Verfahren zur Herstellung von Cellulosecarbamat
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung homogener Mischungen von Cellulose und Harnstoff und deren Umsetzung zu Cellulosecarbamat. Die erfindungsgemäß hergestellten Cellulosecarbamate sind in wäßriger Alkalilauge löslich und können zur Herstellung von Fasern, Folien, Perlen, Schwämmen und anderen Formkörpern auf Ceilulosebasis verarbeitet werden.
Verfahren zur Herstellung von Cellulosecarbamaten sind seit langem bekannt und haben in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der Suche nach neuen Wegen zur Herstellung von Celluloseregeneratfasern, als Alternative zum Viskoseprozess, besondere Aufmerksamkeit erlangt. Die meisten Verfahren beruhen darauf, dass die Cellulose zunächst aktiviert , mit Harnstoff vermischt und anschließend auf Temperaturen über 130°C erhitzt wird. Dabei schmilzt der Harnstoff und zersetzt sich unter Abspaltung von Ammoniak zu Isocy-
ansäure. Die Isocyansäure reagiert mit den Hydroxylgruppen der Cellulose, und es entsteht Cellulosecarbamat. Diese Reaktion ist ausführlich untersucht und in zahlreichen Patenten und Publikationen be- schrieben worden. Entscheidend für die Herstellung von in Natronlauge vollständig löslichem Cellulosecarbamat sind vor allem die Verfahrensschritte der Aktivierung des Ceilulosematerials und die Herstellung einer homogenen Mischung von Cellulose mit Harn- Stoff. Für die Aktivierung wird Cellulose üblicherweise mit konzentrierte Natronlauge behandelt, wobei eine Umwandlung der Cellulosestruktur stattfindet, die mit einer verbesserten Zugänglichkeit gegenüber Reagenzien und einer erhöhten Reaktivität der Cellu- lose einhergeht . Nachteilig bei diesem Verfahren ist, dass der für die Umsetzung nicht erforderliche und sich bei der Umsetzung sogar negativ auswirkende erhebliche Überschuß an Natronlauge ausgewaschen werden muß, Das kann entweder mit Wasser (PL 289830, ) oder mit niedermolekularen Alkoholen erfolgen (DE 198
35 688, DE 19 635 707) . Anschließend wird das aktivierte Cellulosematerial mit Harnstoff in fester Form oder als wäßrige Lösung vermischt, das Wasser bzw. der Alkohol entfernt und die Reaktionsmischung er- hitzt. Das Einmischen von festem Harnstoff hat den Nachteil, dass die Verteilung des Harnstoffs in der aktivierten Cellulose nur ungleichmäßig erfolgt. Die Verwendung von gelöstem Harnstoff erfordert dagegen einen erhöhten Energieaufwand, um das mit der Harn- stofflösung wieder eingebrachte Wasser zu entfernen.
Zur Beseitigung dieser Nachteile und zur Erzielung eines zusätzlichen Aktivierungseffektes wurde in unterschiedlichen Verfahrensvarianten vorgeschlagen, den Harnstoff bereits der Natronlauge zuzusetzen und das homogene Einbringen des Harnstoffes mit der Aktivierung zu kombinieren (EP 0 402 605) . Nachteilig bei
diesen Verfahren ist vor allem, dass bei der Entfernung von überschüssiger Aktivierungslösung, z. B. durch Abpressen oder Zentrifugieren, auch ein erheblicher Anteil des Harnstoffs mitentfernt wird oder 5 dass auch hier ein erhöhter Energieaufwand zur Ent-
-. . fernung des zusätzlich eingebrachten Wassers erforderlich ist. Zur Beseitigung dieser Nachteile wurde auch vorgeschlagen, die Aktivierung mit Mischungen von niedrig konzentrierter wäßrig-alkoholischer NaOH
10 in Gegenwart von Harnstoff vorzunehmen. Alkohol und Wasser werden dabei vor der eigentlichen Umsetzung durch azeotrope Destillation entfernt (DE 199 40 393) .
15 Die Umsetzung der trockenen Reaktionsmischung aus
Cellulose und Harnstoff erfolgt dann üblicherweise in einem Wärmeschrank oder anderen geeigneten Reaktoren bei Temperaturen über 130 °C. Bei der Entfernung des Wassers oder des Alkohol-Wasser-Gemisches aus der Re-
20 aktionsmischung entsteht ein trockenes kompaktes Produkt, bei dem die Diffusion des Harnstoffs und des bei der Umsetzung frei werdenden NH3 auch nach Erreichen des Schmelzpunktes stark eingeschränkt ist. Das führt in Verbindung mit den beim Erhitzen trockener 25 Produkte schlechten Wärmeübergängen zu ungleichmäßig substituierten, meist dunkel gefärbten und schlecht in Natronlauge löslichen Cellulosecarbamaten. Zur Erzielung einer gleichmäßigen Umsetzung und damit qualitativ besserer Produkte wurde deshalb die Verwen-
30 düng von inerten organischen Flüssigkeiten (Toluen,
Xylen) als Wärmeüberträger und Schleppmittel für die azeotrope Entfernung des Wassers aus der Reaktionsmischung beschrieben (DE 42 42 437) . Dadurch werden zwar deutliche Verbesserungen hinsichtlich des Wärme- 35 Übergangs erzielt, eine gleichmäßige Verteilung des Harnstoffs in der Cellulose wird jedoch nicht unter-
stützt Außerdem sind der Umgang mit diesen Lösungsmitteln, deren vollständige Entfernung aus .der Reaktionsmischung und ihre Rückgewinnung aufwendig und problematisch und mit zusätzlichen Kosten verbunden.
Ausgehend von den beschriebenen Nachteilen der bekannten Verfahren zur Aktivierung von Cellulose und zur Herstellung von alkalilöslichem Cellulosecarbamat liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfah- ren zur Herstellung homogener Mischungen von Cellulose und Harnstoff und deren Umsetzung zu Cellulosecarbamat bereitzustellen, das die beschriebenen Nachteile nicht aufweist. Insbesondere sollen die Verfahrensschritte der Aktivierung und homogenen Vermi- schung von aktivierter Cellulose mit Harnstoff vor und während der Umsetzung verbessert und dadurch auch eine gleichmäßigere Produktqualität erreicht werden.
Diese Aufgabe wird durch das Verfahren mit den Merk- malen des Anspruchs 1 gelöst. Die weiteren abhängigen Ansprüche zeigen vorteilhafte Weiterbildungen auf. Die Verwendung des erfindungsgemäßen Verfahren wird in Anspruch 17 beschrieben.
Erfindungsgemäß wird ein Verfahren zur Herstellung von Cellulosecarbamat bereitgestellt, das auf den folgenden Schritten basiert:
a) Herstellung eines Gemisches aus aktivierter Cel- lulose bzw. aktiviertem Zellstoff, Harnstoff sowie einem hochsiedenden organischen Lösungsmittel, das den Harnstoff lösen kann, wobei die Vermischung in einem Mischaggregat unter Einsatz mechanischer Schwerkräfte erfolgt.
b) ■ Trocknung des Gemisches, und
c) die reaktive Umsetzung bei Temperaturen zwischen 120 und 200°C zum Cellulosecarbamat.
Vorzugsweise werden 5 bis 100 Gew.-%, bezogen auf die Cellulose, des Lösungsmittels eingesetzt. Hierbei wird vorzugsweise ein Lösungsmittel mit einem Siedepunkt oberhalb von 100°C bevorzugt, oberhalb von 150°C verwendet. Als Lösungsmittel kommen dabei bei- spielsweise ein- oder mehrwertige Alkohole oder deren Alkylether in Frage. Nur beispielhaft seien als Lösungsmittel hier Ethylenglykol , Diethylenglykol , Pro- pylenglykol oder deren Alkylether sowie Polyethylen- oxid, Propylenoxid, Glycerin oder 2-Methylpyrrolidon oder Mischungen dieser Lösungsmittel genannt . Durch die Zugabe dieser Lösungsmittel in relativ geringen Mengen wird zum einen gewährleistet, daß der Harnstoff gleichmäßig in der Cellulose-Harnstoff-Mischung verteilt ist und auch nach der Entfernung des Wassers in der Reaktionsmischung in einer gelösten und damit reaktionsfähigen Form vorliegt. Zum andern wird gewährleistet, daß die Wärmeübergänge bei der eigentlichen Umsetzung gegenüber einer völlig trockenen Reaktionsmischung deutlich verbessert sind.
Bevorzugt erfolgt die vor Schritt a) durchführbare Aktivierung der Cellulose oder des Zellstoffs mit 2 bis 25 Gew.-%iger, besonders bevorzugt 4 bis 20 Gew.- %iger Alkalilauge. Alternativ ist es aber auch mög- lieh, daß die Cellulose oder der Zellstoff mit einer Mischung aus 2 bis 10 Gew.-%iger Alkalilauge und Harnstoff aktiviert wird. Eine weitere Variante für die Aktivierung stellt die Umsetzung mit flüssigem Ammoniak, einer Mischung aus flüssigem Ammoniak und Harnstoff oder einer Meßregellösung von Ammoniak und
Harnstoff dar.
Bevorzugt wird bei der Aktivierung der Restalkaligehalt der Cellulose oder des Zellstoffs durch Waschen sowie anschließendes Abpressen und/oder Zentrifugie- ren auf 0,1 bis 0,5, besonders bevorzugt auf 0,15 bis 0,3 mol Alkalimetall pro mol Anhydroglucose, gesenkt. Falls erforderlich, kann die gequollene Alkalicellu- lose einer Reife zur Einstellung des Durchschnitts- Polymerisationsgrades (DP) unterworfen werden.
Im Anschluß wird die feuchte alkalihaltige Cellulose zusammen mit dem Harnstoff in ein Mischaggregat überführt, wobei das Verhältnis von Harnstoff- zu An- hydroglucose-Einheit zwischen 0,5 und 5, besonders bevorzugt zwischen 1 und 4, bezogen auf die Molekularmassen, beträgt. Im Mischaggregat erfolgt unter Ausnutzung mechanischer Schwerkräfte eine intensive Vermischung der beiden Komponenten. Die so erhaltene Mischung wird anschließend bevorzugt durch Temperung und/oder Vakuumbehandlung getrocknet, wobei vorzugsweise dasselbe Aggregat wie für die Vermischung verwendet wird.
Die Reaktionszeit der reaktiven Umsetzung beträgt vorzugsweise zwischen 30 und 300 min und besonders bevorzugt zwischen 60 und 120 min. Dabei kann die reaktive Umsetzung unter Inertgas und/oder Vakuumbehandlung erfolgen.
Als Mischaggregate eignen sich besonders Kneter und/oder Intensivmischer mit Zwangsförderung. Durch die Anwendung eines dieser Aggregate wird sowohl eine gleichmäßige Verteilung des Harnstoffs in der Reaktionsmischung erzielt als auch die ständige Durchmi- schung des Reaktionsgemisches unterstützt. Auf diese Weise gelingt es nicht nur homogone Mischungen von
aktivierter Cellulose und Harnstoff herzustellen, sondern daraus auch gleichmäßig substituierte und damit vollständig in Alkalilauge lösliche Cellulosecarbamate zu gewinnen.
Das Verfahren ist für Zellstoff in gleicher Weise wie für Cellulose anzuwenden. Bei der Verwendung von Zellstoff kann beispielsweise dieser in einer Lösung enthaltend 2 bis 10 Gew.-%iger Natronlauge und 20 bis 40 Gew.-% Harnstoff getaucht, zentrifugiert und abgepreßt werden. Der alkalifeuchte und harnstoffhaltige Zellstoff wird anschließend in einen Kneter oder Intensivmischer überführt und unter Zusatz von 5 bis 100 Gew.-%, bezogen auf die Cellulose eines hochsie- denden organischen Lösungsmittels für Harnstoff unter intensiver Scherung 5 bis 60 min. gemischt. In der gleichen Vorrichtung wird die Mischung durch Temperaturerhöhung und/oder Anlegen eines Vakuums getrocknet und nach Erreichen einer Produkttemperatur von 120 bis 200°C zur Umsetzung gebracht. Die Aufarbeitung des Carbamats erfolgt dabei in der zuvor beschriebenen Art und Weise.
Verwendung findet das erfindungsgemäße Verfahren vor- zugsweise bei der Herstellung von Fasern, Folien,
Perlen, Schwämmen und Schwammtüchern. Dies soll jedoch lediglich als exemplarische Auswahl aus der Gruppe beliebiger Formkörper angesehen werden.
Anhand der folgenden Beispiele soll der erfindungsgemäße Gegenstand näher erläutert, ohne diesen auf die einzelnen Ausführungsbeispiele zu beschränken.
Beispiel 1 :
2500 g Alkalicellulose mit einem Cellulosegehalt von 32,8% und einem Alkaligehalt von 17% werden mit 25 1 entionisiertem Wasser gewaschen, zentrifugiert und in einer hydraulischen Presse bis auf einen Cellulosegehalt von 41% abgepresst. Die feuchte Alkalicellulose wird bei Raumtemperatur in einem 51-Kneter mit 600 festem kristallinem Harnstoff und 400 ml Polyethylen- glykol 200 30 min. geknetet. Anschließend wird die
Temperatur des Kneters auf 140 °C erhöht und das vorhandene Wasser abgezogen. Nach Erreichen einer Produkttemperatur von 140°C wird die Masse 105 min. weiter geknetet und anschließend aus dem Kneter ausge- tragen, Die trockene krümelige Masse wird 1 mal mit essigsaurem Wasser und 3 mal mit -entionisiertem Wasser gewaschen und zentrifugiert. Das feuchte Carbamat weist einen Trockengehalt von ca. 50%, einen DP = 224 und einen Sticksto fgehalt von 3,0% bezogen auf den Cellulosegehalt auf. Das Produkt ist in kalter 8%iger
Natronlauge klar und vollständig löslich.
Beispiel 2:
648 g Fichte-Sulfit-Zellstoff mit einem DP = 275 werden in einer Lösung enthaltend 30% Harnstoff und 6% Natronlauge 60 min. getaucht, zentrifugiert und auf einen Cellulosegehalt von 43% abgepreßt. Die Masse wird in einem 51-Kneter gegeben und mit 400 ml 2- Methylpyrrolidon 30 min. verknetet, bei 140°C getrocknet und nach Erreichen einer Produkttemperatur von 160 °C noch 30 min. umgesetzt. Die Aufarbeitung des Carbamats erfolgt wie in Beispiel 1. Es wird ein in kalter 8%iger Natronlauge klar und vollständig lösliches Cellulosecarbamat erhalten. Der N-Gehalt beträgt 2,9%.