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Verfahren zur Herstellung von chemisch reaktionsfähigen oder adsorbierenden
Kohlen Es ist bekannt, zur Herstellung hochaktiver Kohlen auf kohlenstoffhaltige
Materialien ein Halogen, insbesondere Chlor, einwirken zu lassen und das Chlorierungsprodukt
in Gegenwart alkalisch reagierender Aktivierungsmittel zu glühen und gegebenenfalls
zu waschen. Da die Halogene zu den hochwertigen Chemikalien zu rechnen sind, hat
dieses Verfahren eine praktische Bedeutung nicht erlangt.
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Es ist weiter bekannt, bitumenhaltige Kohlen, soweit sie backende
und blähende Eigenschaften besitzen, vor der Aktivierung einer Erhitzung auf Temperaturen
von Zoo bis 300° C unter Zutritt geringer Mengen von Luft zu unterwerfen. Selbst
nach einem Erhitzen über mehrere Stunden wird wegen der geringen Luftzufuhr lediglich
eine Beseitigung des Back-und Blähvermögens der Kohle erreicht, wobei nur etwa r
bis 2 % Sauerstoff von der Kohle aufgenommen werden. Eine so geringfügige Sauerstoffaufnahme
ergibt ein Produkt, welches nach der üblichen Aktivierung eine nur wenig brauchbare
Aktivkohle darstellt.
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Es wurde bereits vorgeschlagen, zur Herstellung von chemisch reaktionsfähigen
oder von adsorbierenden Kohlen fossile oder rezente Brennstoffe bis zu einer wesentlich
höheren Sauerstoffaufnahme mit Luft zu behandeln und anschließend eine Entgasung
und/oder Behandlung mit vergasenden und/oder wasserentziehenden Mitteln zu unterwerfen.
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Die Behandlung pulveriger oder feinkörniger Brennstoffe, vor allem
der Steinkohlen, mit Oxydationsgasen
bei erhöhter Temperatur, jedoch
unterhalb des Zündpunktes, ist aber, wie ohne weiteres verständlich, mit erheblichen
Explosionsgefahren verbunden. Bei der Einwirkung von Sauerstoff steigt die Wärme
im Innern der Brennstoffe zum Teil rasch an. Daher ist eine Entzündung des gesamten
Behandlungsgutes sehr leicht möglich. Man hat deshalb stets den Sauerstoff nur in
solchen :Mengen zugeführt, daß die innere Erwärmung der Kohle nicht zu ihrer Entzündung
führte, d. h., der Sauerstoff wurde im Unterschuß angewendet. Dieses vorsichtige
Vorgehen bei der Zufuhr von Sauerstoff hat jedoch zur Folge, daß die verhältnismäßig
langen Behandlungszeiten von 2o Stunden und darüber in Kauf genommen werden müssen.
Darüber hinaus besitzen aber, wie weiter unten ausführlicher dargetan werden soll,
die dabei erhaltenen oxydierten Kohlen und ihre Weiterverarbeitungsprodukte nicht
die Qualität der Produkte des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Es wurde nämlich gefunden, daß man zu verbesserten Endprodukten gelangt,
indem man ein stückiges oder pulveriges Ausgangsmaterial verwendet, das dadurch
gewonnen wird, daß man die genannten Brennstoffe bei erhöhter Temperatur, jedoch
unterhalb des Zündpunktes höchstens etwa 12 Stunden derart mit Luft oder ähnlichen
Oxydationsgasen vorbehandelt, daß in den Abgasen 30 °/o und mehr des mit
dem Oxydationsgas eingeführten Sauerstoffs abgeführt werden.
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Der hohe Sauerstoffgehalt im Abgas wird durch entsprechende Regulierung
der Strömungsgeschwindigkeit der Gase und ihres Gehaltes an wirksamem Sauerstoffeinreguliert.
Manarbeitet hierbei praktischerweise z. B. in Drehrohröfen, Etagenöfen oder im Fließbettverfahren,
wobei man in allen Fällen durch Anbringung von Vorrichtungen zur Temperaturregulierung
(Wärmezu- und -abfuhr) dafür zu sorgen hat, daß einerseits die Reaktionstemperatur
genügend hoch bleibt, andererseits aber nicht den Zündpunkt des behandelten Materials
erreicht oder gar überschreitet. Es lassen sich auf diese Weise stückige, körnige
oder auch pulverige Ausgangsmaterialien verarbeiten, wobei man den letztgenannten
im allgemeinen den Vorzug geben wird, da infolge ihrer größeren Kornoberfläche der
Sauerstoff in entsprechend kürzerer "Zeit zur Reaktion kommt.
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Das voroxydierte Material fällt in höherer Ausbeute an, es ist sehr
gleichmäßig und zeigt im Hinblick auf seine Weiterverarbeitung besonders günstige
chemische und physikalische Eigenschaften. Unterwirft man das voroxydierte Material
einer Entgasung, also einer trockenen Destillation bei Temperaturen zwischen beispielsweise
5oo und rsoo° C, so erhält man eine Kohle von hoher chemischer Reaktionsfälligkeit.
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Behandelt man dagegen das Material, gegebenenfalls im Anschluß an
die Entgasung, mit vergasenden und/oder wasserentziehenden Mitteln, so erhält man
eine Kohle von ausgezeichnetem Adsorptionsvermögen. Der Grund für dieses vorteilhaftere
Verhalten des nach dem in Rede stehenden Verfahren anoxydierten Materials dürfte
darin liegen, daß bei einer längeren, mit Sauerstoff im Unterschuß durchgeführten
Behandlung bei erhöhter Temperatur nicht nur, wie an sich beabsichtigt, das Bitumen
zerstört, sondern auch das Kohlenstoffgerüst angegriffen wird, womit selbstverständlich
eine Verminderung der Ausbeute verbunden ist. Außerdem werden bei längerer Wärmeeinwirkung
vermutlich Sinterungsvorgänge ausgelöst, die um so weiter fortschreiten, je länger
die oxydierende Behandlung in der Wärme dauert, und die eine Verdichtung des Gefüges,
also eine Eigenschaft hervorrufen, die eine chemisch reaktionsfähige Kohle oder
eine Adsorptionskohle gerade nicht haben soll. Durch das verkürzte Oxydationsverfahren
werden dagegen diese unerwünschten Nebenerscheinungen weitgehend unterdrückt.
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Bezüglich des Ausgangsmaterials sei noch bemerkt, daß man, wie weiter
gefunden wurde, bei der Voroxydation zweckmäßig von solchen Kohlen ausgeht, die
einen bestimmten optimalen Gehalt an flüchtigen Bestandteilen, bezogen auf die (aschefreie)
Reinkohle, aufweisen. Dieser Gehalt liegt etwa zwischen 18 und 24 °/o. Derartige
Kohlen liefern bei der Verarbeitung auf Adsorptionskohlen ein Maximum an Ausbeute,
wie die nachstehende Tabelle erkennen läßt, in der die Ausbeute an Adsorptionskohle
gleicher Qualität, bezogen auf die in die Voroxydation eingesetzte Ausgangskohle,
angegeben ist.
°/a flüchtige Bestandteile, bezogen |
auf Reinhohle |
10 I 20 1 23 1 26 1
38 |
Ausbeuten an Ad- |
sorptionskohle, % . . 26 32 34. 22 23 |
Man sieht ahne weiteres, daß bei einem Gehalt von 23 °/o flüchtigen Bestandteilen
die Ausbeute mit 34 o/, hier ein. Maximum aufweist, um mit weiter zunehmendem Gehalt
an Flüchtigem wieder abzusinken.
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Außerdem wurde festgestellt, daß Kohlen mit dem erwähnten optimalen
Gehalt an Flüchtigem sich auch vortrefflich als Rohstoff für die Herstellung von
chemisch besonders reaktionsfähiger Kohle, wie Generatorkoks, Kohle zur Herstellung
von Schwefelkohlenstoff u. a., eignen.
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Will man eine chemisch reaktionsfähige Kohle herstellen, so wird das
voroxydierte Produkt entgast, wobei eine mit dem Oxydationsgrad abnehmende Teerausbeute
bzw. zunehmende Bildung von Wasser und Kohlendioxyd erfolgt. Das entgaste Produkt
ist dann meist ohne weiteres verwendbar. Wird eine voroxydierte Kohle von pulveriger
Form benutzt, jedoch ein körniges oder stückiges Endprodukt gewünscht, so wird vor
dem Entgasen eine Brikettierung vorgenommen, wobei die Briketts in der dem gewünschten
Verwendungszweck angepaßten Größe hergestellt werden oder durch nachträgliches Brechen
und Sieben auf die erforderliche Körnung gebracht werden können. Man kann aber auch
das bereits entgaste Pulver brikettieren und die Briketts nochmals entgasen. Besonders
bemerkenswert ist die Tatsache, daß durch die Brikettierung die Eigenschaften der
Endprodukte nicht beeinträchtigt oder gar zerstört werden. Es ist immerhin merkwürdig,
daß man das Bitumen der Kohlen zunächst durch die Oxydation zerstört und dann wieder
in Form von Teer oder Pech zusetzt;
trotzdem entsteht hierdurch
nicht wieder das inerte Ausgangsmaterial, sondern ein hochaktives Produkt.
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Das Brikettierungsmittel kann organischer oder anorganischer Natur
sein und z. B. aus Wasserglas, Ton, Zement, Gips oder Sulfitablauge bestehen. Da
jedoch anorganische Bindemittel den Aschegehalt erhöhen, ist es vielfach vorteilhafter,
organische Bindemittel zu verwenden, wie entkalkte Sulfitablauge, Zucker, Stärke,
Dextrin, Teere, Peche u. ä. Die Brikettierung kann in Vorrichtungen bekannter Art,
wie Stempelpressen, Strangpressen usw., erfolgen. Auch die Walzenpresse ist geeignet.
Feingemahlene voroxydierte Kohle mit einer Beimischung von 2o°/0 Pech läßt sich
damit, wie sich überraschenderweise gezeigt hat, ohne Schwierigkeit brikettieren,
während ein derartig hoher Pechzusatz zu gewöhnlicher Brikettierkohle im Knetwerk
der Presse augenblickliche Verstopfung hervorruft, die meist zu einer Zerstörung
der Antriebsorgane führt. Ein derart hoher Pechzusatz ist aber für die Herstellung
abriebfester Kohlen zur Herstellung von Schwefelkohlenstoff oder von Adsorptionskohle
zumeist notwendig.
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Es wurde ferner gefunden, daß man die Brikettierung bei sehr hohem
Druck (30oo bis 5000 kg/cm') ohne Zusatz eines eigentlichen Bindemittels
durchführen kann, wenn man dem voroxydierten Material eine gewisse Menge nichtoxydierter
feingemahlener Kohle beimischt.
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Die so gewonnenen entgasten Produkte sind besonders geeignet zur Durchführung
chemischer Prozesse, bei denen Kohle von gesteigerter Reaktionsfähigkeit verlangt
wird. Sie eignen sich daher vorteilhaft als Brennstoffe für Generatoren, insbesondere
Fahrzeuggeneratoren, sowie als Holzkohlenersatz bei der Herstellung von Schwefelkohlenstoff.
Wie noch festgestellt wurde, kann man. die Reaktionsfähigkeit der Kohlen dadurch
wesentlich erhöhen, daß man dem voroxydierten Material vor dessen Entgasung gewisse
Stoffe zusetzt, wie z. B. Alkalisalze, z. B. Hydroxyde oder Carbonate, Schwefel
oder schwefelhaltige Verbindungen, wie Alkahsulfide oder -polysulfide. Auch organische
Schwefelverbindungen sind brauchbar, z. B. Rhodanide.
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Soll Adsorptionskohle hergestellt werden, so kann man das voroxydierte
Material sofort einer wasserentziehenden oder vergasenden Behandlung oder beiden
Maßnahmen, zugleich oder nacheinander unterwerfen. Man kann z. B. das oxydierte
Material, gegebenenfalls nach Korngrößen gesichtet, bei hohen Temperaturen, z. B.
bis iioo° C, mit Wasserdampf, Kohlendioxyd, Schwefeldampf, Ammoniak, Chlor oder
ähnlich wirkenden Gasen behandeln. Für den Fall, daß man wasserentziehende Agentien
anwenden will, kann man z. B. Chlorzink, Phosphorpentoxyd, Schwefelsäure, Phosphorsäure
u. dgl. benutzen. Bei der vergasenden Behandlung steigt das Adsorptionsvermögen
mit dem Abbrand an, so daß man es in der Hand hat, eine bestimmte Qualität herzustellen.
Manchmal kann es zweckmäßig sein, die oxydierte Kohle vor der Behandlung mit vergasenden
bzw. wasserentziehenden Mitteln zu entgasen.
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Pulveriges Material kann vor der vergasenden Behandlung brikettiert
werden, gegebenenfalls unter Zusatt wasserentziehender Stoffe; häufig lassen sich
die Briketts oder deren Bruchstücke sofort vergasen. Falls erforderlich, können
auch hierbei die Briketts vorher entgast werden (s. oben).
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In manchen Fällen, z. B. um das Reißen größerer Briketts während der
vergasenden Behandlung zu verhindern, ist es zweckmäßig, das Pulver schon vor der
Brikettierung zu entgasen. Auch für das der vergasenden Behandlung zu unterwerfende
Material lassen sich die oben angegebenen Brikettierungsmittel verwenden.
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Das Endprodukt kann je nach Korngröße zur Adsorption von Gasen und
Dämpfen sowie zum Entfärben, Reinigen und Desodorisieren verwendet werden. Außerdem
ist es eine sehr brauchbare Depolarisationsmasse für galvanische Elemente (Kohlekathoden).
Unter Umständen kann es auch für die Herstellung der letztgenannten Produkte erforderlich
sein, die obenerwähnten Zusätze (Alkalisalze, Schwefel usw.) zuzugeben. Ausführungsbeispiele
i. Eine Kohle mit i9 % flüchtigen Bestandteilen, 40/, Asche, Feinheit 6o0/,
< ioo u,, wurde 8 Stunden lang bei 26o° C unter Umwälzen (Umfangsgeschwindigkeit
des Drehrohrofens 0,4 m/Min.) mit o,i kg Luft je Stunde und kg Kohle behandelt.
Während der ersten Stunde wurde die Ofenwand von außen mit Wasser gekühlt und danach
durch Anblasen mit kalter Luft. Das Abgas enthielt 15 °/0 02. Bei der Oxydation
entstand kein Gewichtsverlust. Das Pulver wurde anschließend einer vergasenden Behandlung
mit Wasserdampf bei goo° C unterworfen. Es wurde eine gute Entfärbungskohle erhalten,
die sich auch als Depolarisationsmasse in galvanischen Elementen verwenden ließ.
Bei Oxydation mit nur wenig Luft (o,2 °/u 02 im Abgas) war ein Gewichtsverlust von
5 l)/, eingetreten, und die Ausbeute an Adsorptionskohle betrug nur 6o01/0 derjenigen
der erstgenannten Behandlungsweise.
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2. Eine Kohle mit 32 °/o flüchtigen Bestandteilen, 3,6 % Asche,
Feinheit ioo °/, < ioo @j" wurde 12 Stünden bei 25o° C unter Umwälzen (Umfangsgeschwindigkeit
des Drehrohrofens 0,i3 m;Min.) je Stunde und kg Kohle mit o,i kg eines Gases behandelt,
das io°,/o Sauerstoff enthielt. Während der ersten 2 Stunden wurde der Ofen wie
im Beispiel i mit Wasser und anschließend mit Luft gekühlt. Der Sauerstoffgehalt
am Ofenausgang betrug 3 °,/'o. Bei dieser Behandlung entstand kein Gewichtsverlust.
8o Teile des voroxydierten Produktes wurden mit 2o Teilen Pech brikettiert und bei
goo° C mit Wasserdampf behandelt. Es entstand eine Adsorptionskohle technischer
Qualität; Ausbeute 22 °/o, bezogen auf die aschefreie Kohle. Bei Oxydation mit wenig
Luft war ein Gewichtsverlust von 7 °/o eingetreten, und die Ausbeute an gleichwertiger
Kohle betrug nur 85 % des obigen Beispiels.
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3. Eine Kohle mit io °/o flüchtigen Bestandteilen und i
% Asche, Feinheit 50 % <0,5 mm, wurde wie bei Beispiel 1 4 Stunden
lang oxydiert. Zur Abführung der Wärme wurde die Ofenwand von außen mit kalter Luft
angeblasen. 85 Teile der voroxydierten Kohle wurden mit io Teilen Pech und 5 Teilen
Rohteer brikettiert und bei 90o° C entgast. Das Endprodukt war
ausgezeichnet
verwendbar für die Herstellung von Schwefelkohlenstoff.
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4. 400/, der nach Beispiel i voroxydierten Kohle wurden mit 6o°/o
der gleichen unbehandelten Kohle vermischt und mit einem Druck von. 3ooo kg/cm2
brikettiert. Nach Entgasen bei etwa goo° C wurde eine zur Herstellung von Schwefelkohlenstoff
ausgezeichnet verwendbare Kohle erhalten.
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5. Eine Kohle mit 2o % flüchtigen Bestandteilen wurde 2 Stunden
lang wie bei Beispiel i voroxydiert. 2001, des voroxydierten Produkts wurden mit
8o0/, unbehandeltem Ausgangsmaterial gemischt, bei einem Druck von 5000 kg/cm"
brikettiert und bei etwa 550'C
entgast. Es wurde ein guter Generatorbrennstoff
erhalten.