Werkstoff zur Herstellung von Erzeugnissen mit desinfizierenden und/oder antimykotischen Eigenschaften
Beschreibung
Die Erfindung betrifft einen Werkstoff zur Herstellung von Erzeugnissen mit desinfizierenden und/oder antimykotischen Eigenschaften, umfassend wenigstens eine Matrix, in die ein Molekularsieb eingemischt ist, das mit
- wenigstens einem Wirkstoff mit desinfizierender oder antimykotischer Wirkung oder
- wenigstens einem ersten Wirkstoff mit desinfizierender Wirkung und einem zweiten Wirkstoff mit antimykotischer Wirkung
beladen ist, wobei das entsprechende Molekularsieb/Wirkstoff-Addukt bei Kontakt der Matrix mit einer Körperoberfläche menschlicher, tierischer oder pflanzlicher Art in Verbindung mit der wässrigen Körperflüssigkeit den/die Wirkstoff/e freigibt.
Die Desinfektion umfasst Maßnahmen zur Vernichtung oder Wachstumsbehinderung von krankheitserregenden Bakterien. Die Bakterien sind fast allgegenwärtige, winzige, nur im Mikroskop sichtbare Kleinstlebewesen (Mikroorganismen), die wie Kugeln, Stäbchen, Schrauben, Hanteln oder Kommas aussehen. Zu ihrer Bekämpfung werden entsprechende Desinfektionsmittel eingesetzt.
Im folgenden wird der Thematik der Pilzerkrankungen, die mit Antimykotika behandelt werden, eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
Pilzerkrankungen, insbesondere der Haut (Dermatykosen), gehören zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Allein über 9 Millionen Menschen in Deutschland leiden daran. Zu den pathogenen Pilzen zählen die Dermatophyten, Hefen und Schimmelpilze, die auf der infizierten Haut und an den Anhangsgebilden (Nägel, Haare) und auch im Organismus ihre krankmachende Wirkung entfalten können. Langwierige Erkrankungen sind oft die Folge. Wie bei allen Infektionskrankheiten gilt der
medizinische Grundsatz, möglichst frühzeitig die Erreger zu bekämpfen, d.h. im Falle der Mykosen sie mit Hilfe von Antimykotika abzutöten und sie an ihrer Vermehrung außerhalb und innerhalb des Körpers mit Mykostatika zu hindern.
Ein breites Wirkspektrum von ausgewählten Arzneimitteln gegen Hautpilze erlaubt ein wirksames Bekämpfen der Erreger als präventive Maßnahme. Der häufigste Übertragungsmechanismus erfolgt im feuchten Milieu über der Körperoberfläche meist der Hände und Füße über Gummi- und Kunststoffmatten in Bädern, über Gummihandschuhe, Gummistiefel und andere Artikel, so dass eine antimykotische Ausrüstung solcher Polymere den Infektionsweg wirksam unterbricht.
Auch in der Landwirtschaft besteht ein hoher Bedarf, weil Mykosen ebenso wie beim Menschen auch Tiere belasten und zu Verlusten führen. So ist bei Schimmelbefall von Getreiden mit hohen finanziellen Verlusten zu rechnen.
Als Antimykotika sind insbesondere folgende Wirkstoffe von Bedeutung:
- Azole: Itraconazol, Bifonazol, Clotrimazol, Econazol, Miconazol
- Polyene: Nystatin, Pimaricin, Thiocarbamate, Tolnaftat, Tolciclat
- Amphotericin: Ketaconazol, Griseofulvin
Diese Stoffe entfalten ihre Wirkung, indem sie die Ergosterinsynthese von Pilzen hemmen oder die Zytoplasmamembran stören und die Transportvorgänge unterbrechen, aber nicht in lebenden Säugetier-Organismen gefährlich werden oder die Pflanzen oder Körner schädigen können.
Es sind nun Werkstoffe (Biomaterialien) bekannt, die mit einem entsprechenden Wirkstoff beladen sind, und zwar unter Verwendung eines Molekularsiebes. Aus dem Molekularsieb/Wirkstoff-Addukt wird der Wirkstoff desorptiv freigesetzt, indem das Wasser des Körpergewebes (z.B. bei Fußkontakt) in die Matrix eindiffundiert. Nachfolgend wird der Wirkstoff gelöst und diffundiert dann zum Körpergewebe,
beispielsweise zur Fußhaut. Hinsichtlich des diesbezüglichen Standes der Technik wird insbesondere auf die Druckschriften DD 264008 A5 und DD 264009 A5 verwiesen.
Bei den bisher bekannten Werkstoffen dieser Art trat entweder ein „Spritzeneffekt" ein, d.h. ein schneller Abbau des Wirkstoffes und somit eine wesentliche Verringerung der Depotwirkung, oder die Freisetzung des Wirkstoffes verlief unkontrolliert.
Im Rahmen einer Weiterentwicklung besteht die Aufgabe der Erfindung darin, einen Werkstoff zur Herstellung von Erzeugnissen mit desinfizierenden und/oder antimykotischen Eigenschaften bereitzustellen, bei dem ein kontinuierliches Wirkstoffangebot gewährleistet ist. Darüber hinaus soll das Anwendungsspektrum innerhalb des menschlichen, tierischen und pflanzlichen Bereiches erweitert werden.
Zwecks Lösung dieser Aufgabe zeichnet sich nun der erfindungsgemäße Werkstoff nach dem Kennzeichen des Patentanspruches 1 dadurch aus, dass das Molekularsieb/Wirkstoff-Addukt zusätzlich Kristallwasser enthält, und zwar derart, dass in Bezug auf eine ausreichende Grundmolmenge (m) an Kristallwasser das Molekularsieb partiell dehydratisiert ist, wobei das Molekularsieb mit der reduzierten Molmenge (m') an Kristallwasser mit dem/den Wirkstoff/en beladen ist, so dass bei Kontakt der Matrix mit der Körperoberfläche eine Adsorption von Wasser unter Desorption des entsprechenden Wirkstoffes stattfindet, wobei der Kristallwassergehalt des Molekularsiebes zunimmt.
Zweckmäßige Gestaltungsvarianten des Werkstoffes sind in den Patentansprüchen 2 bis 17 genannt.
Darüber hinaus besteht die Aufgabe der Erfindung darin, ein Verfahren zur Herstellung des erfindungsgemäßen Werkstoffes bereitzustellen.
Gemäß Kennzeichen des Patentanspruches 17 zeichnet sich nun das Verfahren zur Herstellung des neuen Werkstoffes durch folgende Verfahrensschritte aus:
- das Molekularsieb mit einer ausreichenden Grundmolmenge (m) an Kristallwasser wird bei 300 bis 500°C, vorzugsweise bei 400 bis 450°C, mehrere Stunden, vorzugsweise 2 bis 6 Stunden, lang partiell dehydratisiert;
- anschließend wird das partiell dehydratisierte Molekularsieb mit der reduzierten Molmenge (m') an Kristallwasser mit dem/den Wirkstoff/en unter Bildung des entsprechenden Molekularsieb/Wirkstoff-Adduktes beladen;
- schließlich wird das Molekularsieb/Wirkstoff-Addukt in die Matrix eingemischt.
/"' Die Dehydratisierung und/oder Beladung wird/werden dabei insbesondere in Gegenwart eines inerten Gases, beispielsweise von Stickstoff, durchgeführt. Die Dehydratisierung und/oder Beladung erfolgt/erfolgen ferner vorzugsweise unter Normaldruck. Die Beladung selbst kann beispielsweise mittels einer Kugelmühle vorgenommen werden.
Die Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf schematische Zeichnungen erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 den Adsorption/Desorptions-Mechanismus anhand von zwei Ausführungsbeispielen;
Fig. 2 den Adsorption/Desorptions-Mechanismus anhand zweier
Molekularsieb/Wirkstoff-Addukte, die einen unterschiedlichen Dehydratisierungsgrad aufweisen.
In Form eines einfachen Ausführungsbeispieles umfasst das Erzeugnis 1 gemäß Fig. 1 (z.B. Stallmatte, Badepantine) eine Matrix 2. In diese Matrix ist nun das Molekularsieb/Wirkstoff-Addukt 3 eingemischt. Als Molekularsieb wird insbesondere ein Natrium-Aluminium-Silikat der Formel
Na86 [(AIO2)86 - (SiO2)106] • m(m')H2O
verwendet, das im noch nicht dehydratisierten Zustand eine Grundmolmenge (m = 276) an Kristallwasser enthält. Im Rahmen der partiellen Dehydratisierung werden dabei mindestens 20 %, vorzugsweise 40 bis 70 %, Mole Wasser entzogen. Das partiell dehydratisierte Molekularsieb mit der reduzierten Molmenge (m'; z.B. m' = 200) ist nun mit einem Wirkstoff Z beladen.
Bei Kontakt der Matrix 2 mit der Körperoberfläche 4 (z.B. Fußkontakt) wird nun dieser Wasser entzogen, das von dem Molekularsieb/Wirkstoff-Addukt 3 aufgenommen wird (Adsorption), wobei eine Desorption des Wirkstoffes Z mit desinfizierender oder antimykotischer Wirkung stattfindet. Dabei nimmt der Kristallwassergehalt des Molekularsiebes zu. Das Molekularsieb erhält also das Kristallwasser zurück, das man ihm im Rahmen der partiellen Dehydratisierung entzogen hat.
Die Tatsache, dass das Molekularsieb/Wirkstoff-Addukt 3 grundsätzlich Kristallwasser enthält, sorgt für ein entsprechendes Feuchtmilieu. Auf diese Weise wird die Desorption des Wirkstoffes Z mittels des Lösungs- bzw. Dispergierungsmittels Wasser erleichtert.
Im Rahmen der gleichen Figur ist ein weiteres Ausführungsbeispiel dargestellt. Hiernach ist das Molekularsieb bei einem einheitlichen Dehydratisierungsgrad mit einem ersten Wirkstoff Zλ mit desinfizierender Wirkung und einem zweiten Wirkstoff Z2 mit antimykotischer Wirkung beladen, die sich durch einen unterschiedlichen Beladungsgrad auszeichnen, so dass das Molekularsieb/Wirkstoff-Addukt 3 bei Kontakt der Matrix 2 mit der Körperoberfläche 4 die Wirkstoffe Z und Z2 sequentiell freigibt, was durch die unterschiedlichen Pfeilstärken dargestellt ist. Die beiden Wirkstoffe haben dabei etwa das gleiche Molekulargewicht. Folgendes Zahlenbeispiel soll dies verdeutlichen. Das Molekularsieb weist einen Dehydratisierungsgrad von 70 % auf. Bei einem Gesamtbeladungsgrad von 60 % an den Wirkstoffen Z und Z2 entfallen auf ZΛ 40 % und Z2 20 %. Aufgrund der größeren Beladungsmenge wird der Wirkstoff Z schneller abgegeben als der Wirkstoff Z2, verbunden mit einer zeitlich versetzten Wirkung.
Diese Wirkstoffkombination wird auch für das Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 2 herangezogen, das nun näher vorgestellt wird.
In die Matrix 6 sind ein erstes und zweites Molekularsieb 7 bzw. 8 eingemischt, die typengleich sind, sich jedoch durch einen unterschiedlichen Dehydratisierungsgrad auszeichnen, wobei folgendes Beispiel genannt sei: Molekularsiebtyp: Na86 [(AIO2)86- (SiO2)106] • m(m')H2O Grundmolmenge (m) vor der partiellen Dehydratisierung: m = 276 reduzierte Molmenge (m1)
- Molekularsieb/Wirkstoff-Addukt 7 mit dem Wirkstoff Z3 : m' = 100
- Molekularsieb Wirkstoff-Addukt 8 mit dem Wirkstoff Z4 : m' = 200
Bei etwa gleichem Molekulargewicht der Wirkstoffe Z3 (Desinfektionsmittel) und Z4 (Antimykotikum) ist dabei jeweils der Beladungsgrad etwa gleich.
Bei Kontakt der Matrix 6 mit der Körperoberfläche 9 werden die Wirkstoffe Z3 und Z4 sequentiell freigegeben, was wiederum durch die unterschiedlichen Pfeilstärken symbolisiert ist. Mit anderen Worten: Das Addukt 7 mit dem größeren Dehydratisierungsgrad wird begieriger Wasser aufnehmen als das Addukt 8. Folge ist, dass der Wirkstoff Z3 schneller abgegeben wird als der Wirkstoff Z4, verbunden wiederum mit einer zeitlich versetzten Wirkung.
Unabhängig von den Ausführungsbeispielen gelten für den Werkstoff zweckmäßigerweise folgende Parameter:
- Die Addukte 3, 7 und 8 sind innerhalb der Matrix 2 und 6 im wesentlichen gleichmäßig verteilt.
- Die Addukte 3, 7 und 8 weisen einen Anteil von 2 bis 50 Gew.-%, vorzugsweise 15 bis 35 Gew.-%, auf, und zwar bezogen auf die Gesamtmasse der Matrix 2 und 6.
- Die Matrix 2 und 6 ist ein Polymerwerkstoff, insbesondere wiederum ein Elastomer, ein thermoplastisches Elastomer oder ein thermoplastischer Kunststoff.
- Das Molekularsieb weist eine Porengröße von 3 bis 13 A (Angström), vorzugsweise 3 bis 7 Ä, auf. Mit dieser Maßnahme wird verhindert, dass bei externem Wasserangebot, beispielsweise bei der Reinigung einer Stallmatte, die Wirkstoffe nicht heraus geschwemmt werden.
Die in der Beschreibung und in den Patentansprüchen erwähnten Aussagen zum Dehydratisierungsgrad und Beladungsgrad beziehen sich auf den Zustand nach Abschluss der partiellen Dehydratisierung bzw. der Beladung, d.h. ohne Stoffwechselaustausch von Wasser und Wirkstoff.
Bezugszeichenliste
Erzeugnis mit desinfizierenden und/oder antimykotischen Eigenschaften Matrix Molekularsieb/Wirkstoff-Addukt mit den Wirkstoffen Z, Z Z2 Körperoberfläche Erzeugnis mit desinfizierenden und antimykotischen Eigenschaften Matrix Molekularsieb/Wirkstoff-Addukt mit dem Wirkstoff Z3 Molekularsieb/Wirkstoff-Addukt mit dem Wirkstoff Z4 Körperoberfläche