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Verfahren zur Gewinnung von Gespinstfasern und Papierstoff aus Schilf, Binsen u. dgl.
Das vorliegende Verfahren bezieht sich auf die Gewinnung von Gespinstfasern und Zellstoff zur Papiererzeugung aus Schilf, Binsen, Riedgras und ähnlichen Pflanzen. Es ist bereits vorsucht worden, Schilf zu spinnharen Langfasern 7. U verarbeiten, und zwar unter Zuhilfenahme eines Verfahrens, wonach der Rohstoff in einem aus Kalziumkarbonat,
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Diese Lauge ist jedoch nicht imstande alle Parenchymzellensubstanz derart zu lösen, dass sie nach dem Trocknen auf mechanischem Wege von der Faser entfernt werden kann. Vielmehr haftet diese Substanz fest an der Faser, wodurch diese rauh und brüchig wird, also nicht versponnen werden kann.
Auch durch die aufeinander folgende Behandlung mit Essigsäure und Ätznatron wurde versucht, Schilf und Binsen, ausserdem auch Stroh 7. 1l spinnbaren Fasern zu verarbeiten, doch ohne günstiges Ergebnis. Während alle diese Ver- fahren ans Schiff, Binsen u. dgl. einen gut verspinnbaren Faserstoff nicht zu gewinnen gestatteten, gelingt dies nach dem vorliegenden Verfahren. Hier werden verschiedene an sich bereits bekannte einzelne Massnahmen derart zusammengefasst, dass ein wirklich gut verspinnbarer Faserstoff erzeugt wird, wobei nebenher noch kurzer Faserstoff gewonnen wird. der als Papierstoff verwendet werden kann.
Schilf, Binsen, Riedgras, also Typhazeen, Carexeen und andere ähnliche Pflanzen werden nach der Reife gemäht, getrocknet und gebündelt. In die Fabrik gebracht, wird das Schi1fstroh in einen oberen und unteren Teil zerschnitten, mazeriert, entwässert und in dünne Längsstreifen geschnitten, wie dies bereits früher ausgeübt wurde. Darauf wird das zerschnittene Schilfstroh in Alkalilauge unter Zusatz einer Emulsion von Kalkhydrat und Petroleum gekocht und endlich mit verdünnter Essigsäure gereinigt. So erhält man eine Faser, an welcher der Parenchymzellenstoff so lose haftet, dass er leicht entfernt werden kann. Die Faser wird infolgedessen weich und geschmeidig und eignet sich zum Verspinnen u. dgl.
Ein weiterer Vorteil ist der, dass man nach dem vorliegenden Verfahren erheblich mehr verwertbare Fasern erhält, als nach den bisherigen Verfahren. Es wird ein weit grösserer Prozentsatz an langer verspinnbarer Faser. viel wertvolles Werg und eine reichliche Menge Papierstoff erhalten, während nur wenig Abfall entsteht.
Das Verfahren wird in folgender Weise ausgeführt. Das trockene Rohmaterial wird zunächst in zwei Teile geschnitten. Dies ist notwendig, weil der untere im Wasser stehende Teil des Schilfes usw. infolge seiner stärkeren Struktur zum Aufschliessen beim Kochen einer stärkeren Lauge als der obere Teil bedarf. Der obere und der untere Teil werden daher zunächst gesondert behandelt, und zwar zuerst mazeriert. Hierzu wird der Rohstoff in Mazerationskufen gebracht, mit Wasser übergossen und durch Einleiten von Dampf auf etwa 40-500 erhitzt. Bei dieser Temperatur lässt man ihn etwa sechs Stunden liegen. Das schmutzige Wasser wird sodann abgelassen, durch neues ersetzt und der Rohstoff von neuem in derselben Weise, wie oben angegeben, sechs Stunden behandelt.
Dies wird noi-h einmal wiederholt, so dass die Mazeration im Ganzen etwa 18 Stunden bei dreimaliger Aufgabe frischen Wassers dauert. Nachdem die Mazeration beendet ist, wird das Wasser abgelassen und das nasse Schilf nunmehr auf die bekannten Softeningmaschinen gebracht, wo es ausgedrückt und ausgepresst wird. In diesem feuchten Zustande gelangt es in eine zweite Maschine, die Schilfstamm und Blätter der Länge nach in dünne Streifen zerschneidet
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oder spaltet, wodurch das Kochen wesentlich erleichtert und verkürzt wird. Das in dieser be- kannten Weise geschnittene und gespalten Schilf wird nunmehr in einer geeigneten Vor- richtung mit einer Flüssigkeit gekocht, die in folgender Weise bereitet wird : Es wird zu- nächst eine 2 bis 30/oigne Natron-oder Kalilauge hergestellt.
Ausserdem wird in einem besonderen Behälter aus 1001 Wasser und 17'5 kg Ätzkalk Kalkhydrat bereitet : 2 l dieser
Kalkmilch werden mit 11 Petroleum zu einer Emulsion verarbeitet, die dann zu der
2 bis 30/oigen Kali-oder Natronlauge zugesetzt wird, und zwar wird auf 3000 1 Lauge die obige Menge von zusammen SI Petroleumemulsion verwendet. Dieses Gemisch von 'PetroleumkaHthydrat mit Natron-oder Kalilauge wirkt nun ausserordentlich günstig auf die
Schilffasern, insofern es nicht nur die im Schilfe zurückgebliebene Kieselsäure löst, sondern auch der Faser eine hohe Geschmeidigkeit verleiht und sie gerade dadurch zu einer sehr schätzbaren Gespinstfaser macht.
Nach dem Kochen wird der verarbeitete Stoff aus der
Kochvorrichtung herausgenommen und gewaschen. Hierbei werden die langen Fasern von den kurzen getrennt. Diese bleiben in dem Waschwasser schweben, werden dann auf Sieben aufgefangen, für sich weiter verarbeitet und liefern Papierhalbstoff. Die gewaschenen langen
Fasern werden entwässert und gelangen in ein Reinigungsbad, das aus je 4 Essigsäure vom spezifischen Gewichte 1'040 auf je l Wasser besteht. In dem Reinigungsbad ver- bleiben die Fasern etwa eine Stunde. Nach dem Herausnehmen werden sie entwässert, getrocknet, auf geeigneten Maschinen gebrochen, gekämmt, gehechelt und als fertige Faser zu Gespinsten weiter verarbeitet.
Die hauptsächlichsten nach dem vorstehenden Verfahren gewonnenen Erzeugnisse sind also folgende :
1. Die Langfaser, die ein der Jute ähnliches, jedoch stärkeres und weit billigeres
Gewebe liefert. Wie beim Hanf, fällt auch hierbei Werg ab, das eine vorzügliche Füllung für Polsterungen u. dgl., sowie ein ausgezeichnetes Aufsaugmittel für Öl bildet, weshalb es sich z. B. für Stopfbüchsenpackungen u. dgl. eignet.
2. Die Kurzfaser, die als Papierhalbstoff ohne weiteres Verwendung finden kann. Mit
Kuhhnaren gemischt, gibt die Faser Filz. Ausserdem entzündet sich mit Öl getränktes
Schilfwerg auch in Haufen nicht von selbst, wie anderes Werg.