AUTOMATISCHES DETEKTIEREN UND ROBOTERGESTÜTZTES
BEARBEITEN VON OBERFLÄCHENDEFEKTEN
TECHNISCHES GEBIET
Die vorliegende Beschreibung betrifft allgemein das Gebiet der Industrieroboter, insbesondere ein System und ein Verfahren zum automatischen Detektieren von Defekten in Oberflächen (z.B. Lackdefekte einer Automobilkarosserie) und deren robotergestützte Bearbeitung, insbesondere mittels Schleifen oder Polieren.
HINTERGRUND
Bei einer automatisierten, robotergestützten Fertigung, beispielsweise im Automobilbereich, stellt sich unter anderem das Problem, Defekte in Oberflächen eines Werkstücks (beispielsweise Defekte in einer Lackschicht nach dem Lackieren des Werkstücks) automatisiert zu erkennen und sofern nötig auch mittels Roboter zu reparieren (z.B. durch Schleifen oder Polieren). Systeme und Verfahren zum Robotergestützten Detektieren von Oberflächendefekten sind seit einiger Zeit bekannt. So ist aus der Publikation
WO 87/00629 AI eine an einem Roboterarm bewegbare Inspektionsvorrichtung mit einer Beleuchtungs- und einer Kameraeinheit bekannt. Die Kameraeinheit nimmt das auf der zu untersuchenden Oberfläche reflektierte Licht der Beleuchtungseinheit auf und identifiziert auf diese Weise Oberflächenfehler. Aus der DE 197 30 885 A 1 ist ein Verfahren zum Erkennen von Oberflächenfehlern an Rohkarosserien in einer Portalanlage mit Förderband bekannt, bei dem erkannte Oberflächenfehler in einer nachgeordneten Markiervorrichtung markiert werden. Dazu sind an einem Portal gesteuert bewegbare und auslösbare Markierdüsen angebracht, die mit wasserlöslicher Farbe zur Markierung von relevanten Oberflächenfehlern bestückt sind. Für die Markierdüsen ist eine konturgesteuerte Abstandsanpassung vorgesehen.
Die meisten der heutzutage eingesetzten Systeme, beschränken sich darauf, Oberflächendefekte zu detektieren und zu markieren. Vielfach werden die Defekte dann einzeln von einem Facharbeiter geprüft und manuell ausgebessert. Aus der Publikation US 6,714,831 B2 ist ein System zum Erkennen und Ausbessern von Defekten insbesondere auf lackierten Oberflächen bekannt, bei dem die Positionen der Oberflächendefekte in dem Koordinaten-
System des untersuchten Objekts bestimmt, eine Reparaturstrategie entwickelt und aufbauend auf dieser Strategie ein Reparatursystem unter Verwendung der Objektkoordinaten der Positionen der Defekte angesteuert wird. Die„Reparaturstrategie" umfasst dabei die Wahl des Pfads, entlang dem die Defekte angefahren werden, sowie die Wahl der Werkzeuge und der Roboter. Da jedoch nicht alle Oberflächendefekte auf gleiche Weise behandelt werden können und manche Defekte gar nicht behandelt werden müssen, besteht hier noch Verbesserungsbedarf.
Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe besteht darin, ein Verfahren und ein System zur Verfügung zu stellen, welches in der Lage ist Oberflächendefekte automatisch zu detektieren und mit Hilfe von Robotern auszubessern. Dabei soll die Bearbeitung der Oberflächendefekte im Rahmen der robotergestützten Reparatur an die Art (die Ausprägung) des Defekts angepasst sein.
ZUSAMMENFASSUNG
Die genannte Aufgabe wird durch das Verfahren gemäß Anspruch 1 oder 11 bzw. durch ein System gemäß Anspruch 10 oder 16 gelöst. Unterschiedliche Ausführungsbeispiele und Weiterentwicklungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
Im Folgenden wird ein Verfahren zum automatisierten Erkennen und robotergestützten Bearbeiten von Defekten in einer Werkstückoberfläche beschrieben. Gemäß einem Beispiel der Erfindung umfasst das Verfahren eine optische Inspektion der Oberfläche zur Detektion von Defekten sowie eine dreidimensionale Vermessung der Werkstückoberfläche mittels optischer Sensoren im Bereich detektierter Defekte. Das Verfahren umfasst weiter das Ermitteln der Topographie der Werkstückoberfläche im Bereich von zumindest einem Defekt und das Ermitteln eines Parametersatzes, welcher den zumindest einen Defekt charakterisiert. Zumindest einer der Defekte wird anhand des ermittelten Parametersatzes kategorisiert. Das heißt, der Defekt wird einer Defektkategorie zugeordnet. Abhängig von der Defektkategorie des mindestens einen Defekts wird ein Bearbeitungsprozess ausgewählt. Jedem Bearbeitungsprozess ist dabei mindestens eine Vorlage einer Bearbeitungsbahn zugeordnet, entlang der der Defekt bearbeitet werden soll. Für den zumindest einen Defekt wird mittels Projektion der mindestens einen Vorlage auf die Werkstückoberfläche gemäß einem CAD-Modell des Werkstücks mindestens eine Bearbeitungsbahn er-
mittelt. Im Anschluss kann das computergestützte Erstellen eines Roboterprogramms zur robotergestützten Bearbeitung des zumindest einen Defekts erfolgen.
Des Weiteren wird ein Verfahren zum automatisierten Erkennen von Defekten in einer Werkstückoberfläche und Erzeugung eines Roboterprogramms zur Bearbeitung des Werkstücks beschrieben. Gemäß einem weiteren Beispiel der Erfindung umfasst das das Verfahren das Lokalisieren von Defekten in einer Oberfläche eines Werkstücks sowie das Ermitteln einer dreidimensionalen Topographie der lokalisierten Defekte und das Kategorisieren von zumindest einem lokalisierten Defekt basierend auf dessen Topographie. Abhängig von der Defektkategorie des mindestens einen Defekts wird ein Bearbeitungsprozess ausgewählt, und gemäß dem ausgewählten Bearbeitungsprozess wird computergestützt ein Roboterprogramms zur robotergestützten Bearbeitung des zumindest einen Defekts erstellt.
Gemäß einem Ausführungsbeispiel kann ein Parameter satz, welcher die Topographie der lokalisierten Defekte charakterisiert, bestimmt werden. Das Kategorisieren des zumindest einen lokalisierten Defekts erfolgt anhand des ermittelten Parametersatzes, wobei der Defekt einer Defektkategorie eindeutig zugeordnet werden kann. Das Ermitteln der dreidimensionalen Topographie der lokalisierten Defekte umfasst beispielsweise die Bestimmung der 3D-Koordinaten einer Punktwolke sowie eine dreidimensionale Rekonstruktion der Werkstückoberfläche im Bereich des jeweiligen Defekts.
Jedem Bearbeitungsprozess kann mindestens eine Vorlage einer Bearbeitungsbahn, entlang der der Defekt bearbeitet werden soll, zugeordnet sein. Eine Bearbeitungsbahn für den zumindest einen Defekt kann dann mittels Projektion der mindestens einen Vorlage auf die Werkstückoberfläche gemäß eines CAD-Modells des Werkstücks ermittelt werden.
Des Weiteren wird ein System zum automatisierten Erkennen und robotergestützten Bearbeiten von Defekten in einer Werkstückoberfläche beschrieben. Gemäß einem Ausführungsbeispiel umfasst das System ein optisches Inspektions- und Messsystem zur Inspektion der Oberfläche zur Detektion von Defekten sowie zur dreidimensionalen Vermessung der Werkstückoberfläche mittels optischer Sensoren im Bereich detektierter Defekte. Das System umfasst weiter mindestens einen Industrieroboter zur Bearbeitung der Werkstückoberfläche sowie eine Datenverarbeitungsanlage, welche dazu ausgebildet ist die Topogra-
phie der Werkstückoberfläche im Bereich von zumindest einem Defekt sowie einen Parametersatz zu ermitteln, welcher den zumindest einen Defekt charakterisiert. Der zumindest eine Defekt wird anhand des ermittelten Parametersatzes kategorisiert. Das heißt, der Defekt wird einer Defektkategorie zugeordnet. Abhängig von der Defektkategorie des mindestens einen Defekts wird ein in einer Datenbank hinterlegter Bearbeitungsprozess ausgewählt. Jedem Bearbeitungsprozess ist mindestens eine Vorlage einer Bearbeitungsbahn, entlang der der Defekt bearbeitet werden soll, zugeordnet. Eine konkrete Bearbeitungsbahn für den zumindest einen Defekt wird dann mittels Projektion der mindestens einen Vorlage auf die Werkstückoberfläche gemäß einem CAD-Modell des Werkstücks ermittelt. Danach kann ein Roboterprogramm zur robotergestützten Bearbeitung des zumindest einen Defekts durch den mindestens einen Industrieroboter erstellt werden.
Des Weiteren wird ein System zum automatisierten Erkennen von Defekten in einer Werkstückoberfläche und Erzeugung eines Roboterprogramms zur Bearbeitung des Werkstücks; beschrieben. Gemäß einem Ausführungsbeispiel weist das System ein optisches Inspektionssystem zum Lokalisieren von Defekten in einer Oberfläche eines Werkstücks sowie eine Datenverarbeitungsanlage auf, die dazu ausgebildet ist eine dreidimensionale Topographie der lokalisierten Defekte zu ermitteln, zumindest einen lokalisierten Defekt basierend auf dessen Topographie einer Defektkategorie zuzuordnen und abhängig von der Defektkategorie des mindestens einen Defekts einen Bearbeitungsprozess auszuwählen. Anschließend kann ein Roboterprogramm zur robotergestützten Bearbeitung des zumindest einen Defekts gemäß dem ausgewählten Bearbeitungsprozess erstellt werden.
KURZE BESCHREIBUNG DER ABBILDUNGEN
Die Erfindung wird nachfolgend anhand von den in den Abbildungen dargestellten Beispielen näher erläutert. Die Darstellungen sind nicht zwangsläufig maßstabsgetreu und die Erfindung beschränkt sich nicht nur auf die dargestellten Aspekte. Vielmehr wird Wert darauf gelegt, die der Erfindung zugrunde liegenden Prinzipien darzustellen. In den Abbildungen zeigt:
Figur 1 zeigt eine Anordnung zur optischen Inspektion einer Werkstückoberfläche (Automobilkarosserie) mittels an Manipulatoren angeordneter optischer Sensoren.
Figur 2 zeigt einen Manipulator mit einem Schleifwerkzeug zur robotergestützten Bearbeitung (insbesondere zum Zwecke der Ausbesserung, spot-repair) von Oberflächendefekten.
Figur 3 zeigt anhand eines Flussdiagrams ein Beispiel eines Verfahrens zum automatischen Detektieren und Klassifizieren von Oberflächendefekten.
Figur 4 illustriert die Ermittlung von Bearbeitungsbahnen zur Bearbeitung eines Defekts mittels Projektion einer Vorlage auf die Werkstückoberfläche.
Figur 5 illustriert die Ermittlung von Bearbeitungsbahnen gemäß Fig. 4 anhand eines Flussdiagramms sowie die anschließende Erzeugung eines Roboterprogramms.
Figur 6 illustriert ein exemplarisches Beispiel einer Bearbeitungsbahn-Vorlage (template).
Figur 7 illustriert die Anpassung einer Vorlage durch Drehung, Skalierung, Verschiebung und/oder Verzerrung für die Bearbeitung zweier benachbarte Oberflächendefekte gleicher Kategorie in einem Prozess.
Figur 8 illustriert die Anpassung zweier Vorlagen durch Drehung, Verschiebung und/oder Verzerrung für die überlappungsfreie Bearbeitung zweier benachbarte Oberflächendefekte verschiedener Kategorie.
Figur 9 illustriert die Anpassung einer Vorlage durch Drehung, Skalierung, Verschiebung und/oder Verzerrung, um Überlappungen mit einer Kante zu vermeiden.
Figur 10 zeigt exemplarisch den Bearbeitungspro zess zur Bearbeitung eines Oberflächendefektes.
DETAILLIERTE BESCHREIBUNG
Die folgende Beschreibung bezieht sich im Wesentlichen auf die Detektion von Oberflächendefekten in lackierten Werkstückoberflächen. Die Anwendung des hier beschriebenen Verfahrens ist jedoch nicht auf die Kontrolle von Lackierprozessen beschränkt, sondern kann auch für die Detektion und Bearbeitung (im Hinblick auf eine Ausbesserung, spot-
repair) von Oberflächendefekten aufgrund anderer Ursachen als fehlerhafte Lackierung verwendet werden.
Während eines Lackiervorganges können nach jedem Lackierschritt unterschiedlichste Oberflächendefekte, wie etwa Schmutz- oder Fasereinschlüsse, PVC-Reste oder„Krater" auftreten. In vielen Produktionsanlagen werden derartige Defekte heutzutage von Fachpersonal detektiert und durch manuelles Schleifen ausgebessert. Ungeachtet der Tatsache, dass im Bereich des Lackierens heutzutage ein Großteil der Tätigkeiten vollständig automatisiert ist, ist die Behebung von etwaigen Lackfehlern eine sehr personal- und zeitintensive Tätigkeit, deren Ergebnis stark von der ausführenden Person abhängig ist. Bedingt durch die subjektive Einschätzung der verantwortlichen Person, welche beurteilt, ob und ggf. wie ein Lackdefekt gemäß den jeweiligen Qualitäts Standards zu beseitigen ist, erweist sich die Aufrechterhaltung einer einheitlichen Qualität als schwierig.
Die hier beschriebenen Verfahren sollen eine vollständige Automatisierung der Oberflächeninspektion, der Bewertung der erkannten Oberflächendefekte sowie deren Bearbeitung ermöglichen. Durch die automatische, computergestützte Bewertung der Messergebnisse wäre die erwünschte Qualität reproduzierbar und die vorgebbaren Qualitätsstandards könnten konstant eingehalten werden.
Es sind unterschiedliche Messsysteme zur dreidimensionalen Vermessung von Werkstückoberflächen bekannt. In den hier beschriebenen Beispielen arbeitet das Messsystem basierend auf dem Verfahren der Deflektometrie, was es ermöglicht auf lackierten Oberflächen Defekte ab einer lateralen (d.h. entlang der Oberfläche) Ausdehnung von rund 100 μιη zu erkennen und zu lokalisieren. Figur 1 zeigt ein Beispiel eines Messsystems mit mehreren von Manipulatoren (Industrierobotern) geführten Sensoren zur optischen Inspektion mittels Kameras der Oberfläche eines Werkstücks 10, beispielsweise eine mit Grundierung (base coat) und Füller (primer) lackierten Automobilkarosserie. Zweck der Oberflächeninspektion ist eine Erkennung (das umfasst auch eine Lokalisierung) von Oberflächendefekten und eine dreidimensionale Vermessung von zumindest jenen Bereichen der Werkstückoberfläche, in oder auf denen ein Defekt erkannt wurde. Im vorliegenden Beispiel sind in einer Roboterzelle mit den Sensorköpfen 21, 22 und 23 bestückte Manipulatoren 31, 32 und 33 im Einsatz, welche gleichzeitig die Oberflächeninspektion durchführen. Ja nach verfügba-
rer Zeit für die Oberflächeninspektion können auch zwei oder mehr Manipulatoren zum Einsatz kommen. In bestimmten Anwendungen kann auch ein einziger Roboter mit einem Sensorkopf ausreichen.
Im vorliegenden Beispiel weist ein jeder der Sensorköpfe einen LCD-Monitor (zur Beleuchtung), mehrere (z.B. vier) Kameras und eine Steuereinheit auf. Mit Hilfe des LCD- Monitors kann strukturiertes Licht zur Beleuchtung der Werkstückoberfläche erzeugt werden, welche mit den hochauflösenden Kameras aufgenommen wird. Das vom LCD- Monitor erzeugte strukturierte Licht ist ein Streifenmuster mit sinusförmiger Helligkeitsmodulation, welches auf das Werkstück projiziert wird. Das resultierende reflektierte Muster wird - für unterschiedliche Phasenverschiebungen des Streifenmusters - von den Kameras des jeweiligen Sensorkopfes 21, 22 und 23 erfasst, und die erfassten Bilder werden ausgewertet, um die Koordinaten von Oberflächendefekten (genau genommen„Defektkandidaten") auf der Oberfläche des Werkstückes zu ermitteln. Für die Erkennung von Defektkandidaten ist bei dem hier beschriebenen Messsystem noch keine dreidimensionale Vermessung der gesamten Werkstückoberfläche nötig. Die Defektkandidaten können bereits in einem zweidimensionalen Kamerabild (mit den erwähnten Streifenmustern) und unter Verwendung eines CAD-Modells des Werkstücks lokalisiert werden. Danach muss nur mehr eine dreidimensionale Vermessung jener Bereiche durchgeführt werden, in denen ein Defektkandidat lokalisiert wurde, mittels eines deflektometrischen Messverfahrens. Ob ein Defektkandidat tatsächlich ein zu behandelnder Oberflächendefekt ist, kann dann auf Grundlage der dreidimensionalen Vermessung beurteilt werden. Im vorliegenden Beispiel ist für die dreidimensionale Vermessung keine separate Aufnahme von Bildern nötig, sondern nur mehr eine digitale Auswertung der zweidimensionalen Kamerabilder (Krümmungsbilder, die Krümmungsinformation steckt in den Grauwerten der einzelnen Pixel), woraus sich Punktwolken (point clouds) aus 3D-Koordinaten von Punkten auf der Oberfläche des Werkstücks (in den Bereichen der Defekte bzw. Defektkandidaten) berechnen lassen.
Mittels eines Best- Fit- Ansatzes werden vor jeder Messung mit einem der Sensorköpfe 21, 22, oder 23 über die Werkstückoberfläche verteilte, charakteristische Merkmale (z.B. Kanten, Löcher, Ecken, etc.) betrachtet. Daraus wird die exakte Lage des Werkstücks relativ zu einer Soll-Lage (basierend auf einem CAD-Modell des Werkstücks) festgestellt. Die Ma-
nipulatoren 31, 32 und 33 können dann so angesteuert werden, dass die ermittelte Lageabweichung kompensiert wird. Dadurch wird sichergestellt, dass die Positionen der Sensorköpfe 21, 22 und 23 relativ zu der zu inspizierenden Werkstückoberfläche bei verschiedenen gleichartigen Werkstücken immer gleich und unabhängig von eventuellen Lagetoleranzen sind. Dies ermöglicht eine sehr genaue Lokalisierung eines Defekts auf dem CAD- Modell des Werkstücks. Für die weiter unten erläuterte automatisierte Bearbeitung des Werkstücks zur Ausbesserung der Oberflächendefekte kann diese Positioniergenauigkeit ebenfalls wichtig sein.
Ergebnis der dreidimensionalen Vermessung eines Defektkandidaten ist zunächst eine Punktwolke (point cloud), welche die dreidimensionale Struktur (die Topographie) des betreffenden Oberflächenbereichs beschreibt. Mittels Flächenrückführung (surface reconstruction) kann aus den von den Sensorköpfen 21, 22 und 23 gelieferten Punktwolken für jeden Defektkandidaten z.B. dessen laterale Ausdehnung (entlang der Oberfläche) und dessen Höhe bzw. Tiefe (Ausdehnung normal zur Oberfläche) mit hoher Genauigkeit ermittelt werden (vgl. auch Fig. 3). Wenn wie im Beispiel gemäß Fig. 1 gezeigt, die Sensorköpfe zur optischen Inspektion mittels Manipulatoren bewegt werden, sind die von einem Sensorkopf ermittelten Messwerte (Punktkoordinaten) noch einer Koordinatentransformation in ein globales Koordinatensystem zu unterziehen. Diese Koordinatentransformation hängt natürlich von der Position des jeweiligen Sensorkopfes ab und damit von den Gelenkwinkeln des Manipulators, der den Sensorkopf trägt. In den Koordinaten einer Punktwolke (eines Oberflächendefekts bzw. eines Defektkandidaten) sind also die Positionen der Sensorköpfe 21, 22 und 23 während der Messung berücksichtigt. Ein geeignetes Messsystem ist z.B. das System reflectCONTROL von Micro-Epsilon Messtechnik. Je nach Anwendung können auch andere Systeme zur dreidimensionalen Vermessung von Oberflächen verwendet werden. Da derartige Messsysteme an sich bekannt sind, wird an dieser Stelle nicht weiter darauf eingegangen.
Bevor die Verarbeitung der Oberflächenmessdaten, die von dem Messsystem aus Fig. 1 ermittelt werden, näher erläutert wird, soll noch kurz auf die robotergestützte Reparatur der detektieren Oberflächenfehler eingegangen werden. Figur 2 zeigt eine Roboterzelle mit einem Manipulator 34, der mit einem Schleifwerkzeug 24 (z.B. eine Orbitalschleifmaschine) bestückt ist. Der Manipulator 34 kann dabei eine Handhabungsvorrichtung (nicht dar-
gestellt, vgl. Aktor 25 in Fig. 10) aufweisen, die zwischen dem Tool-Center-Point (TCP) des Manipulators 34 und dem Schleifwerkzeug 24 angeordnet und die dazu ausgebildet ist, die Anpresskraft, mit der das Schleifwerkzeug 24 auf die Oberfläche des Werkstücks 10 gepresst wird, praktisch beliebig (in gewissen Grenzen) einzustellen und z.B. konstant oder abschnittsweise konstant zu halten. Die Steuerung 40 legt nicht nur die Trajektorie des Roboters fest, sondern auch werkzeugabhängige Parameter bezüglich des Reparaturprozesses wie z.B. Anpressdruck des Schleifwerkzeugs 24, Drehzahl oder Geschwindigkeit des Schleifmittels, und dergleichen.
Figur 3 zeigt anhand eines Flussdiagramms ein Beispiel eines Verfahrens, mit dem Oberflächendefekte automatisch detektiert (als solche erkannt und lokalisiert) und nach vorgebbaren Kriterien automatisch klassifiziert werden können. Von der Klassifizierung des Defekts hängt die weitere Bearbeitung der Oberfläche zum Ausbessern (spot-repair) des Defekts ab (vgl. auch Erläuterungen zu Fig. 4). In einem ersten Schritt wird die automatisierte Oberflächeninspektion durchgeführt (siehe Fig. 3, Schritt S l), um potentielle Oberflächendefekte (Defektkandidaten) zu erkennen (z.B. mittels an sich bekannter Bildverarbeitung smethoden) und mittels 3D Vermessung der Werkstückoberfläche für jeden Defektkandidaten (siehe Fig. 3, Schritt S2) eine Punktwolke {point cloud) zu erhalten, welche die Werkstückoberfläche im Bereich eines Oberflächendefekts repräsentiert. Auf diese Weise wird eine Menge D von N Oberflächendefekten D, ermittelt (D={Di, D2, DN}). Ein dafür geeignetes Messsystem wurde bereits unter Bezugnahme auf Fig. 1 diskutiert. In einem weiteren Schritt erfolgt eine Flächenrückführung, also eine dreidimensionale Rekonstruktion der Werkstückoberfläche (siehe Fig. 3, Schritt S3), um die Struktur (Topographie) des betreffenden Defektkandidaten zu ermitteln.
Wird ein Defekt D, auf der Oberfläche eines Werkstücks 10 erkannt, wird dieser gemäß dem hier beschriebenen Verfahren parametrisiert (siehe Fig. 3, Schritt S4). Das heißt, jedem Defekt D, wird eine Menge P, charakteristischer Parameter zugeordnet, welche die Topographie des Defekts D, abstrakt beschreiben. In einem einfachen Fall kann die Parametermenge Pi die laterale (entlang der Werkstückoberfläche) Ausdehnung di sowie die Ausdehnung t; normal zur Werkstückoberfläche umfassen (Pi={di, fr}). Die laterale Ausdehnung di könnte z.B. die Länge eines Kratzers oder den Durchmesser einer (annähernd runden) Erhöhung (z.B. aufgrund eines Farbtropfens) in der lackierten Oberfläche bezeich-
nen. Die Ausdehnung u könnte die Tiefe des Kratzers oder die Höhe der Erhöhung bezeichnen (bezogen auf die ideale Werkstückoberfläche). Eine komplexere Parametrisie- rung ist je nach Anwendung möglich. Neben der Ausdehnung eines Oberflächendefektes kann auch die Steilheit eines Defekts eine Rolle für die nachfolgende Bearbeitung spielen. Diese könnte z.B. über einen Parameter der Menge P, charakterisiert werden und könnte z.B. das Verhältnis der Fläche eines Oberflächendefekts zu dessen Höhe oder Tiefe u darstellen oder das Verhältnis u Idi oder einen mittleren Gradienten (Steigung) der Oberflächenstruktur im Bereich des Defekts. Des Weiteren werden die Position und die Lage (Orientierung) eines Defekts Di durch einen Punkt Oi auf der Oberfläche des Werkstücks und den dazugehörigen Normal vektor m repräsentiert. Der Punkt Oi könnte z.B. annähernd die „Mitte" (z.B. den Flächenschwerpunkt) eines Oberflächendefekts darstellen. Der Normalvektor m definiert eine Ebene Ei, die auch als Defektebene bezeichnet wird (siehe auch Fig. 4 und 6).
Abhängig von der Parametermenge P, (d.h. abhängig von den Werten der in der Parametermenge Pi enthaltenen Parameter) wird der jeweilige Defekt Di einer Defektkategorie Kj aus der Menge Κ={Κι, K2, KM} zugeordnet, wobei M die Anzahl der Defektkategorien bezeichnet. Für jede Defektkategorie Kj ist in einer Datenbank ein Bearbeitungsprozess Rj zur robotergestützten Bearbeitung des Oberflächendefekts hinterlegt. Ein Bearbeitungsprozess Rj zur Bearbeitung eines Defekts Di einer bestimmten Defektkategorie Kj wird durch das zu verwendende Werkzeug und die mit dem Werkzeug durchzuführenden Bearbeitungsschritte definiert. Ein Bearbeitungsschritt ist definiert durch eine oder mehrere Bearbeitungsbahnen, die durch Stützpunkte definiert sind, einer Bahngeschwindigkeit, mit der die Bearbeitungsbahnen durchfahren werden soll, sowie zeit- und/oder positionsabhängigen Triggerpunkten auf den Bearbeitungsbahnen, an denen vorgebbare Aktionen (z.B. Änderung von Prozessparametern z.B. Anpressdruck, Drehzahl, Aktivierung einer Rotations- und/oder Exzenterbewegung des Schleifgeräts und dergleichen) ausgelöst werden können.
Mit der Kategorisierung der Oberflächendefekte (Defektkandidaten) wird sozusagen eine Bewertung der Oberflächendefekte hinsichtlich verschiedener Kriterien vorgenommen. In der Praxis relevante oder nützliche Kriterien zur Kategorisierung von Oberflächendefekten können z.B. sein: Unterscheidung der Defekte nach Größenkategorien (z.B. sehr klein,
klein, mittel, groß), Unterscheidung der Defekte nach lateraler Ausdehnung (z.B. definiert durch den mittleren oder maximalen Radius des Defekts), Unterscheidung der Fehler nach Ausdehnung normal zur Werkstückoberfläche (z.B. ein Einschluss (Erhöhung) mit einer Höhe von mehr als 5 μιη, ein Krater (Vertiefung) mit einer Tiefe von mehr als 10 μιη, etc.).
Ob ein erkannter Oberflächendefekt (Defektkandidat) überhaupt bearbeitet werden muss, kann ebenfalls von unterschiedlichen Kriterien abhängig gemacht werden. Mögliche Kriterien hierfür sind z.B. die Anzahl von Fehlern einer bestimmten Kategorie innerhalb einer definierten Zone des Werkstücks. Beispielsweise kann ein einzelner Oberflächendefekt akzeptiert werden, beim Auftreten mehrerer Oberflächendefekte (oder einer bestimmter Anzahl von Oberflächendefekten) müssen zumindest so viele davon bearbeitet werden, bis die maximal erlaubte Anzahl wieder erreicht ist. Ähnlich kann eine Bearbeitung von Oberflächendefekten davon abhängig gemacht werden, ob sie gehäuft auftreten (also wenn innerhalb eines räumlich begrenzten Bereichs auf der Werkstückoberfläche mehr als eine bestimmte Anzahl von Defekten auftreten). Ein sehr kleiner Defekt wäre für sich gesehen nicht relevant, sind jedoch in einem bestimmten Abstand zueinander zu viele (für sich genommen nicht relevante) sehr kleine Defekte, sind diese in Summe nicht mehr irrelevant und müssen bei der Bearbeitung berücksichtigt werden. Basierend auf diesen Kriterien können z.B. einige Defektkandidaten von der Liste der zu bearbeitenden Defekte genommen werden.
Wie bereits erwähnt ist jeder Defektkategorie Kj genau ein Bearbeitungsprozess Rj zugeordnet, der einen oder mehrere Bearbeitungsschritte aufweisen kann, wobei in jedem Bearbeitungsschritt das Werkzeug mit Hilfe eines Manipulators (siehe Fig. 2, Werkzeug 24, Manipulator 34) entlang von mindestens einer Bearbeitungsbahn bewegt wird. Diese Bearbeitungsbahnen sind in Form von Vorlagen (templates) gespeichert (z.B. in der erwähnten Datenbank), die unabhängig von der tatsächlichen Geometrie des Werkstücks in einer Ebene (der Defektebene) definiert sind. Eine Vorlage (template) Xi ist zusammengesetzt aus mehreren Punkten Xu, Xi2, etc., die - um von der Vorlage Xi zu der tatsächlichen Bearbeitungsbahn Xi ' zu gelangen - von der Defektebene Ei auf die Werkstückoberfläche (gemäß CAD-Modell) projiziert werden. Die projizierten Punkte Xu ', X,2 ', etc. bilden die tatsächliche Bearbeitungsbahn Xi ' für einen konkreten Bearbeitungsschritt eines Bearbeitungsprozesses Rj zur Bearbeitung eines Defektes Di der Kategorie Kj. Jedem Punkt Xu ',
Xi2', etc. ist ein Normalvektor ηα ', ni2', etc. zugeordnet. Zwischen zwei projizierten Punkten kann die Bahn z.B. mittels Spline-Interpolation vervollständigt werden. Diese Vorgehensweise ist in Fig. 4 skizziert. Während der Bearbeitung drückt das Bearbeitungswerkzeug mit definierter, einstellbarer Kraft immer normal zur Werkstück Oberfläche auf das Werkstück 10.
Das Flussdiagramm aus Fig. 5 zeigt ein Beispiel der Erzeugung eines Roboterprogramms zur Bearbeitung von Oberflächendefekten beginnend mit der Auswahl eines Bearbeitungsprozesses Rj abhängig von der Defektkategorie Kj (siehe Figur 5, Schritt S6). Ein Bearbei- tungsprozess Rj kann einen oder mehrere Bearbeitungsschritte mit jeweils einer oder mehrerer Bearbeitungsbahn- Vorlagen X,· aufweisen. Jede der Vorlagen X ist durch eine Menge von Punkten (mindestens zwei Punkte) XÜ, X12, etc. zusammengesetzt. Zur Berechnung der tatsächlichen Bearbeitungsbahn X, ' werden die Punkte der Vorlage von der Defektebene Ei auf die Werkstückoberfläche (gemäß CAD-Modell) projiziert (siehe Figur 5, Schritt S7). Die projizierten Punkte XÜ ', X;2', etc. und dazwischenliegende, z.B. mittels Interpolation ermittelte Zwischenpunkte ergeben dann die gewünschte Bearbeitungsbahn (siehe Figur 5, Schritt S8). Die Übergangsbahnen zwischen zwei Bearbeitungsbahnen (innerhalb eines oder mehrerer Bearbeitungsschritte eines Prozesses Rj oder zwischen der letzten Bahn eines Prozesses zur Bearbeitung des Defekts Di und der ersten Bahn zur Bearbeitung des nächsten Defektes Di+i) können mittels an sich bekannter Methoden zur automatischen Bahnplanung berechnet werden (siehe Figur 5, Schritt S9). Aus den so entworfenen Bear- beitungs- und Übergangsbahnen kann mittels an sich bekannter Methoden computergestützt austomatisiert ein oder mehrere Roboterprogramme erzeugt werden (siehe Figur 5, Schritt s 10).
Figur 6 zeigt schematisch eine Vorlage X, zur Ermittlung einer Bearbeitungsbahn X, ' (vgl. Projektion gemäß Fig. 4) eines Bearbeitungsprozesses Rj zur Bearbeitung eines Defekts Di der Kategorie Kj (die Linie A-A' repräsentiert die in Fig. 4 dargestellte Schnittebene). Die Vorlage kann abhängig von der lateralen Abmessung des Defekts Di an diesen angepasst werden z.B. durch Transformation mittels Verschiebung oder Drehung oder Skalierung oder Verzerrung oder einer beliebigen Kombination von Verschiebung, Drehung, Skalierung und Verzerrung. Ein Problem kann sich ergeben wenn zwei Defekte Di, Dk so nahe beieinander liegen, dass die Bearbeitungsflächen der Prozesse zur Bearbeitung der beiden
Defekte Di, Dk sich überschneiden. Die Bearbeitungsfläche eines Bearbeitungsprozesses Rj ist jener Bereich der Werkstückoberfläche, der von dem Werkzeug während des Bearbeitungsprozesses Rj tatsächlich bearbeitet wird. Wenn die Bearbeitungsbahnen, die zu unterschiedlichen Bearbeitungsprozessen Rj Rk gehören zu nahe beieinander liegen, kann eine derartige Überlappung auftreten. Ob eine Überlappung (d.h. eine Kollision zweier Bearbeitungsprozesse) auftritt, kann bei der Projektion (Fig. 5, Schritt S8) ermittelt werden. Bei einer Überlappung gibt es zwei Möglichkeiten: im Falle zweier benachbarter Defekte Di, Dk gleicher Kategorie Kj kann geprüft werden (mittels Software), ob durch eine Transformation (Verschiebung, Drehung, Skalierung und/oder Verzerrung) der Vorlage in einem Prozess beide Defekte Di, Dk gleichzeitig ausgebessert werden können (siehe Fig. 7); im Falle zweier benachbarter Defekte Di, Dm unterschiedlicher Kategorien kann geprüft werden (mittels Software), ob durch Transformation der jeweiligen Vorlagen eine Überlappung (overlap) verhindert werden kann (siehe Fig. 8).
Abhängig von der Geometrie des Werkstücks können bestimmte Bereiche der Werkstückoberfläche nicht bearbeitet werden (beispielsweise Designkanten und dergleichen). Derartige„verbotene Bereiche" der Werkstückoberfläche können im CAD-Modell markiert sein, beispielsweise als eine Menge von Kanten (als Sperrlinien bezeichnet), die nicht mit einer Bearbeitungsfläche überlappen dürfen (siehe Fig. 9, Kante 11). Ob dies der Fall ist (also eine Überlappung vorliegt), kann bei der Projektion der Vorlage auf die Oberfläche des CAD-Modells (Fig. 5, Schritt S8) geprüft werden. Auch in diesem Fall kann mittels Transformation (Verschiebung, Drehung, Skalierung und/oder Verzerrung) der jeweiligen Vorlage versucht werden, eine Überlappung zu verhindern. Diese Situation ist in Fig. 9 dargestellt. Der Defekt Di ist von der Kante 11 weit genug entfernt, sodass keine Transformation der Vorlage nötig ist. Für die Berechnung der Bearbeitungsbahn zum Prozess zur Bearbeitung des Defekts Dk wurde im vorliegenden Beispiel die Bearbeitungsbahn verschoben und verzerrt, um eine Überlappung mit der Kante 11 zu vermeiden. Die Vorgehensweise ist im Wesentlichen die gleiche wie zuvor in dem Beispiel gemäß Fig. 8.
Figur 10 zeigt exemplarisch einen Teil eines Bearbeitungsprozesses zur Bearbeitung eines Oberflächendefektes Di. Die Oberflächengeometrie stimmt mit der Darstellung aus Fig. 6 überein. Zu sehen sind die auf die Oberfläche projizierten Punkte Xu und Xi2 der Bearbeitungsbahn und die dazugehörige Position des Werkzeugs 24 (zum Zeitpunkt ti am Punkt
Xii und zum Zeitpunkt t2 am Punkt X12). Das Werkzeug wird vom Manipulator 24 so ausgerichtet, dass die Kraft F, die vom Werkzeug 24 auf die Oberfläche des Werkstücks 10 ausgeübt wird, immer in Richtung der jeweiligen Oberflächennormale (ηα ' bzw. n12') wirkt. Ein zwischen Werkzeug 24 und TCP des Manipulators 34 wirkender Aktor 25 ermöglicht eine beliebige Regelung der Kraft F nach den Vorgaben, die für einen bestimmten Bearbeitungsprozess in der erwähnten Datenbank hinterlegt sind.