Reversibel stockbare brasse. Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist eine reversibel stockbare Masse, das heisst eine Masse, welche aus dem Sol- in den Gel zustand übergehen kann und umgekehrt, die zu den verschiedensten Zwecken verwendet werden kann; so zum Beispiel zu zahnärzt lichen Abformungen in der Mundhöhle, zu Abformungen in andern Körperhöhlen, für Bildhauerzwecke zu Abformungen am Mo dell usw. In Form von Varianten der Grund komposition lässt sie sich für die Zwecke der Kosmetik, Dermatologie usw. verwenden, wobei durch medikamentöse Zusätze ihre Wirkung auf die Haut günstig ausgenützt und befördert werden kann.
Zur Abformung von Gebissen in der Mundhöhle wurde in der Zahnheilkunde bis her Gips benützt, der den Nachteil aufweist, dass er nur in Stücken aus dem Munde her ausgebrochen werden kann und dann in langwieriger Arbeit zusammengesetzt werden muss; beim Herausbrechen aus dem Munde gefährdet er die Zähne und namentlich künstliche Ersatzstücke des Patienten, da er nach dem Abbinden zu einer steinartig har- ten Masse wird;
ein weiterer Nachteil des Gipses ist, dass es oft vier bis fünf und noch mehr Minuten dauern kann, bis der Gips er härtet, und dass durch das Zusammenpassen des Negativs infolge mangelhafter Anein- anderfügung der Teilstücke die natürlichen :Formen und Verhältnisse verändert werden, so dass die danach gearbeiteten Ersatzteile nicht immer passen. Auch muss das Gips negativ vor dem Positivguss bekanntlich vor präpariert werden.
Abformmassen, wie zum Beispiel die be kannten Harz-Wachskompositionen quetschen die Weichteile weg und formen keine Unter schneidungen ab, geben. daher vielfach ganz falsche Negative, so zum Beispiel indem sie die unterschnittenen Stellen des Negativs als sogenannte Schwalbenschwänze" nach hinten treiben. Guttapercha hat den Nach teil, sich nach dem Herausnehmen aus dem Munde zu verziehen.
Auch sind diese Ab formmassen unsteril und besonders bedenk lich, wenn dasselbe Stück, ohne vorange gangene Sterilisierung, immer wieder neuen Patienten in den Mund gesteckt wird. Sogenannte hydrokolloide Abformmassen versagten bisher meist in der Anwendung, da sie vom Zahnlöffel abflossen, zu lange Zeit zur Erstarrung im Munde brauchten oder im Munde überhaupt nicht erstarrten, oder, wenn erstarrt, zu geringe Konsistenz besassen, unhandlich bei der Anwendung waren, und nur rauhe Gipsabgüsse lieferten.
Der den Gegenstand vorliegender Erfin dung bildenden reversibel stockbaren Masse kann eine solche Zusammensetzung gegeben werden, dass sie die erwähnten Mängel nicht besitzt; sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie eine hydrophile, wasserhaltige, gallert artige, kolloide Grundsubstanz pflanzlichen oder tierischen Ursprungs enthält, zum Bei spiel aus Meeresalgen, -tangen, wie Hai- Thao, Dschin-Dschen und dergleichen ge wonnene Gallerte, oder andere wasserhal tige Substanzen von gelatinösem Charakter, wie Glutinöse, Liehen carraghen, Gelatine, Leim usw.
oder Gemischen von solchen Stoffen pflanzlicher und tierischer Her kunft, und dass; in dieser Grundsubstanz zwecks Verbesserung ihrer Eigenschaften in feinster Verteilung je in einer das Trocken gewicht der gallertartigen Grundsubstanz nicht übersteigenden Menge enthalten sind: Kautschuk, fettige Substanzen, zum Beispiel Paraffin, Zeresin oder andere Paraffin kohlenwasserstoffe, Stearin oder andere feste Fettsäure-Glyzerinester, oder Wachs, Walrat oder ähnliche feste Fettsäureester einwer tiger Alkohole, und Harze, wie Kopal, Bern stein, Dammar, Mastix usw.
Gegebenenfalls können der Masse gemäss der Erfindung noch Faserstoffe, tierischer, pflanzlicher oder mineralischer Natur, wie Baumwolle, Seide, Zellstoff usw. zugegeben werden.
Als Grundlage der Komposition werden vorzugsweise wasserhaltige kolloide Sub stanzen gewisser Meeresalgen-Tange und ver wandter Pflanzen, als deren Vertreter hier Hai-Thao oder das chinesische Dschin-Dschen gelten mögen, sowie gelatinöse Substanzen vom Charakter des Knochenleimes verwendet.
Das daraus gewonnene Sol gestattet je doch keine so starke Eindickung, dass es für die gedachten Zwecke brauchbar würde, da die Masse zu klebrig und deren innere Rei bung unter Umständen zu gross ist. Auch wäre die Konsistenz zu gering: Es wird ihr daher zunächst Kautschulz in verschiedener Form zugesetzt, zum Bei spiel als Lösung in einem der bekannten Lösungsmittel, in Form von feinsten aus Düsen gesponnenen Fädchen usw.
Die Bedin gung dabei ist nur, dass der Kautschuk weder vor noch nach der Zusetzung vul kanisiert wird, je nach dem Verwendungs zweck der Masse wird nur unbeschwerter, reiner, frischer Kautschuk verwendet, der die Grundsubstanz teils in Form mikrosko pisch oder ultramikroskopisch kleinster ela stischer Bällchen, teils elastischer Fädchen ganz und gar durchsetzt, so dass sie durch dieses Puffer- und Netzwerk an Federkraft und innerem Zusammenhang gewinnt. Durch einen Zusatz von Glyzerin bis zum Aus masse eines Drittels des Gewichtes der Grund substanz kann die Masse feucht erhalten und gegen Austrocknung geschützt werden.
Zur Verminderung der innern Reibung und Herabsetzung der Klebrigkeit der Grund substanz ist ferner der Zusatz von festen fettigen Substanzen wie: Stearin, Zeresin, Paraffin, Ozokerit, Walrat, Wachs usw. nötig, die gleichzeitig den Beginn der Er starrung der geschmolzenen Mischung er höhen.
Um die beginnende Erstarrung noch wei ter zu erhöhen und die Konsistenz des Ge misches namentlich im aufgekochten, also im Solzustande, pastoser zu machen, wird Harz, Bernstein, Kopal, Dammar, Sandarac, Mastix, Fichtenharz, Benzoe usw. in Lösung oder in einer andern, die feinste Verteilung ermöglichenden Form zusetzt.
Die Eintragung bezw. feinste Verteilung dieser Substanzen in die Grundmasse erfolgt am bequemsten durch Verneblung der Lö sungen über der in einem Rührwerk kräftig bewegten Masse und nachherige Schlägerung des Gemisches in einer Kolloidmühle. Die Vernebelung kann auf irgend eine der in der Industrie bereits gebräuchlichen Arten ge schehen, zum Beispiel durch scharfes Auf spritzen eines dünnen Strahles der unter hohem Druck stehenden Lösungen auf eine polierte Achatplatte. Dieser Vorgang wird am zweckmässigsten im erhitzten Vakuum erfolgen,
um einerseits das Herabsinken des Nebels zu beschleunigen, anderseits die rasche Verdunstung des Lösungsmittels zu befördern, das durch Absaugung und Kon- densierung wieder gewonnen werden kann.
Die so vorbereitete Masse kann noch wei tere Körper enthalten, deren wichtigste sind: Bismutum subnitricum oder ein. anderes gleichwertiges Bismutsalz als fäulniswid riger und gerbender Zusatz, der das Ver halten der Masse gegen Gips beeinflusst;
verschiedenartige Faserstoffe wie Seide, Nessel, Baumwolle usw. dienen zur Erhö hung der Körperhaftigkeit und des innern Zusammenhanges der Masse, wodurch es namentlich bei Verwendung der Masse zu Bildhauerzwecken, möglich ist, sie mittelst Pinsel oder Spachtel auch auf Unterflächen des lebenden Modelles, sowie auf senkrechte Flächen (beispielsweise bei einer Porträt abformung am sitzenden lebenden Modell) aufzutragen, ohne dass die Masse abtropft oder abrinnt.
Bedingung ist nur, dass die Fasern äusserst zart sind, also nicht etwa, stark und hart wie Schafwolle, und dass sie sieh in der verflüssigten Grundsubstanz voll kommen gleichmässig verteilt schwebend er halten.
Eine so zusammengesetzte Masse für zahnärztliche Zwecke besitzt in ihrem Sol- zustand zum Beispiel einen kitt- oder teig- ähnlichen Charakter, so dass sie in den Zahn löffel eingedrückt werden kann und auch vom umgekehrten Zahnlöffel nicht abfliesst; in ihrem Solzustand klebt sie nicht an den Fingern und kann daher in der Hand wie weicher Kitt geknetet werden, im Solzustand ist sie also plastisch wie Bildhauerton.
Vor ihrem Gebrauche wird sie zwei Minuten in einer eigens konstruierten Spritze unter Dampfdruck gekocht und daher zugleich sterilisiert; in den Mund wird sie ohne Aus- übung eines nennenswerten Druckes auf Zähne und die Weichteile der Kiefer einge bracht, wobei die Weichteile nicht weg gequetscht werden. ,Sie erstarrt im Munde, also bei Körpertemperatur, binnen ein und einer halben Minute. Im Erstarrungs-, also Gelzustand ist eine solche Masse elastisch federnd, hat jedoch keineswegs Kautschuk charakter;
sie stellt eine Masse von kräftiger Konsistenz dar, die nach Verbiegungen wie der zurückfedert, aber im Gegensatz zum Kautschuk ist sie reversibel, so dass sie jeder zeit in den Solzustand übergeführt werden kann, in welchem sie zum Abformen geeignet ist. Sie ist geeignet, weitge hende Unterscheidungen in der Mund höhle und natürlich auch andere Unter schneidungen naturgetreu abzuformen, wobei diese Abformungen so genau sind, dass darin zum Beispiel sogar die Poren in den Papillar- linien einer Fingerbeere mikroskopisch sicht bar sind. Im Gelzustande gefährdet sie nie mals Zähne oder Ersatzteile des Patienten.
Die Masse besitzt keinen unangenehmen Ge schmack oder Geruch und kann nach dem Herausbringen aus dem Munde sofort und ohne jede Vorpräparation mit Gips ausge gossen werden; von dem Gipspositiv kann sie glatt und ohne Rauhigkeit mühelos ab gehoben werden, wobei es nicht nötig ist, das Negativ einzutauchen oder zu erhitzen und wobei auch das Gipspositiv nie gefährdet ist, da das Negativ herausgefedert wird, so zwar, dass es bei einigem Geschick möglich ist, dasselbe Negativ mehrmals zu verwenden..
Auch bei längerem ...Aufheben schimmelt oder fault diese Masse nicht und sie ist reversibel stockbar, so dass sie wiederholt aufgekocht, damit zugleich sterilisiert und wieder verwendet werden kann.
Auch kann sie in Form eines kleinen Teigballens in den Mund gebracht werden, um durch Kaubenregungen einen mittleren Funktionsabdruck zu erlangen.
Die Zusammensetzung der Masse kann für andere als zahnärztliche Zwecke auf mannigfache Weise variiert und durch ver- schiedenartige Zusätze auf bestimmte Zwecke abgestimmt werden.
So kann die Masse für Bildhauerzwecke dienen zur Abformung nicht nur am lie genden, sondern auch am sitzenden oder stehenden lebenden Modell, ohne Vorpräpa- ration der Haut, ohne dass Haare ausgerissen werden, bei offenen Augen und ungehemmter natürlicher Nasenatmung, ohne Verwendung von in die Nasenlöcher eingeführten Feder kielen und ähnlicher Hilfsmittel, zur Ab formung an leblosen Modellen ohne Vorprä- paration und ohne Vorbereitung von Kappen (da die Abformung nicht durch Guss, sondern durch Auftragen mittelst Spachtel oder Pinsel geschieht), wobei weitgehende Unter- schneidungen abgeformt werden,
also Stück formen entbehrlich machen. Zweckmässig wird bei solchen Abformungen eine Masse mit einer Erstarrungsmit von nur wenigen i\flinuten verwendet, statt vieler Stunden, wie bei den bisher gebräuchlichen Leim-Glyzerin- Massen.
Andere Veifahren der Grundkomposition können für Zwecke der Kosmetik usw. ver wendet werden, da die Beobachtung einen gewissen wohltätigen Einfluss auf die Haut bei einer bestimmten Zusammensetzung der Masse ergab.
Diese Wirkung auf die Haut ist keine medikamentöse im eigentlichen Sinne, sondern akzessorisch auf rein physi- kaliselre Umstände begründet. Sie beruht wahrscheinlich einerseits auf einer kräftigen Hyperämisierung der Haut, anderseits auf der ganz allgemein reizmildernden Wirkung der Kolloide und drittens auf einer kräftigen Beförderung der Transpiration infolge der mikroskopisch lückenlos aufliegenden Decke bei gleichzeitiger Absaugung der transpi rierten Feuchtigkeit, der Sekrete und patho- geäen Keime in die hydrophile kolloidale Decke.
Ausser zu Abformungen in der Mund höhle kann die Masse in teigiger Konsistenz selbstverständlich auch zu Abformungen in andern Körperhöhlen verwendet werden, zum Beispiel -unter Zuhilfenahme geeigneter In- strumente zur Abformung des Muttermundes in der Vagina..
Die Konsistenz kann vom steifen Teige angefangen bis hinab zum Viscositätsgrade etwa des Honigs gehalten werden, je nach dem angestrebten Zweck. Für Funktionsprü fungen im Munde beispielsweise wird der steifste Teig gerade recht sein, für kosme tische Zwecke wird in den meisten Fällen eine mehr flüssige Form zweckmässig sein.
Der Grad der Konsistenz, bezw. Visco- sität kann sehr leicht durch geringe oder weitergehende Verdampfung reguliert wer den. Die dünnerflüssigen Massen werden zweckmässig nicht in Büchsen, sondern in Tuben gehalten, um ihre Sterilität zu sichern.
Das Verhältnis der Grundsubstanz zu den oben genannten Zusätzen schwankt na türlich ausserordentlich, je nach den ange strebten Zwecken und je nach den verwen deten Materialien. Es hängt zum Beispiel ausserordentlich vom Quellungsv erwögen der verwendeten gelatinösen Substanzen, von der Löslichkeit des Harzes, vom verwendeter. Lösungsmittel, vom Grad der Fettigkeit der fettigen Substanz usw. ab. Ferner vertragen die flüssigeren Zustände des Gemisches nur geringe Mengen von diesen Zusätzen, da sie sich in der Grundgallerte weniger leicht iit einer halbkolloidalen Form erhalten.
In der steifen Form des Teiges soll aber jeder Zusatz einzeln die Hälfte des Trocken gewichtes der gallenbildenden Grundsub stanz gewöhnlich nicht übersteigen, ausser wenn diese Grundsubstanz ein Q,uellungsver- mögen besitzt, das es. befähigt, beträchtlich mehr Wasser als das Fünfzehnfache ihres Trockengewichtes aufzunehmen und dabei noch eine kräftige Gallerte zu bilden.
Nach unten zu gibt es natürlich keine feste Grenze für da.s verhältnismässige Ge wicht der Zusätze, die Masse wird eben nur allmählich schlechter und schlechter und ver liert ihren eigenartigen Charakter. Das Ver hältnis der Zusatzsubstanzen zueinander ist in der Regel das zu gleichen Teilen, wenn nicht bestimmte Zwecke eine Variation ge bieten. So wird zum Beispiel in der Kos- metik cler Harzzusatz je nach gewissen Auf gaben zu vermindern oder auch unter Um ständen zu vermehren sein.