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Resonanzkörper für Geigen
Der Wunsch der modernen Geigenbauer, die
Idealprodukte alter Meister nachzubilden, führte vorerst zur Aufstellung mannigfaltiger Theorien hinsichtlich der Richtlinien für die Auswahl des zu verwendenden Holzes, des Lackes, der
Dimensionen des Geigenkörpers usw.
Im Laufe der Zeit verloren die meisten dieser aufgestellten Theorien zur Gänze ihren Wert, insbesondere jene, die das"Geheimnis der alten
Meister"in mathematischen oder akustischen
Verhältnissen einzelner losgetrennter Teile des
Instrumentes zueinander sahen oder jene, die der
Zusammensetzung des Lackes den Ausschlag gaben.
Es war möglich, diese Irrtümer zu widerlegen und den Nachweis zu erbringen, dass es lediglich auf die Akustik des fertigen Instrumentes, wie es in der Hand des Spielenden ruht, ankommt.
Der Begriff"Akustik"charakterisiert sich hiebei in den durch die eigenartige Form der Geige sich ergebenden Eigentönen des Instrumentes, u. zw. sind dies, abhängig von der Erregungsstelle, in der Hauptsache, vier : 1. der Ton des mittleren Teiles (des sogenannten Schallovales), als der wichtigste, weil sich in diesem Bereich die Hauptschwingungstätigkeit abspielt ; 2. der Ton des oberen und 3. der des unteren Drittels der Geige und schliesslich 4. der Ton der unteren Backen (Seiten).
Die akustische Qualität eines Instrumentes hängt in der Hauptsache von der absoluten Tonhöhe der Eigentöne und von ihrem gegenseitigen Tonabstand ab, und es ist durch praktische Versuche bewiesen, dass man bei Einhaltung der Regel, dass die vier Eigentöne möglichst nahe beisammen liegen, Geigen hervorragender Qualität herstellen kann, die sich ohne weiteres mit den Produkten alter Meister messen können.
Für die Auswertung dieser Erkenntnisse wurde seinerzeit ein Verfahren zur Herstellung von Resonanzkörpern entwickelt, welches folgendermassen ausgeübt wurde :
Decken und Boden des Resonanzkörpers wurden aus einem geeigneten Holz (z. B. Ahorn, Fichte) in der den jeweiligen geschmacklichen Wünschen entsprechenden Form und Dimension zugeschnitten. Die Stärken der Hölzer wurden dabei nach freiem Ermessen gewählt, da man ihr endgültiges Ausmass durch Abarbeitung des überschüssigen Holzes bei gleichzeitiger Kontrolle der Eigentöne an den oben erwähnten Stellen erzielte. Anschliessend wurde der Kasten zusammengesetzt und unter wiederholter Nachbearbeitung bei laufender Tonkontrolle mit dem Bassbalken und den F-Löchern versehen und schliesslich lackiert.
Dieses hier in kurzen Worten geschilderte, in Wirklichkeit jedoch äusserst mühsame und eine monatelange Arbeit erfordernde Verfahren, lieferte nicht immer einheitliche und oft unbrauchbare Ergebnisse. Die Ursachen hiefür liegen hauptsächlich in der bisher noch immer geübten Freizügigkeit bei der Bemessung des vorerst rohen Resonanzkörpers, insbesondere der gegenseitigen Verhältnisse seiner Ausmasse. Die Folgen davon waren oftmals, dass im Zuge des Abstimmvorganges, der naturgemäss schrittweise erfolgen musste, in einem bestimmten Augenblick keine Möglichkeit mehr vorhanden war, eine Ver- änderung eines Teiltones vorzunehmen, weil vorher schon an der betreffenden Stelle zu viel Material abgetragen worden war.
Da damit die wichtige Voraussetzung hinsichtlich der Lage der Eigentöne nicht mehr zu erfüllen war, konnte bestenfalls nur mehr ein Instrument mittelmässiger Qualität erzielt werden.
Zu diesem Mangel der bisher geübten Methode kommt noch, wie oben bereits angedeutet, die rein handwerklichen Schwierigkeiten und der erhebliche Zeitaufwand hinzu, die sich ergeben, wenn die endgültigen Formen der Teile aus ursprünglich rohen Hölzern ausgearbeitet werden müssen.
Die nachfolgend beschriebene Erfindung hat zum Ziele, diese Mängel zu beseitigen, und es ist ihr Gegenstand ein Resonanzkörper für Geigen, der als Ausgangsform zur Anwendung an sich bekannter Verfahren zur Festlegung der Resonanzlage des Instrumentes bestimmt ist, wobei dessen wichtigste Abmessungen, wie Länge, Breite, Dicke der Decke und des Bodens usw., sowie die Ausmasse des Bassbalkens zueinander in bestimmten, zahlenmässig festgelegten Verhältnissen stehen. Diese Regel ist also nicht als eine rein mathematische und deshalb abzulehnende Bestimmungsweise für die endgültigen Ausmasse des Instrumentes anzusehen, sondern sie bietet, wie gesagt, eine einheitliche Grundlage von der ausgehend ein sicheres und wertvolles Endergebnis zu erwarten ist.
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An Hand eines Ausführungsbeispieles werden nun Zahlen für die besagten Verhältnisse angegeben :
Angenommen sei, dass die Oberdecke eine Länge von 355 Einheiten, z. B. mm, haben soll. Es sind dann zu bemessen : ihre Breite in der Mitte mit 115, die obere Breite mit 170, die untere mit 210 ; die Zargenhöhe im oberen Felde mit 28, die im unteren mit 30 (wobei der Übergang linear verläuft) Einheiten (mm). Die Stärken der Decke und des Bodens betragen dann im oberen und unteren Drittel 2-8 bzw. 3-5 und im mittleren Drittel 2-2 bzw. 5 Einheiten, während die Sehnenhöhen der Innenwölbungen 17 bzw.
12 Einheiten betragen sollen.
Der Bassbalken wird nach dem gleichen Gesichtspunkten folgendermassen ausgeführt : Seine Länge beträgt 270 Einheiten, wobei sein Abstand vom oberen Deckelrand 45, seine Höhen am oberen und unteren Ende 3-8 bzw. 5-2 Einheiten betragen sollen, während seine Höhe in der Mitte gleich der Sehnenhöhe der Decke, also 17 Einheiten, sein soll.
Ein bestimmter Teil in der Mitte der Decke und des Bodens, wird als Schallkreis oder Schalloval bezeichnet. Seine Ausdehnung in der Längsachse des Instrumentes beträgt im Beispielsfalle 91 Einheiten, sie soll jedoch die Entfernung der gedachten Verbindungslinien zweier gegenüber liegenden Zargenecken nicht überschreiten.
Die Ausbildung der Schallovale ist für die Akustik der Geige von besonderer Bedeutung, da von ihnen aus die Erregung vom Stege auf die übrigen Teile des Resonanzkörpers erfolgt. Die Holzstärken in diesen Teilen sind erfindunggemäss von vornherein so bemessen, wie sie endgültig verbleiben. Geringfügige Abweichungen vom angegebenen Wert können sich bei verschiedenen Holzsorten und je nach einer eventuell gewünschten besonderen Klangfarbe ergeben. Wesentlich ist jedoch, dass an diesen Stärken der Decke und des Bodens im Verlaufe der Abstimmung nichts mehr geändert wird. Im Augenblick wo dies geschähe, würde sofort die ganze Abstimmung verändert werden und es würden die bereits eingangs erwähnten Erscheinungen und Mängel eintreten.
Die Abstimmung des Resonanzkörpers erfolgt dann derart, dass in an sich bekannter Weise durch Abtragen von Material und gleichzeitiger Kontrolle der Eigentöne vom Schalloval ausgehend die Stärken der Decke bzw. des Bodens verringert werden, solange bis die Eigentöne die richtige gegenseitige Lage haben. Man kann dabei feststellen, dass am Ende die Decke nahezu gleichmässig stark geworden ist, was im übrigen den bei alten Instrumenten meist bestehenden Verhältnissen entspricht, während der Boden sich nur wenig verändert hat.
Die angegebene Bemessung des Bassbalkens, insbesondere seiner Höhe in der Mitte, hat folgende Begründung : Die Lackierung der fertig gestimmten Geige erhöht die Eigentöne der Geige.
Ein Herabstimmen ist dann nur durch eine Verminderung der Höhe des Bassbalkens möglich (bis auf 9 mm), so dass von vornherein ihr ursprünglicher Wert wesentlich grösser sein muss, ansonsten der Balken nicht mehr dem Saitendruck widerstehen könnte.
Hiezu sei noch erwähnt, dass, so wie es auch bei anderen Verfahren üblich ist, erst die Hölzer einzeln, dann im zusammengeleimten und schliesslich im lackierten Zustand bearbeitet werden, wobei sich die Nachbearbeitung im letzten Stadium auch durch verschieden starkes Auftragen des Lackes ergänzen lässt.
Zusammenfassend sind also die Vorteile der Verwendung von Resonanzkästen, die nach den angegebenen Verhältnissen bemessen sind, die, dass, wie sämtliche bisherigen Ergebnisse zeigen, eine einheitliche Grundlage gegeben ist, von der ausgehend, überdurchschnittliche und mit einem relativ erheblich geringeren Aufwand an Zeit und Arbeit herstellbare Instrumente erzeugt werden können. Nicht unerheblich ist dabei auch die Tatsache, dass die rohen Resonanzkörper nunmehr auf maschinelle Weise durch Schablonen, Matrizen u. dgl. erzeugt werden können, ohne dass das Endprodukt an künstlerischem Wert einbüsst.
PATENTANSPRÜCHE :
1. Resonanzkörper für Geigen, der als Ausgangsform zur Anwendung an sich bekannter Verfahren zur Festlegung der Resonanzlage des Instrumentes bestimmt ist, dadurch gekennzeichnet, dass unter Zugrundelegung einer grössten Länge der Oberdecke von 355 Einheiten (z. B. mm), ihre Breite in der Mitte 115, die obere Breite 170, die untere Breite 210, die Zargenhöhe im oberen Felde 28, die im unteren Felde 30 Einheiten beträgt und dass die Stärken der Decke und des Bodens im oberen und unteren Drittel 2-8 bzw. 3-5 und im mittleren Drittel, dem sogenannten Schalloval 2-2 bzw. 5 und die Sehnenhöhe ihrer Innenwölbungen 17 bzw.
12 Einheiten betragen.