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Verfahren und Vorrichtung zur Gewinnung von Wasserstoffsuperoxyd durch Destillation von Persehwefelsäure- oder Persulfatlösungen.
Die Erfindung bezieht sich auf die Gewinnung von Wasserstoffsuperoxyd durch Destillation von tbersehwefelsäure- oder Persulfatlösungen.
Es ist seit langem bekannt, dass man Wasserstoffsuperoxyd dadurch gewinnen kann, dass man Lösungen der genannten Art durch Rohre fliessen lässt, die über die Destillationstemperatur erhitzt werden.
Ein Verfahren, bei welchem die Lösung in geheizten Rohren von oben nach unten fliesst, während das Wasserstoffsuperoxyd oben abdestilliert, ist in der deutschen Patentschrift Nr. 249893 bzw. in der öster- reichischen Patentschrift Nr. 48156 beschrieben. Später wurde nach Angabe von Girsewald (Anorganische Peroxyde und Persalze", Vieweg & Sohn, Braunschweig, 1914, S. 18) durch waagrechte Heizflächen vermieden, dass das abdestillierende Wasserstoffsuperoxyd der einfliessenden Perschwefelsäure entgegenfliesst, und so zu Zersetzungen Veranlassung geben kann. Es ist hier von dem Verfahren der französischen Patentschrift Nr. 445096 die Rede, in der beispielsweise vorgeschlagen wird, die Lösung durch flache liegende Destillationsrohre, z.
B. ein in horizontaler Ebene gewickeltes Schlangenrohr, hindurchzuschicken, wobei die Wasserstoffsuperoxyddämpfe durch eine Mehrzahl von Dampfauslässen, die in der Richtung des Flüssigkeitsweges aufeinanderfolgend angeordnet sind, aus dem Heizrohr an verschiedenen Stellen herausgeschafft werden. In weiterer Ausbildung dieses Verfahrens ist dann in der französischen Zusatzpatentschrift Nr. 17505 empfohlen worden, Destillationseinrichtungen von beliebiger Form und Lage, z.
B. stehende oder geneigte Rohre, zur Ausführung der Destillation zu verwenden, welche von aussen geheizt und in ihrem oberen Teil mit Rohransätzen ausgestattet sind, um die Wasserstoffsuperoxyddämpfe sofort nach ihrer Bildung im Vakuum zu entfernen, derart, dass diese Dämpfe weder mit der Ausgangslösung, die dem Apparat zugespeist wird, noch mit der erschöpften Rückstandslauge, die aus dem Apparat abfliesst, in Berührung kommen können.
Zur Herstellung der Heizrohre für alle Destillationsvorrichtungen dieser Art war die Technik ausschliesslich auf keramische Materialien angewiesen (vgl. hiezu die französische Patentschrift Nr. 634195, S. 2, Z. 52 bis 61). Da die Verwendung solcher Werkstoffe für derlei Rohre mit beträchtlichen Nachteilen verbunden ist, war man vielfach bemüht, die Verwendung von Metallen für diesen Zweck zu ermöglichen, u. zw. hat man, da Edelmetalle, wie Platin oder Gold, wegen der Preisfrage für die industrielle Durchführung des Verfahrens nicht in Betracht kommen können, nach billigeren metallischen Stoffen gesucht, die befähigt sind, der Einwirkung der verschiedenen Bestandteile des Reaktionsgemisches zu widerstehen.
In der amerikanischen Patentschrift Nr. 1323075 (Levin und Molin) ist schon im Jahre 1916 vorgeschlagen worden, an Stelle von Edelmetallen, wie Gold und Platin, Blei zu verwenden. Die Patentschrift geht davon aus, dass es vorher wegen befürchtete Zersetzungsverluste als ausgeschlossen gegolten habe, die beheizten Rohre aus gewöhnlichen Metallen (wie Blei) herzustellen, dies sei nun aber durch eine besondere Regelung des Prozesses ermöglicht worden.
Die Überschwefelsäurelösung wird in den Oberteil eines stehenden, von aussen beheizten Bleirohres derart eingeführt, dass die nach unten fliessende Lösung die Innenfläche des Bleirohres in filmartiger dünner Schicht berieselt ; die entwickelten Wasserstoffsuperoxyddämpfe werden nach oben hin abgesaugt und in einem aus metallischem Material bestehenden Schlangenkühler möglichst rasch kondensiert.
Diese Anordnung beruht auf der Voraussetzung, dass der nach abwärts fliessende Flüssigkeitsfilm die Innenfläche des erhitzten Bleirohres gegen die Einwirkung der freiwerdenden, nach oben strömenden Wasserstoffsuperoxyddämpfe schützt, wenn diese Dämpfe so schnell aus der beheizten Zone herausgeschafft und kondensiert werden, dass die Destillationsgeschwin-
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digkeit grösser als die Zersetzungsgeschwindigkeit ist. Aus dieser Absicht heraus haben die amerikanischen Erfinder ein Bleirohr von verhältnismässig grosser lichter Weite und verhältnismässig geringer, eine rasche Wärmeübertragung gestattender Wandstärke gewählt. Dieses Verfahren hat indes keine praktische Bedeutung erlangt.
Die Nachprüfung hat auch tatsächlich ergeben, dass das Verfahren für eine betriebsmässige Durchführung des Prozesses ungeeignet ist. Es liefert sehr schlechte Ausbeuten an Wasserstoffsuperoxyd, ausserdem fallen die Bleirohre, insbesondere an der Eintrittsstelle der sauren Lösung, rascher Zerstörung anheim.
Durch sorgfältige Versuche ist es nun gelungen, die Bedingungen zu ermitteln, die es ermöglichen, metallische Materialien, die wie Blei und Bleilegierungen zwar auf Wasserstoffsuperoxyd katalytiseh einwirken und auch selbst von Wasserstoffsuperoxyd angegriffen werden, sieh aber gegen die Rückstands- lauge indifferent verhalten, für die Destillation von Wasserstoffsuperoxyd liefernden Lösungen mit Erfolg heranzuziehen.
Der Erfindung gemäss wird dies dadurch erreicht, dass die Flüssigkeit in engen Heizrohren auf langem geschlossenem Weg im Gleichstrom mit den Wasserstoffsuperoxyddämpfen mit hoher Durch- flussgeschwindigkeit fortbewegt wird.
Es lag bei der bekannten Zersetzlichkeit des Wasserstoffsuperoxyds unter dem Einfluss von Wärme keineswegs nahe, für diese Destillation lange geheizte Rohre zu verwenden ; die Verwendung langer Rohre aus Blei od. dgl. Metallen musste vollends als geschlossen gelten. Als Ergebnis sorgfältiger Versuchsarbeit hat sich jedoch gezeigt, dass Blei von Überschwefelsäure und der intermediär entstehenden Carosehen Säure nur angegriffen wird, wenn die Säuren HOs enthalten. Bei der Destillation der Übersohwefelsäure- lösung wird nun zunächst die Uberschwefelsäure in Carosche Säure verwandelt. ohne dass sich vorerst H202 bilden würde.
In der ersten Strecke des Heizrohres ist daher das Blei von den Säuren, die in Betracht kommen, nicht gefährdet. Erst wenn fast die ganze Überschwefelsäure in Carosche Säure übergegangen ist, setzt die Wasserstoffsuperoxydbildung ein. In diesem Zeitpunkt ist aber gemäss dem vorliegenden Verfahren schon eine so grosse Strömungsgeschwindigkeit erreicht, dass eine gegenseitige Beeinflussung des Bleis und der H202-Dämpfe nicht eintritt. Da die Strömungsgeschwindigkeit dem Querschnitt des Destillationsrohres verkehrt proportional ist, d. h. mit zunehmendem Querschnitt proportional abnimmt, müssen die langen Rohre- entsprechend eng sein.
Nur unter dieser Bedingung wird eine solche Geschwindigkeit der Dämpfe erreicht, dass Rohre aus Blei bei der Destillation praktisch nicht angegriffen werden und das gebildete Wasserstoffsuperoxyd nicht zersetzen. Auch die Anordnung einer Mehrzahl von Dampfauslässen, die in der Richtung des Flüssigkeitsweges aufeinanderfolgen, würde dem angestrebten Ergebnis durch Herabsetzung der Dampfgeschwindigkeit entgegenwirken.
Dabei ist für das erfindungsgemäss erreichte Ergebnis auch noch Voraussetzung, dass die Flüssigkeit mit den Wasserstoffsuperoxyddämpfen im Gleichstrom fortbewegt wird. Dadurch, dass Levin und Molin die Perschwefelsäurelösung in den Oberteil des Destillationsrohres einführen und das gebildete Wasserstoffsuperoxyd am gleichen Rohrende absaugen, tritt im oberen Rohrende eine Rückflusskondensation ein, die an sich schon Störungen zur Folge hat.
An Stelle von Blei können auch verschiedenartige Bleilegierungen (z. B. Blei-Zinn-, Blei-Antimon,Blei-Silber-Legierungen) Verwendung finden.
Schliesslich wurde, was die Apparatur anlangt, festgestellt, dass nur die beheizten Flächen aus den bezeichneten metallischen Materialien hergestellt werden dürfen, wogegen die unbeheizten, mit kalter wasserstoffsuperoxydhaltiger Flüssigkeit und mit Wasserstoffsuperoxyddämpfen in Berührung kommenden Teile der Apparatur aus gegen Perschwefelsäure-oder Persulfatlösungen und gegen Wasserstoffsuperoxyddämpfe und Wasserstoffsuperoxydlösungen indifferentem Material, beispielsweise aus keramischen Stoffen oder Glas, bestehen müssen. Levin und Molin scheiterten mit der in der amerikanischen Patentschrift Nr. 1013 791 beschriebenen Einrichtung auch daran, dass der zur Ableitung der Dämpfe aus dem Destillationsrohr dienende Krümmer und der Kühler gleichfalls aus Metall hergestellt waren.
Die Erfindung ermöglicht trotz Verwendung billiger Metallrohre, insbesondere von Bleirohren, die Durchführung des Prozesses und Erzielung von Ausbeuten bis zu 95% und mehr an Wasserstoffsuperoxyd, u. zw. sowohl beim Ausgehen von Überschwefelsäurelösungen, als auch von Persulfatlösungen.
Das restliche Wasserstoffsuperoxyd findet sich dabei fast vollständig in der Rückstandssäure wieder.
Das Verfahren gestattet mithin eine praktisch verlustlose Durchführung des Wasserstoffsuperoxydgewinnungsprozesses. Hiezu kommt im Vergleich zur Verwendung einer durchweg aus keramischem Material hergestellten Apparatur die wesentlich günstigere Wärmeausnutzung.
In den Zeichnungen sind mehrere Ausführungsbeispiele der erfindungsgemäss gestalteten Vorrichtung im vertikalen Schnitt schematisch dargestellt.
In Fig. 1 ist ein Strömungsverdampfer veranschaulicht, dessen Heizrohr in der an sich allgemein bekannten Art als Schlangenrohr ausgebildet ist. Das metallische Schlangenrohr 12 ist von einem Behälter 13 umgeben. Der Heizdampf wird durch den Rohrstutzen 14 eingeleitet und durch den Rohrstutzen 15 ausgeführt. Die zu behandelnde Flüssigkeit tritt aus dem Behälter 16 durch das Anschluss- stüekll in das metallische Rohr 12 ein. Behälter 16 und Rohrstück 17, sowie vor allem der anschliessende, zurTrennung von Dampf und flüssigem Rückstand bestimmte Teil der Apparatur bestehen aus keramischem
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Material (Glas od. dgl.).
Flüssigkeit und Gasblasen verlassen das metallische Destillationsrohr durch die Leitung 19, welche das Gemisch zu dem Abscheideraum 20 führt, in dem das gasförmige Wasserstoffsuperoxyd von der mitgerissenen Flüssigkeit abgesondert wird. Diese letztere fliesst durch das gekühlte U-Rohr 21 in den Rückstandsbehälter 22, der mit einer Vakuumpumpe verbunden ist. Der von der mitgerissenen Flüssigkeit befreite Dampf wird durch das Knierohr 23 abgeführt. Die anschliessende Konden- sationseinriehtung, die mit der Vakuumpumpe in Verbindung steht, ist nicht gezeichnet.
Die Flüssigkeit wird an der Wandung des Rohres 12 aufwärtsbewegt, wobei die an den Heizflächen anliegenden Teile bei genügend schneller Verdampfung des Wasserstoffsuperoxyds aus konzentrierter Schwefelsäure-oder konzentrierter Persulfatlösung besteht, gegen die sich das metallische Material indifferent verhält. Das Destillationsgemisch (Flüssigkeit und Gasblasen) verlässt das metallische Destillationsrohr 12 am Austrittsende bei stärkerem Zufluss in Form eines Sprühregens. Die Ausbeute an aktivem Sauerstoff beträgt beim Ausgehen von einem Elektrolysenprodukt, das 280 < y HSOg im Liter enthält, etwa 95%, der Rest befindet sich in der Rückstandslauge. Eine Zersetzung tritt praktisch nicht auf.
Bei richtiger Regelung des Zuflusses erhält man eine vollkommen reine Rückstandssäure bzw. Mutterlauge.
Eine andere Ausführungsform eines Strömungsverdampfers ist in Fig. 2 der Zeichnungen im vertikalen Schnitt schematisch veranschaulicht. Die zu behandelnde Flüssigkeit wird aus dem Behälter 24 in ununterbrochenem Strom in das metallische U-Rohr 25, 26 eingebracht, das annähernd in senkrechter Richtung ab-und aufwärts geführt ist. Aus dem aufwärts gerichteten Schenkel 26 gelangt das Destilla- tionsgemisch (Flüssigkeit und Gasblasen) in den Abscheideraum 27, aus welchem die Flüssigkeit durch einen Kühler 28 hindurch in den Rückstandsbehälter 29 gebracht wird. Das Gefäss 24, das Abscheidegefäss 27 und die nicht gezeichnete Kondensationseinrichtung, an welche die Vakuumpumpe angeschlossen ist, müssen aus indifferentem, z. B. keramischem Material hergestellt sein.
Ausführungsbeispiel :
Es wird ein 8 m langes Schlangenrohr aus Blei mit 30 mm lichter Weite, entsprechend einem Querschnitt von 7'07 cm2, als Heizrohr verwendet. Als Heizdampf dient gesättigter Dampf mit 2-5 Atmo- sphärenüberdruck, entsprechend einer Temperatur von 126 C. Destilliert wird bei einem Druck von 50 mm Quecksilbersäule.
Das Rohr wird z. B. mit 750 cm3 Überschwefeslsäurelösung pro Minute beschickt, die 290-300 g HSOs neben 170 g H2S04 im Liter enthält. Die Überschwefelsäurelosung wird von oben zugeführt und durchfliesst das Schlangenrohr von oben nach unten. Die Wasserstoffsuperoxyddämpfe werden vom unteren Ende des Rohres in einen Abscheider geführt, wo die Trennung von der Rückstandssäure erfolgt, und sodann in einer gebräuchlichen Kondensationsapparatur kondensiert. Die gleich anfänglich gebildeten Wasserdämpfe rufen schnell eine grosse Strömungsgeschwindigkeit hervor, so dass die eigentliche Wasserstoffsuperoxyddestillation schon bei sehr hoher Durchflussgeschwindigkeit vor sich geht.
Unter den angegebenen Bedingungen beträgt die mittlere Strömungsgeschwindigkeit der Dämpfe etwa 250 m pro Sekunde. Zufolge der Erzielung einer so hohen Strömungsgeschwindigkeit stellt sich in so langen Rohren auch ein vollkommen gleichmässiges Konzentrationsgefälle ein.
Als Destillat werden 94-95% des aktiven Sauerstoffes erhalten ; der Rest befindet sich in der Rüekstandssäure.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Gewinnung von Wasserstoffsuperoxyd durch Destillation von Perschwefelsäureoder Persulfatlösungen in Rohren aus metallischen Materialien (wie insbesondere Blei), welche zwar auf Wasserstoffsuperoxyd katalytisch einwirken und auch selbst von Wasserstoffsuperoxyd angegriffen werden, sich aber gegen die Rückstandslauge (konzentrierte Schwefelsäure-oder Sulfatlösung) indifferent verhalten, dadurch gekennzeichnet, dass die Flüssigkeit in engen Heizrohren auf langem geschlossenem Weg im Gleichstrom mit den Wasserstoffsuperoxyddämpfen mit hoher Durchflussgeschwindigkeit fortbewegt wird.