruck (DE-44 43 547 A) liefert mehr oder weniger gut lösliche Cellulosecarbamate, deren Lösungscharakteristika aber noch verbesserungsbedürftig sind. Diese können nicht allein durch Wahl des Vorbehandlungsverfahrens verbessert werden, sondern sind in Einklang zu bringen mit der Wahl der Verfahrensparameter der CellulosecarbamatSynthese.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Umsetzung von Cellulose mit Harnstoff in einem inerten, flüssigen, organischen Reaktionsträger aufzuzeigen, welches zu Cellulosecarbamat mit gegenüber dem zitierten Stand der Technik verbesserter Löslichkeit und Lagerstabilität führt.
Diese Aufgabe wird bei dem eingangs genannten Verfahren erfindungsgemäss dadurch gelöst, dass die Umsetzung der Cellulose mit Harnstoff bei mit fortschreitender Reaktionszeit ansteigenden Reaktionstemperaturen im Bereich von 80 bis 180 C erfolgt.
Überraschenderweise hat sich gezeigt, dass, entgegen bisherigen Annahmen, eine Umsetzung von Cellulose mit Harnstoff bereits bei Temperaturen, die deutlich unterhalb der Zersetzungtemperatur des Harnstoffs in Isocyansäure und Ammoniak liegen, erfolgt. Die Reaktion setzt bereits bei 80 - 90 C ein und verläuft bereits in diesem Temperaturbereich mit befriedigender Geschwindigkeit. Es ist somit möglich, die Umsetzung weitgehend bei wesentlich milderen Temperaturen und folglich geringerer thermischer Belastung als bei den bisher bekannten Verfahren auszuführen.
Je nach den Eigenschaften der Einsatz-Cellulose sowie Art und Umfang des gewählten Aktivierungsverfahrens beginnt man die Umsetzung bei Reaktionstemperaturen im Bereich von 80 bis 110 C und erhöht die Temperatur schrittweise, sobald die Umsetzungsrate infolge fallender Harnstoffkonzentration nachlässt.
Lediglich gegen Ende der Gesamtreaktionszeit wird die Umsetzung bei Temperaturen im Bereich von 135 bis 180 C, wie sie aus dem Stand der Technik bekannt sind, vorgenommen.
Die niedrigen Reaktionstemperaturen verbessern die Harnstoffausnutzung, verringern die Bildung von Nebenprodukten aus Harnstoff, wie zum Beispiel Biuret, und vermindern den Waschaufwand bei der Entfernung dieses schwerlöslichen Biurets aus dem gebildeten Carbamat. Biuret ist in heissem Wasser besser löslich, die Anwendung von Heisswasser bei der Carbamatwäsche verbietet sich aber, da eine partielle Hydrolyse des Carbamates auftreten kann.
Vorzugsweise erfolgt die Umsetzung in einer Mehrzahl hintereinander geschalteter Reaktoren, wobei die Reaktionstemperatur je nach Gesamtzahl der Reaktoren von einem Reaktor zum nächstfolgenden Reaktor um jeweils 5 bis 30 C angehoben wird. Bei zum Beispiel o-Xylol als inertem organischen Reaktionsträger und drei Reaktoren, empfiehlt sich eine Reaktionstemperatur von etwa 80 C für den ersten Reaktor, etwa 120 C für den zweiten Reaktor und etwa 140 C für den
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dritten Reaktor. Bei fünf Reaktoren liegen die entsprechenden Temperaturen bei etwa 80 C, 100 C, 120 C, 130 C und abschliessend 140 C. Die Temperaturintervalle zwischen je zwei benachbarten Reaktoren können gleich oder auch unterschiedlich gross sein.
Zweckmässigerweise ist die jeweilige Reaktionstemperatur gleich der Siedetemperatur des inerten organischen Reaktionsträgers bei dem jeweiligen Reaktionsdruck. Auf diese Weise kann der Reaktionsträgerdampf gleichzeitig als Schleppmittel zur Abführung des bei der Umsetzung als Nebenprodukt gebildeten Ammoniaks genutzt werden. In diesem Fall erfolgt die Einstellung der einzelnen Temperaturstufen durch Einstellen des entsprechenden Reaktionsdruckes. Gemäss den der Standard-Literatur zu entnehmenden Dampfdruckkurven ist dieser um so niedriger je niedriger die Temperatur ist. So entsprechen bei o-Xylol 100 C 265 mbar, 120 C 515 mbar und 140 C 920 mbar (abs.).
Voraussetzung für eine erfolgreiche Anwendung der erfindungsgemässen Temperaturführung bei der Herstellung von Cellulosecarbamat ist eine innige, gleichmässige Verteilung des Harnstoffs in der Cellulose. Hierzu kann jedes geeignete Verfahren verwendet werden. Vorzugsweise findet das im US-5 378 827 A (gleich DE 42 42 437 A) oder in der Zusatzanmeldung DE 44 17 140 A beschriebene Verfahren Anwendung. Auch die Gewinnung des Cellulosecarbamats aus dem Reaktionsgemisch nach der Umsetzung wird vorzugsweise nach diesen Verfahren vorgenommen.
Kennzeichnend für diese Verfahrensweise ist, dass man die Cellulose mit wässriger Harnstofflösung mischt, den Wasseranteil des Gemisches gegen den organischen Reaktionsträger austauscht, die Umsetzung zu Cellulosecarbamat bei einem Druck im Bereich von 0,05 bis 5 bar (abs.) unter Bildung oder Zuführung eines inerten dampfförmigen oder gasförmigen Mediums durchführt, das zusammen mit gebildetem Ammoniak aus der Reaktionszone abgeführt wird, den organischen Reaktionsträger im Reaktionsgemisch gegen wässrige Harnstofflösung oder Wasser austauscht, und das gebildete Cellulosecarbamat von nicht abreagiertem Harnstoff trennt und mit Wasser nachwäscht.
Ausgangsprodukt ist zerkleinerte Cellulose mit einem Polymerisationsgrad (DP) im Bereich von 200 bis 1200, vorzugsweise 300 bis 600, der nach üblichen Depolymerisationsverfahren eingestellt werden kann. Bevorzugt wird Cellulose, die während oder nach dem Cellulose-Herstellungsprozess thermisch nicht getrocknet wurde, also als feuchter Presskuchen vorliegt. Zweckmässigerweise wird die Einsatz- Cellulose zusätzlich einer Aktivierung, beispielsweise nach einem der eingangs genannten Vorbehandlungsverfahren unterworfen.
Die Cellulose wird mit etwa 20 - 60%iger wässriger Harnstofflösung bei etwa 25 - 60 C intensiv vermischt. Zweckmässigerweise wird danach ein Teil der Harnstofflösung wieder abgepresst, so dass im Presskuchen pro Anhydroglucose-Einheit der Cellulose 0,5 bis 3 Mol Harnstoff vorliegen. Bei einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird das Mol-Verhältnis Harnstoff zu Anhydroglucose so gewählt, dass am Ende der Reaktion praktisch kein oder nur noch ein kleiner Rest an Harnstoff im Cellulosecarbamat enthalten ist. Dadurch wird der spezifische Harnstoffverbrauch abgesenkt und der Aufwand für den Waschprozess verringert. Das genaue Mol-Verhältnis hängt von den Reaktionsbedingungen ab und wird durch Vorversuche ermittelt.
Als inerten, flüssigen, organischen Reaktionsträger setzt man beispielsweise einen aliphatischen Kohlenwasserstoff, z. B. lineare oder verzweigte Alkane, oder einen alkylaromatischen Kohlenwasserstoff oder ein Gemisch solcher Kohlenwasserstoffe mit Siedepunkten bei Atmosphärendruck im Bereich von 90 bis 185 C ein. Bevorzugt wird ein Mono-, Di- oder Tnalkylbenzol oder deren Gemisch, wobei die Summe der Kohlenstoffatome der Alkylgruppe(n) im Bereich von 1 bis 4 liegt. Diese Alkylbenzole haben Siedepunkte im angegebenen Bereich, so dass in den Reaktionsstufen bei Drücken im Bereich von 0,05 bis 5,0 bar gearbeitet werden kann. Besonders günstig sind Toluol und Xylol.
Hydroaromatische Kohlenwasserstoffe mit einem Siedepunkt von über 185 C, wie Tetralin oder Dekalin, sind ebenfalls als Reaktionsträger geeignet, vorausgesetzt, ein inertes Gas, wie Stickstoff oder niedere Kohlenwasserstoffe, wird als Schleppmittel für das als Nebenprodukt gebildete Ammoniak in die Reaktionszonen eingespeist.
Vergleichsbeispiel 1 (gemäss dem Stand der Technik):
3,1 kg/h Cellulose, die nach dem Verfahren des DD-Patentes 298 789 A aktiviert worden war, mit 7 % Wasser und einem DP von 350 wurde in 40%iger wässriger Harnstofflösung von 50 C
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suspendiert und dann auf einen Pressfaktor von 3 abgepresst. Das Gemisch aus Cellulose, Harnstoff und Wasser wurde unter Auflockerung mit 71,9 kg/h Toluol einer Temperatur von 105 C gemischt und dann in einem ersten Verdampfer unter Atmosphärendruck bei 85 C einer Verdampfung unterzogen. Über Kopf gingen 27,9 kg/h Dampfgemisch aus 12,6 Gew.-% Wasserdampf und 87,4 Gew.-% Toluol, das kondensiert wurde. Den Verdampfer verliessen 52,7 kg/h eines Gemisches aus Cellulose, Harnstoff und Toluol mit etwa 85 C.
Dieses Gemisch wurde dann auf 145 C erwärmt und bei dieser Temperatur in vier hintereinander geschalteten Rührbehältern unter etwa 3 bar Druck umgesetzt, wobei die Reaktionszeit insgesamt 120 min betrug. Bei siedendem Toluol wurde das gebildete Ammoniak schnell aus den Behältern abgeleitet. Das Produkt wurde anschliessend auf 90 C gekühlt und abfiltriert. Es fielen 10,4 kg/h Filterkuchen mit 30 % Cellulosecarbamat, 20 % Harnstoff und 50 % Toluol an. Der Filterkuchen wurde in 96,7 kg/h wässriger Harnstofflösung von 85 C suspendiert. Die Suspension wurde dann bis zur vollständigen Entfernung des Toluols abgedampft. Über Kopf gingen 5,9 kg/h Dampfgemisch, das zu 87,4 Gew.-% aus Toluol und im übrigen aus Wasserdampf bestand.
Aus dem Verdampfer liefen 101,1 kg/h einer Suspension von Cellulosecarbamat in Harnstofflösung ab, die durch Entspannungsverdampfung von 85 C auf 50 C abgekühlt wurde. Dabei stieg die Harnstoffkonzentration der wässrigen Phase von 40 Gew. -% auf etwa 45 Gew.-%. Diese Suspension wurde dann filtriert und mit Wasser nachgewaschen. Es fielen etwa 6,9 kg/h wasserhaltiges Cellulosecarbamat mit einem Feuchtigkeitsgehalt von etwa 55 % und einem Substitutionsgrad von 0,2 an.
Von dem so erhaltenen Cellulosecarbamat wurde so viel wie möglich in 7 Gew. -%iger, wässriger Natronlauge bei 0 C gelöst. Bis zu einer Cellulosecarbamat-Konzentration von 8,0 Gew.-%, bezogen auf Trockenmasse, liess sich eine klare, vollständig gelöste Lösung herstellen. Cellulosecarbamat in höheren Konzentrationen konnte hingegen nicht vollständig gelöst werden. Die Lagerstabilität dieser 8%igen Lösung betrug bei etwa +5 C 12 bis 13 h. Danach konnte ein Gelieren der Lösung beobachtet werden.
Beispiel 1:
Die Ausführung erfolgte in gleicher Weise wie im Vergleichsbeispiel 1, jedoch wurde das den ersten Verdampfer mit 85 C verlassende Gemisch aus Cellulose, Harnstoff und Toluol lediglich auf 90 C erwärmt und in den vier hintereinander geschalteten Rührbehältern zunächst bei 90 C und 533 mbar, dann bei 110 C und 1000 mbar, danach bei 130 C und 2,2 bar und schliesslich bei 145 C und 3 bar (abs. ) umgesetzt. Die Reaktionszeit betrug im ersten Reaktor 60 min und in den weiteren Reaktoren je 30 min, ingesamt 150 min.
Das erhaltene Cellulosecarbamat hatte einen Substitutionsgrad von 0,2 und wurde, wie im Vergleichsbeispiel 1 beschrieben, in Natronlauge gelöst. Die Cellulosecarbamat-Konzentration der klaren, vollständig gelösten Lösung konnte auf 9,6 Gew.-%, bezogen auf Trockenmasse, gesteigert werden. Die Lagerstabilität dieser Lösung betrug deutlich mehr als 24 h. Die erzielte Erhöhung der Cellulosecarbamat-Löslichkeit verbessert erheblich die Wirtschaftlichkeit des Spinnverfahrens.
Vergleichsbeispiel 2 (gemäss dem Stand der Technik):
Zellstoff, der nach dem Verfahren des DD-Patentes 298 789 A aktiviert worden war und einen DP von 350 hatte, wurde mit 40%iger Harnstofflösung beladen. Überschüssige Lösung wurde auf einen Pressfaktor von 2,67 abgepresst. Das erhaltene Gemisch wurde im feuchten Zustand mit technischem o-Xylol versetzt und eine Stunde auf etwa 95 C unter Atmosphärendruck erhitzt, wobei das gesamte Wasser und etwa 6 Gew.-% des Xylols abdestillierten. Anschliessend wurde in drei hintereinander geschalteten Reaktoren insgesamt 120 min bei 145 C und 1,0 bar (abs.) erhitzt, wobei das abdestillierende Xylol kondensiert und in das Gemisch zurückgeführt wurde. Während der letzten halben Stunde war keine Ammoniakentwicklung mehr festzustellen. Das Produkt wurde vom Xylol abgetrennt und mit Wasser gewaschen.
Es wurde ein Cellulosecarbamat mit einem Substitutionsgrad von 0,2 erhalten. Die, wie im Vergleichsbeispiel 1 beschrieben, hergestellte klare, vollständig gelöste Lösung enthielt 7,9 Gew -% Cellulosecarbamat, bezogen auf Trockenmasse. Die Lagerstabilität betrug 12 -13 h.
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Beispiel 2 :
Einsatz-Cellulose und Ausführung waren mit denen des Vergleichsbeispiels 2 identisch, jedoch wurde das entwässerte Cellulose-Harnstoff Xylol-Gemisch im ersten Reaktor auf 100 C und 265 mbar, im zweiten Reaktor auf 120 C und 515 mbar und im dritten Reaktor auf 140 C und 920 mbar bei einer Reaktionszeit im ersten Reaktor von 70 min und in den weiteren Reaktoren von je 40 min erhitzt.
Das erhaltene Cellulosecarbamat hatte einen Substitutionsgrad von 0,2. Die, wie im Vergleichsbeispiel 1 beschrieben, hergestellte klare, vollständig gelöste Lösung hatte eine Cellulosecarbamat-Konzentration von 9,2 Gew.-%, bezogen auf Trockenmasse, und eine Lagerstabilität von deutlich mehr als 24 h.
PATENTANSPRÜCHE:
1. Verfahren zur Herstellung von Cellulosecarbamat mit verbesserten Löseeigenschaften durch Umsetzung von Cellulose mit Harnstoff in einem inerten, flüssigen, organischen
Reaktionsträger, dadurch gekennzeichnet, dass die Umsetzung bei mit fortschreitender
Reaktionszeit ansteigenden Reaktionstemperaturen im Bereich von 80 bis 180 C erfolgt.