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Verfahren zur Herstellung von Chondroitinpolyschwefelsäureestern
Die
Herstellung von Polyschwefelsäureestern der Chondroitinschwefelsäure ist seit langem
bekannt (S. Bergström, Z. physiol. Chem., 238, I63 [I936]).
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Das ursprüngliche Verfahren von Bergström ist seither schon wiederholt,
auch mit gewissen Varianten, nachgearbeitet worden (P. Karrer, Helv. Chim. Acta
26, I309 [I94]; E. Husemann und andere, Z. Ges.
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Exp. Med., 114, 722 [I945]; J. Piper, Acta Pharm.
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Toxicol., 2, 3I7 [I946], Nr. 4). Alle diese Verfahren haben bis jetzt
zu keinem klinisch verwertbaren Antikoagulans geführt, weil die Produkte zu toxisch
waren.
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F. Patat und K. Vogler (Helv. Chim. Acta, 35, I29 [I952]) haben festgestellt,
daß die Toxizität von modellmäßigen Polyschwefelsäureestern des Polyvinylalkohols
eine Funktion des Polymerisationsgrades ist und daß sie sich mit dem Polymerisationsgrad
kontinuierlich ändert. Ein ähnliches Verhalten, d. h. ein allmählicher Übergang
zu weniger toxischen Produkten bei fallendem Polymerisationsgrad, war
somit
auch bei den partiell abgebauten Chondroitinpolyschwefelsaureestern zu erwarten.
Auch die gerinnungshemmende Wirkung von bisher bekannten Produkten nimmt mit fallendem
Polymerisationsgrad ab, wobei sich zwischen den Kurven der Toxizität und der gerinnungshemmenden
Aktivität eine weitgehende Parallelität erkennen läßt.
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Es wurde nun überraschenderweise gefunden, daß bei einem Schwefelgehalt
von I3,5 bis I4,5 °/o die genannte Parallelität im Bereich der Viskositätszahlen
[N] von 0,07 bis 0,045 verschwindet. Während die Kurve der Gerinnungshemmung keine
Änderung ihrer Steilheit erfährt, fällt dieToxizitätskurve im genannten Viskositätsbereich
steil ab. Unterhalb dieses Viskositätsbereiches sind die Chondroitinpolyschwefelsäureester
praktisch nicht toxisch, während sie oberhalb dieses Viskositätsbereiches ihrer
Toxizität wegen unbrauchbar sind. So geht z. B. ein Hund bei täglicher Injektion
von 20 mg pro kg Tiergewicht eines abgebauten Chondroitinpolyschwefelsäureesters
mit einer Viskositätszahl [11] von 0,07 und einem Schwefelgehalt von I401o binnen
I2 Tagen unter starker Gewichtsabnahme zugrunde, während unter gleichen Bedingungen
20 mg pro kg eines abgebauten Chondroitinpolyschwefelsäureesters mit der Viskositätszahl
[X7] von 0,038 und einem Schwefelgehalt von I4°1o mehr als 40 Tage reaktionslos
und unter Gewichtszunahme vertragen werden.
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Die gerinnungshemmende- Wirkung nimmt beim Durchlaufen des genannten
Viskositätsbereiches nur wenig ab, und ein entsprechender Sturz wie bei der Toxizität
wird nicht beobachtet. Dementsprechend besitzen die Chondroitinpolyschwefelsäureester
mit einer Viskositätszahl [g] von 0,045 bis 0,03 eine erhebliche therapeutische
Breite, während diejenigen mit einer Viskositätszahl [ > 0,07 zutoxisch sind,
um überhaupt für therapeutische Zwecke in Frage zu kommen. Die Produkte des erfindungsgemäßen
Verfahrens mit Viskositätszahlen von 0,045 bis o,o3 und einem Schwefelgehalt von
12 bis 15 01o weisen überdies gegenüber lipämischem Plasma eine gute Klärwirkung
auf. Sie können deshalb als Mittel gegen Arteriosklerose verwendet werden.
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Die genannten Chondroitinpolyschwefelsäureester mit großer therapeutischer
Breite werten erfindungsgemäß dadurch erhalten, daß man Chondroitinschwefelsäure
nach an sich bekannten Methoden derart einem partiellen Abbau und einer Sulfatierung
unterwirft, daß das Endprodukt eine Viskositätszahl [11] von 0,045 bis 0,030 und
einen Schwefelgehalt von 12 bis 15 01o aufweist.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann im einzelnen wie folgt durchgeführt
werden: Chondroitinschwefelsäure, hergestellt aus Knorpel, beispielsweise nach der
Vorschrift von K. H. Meyer und anderen (Helv.
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Chim. Acta, 3I, I402 [I948], wird hydrolytisch, z. B. mittels Säuren
oder Alkalien, auf einen niedrigeren Polymerisationsgrad gebracht. Dieser Polymerisationsgrad
wird viskosimetrisch gemessen.
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Alle Viskositätsmessungen werden zweckmäßiger weise mit Ostwaldschen
Viskosimetern bei 25° ausgeführt. Die im folgenden verwendeten viskosimetrischen
Begriffe sind wie folgt definiert: Viskositätszahl (Intrinsic viscosity): [X7] =
lim t/spez eo C wobei rspez = - re1 1 ist und rL die Viskosität der Lösung, 110
die Viskosität des Lösungsmittels (0,05 n-NaCl) und c die Konzentration in glroo
ccm bedeutet.
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Der Grenzwert [s9] wird graphisch bestimmt, indem man rs,,,.lc bei
verschiedener Konzentration, z. B.
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2,1 und 0,5 glloo ccm, mißt und als Funktion von c aufträgt. Der Grenzwert
wird durch Extrapolation auf unendliche Verdünnung erhalten.
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Um ein Endprodukt mit der gewünschten Viskositätszahl zu erhalten,
müssen die Bedingungen der Abbaureaktion und der Sulfatierung entsprechend aufeinander
abgestimmt werden. Der Grad, bis zu dem die Chondroitinschwefelsäure hydrolytisch
abgebaut werden muß, ist bedingt durch Temperatur und Dauer der darauffolgenden
Sulfatierung, da die letztere den Polymerisationsgrad des Endproduktes ebenfalls
beeinflußt. So wird z. B. bei einer Sulfatierungsdauer von 3 Stunden und einer Sulfatierungstemperatur
von 90" (Volumverhältnis Chlorsulfonsäure zu Pyridin 1: 3) die Chondroitinschwefelsäure
zweckmäßigerweise derart hydrolytisch abgebaut, daß das teilweise abgebaute Produkt
vor der Sulfatierung eine Viskositätszahl [X1] von 0,II besitzt. Ein solches Produkt
kann erhalten werden, indem man eine ro0i0ige wäßrige Lösung von Chondroitinschwefelsäure
mit verdünnter Salzsäure bei 70" während etwa 5 Stunden erhitzt. Bei tieferen Temperaturen
sind für die Abbaureaktion längere und bei höheren Temperaturen entsprechend kürzere
Reaktionszeiten erforderlich. Die Hydrolysedauer ist natürlich auch abhängig vom
Viskositätsgrad des Ausgangsmaterials, der je nach der Gewinnungsart verschieden
sein kann. Man kann den Abbau auch durch Erwärmen der Chondroitinschwefelsäure in
alkalischer Lösung durchführen.
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Zur Sulfatierung der abgebauten Chondroitinschwefelsäure kann man
im einzelnen z. B. so vorgehen, daß man das Abbauprodukt bei 80" unter Rühren in
ein teilweise geschmolzenes Gemisch von Pyridin und Chlorsulfonsäure (Volumverhältnis
3: 1) einträgt. Nach dem Eintragen wird das Gemisch vorzugsweise während 3 Stunden
bei go" und nachher noch während 2 Stunden ohne Wärmezufuhr weitergerührt.
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Nach einer anderen Ausführungsform können der Abbau und die Sulfatierung
in einer einzigen Stufe durchgeführt werden, indem man auf Chondroitinschwefelsäure
bei 105 bis II5" während 2 bis 3 Stunden eine Mischung von Pyridin und Chlorsulfonsäure
einwirken läßt. Es ist zweckmäßig, die unabgebaute Chondroitinschwefelsäure bei
go" in das Pyridin-Chlorsulfonsäure-Gemisch einzutragen und das Ge-
misch
während 211, Stunden bei 1100 und anschließend während 2 Stunden ohne Wärmezufuhr
zu rühren.
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Die Aufarbeitung des Sulfatierungsgemisches, das nach der einen oder
anderen der beschriebenen Ausführungsformen des Verfahrens erhalten wird, erfolgt
zweckmäßigerweise so, daß der hochpolymere Anteil des Sulfatierungsproduktes mit
Methanol oder mit einem anderen geeigneten Fällungsmittel, wie z. B.
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Äthanol oder Aceton, gegebenenfalls unter Zusatz von Natriumacetat
zwecks Erleichterung der Fällung, zur Abscheidung gebracht wird. Der Niederschlag
wird mit dem Fällungsmittel gewaschen und in wenig Wasser gelöst, worauf die Lösung
mit Alkali, z. B. mit Natriumhydroxyd, auf PEI g eingestellt wird.
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Diese Lösung des rohen Alkalisalzes des Chondroitinpolyschwefelsäureesters
wird erneut mit Methanol, gegebenenfalls unter Zusatz von Natriumacetat, ausgefällt
und erneut in Wasser gelöst. Der Lösung wird zuerst Eis und dann unter Rühren eine
Lösung eines Alkaloids, z. B. eine konzentrierte Lösung von Narcotinhydrochlorid,
zugesetzt, um das Alkalisalz des Chondroitinpolyschwefelsäureesters in das betreffende
Alkaloidsalz, z. B. in das Narcotinsalz, überzuführen. Das Alkaloidsalz wird durch
Zentrifugieren oder Filtrieren isoliert, mit Wasser gut ausgewaschen und durch Eintragen
in eine Alkalilösung, z. B. in eine Natriumcarbonatlösung, entweder bei Zimmertemperatur
oder auch bei etwas höherer Temperatur in das Alkalisalz zurückverwandelt. Das ausgeschiedene
Alkaloid wird abfiltriert und gut gewaschen. Das Filtrat wird mit Eisessig neutralisiert,
nötigenfalls eingeengt, und mit Methanol oder einem anderen der obengenannten, mit
Wasser mischbaren Fällungsmittel versetzt, um eine Fällung zu erhalten. Diese Ausfällung
kann nötigenfalls zwecks Reinigung oder Fraktionierung wiederholt werden.
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Die so erhaltenen Verfahrensprodukte haben einen Schwefelgehalt von
etwa I401, und eine Viskositätszahl [8] von 0,045 bis 0,03 und sind im allgemeinen
polydispers. Die Polydispersität läßt sich dadurch vermindern, daß man höher- oder
niedermolekulare Anteile in an sich bekannter Weise durch Fraktionierung entfernt.
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Beispiel I Man löst I,8 kg Chondroitinschwefelsäure ([N] = 0,35;
[a]D°= = - 27° (C = 2, in 0,5 n-NaCl) in I7,I 1 Leitungswasser, erhitzt die Lösung
in einem geeigneten Kolben auf 70°, gibt 560 ccm konzentrierte Salzsäure zu und
rührt das Gemisch 280 Minuten bei konstant gehaltener Temperatur. Sodann wird die
Reaktionslösung mit etwa 700 ccm konzentrierter Natronlauge neutralisiert, wenn
nötig filtriert, auf ein Volumen von 41 eingedampft und mit 301Methanol, in denen
600 g Natriumacetat gelöst sind, versetzt. Der dabei ausfallende Niederschlag wird
abgetrennt und getrocknet. Ausbeute I,6 kg; [g] = o,Ios.
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Nun werden 7,8 1 von über Kalilauge getrocknetem Pyridin in einem
I2-l-Dreihalskolben in einem Kältebad unter Rühren auf - 5" abgekühlt. Anschließend
läßt man aus einem Tropftrichter und unter ständigem Rühren innerhalb 3 Stunden
2,6 1 destillierte Chlorsulfonsäure eintropfen. Die Temperatur soll dabei 80" nicht
übersteigen.
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Nach dem Eintropfen wird die teilweise flüssige Sulfatiermischung
mit vorgeheiztem Wasser unter Rühren bei 80" geschmolzen und portionsweise unter
kräftigem Rühren mit I,3 kg der partiell abgebauten Chondröitinschwefelsäure ([fl]
= o,Io5) versetzt. Die Temperatur steigt dabei auf 900. Bei dieser Temperatur wird
das Reaktionsgemisch 3 Stunden und anschließend noch 2 Stunden ohne Wärmezufuhr
weitergerührt. Der noch 50°-warmen Sulfatiermischung werden 40 1 Methanol, in denen
I kg Natriumacetat gelöst ist, unter Rühren zugesetzt, um den polymeren Anteil des
Sulfatierungsproduktes auszufällen. Man läßt das Gemisch 15 Minuten stehen, worauf
der größte Teil der überstehenden Mutterlauge mittels eines Siphons entfernt und
der Rückstand abgenutscht wird.
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Der Rückstand wird in etwa 3 1 Leitungswasser gelöst, worauf die
Lösung durch Zugabe von etwa 700 ccm konzentrierter Natronlauge auf pH g eingestellt
und erneut mit etwa' 25 1 Methanol versetzt wird. Der Niederschlag wird abgenutscht
und mit gut Methanol gewaschen. Anschließend wird das rohe Natriumsalz des Sulfatierungsproduktes
in 15 1 destilliertem Wasser gelöst. Der Lösung werden 3 kg Eis und anschließend
eine Lösung von 3,9 kg Narcotinhydrochlorid in 8 1 destilliertem Wasser unter kräftigem
Rühren zugesetzt. Nach einiger Zeit entfernt man die überstehende Flüssigkeit mittels
eines Siphons und rührt das zurückgebliebene Narcotmsalz dreimal mit je 6 1 destilliertem
Wasser aus. Man läßt das Narcotinsalz sich absetzen und entfernt das Waschwasser
möglichst gut mittels eines Siphons. Sodann gibt man dem ausgewaschenen Narcotinsalz
8 1 Wasser und 800 g wasserfreies Natriumcarbonat zu und rührt das Gemisch während
18 Stunden bei Zimmertemperatur. Anschließend wird das abgeschiedene Narcotin abfiltriert,
das Filtrat mit Eisessig neutralisiert und auf ein Volumen von 3 1 eingeengt.
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Dem Konzentrat werden 25 1 Methanol zugesetzt.
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Der ausgefällte Niederschlag wird abgenutscht und getrocknet, gegebenenfalls
zwecks Reinigung nochmals gelöst und ausgefällt. Ausbeute: o,6 kg eines Chondroitinpolyschwefelsäureesters
mit einer Viskositätszahl [X7] von 0,040 und einem Schwefelgehalt von 14,40/0.
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Beispiel 2 Einem gemäß Beispiel 1 hergestellten und unter Rühren
bei go" geschmolzenen Gemisch von 2,4 1 Chlorsulfonsäure und 7,2 1 Pyridin werden
langsam, d. h. innerhalb 30 Minuten, I,2 kg nicht abgebauter, feingemahlener Chondroitinschwefelsäure
([?1] = 0,35) zugesetzt. Die Temperatur steigt dabei auf 1100. Das Gemisch wird
dann während 2114 Stunden bei dieser Temperatur und anschließend während 2 Stunden
ohne Wärmezufuhr gerührt. Anschließend wird die etwa 50° warme Sulfatiermischung
nach den Angaben des Beispiels I aufgearbeitet. Ausbeute: I,02 kg eines Chondroitinpolyschwefelsäureesters
mit einer
Viskositätszahl [11] von 0,038 und einem Schwefelgehalt
von 14 O/o.