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Hydrokolloide Masse.
Hydrokolloide Abformmassen sind bekannt, welche aus einem wasserhaltigen, gallertartigen, hydrokolloiden Grundstoff vom Charakter der aus Meeresalgen und-langen, wie Hai-Thao, Dschin- Dschen u. dgl., gewonnenen Gallerte und bzw. oder aus andern wasserhaltigen Substanzen von gelatinösem Charakter, wie Glutinose, Liehen carraghen, Gelatine, Leim usw., bestehen, wobei gegebenenfalls Kautschuk und Faserstoffe tierischer, pflanzlicher oder mineralischer Natur, wie Baumwolle, Seide, Zellstoff usw., zugegeben werden. Diese bekannten Massen versagten bisher in der Anwendung, da sie entweder vom Zahnlöffel abflossen, zu lange Zeit zur Erstarrung im Munde brauchten oder im Munde überhaupt nicht erstarrten, erstarrt zu geringe Konsistenz besassen, unhandlich bei der Anwendung waren und nur rauhe Gipsabgüsse lieferten.
Die hydrokolloide Masse gemäss vorliegender Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Grundstoffe zur Verbesserung seiner Eigenschaften in feinster Verteilung und in einer das Trockengewicht der gallertartigen Grundsubstanz nicht übersteigenden Menge noch zugesetzt sind : feste, fettige Substanzen, wie Stearin, Walrath, Wachse, Paraffin, Zeresin usw., und Harze, wie Kopal, Bernstein, Dammar, Mastix usw. Die Grundlage der Masse sind die bekannten, wasserhaltigen, kolloiden Substanzen gewisser Meeresalgen,-tange und verwandter Pflanzen, als deren Vertreter hier Hai-Thao oder das chinesische Dschin-Dschen gelten mögen, sowie wasserhaltige gelatinöse Substanzen vom Charakter des Knochenleimes. Das daraus gewonnene Sol gestattet jedoch keine so starke Eindickung, dass es für die gedachten Zwecke gut brauchbar wäre, da die Masse zu klebrig würde.
Es wird ihr. daher zunächst. Kautschuk in verschiedener. Form. zugesetzt,. z. B. als Lösung in einem der bekannten Lösungsmittel oder.'in Farm von feinsten aus Düsen gesponnener Fädchen usw. Die Bedingung ist dabei, dass der Kautschuk weder vor noch nach dem Zusatz vulkanisiert wird, sondern nur unbeschwerter, reiner, frischer Kautschuk verwendet-wird, und'dass er die Masse teils in Form mikro- skopisch oder ultramikroskopisch kleinster. elastischer"Bällchen teils elastischer Fädchen durchsetzt, so'dass sie durch dieses Puffer-und Netzwerk an Federkraft und innerem Zusammenhang gewinnt.
Der Kautschuk muss daher schwefelfrei sein. Ein Zusatz von Glyzerin bis zum Ausmasse eines Drittels des Gewichtes der Grundsubstanz dient dazu, die Masse möglichst feucht zu erhalten.
Zur Herabsetzung der Klebrigkeit ist ferner der Zusatz von festen, fettigen Substanzen wie : Stearin, Zeresin, Paraffin, Ozokerit, Walrath, Wachs usw. nötig, die gleichzeitig den Erstarrungspunkt erhöhen. Um den Erstarrungspunkt noch weiter zu erhöhen und die Konsistenz namentlich im aufgekochten Zustande pastöser zu machen, wird Harz, Bernstein, Kopal, Dammar, Sandarac, Mastix, Fichtenharz, Benzoe usw. in Lösung oder in einer andern, die feinste Verteilung ermöglichenden Form zugesetzt.
Die so vorbereitete Masse kann noch weitere Körper enthalten, wie z. B. Faserstoffe, Seide, Nessel, Baumwolle usw., wodurch es namentlich bei Verwendung der Masse zu Bildhauerzweckpn möglich ist, sie mittels eines Pinsels oder einer Spachtel auch auf die unterschnittenen Flächen des lebenden Modells sowie auf senkrechte Flächen aufzutragen, ohne dass die Masse abtropft oder abrinnt.
Bedingung ist nur, dass die Fasern äusserst zart sind und dass sie sich in einer dickflüssigen Grundsubstanz vollkommen gleichmässig verteilt schwebend erhalten.
Eine so zusammengesetzte Masse besitzt in ihrem Solzustand einen kitt-oder teigähnlichen Charakter, so dass sie in dem Zahnlöffel eingedrückt werden kann und auch vom umgekehrten Zahnlöffel nicht abfliesst ; in ihrem Solzustand klebt sie nicht an den Fingern und kann daher in der Hand wie weicher Kitt oder Ton geknetet werden. Vor ihrem Gebrauche wird sie zwei Minuten gekocht und so sterilisiert ; in den Mund wird sie ohne Ausübung eines nennenswerten Druckes auf Zähne und die Weichteile der Kiefer eingebracht, wobei die Weichteile nicht weggequetscht werden. Sie erstarrt im Munde, also bei Körpertemperatur, binnen ein und einer halben Minute.
Der Erstarrungs-oder Gelzustand der Masse ist elastisch, jedoch keineswegs vom Charakter des Kautschuks, da sie wohl eine Masse von ziemlich starrer Konsistenz darstellt, die Gestaltselastizität besitzt, aber im Gegensatz zum Kautschuk reversibel bleibt, so dass sie jederzeit in den Solzustand übergeführt werden kann. Sie ist zum Abformen besonders geeignet, da sie nur geringe Zugelastizität besitzt ; daher ist sie aber dennoch geeignet, Unterschneidungen in der Mundhöhle und natürlich auch andere Unterschneidungen naturgetreu abzuformen, wobei diese Abformungen so genau sind, dass darin sogar die Poren in den Papillarlinien einer Fingerbeere mikroskopisch sichtbar sind. Im Gelzustande gefährdet sie niemals Zähne oder Ersatzteile des Patienten.
Die Masse besitzt keinen unangenehmen Geschmack oder Geruch und kann nach dem Herausbringen aus dem Munde sofort und ohne jede Vorpräparation mit Gips ausgegossen werden ; von dem Gipspositiv kann sie glatt und ohne Rauhigkeit mühelos abgehoben werden, wobei es nicht nötig ist, das Negativ einzutauchen oder zu erhitzen, und wobei auch das Gipspositiv nie gefährdet ist, da das Negativ nachgiebig ist, so zwar, dass es bei einigem Geschick möglich ist,
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dasselbe Negativ mehrmals zu verwenden. Sie kann in Form eines kleinen Teigballens in den Mund gebracht werden, um durch Kaubewegungen einen mittleren Funktionsabdruck zu erlangen.
Die Zusammensetzung der Masse kann für andere als zahnärztliche Zwecke auf mannigfache Weise variiert und durch verschiedenartige Zusätze auf bestimmte Zwecke abgestimmt werden. So dient die Masse für Bildhauerzwecke zur Abformung am sitzenden oder stehenden (natürlich auch liegenden) lebenden Modell, ohne Vorpräparation der Haut, ohne dass Haare ausgerissen werden, bei offenen Augen und ungehemmter natürlicher Nasenatmung ohne Verwendung von Federkielen und ähnlichen Hilfsmitteln, die in die Nasenlöcher eingesetzt werden, zur Abformung an leblosen Modellen ohne Vorpräparation und ohne Vorbereitung von Kappen, wobei weitgehende Unterschneidungen abgeformt werden, also Stückformen entbehrlich machen, und mit einer Erstarrungszeit von nur wenigen Minuten statt vieler Stunden wie bei den bisher gebräuchlichen Leim-Glyzerinmassen.
Andere Varianten der Grundkomposition werden für Zwecke der Kosmetik usw. verwendet, da die Beobachtung einen gewissen wohltätigen Einfluss auf die Haut bei einer bestimmten Zusammensetzung der Masse ergab. Diese Wirkung auf die Haut ist allerdings keine medikamentöse im eigentlichen Sinne, sondern accessorisch auf rein physikalische Umstände begründet. Sie beruht wahrscheinlich einerseits auf einer kräftigen Hyperämisierung der Haut, anderseits auf der ganz allgemeinen reizmildernden Wirkung der Kolloide und drittens auf einer kräftigen Beförderung der Transpiration infolge der mikroskopisch lückenlos aufliegenden Decke bei gleichzeitiger Absaugung der transpirierten Feuchtigkeit, der Sekrete und pathogenen Keime in die hydrophile kolloidale Decke.
Diese der Grundkomposition anhaftende Wirkung kann durch verschiedenartige gebräuchliche, im eigentlichen Sinne medikamentöse Zusätze befördert werden.
Ausser zu Abformungen in der Mundhöhle kann die Masse in teigiger Konsistenz selbstverständlich auch zu Abformungen in andern Körperhöhlen verwendet werden, z. B. unter Zuhilfenahme geeigneter Instrumente zur Abformung des Muttermundes in der Vagina.
Die Konsistenz kann vom steifen Teige angefangen bis hinab zum Viskositätsgrade etwa des Honigs verändert werden, je nach dem angestrebten Zwecke. Für Funktionsprüfungen im Munde beispielsweise wird der steifste Teig gerade recht sein, für kosmetische Zwecke wird in den meisten Fällen eine mehr flüssige Form zweckmässig sein. Der Grad der Konsistenz bzw. Viskosität kann sehr leicht durch geringe oder weitgehende Verdampfung reguliert werden. Die dünnflüssigen Massen werden zweckmässig nicht in Büchsen, sondern in Tuben zu halten sein, um ihre Sterilität zu sichern.
Das Verhältnis der Grundsubstanz zu den oben genannten Zusätzen schwankt natürlich ausser- ) rdentlich je nach den angestrebten Zwecken und je nach den verwendeten Materialien. Es hängt z. B. ausserordentlich vom Quellungsvermögen der verwendeten gelatinösen Substanzen, von der Löslichkeit les Harzes, vom verwendeten Lösungsmittel, vom Grad der Fettigkeit der wachsähnlichen Substanzen ISW. ab. Ferner vertragen die flüssigeren Zustände des Gemisches nur geringe Mengen von diesen Zusätzen, da sie sich in der Grundgallerte weniger leicht in einer halbkolloidalen Form erhalten.
In der reifen Form des Teiges soll aber jeder Zusatz einzeln die Hälfte des Trockengewichtes der gallertbildenden Grundsubstanz gewöhnlich nicht übersteigen, ausser wenn diese Grundsubstanz ein Quellungsvermögen besitzt, das es befähigt, beträchtlich mehr Wasser als das Fünfzehnfache ihres Trockengewichtes auf- : unehmen und dabei noch eine kräftige Gallerte zu bilden.
Nach unten zu gibt es natürlich keine feste Grenze für das verhältnismässige Gewicht der Zusätze, lie Masse wird eben nur allmählich schlechter und schlechter und verliert ihren eigenartigen Charakter.
Das Verhältnis der Zusatzsubstanzen zueinander ist in der Regel das zu gleichen Teilen.