<Desc/Clms Page number 1>
Verfahren zur Bekämpfung von Kesselstein und ähnlichen Ansätzen in Dampfkesseln,
Verdampfern, Kondensatoren, Iiochern, liühlern u. dgl.
Bei keinem der bisher bekannten Verfahren zur Bekämpfung von Kesselstein ist beachtet worden, dass an der vom Wasser bespülten Innenfläche eines im Betriebe befindlichen Dampfkessel nach der geringsten Ansatzbildung elektro-osmotische Vorgänge auftreten. Hiebei spielt der Kesselstein oder die Oxydschicht an der Kesseloberfläche die Rolle des Diaphragmas ; das notwendige Potentialgefälle wird von den Lokalströmen im Kessel geliefert, die ihre Entstehung den im Kessel vorhandenen galvanischen und thermischen Elementen verdanken. Das Kesselwasser ist ja bekanntermassen ein Elektrolyt.
Unter den im Kessel während des Betriebes herrschenden normalen Bedingungen stellt sich bald die Richtung und Intensität der Strömung durch das Diaphragma auf einen Gleichgewichtszustand ein, der durch die Konzentration bzw. die Leitfähigkeit des Elektrolyten, den elektro-osmotischen Widerstand des Diaphragmas und das am Diaphragma wirksame Spannungsgefälle bedingt wird. Von den genannten Faktoren, sowie von der Oberflächenspannung des Elektrolyten am Kesselstein und von der Grenzflächenspannung sind auch die Bedingungen für Aufbau und Wachstum der in ihrer Gesamtheit das Kesselsteindiaphragma bildenden Kristalle (Gips, Kalziumkarbonat usw. ) abhängig.
Aus der Kapillar- chemie ist nun bekannt, dass durch Zusatz von gewissen Substanzen, wie hochwertigen oder hochmolekularen Verbindungen, Komplexsalzen u. dgl., zum Elektrolyten der Gleichgewichtszustand in einem elektro-osmotischen System gestört wird und dadurch auch die Bedingungen für den Aufbau und das Wachstum von Kristallen geändert werden. Es ist weiterhin bekannt, dass eine Veränderung des am Diaphragma wirksamen Potentialgefälles eine gleiche Wirkung ausübt.
Darin finden verschiedene chemische und elektrische Verfahren zur Bekämpfung von Kesselstein ihre Erklärung. Infolge ihrer Einwirkung auf das geschilderte elektro-osmotische System tritt an der Metalloberfläche eine Änderung der Konzentration der dort vorhandenen chemischen Verbindungen ein, die zusammen mit der Veränderung der Bedingungen für den Aufbau und das Wachstum der in ihrer Gesamtheit das Kesselsteindiaphragma bildenden Kristalle eine Lockerung des Steines von seiner Unterlage durch Bildung mikroskopischer Hohlräume und in vielen Fällen sogar ein gänzliches Abfallen der Steinschicht bewirkt. Es ist nach dem Gesagten leicht verständlich, dass alle diese Verfahren meist nach einiger Zeit guter Wirkung versagen.
Die Verhältnisse am Diaphragma und die Bedingungen für den Kristallaufbau stellen sich bei längerer Einwirkung auf das Gleichgewicht ein, wie es das Mitwirken des neuen Faktors (chemischer Zusatz oder Einfluss des elektrischen Stromes) bedingt. Eine dauernde Wirkung dieser Verfahren, d. h. periodische Ablösung des gebildeten Steines, kann nur in den Fällen eintreten, in denen zufällig eine oder mehrere der oben genannten wirksamen Verbindungen vorhanden sind und zusammen mit den Betriebsverhältnissen des Kessels bei Erreichung einer genügenden Konzentration eine neuerliche Störung des Gleichgewichtes und der Bedingungen für den Kristallaufbau mit ihren geschilderten Folgeerscheinungen auslösen.
Der Gedanke der vorliegenden Erfindung liegt nun darin, dass man eine dauernde Einwirkung im Sinne rechtzeitiger periodischer Ablösung des Steines, wobei dieser eine Stärke von wenigen Zehntelmillimetern nicht zu überschreiten braucht, nur dadurch erreichen kann, dass man den Gleichgewichtszustand am Diaphragma und damit auch die Bedingungen für den Kristallaufbau des Kesselsteindiaphragmas genügend oft und möglichst weitgehend verändert.
Dies kann beispielsweise geschehen : Durch periodische Anwendung eines geeigneten chemischen Zusatzes, wobei zeitweise eine gewisse Konzentration des Speisewassers an diesem Zusatz aufrechterhalten, dann mit dem Zusatze so lange inne-
<Desc/Clms Page number 2>
EMI2.1
usw. ; durch abwechselnde Zusätze zweier oder mehrerer verschieden einwirkender Substanzen, deren jede das elektro-osmotische Gleichgewicht und die Bedingungen für den Kristallaufbau in möglichst verschiedener Weise beeinflusst ; durch abwechselnde Einwirkung geeigneter chemischer Stoffe und elektrischer Ströme ;
schliesslich in bekannter Weise durch periodische Anwendung von elektrischen Strömen, die durch die Metallfläche geleitet werden, wobei ebenfalls nach einiger Zeit der Strom wieder ausgeschaltet wird, um die Wiederherstellung des ursprünglichen elektro-osmotischen Gleichgewichtes und der urspriinglichen Bedingungen für den Kristallaufbau zuzulassen.
Bei der Anwendung von chemischen Zusätzen wird es, wenn es aus kalorischen Gründen nicht möglich ist, den Kesselinhalt öfters vollständig zu erneuern, wie dies z. B. bei Lokomotiven durch die regelmässigen Auswaschungen geschieht, unter gewissen Umständen vorteilhaft sein, zwecks rascherer annähernde Wiederherstellung der ursprünglich für das elektro-osmotische Gleichgewicht und den Kristallaufbau massgebenden Bedingungen Adsorptionsmittel zuzusetzen.
Als ein Zusatzmittel mit kolloidalem Anion sei z. B. genannt das Alkalisalz einer Aminosäure (Eiweissabbauprodukt), als ein Zusatzmittel mit kolloidalem Kation kolloidales Lignin oder Ligninsulfosäure. Das Adsorptionsmittel kann eines von den bekannten sein, also z. B. gemahlene aktive Kohle, Graphit, Kieselgur u. dgl.
Je nach der Bildungsgeschwindigkeit und der Porosität des Ansatzes werden die Zeiträume, in welchen das elektro-osmotische Gleichgewicht und die Bedingungen für den Kristallaufbau beeinflusst werden, länger oder kürzer gewählt werden müssen. Unter normalen Betriebs-und Speisewasserverhältnissen wird es genügen, wenn man die elektro-osmotisch wirksamen und den Kristallaufbau beeinflussenden Faktoren abwechselnd je etwa 8-14 Tage lang einwirken lässt, wobei man je nach den Verhältnissen kürzere oder längere Pausen einschalten kann, in denen von aussen weder eine chemische noch eine elektrische Beeinflussung des Kesselsteindiaphragmas stattfindet. Die Menge der gewählten Zusätze sowie Spannung und Stärke des angewandten elektrischen Stromes brauchen bekanntlich nur sehr klein zu sein.
Das beschriebene Verfahren ist in seiner Verwendung selbstverständlich nicht nur auf Dampfkessel beschränkt, sondern kann mit gleichem Erfolg überall dort Verwendung finden, wo ähnliche physikalische Bedingungen herrschen wie in Dampfkessel, also z. B. bei Verdampfern, Kondensatoren, Kochern, Kühlern u. dgl.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Bekämpfung von Kesselstein und ähnlichen Ansätzen in Dampfkessel, Verdampfern, Kondensatoren, Kochern, Kühlern u. dgl., dadurch gekennzeichnet, dass die Bedingungen für den Aufbau und das Wachstum der den Belag bildenden Kristalle, jeweilig vor Erreichung einer schädlichen Stärke des Belages periodisch verändert werden, so dass Bildung und Lösung des Belages ständig miteinander abwechseln, bevor der Belag eine schädliche Stärke erreichen kann, ohne diese Änderung durch alleinige periodische Einwirkung elektrischer Ströme hervorzurufen.