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Vertahren zur Herstellung eines Toxoids, insbesondere eines Diphtherie-Toxoids, aus einem gereinigten Bakterientoxin
Die vorliegende Erfindung betrifft Toxoide, die sich von Toxinen bakteriellen Ursprungs ableiten, und ein Verfahren zu deren Herstellung.
Ein Schutz gegen verschiedene bakterielle Erkrankungen, wie Diphtherie beim Menschen und Entero- toxaemie bei Schafen, kann erreicht werden, indem der Wirt mit Toxoiden immunisiert wird, die sich von den pathogenen Bakterien erzeugten Toxinen ableiten. Die Toxoide können durch Behandeln der
Toxine mit Formaldehyd hergestellt werden. Auf diesem Wege aus rohen Toxinzubereitungen herge- stellte Toxoide haben den Nachteil, dass sie nicht gleichmässig antigen sind. Als lösliche Toxoide ist ihre
Antigen-Wirkung oft gering und sie werden üblicherweise mit einem Adjuvans, wie einer Aluminiumver- bindung, kombiniert, um ein wirkungsvolles Vaccin zu ergeben.
Anderseits ist die Behandlung von ge- reinigten Toxinen, wie gereinigtem Diphtherie-Toxin, mit Formaldehyd allein nicht zufriedenstellend, da (obwohl die Umwandlung zum Toxoid offensichtlich vollständig erfolgte) nach der Entfernung des überschüssigen Formaldehyds das Toxoid Zeichen einer Rückwandlung zu einem toxischen Zustand bei
Verdünnung und Lagerung zeigen kann.
Die vorliegende Erfindung schafft Toxoide, die aus gereinigten bakteriellen Toxinen hergestellt werden, und als lösliche Toxoide starke Antigenwirkung besitzen und verhältnismässig beständig sind ; sie stellen geeignete Komponenten für Vaccine dar.
Die erfindungsgemässen Toxoide werden hergestellt, indem die bakteriellen Toxine in Gegenwart bestimmter Amine von niedrigem Molekulargewicht mit Formaldehyd behandelt werden. Diese Amine enthalten eine primäre oder sekundäre nicht-aromatische Aminogruppe und eine weitere basische Gruppe, die sich von der ersten hinsichtlich ihrer Reaktivität gegenüber Formaldehyd unterscheidet. Unter einer "nicht-aromatischen" Aminogruppe soll eine solche verstanden werden, welche nicht direkt an ein carbozyklisches oder heterozyklisches aromatisches Ringsystem gebunden ist und auch keinen Bestandteil des letzteren bildet. Beispiele dieser Amine sinddibasische aliphatische Amine, wie Lysin (I) und Äthylendiamin (II), in welchen eine Aminogruppe primär oder sekundär ist und sich von der andern in ihrer Basizität unterscheidet.
Die Amine der obendefinierten Gruppe müssen in den Mengen, in denen sie üblicherweise dem Wirt während der Immunisation mit diesen Toxoiden verabreicht werden, pharmazeutisch verträglich sein.
H, N. CH (CO, H). [CH . NH (I) H2N. CH2. CH2. NH2 (Il)
Erfindungsgemäss ist es vorzuziehen, gereinigte bakterielle Toxinzubereitungen zu verwenden, welche nur wenig oder nichts an niedermolekularen Stickstoffsubstanzen enthalten, welche anfangs in rohen Toxinzubereitungen vorliegen können, da in Gegenwart von gewissen Aminen, die nicht der oben definierten Gruppe angehören, leicht viel weniger antigenwirksame Toxoide entstehen. Indessen können nach dem erfindungsgemässen Verfahren zufriedenstellende Toxoide in Gegenwart von Aminmischungen hergestellt werden, welche z. T. aus Aminen der oben definierten Gruppe und z. T. aus andern Aminen bestehen, beispielsweise in Gegenwart von Mischungen von Lysin und Alanin.
Die relativen Anteile von Formaldehyd und dem Amin der obbezeichneten Gruppe, die erfindungsgemäss verwendet werden, können je nach den Umständen variieren. Wird ein gereinigtes Toxin mit Formaldehyd nur in Gegenwart eines solchen Amins behandelt, soll die molare Konzentration des letzteren vorzugsweise nicht grösser als jene des Formaldehyds sein und kann z. B. zwischen 20 und 100% von der des Formaldehyds betragen.
Die Erfindung umfasst daher ein Toxoid, welches hergestellt ist durch Behandeln eines bakteriellen Toxins mit Formaldehyd in Gegenwart eines Amins der obbezeichneten Gruppe und umfasst weiters das oben beschriebene neue Verfahren zur Herstellung der Toxoide.
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Obwohl der Umfang der vorliegenden Erfindung nicht durch irgendeine spezielle Theorie über den Vorgang beschränkt werden soll, wird angenommen, dass der Formaldehyd die Moleküle des zugesetzten Amins mit den Toxinmolekülen (in den nachfolgenden Formeln mit [T]H bezeichnet) durch Umsetzung mit aktiven Wasserstoffatomen an Aminogruppen oder andern mit Formaldehyd reaktiven Gruppen ver-
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Die starke Antigenwirkung und relative Beständigkeit der erfindungsgemässen Toxoide kann der Gegenwart basischer Seitenketten in den Produkten, die sich derart vom zugesetzten Amin ableiten, zugeschrieben werden. Möglicherweise ist das durch Behandlung gereinigter Toxine mit Formaldehyd allein hergestellte Toxoid infolge der reversiblen Bildung der reaktiven Hydroxymethylgruppen und der Bindung der Toxinmoleküle nicht zufriedenstellend.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind daher neue Toxoide der Formel [T]. CHL. Y, worin [T] das durch Verlust eines Wasserstoffatomes an einer mit Formaldehyd reaktiven Gruppe eines bakteriellen Toxinmoleküls gebildete Radikal bedeutet, und Y das durch Verlust eines Wasserstoffatoms von der Aminogruppe eines Moleküls eines Amins der obendefinierten Gruppe gebildete Radikal darstellt.
Aus Gründen der besseren Verständlichkeit wurde das Toxinmolekül [T]H in obiger Darstellung nur mit einem aktiven Wasserstoffatom gezeigt, als Proteinmolekül kann es tatsächlich aber viele aktive Wasserstoffatome besitzen und kann genauer durch die Formel [t] (H) n wiedergegeben werden. Die neuen Toxoide der Erfindung können daher je Molekül Toxoid mehrere Aminomethylradikale CH2Y besitzen und sind genauer durch die Formel [t] (CH . Y) n darzustellen.
In diesen Formeln stellt [t] das Radikal dar, welches aus einem bakteriellen Toxinmolekül durch den Verlust eines oder mehrerer Wasserstoffatome an mit Formaldehyd reaktiven Gruppen gebildet wird, und für jedes einzelne Toxoidmolekül ist n eine positive ganze Zahl, welche nicht notwendigerweise für alle Toxoidmoleküle einer Toxoidprobe gleich ist und daher für die gesamte Probe auch eine nicht-ganze positive Zahl sein kann.
Die nachfolgenden Beispiele sollen die vorliegende Erfindung erläutern, ohne dass diese jedoch hierauf beschränkt sein soll.
Beispiel 1 : Eine Lösung von 27 g L-Lysinmonohydrochlorid (0, 15 Mole) (enthaltend 2% D-Enantiomer) in 2000 ml destilliertem Wasser wurde aufeinanderfolgend versetzt mit 15 g Natriumbicarbonat, 15 ml 36% w/v Formaldehydlösung (0, 18 Mole) und 600 ml einer Lösung von gereinigtem Diphtherietoxin, enthaltend ungefähr 3000 Lf-Einheiten/1nl und zumindest 2200 Lf-Einheiten/ml Protein-Stickstoff bestimmt gegen internationales Standard Antitoxin (Ausflockung). Die Mischung wurde auf 3000 ml aufgefüllt, auf pH 7, ú eingestellt und durch Filtrieren sterilisiert ; sie enthielt dann 570 Lf-Einheiten/ml.
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C gehalten und war dann auf pH 7, 1 und enthielt560 Lf-Einheiten/ml.
Eine zehnfach mit Boratpuffer verdünnte Probe war bei intracutaner Injektion gegen Meerschweinchen und Kaninchen nicht toxisch. Um die Umwandlung des Toxins in das Toxoid zu vervollständigen, wurde die Mischung während 3 Wochen bei 320 C bebrütet ; sie war dann auf pH 7, 25 und enthielt 540 Lf-Einheiten/ml, somit trat nur ein unbedeutender Abfall ein.
Ein geringes Volumen der Toxoidlösung wurde gegen destilliertes Wasser, enthaltend 0, 01% Natrium- - o- (äthylmercurithio)-benzoat dialysiert und hierauf intracutan bei Kaninchen geprüft, um festzustellen, dass das Produkt nach Entfernung des Formaldehyds vollkommen nicht-toxisch ist. Die Hauptmenge der Toxoidlösung wurde mit Ammoniumsulfat und Natriumbicarbonat in einem Ausmass von 44 g Ammoniumsulfat und 0, 5 g Natriumbicarbonat je 100 ml Lösung behandelt und über Nacht stehen gelassen.
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mals gelöst und solange dialysiert, bis es frei von Sulfat war.
Beispiel 2 : Nach dem Verfahren des Beispiels l wurde ein Toxoid hergestellt aus gereinigtem Diphthe- rietoxin in Gegenwart von 0, 05 Molen L-Lysin, 0, 05 Molen L-Alanin und 0, 06 Molen Formaldehyd.
Beispiel3 : Nach dem Verfahren des Beispiels 1 wurde ein Toxoid hergestellt aus gereinigtem Diphthe- rietoxin in Gegenwart von 0, 025 Molen L-Lysin, 0, 075 Molen L-Alanin und 0, 06 Molen Formaldehyd.
Beispiel 4 : Eine 36% w/v Formaldehydlösung wurde in einer Menge von 5 ml (0, 06 Mole) je Liter zu einer Lösung von gereinigtem Diphtherietoxin zugesetzt, welches 500 Lf-Einheiten/ml in 0, 5% w/v Natriumbicarbonatlösung enthielt. Hierauf wurde in einer Menge von 0, 1 Molen je Liter Äthylendiamin in kleinen Anteilen zugesetzt, wobei jedesmal Chlorwasserstoffsäure nachgegeben wurde, um zu verhindern, dass die Mischung zu alkalisch wurde (anderseits kann auch das Äthylendiamin vor der Zugabe neutralisiert werden). Die Mischung wurde schliesslich auf pH 7, 6 eingestellt und während 11 Wochen auf 18-20 C gehalten, wobei eine weitere Menge Formaldehyd, 0, 06 Mole je Liter nach 3 Wochen und weitere 0, 06 Mole je Liter nach 6 Wochen, zugegeben wurde.
Die Mischung wurde dann während
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3 Wochen bei 32 C bebrütet und hierauf zur Entfernung des Formaldehyds dialysiert, wodurch sich eine Lösung von zufriedenstellend antigenwirksamem Diphtherietoxoid ergab, welche beständig und nichttoxisch blieb.
Beispiel 5 : Zu einer Lösung von gereinigtem Diphtherietoxin wurden in der in Beispiel 4 beschriebenen Weise 0, 06 Mole je Liter Formaldehyd und 0, 05 Mole je Liter Äthylendiamin zugesetzt und die Mischung während 7 Wochen auf 18-20 C gehalten, wobei eine weitere Menge von 0, 06 Molen je Liter Formaldehyd nach 3 Wochen und weitere 0, 012 Mole je Liter nach 7 Wochen zugesetzt wurden. Die Mischung wurde während 3 Wochen bei 320 C bebrütet und dialysiert und ergab so eine Lösung von Diphtherietoxoid.
Beispiel 6 : Zu einer Lösung von gereinigtem Diphtherietoxin wurden in der in Beispiel 4 beschriebenen Weise 0, 06 Mole je Liter Formaldehyd und 0, 0125 Mole je Liter Äthylendiamin zugesetzt und die Mischung während 7 Wochen auf 18-20 C gehalten. Sie wurde während 3 Wochen bei 32 C bebrütet und dialysiert und ergab so eine Lösung von Diphtherietoxoid.
Vaccine
Sterile injizierbare Lösungen der in den vorstehenden Beispielen beschriebenen Diphtherietoxoide können in verschlossenen Einzel- oder Multidosis-Behältern als Vaccine zur Diphtherieprophylaxe verwendet werden. Beispielsweise wurde das Toxoid des Beispiels 1 in Diphtherievaccine (genauer gereinigtes Toxoid-Aluminiumphosphat), Diphtherie-Tetanusvaccine und in Diphtherie-Pertussis-Tetanusvaccine der "British Pharmacopoeia" eingebaut. Die relative Stabilität des Toxoids ermöglicht die erfindungsgemässen Vaccine mit einer längeren Lagerfrist zu versehen als bei bestehenden Vaccinen, wo die Stabilität der Diphtheriekomponente den begrenzenden Faktor darstellt.
PATENTANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Herstellung eines Toxoids, insbesondere eines Diphtherietoxoids, aus einem gereinigten Bakterientoxin durch Behandlung des Toxins mit Formaldehyd, dadurch gekennzeichnet, dass das Toxin gleichzeitig mit Formaldehyd und einem aliphatischen Diamin behandelt wird.