-
Verfahren und Einrichtung zum Scheren von Textilgeweben Zum beiderseitigen
Scheren oder Putzen von Textilgeweben werden Schermaschinen mit umlaufenden, mit
schraubenlinienförmig angeordneten Messern besetzten Scherzylindern verwendet, wobei
die abgescherten Fadenenden, Unreinigkeiten usw. gleichzeitig abgesaugt werden.
Der Stoffvorschub durch die Maschine sowie der Antrieb jedes Scherzylinders erfolgt
durch je einen Elektromotor, wobei die Durchlaufgeschwindigkeit des Stoffes je nach
der Gewebebeschaffenheit innerhalb Grenzen von o bis etwa roo mlMi.n. variiert/werden
kann. Die zu scherenden Stoffbahnen sind zwecks kontinuierlichen Betriebes durch
Nähte vorübergehend miteinander verbunden, wobei normalerweise die Nahtstellen eine
Dicke aufweisen, die der dreifachen Stoffstärke entspricht. Um ein Zerschneiden
der Stoffbahnen an diesen Nahtstellen sowie Beschädigungen der Scherzylinder zu
vermeiden, müssen letztere bei jedem Nahtdurchlauf vorübergehend stillgesetzt. werden,
wodurch die Stoffbahnen unvermeidlich über eine gewisse Länge unmittelbar vor und
hinter der Naht ungeschoren bleiben.
Um diese Länge so klein wie
möglich zu halten, werden die Motoren der Scherzylinder nicht nur abgeschaltet,
sondern durch Gegenstrom gebremst, und zwar automatisch auf den elektrischen Impuls
eines selbsttätigen Nahtfühlers. Dieser Impuls wird einem unmittelbar durch die
Stoffbewegung angetriebenen Zeitregler mitgeteilt, welcher über einen weiteren Steuerstromkreis
die Ausschaltung, Bremsung und Wiedereinschaltung für die Motorschalter der Scherzylinder
auslöst.
-
Dabei besteht die Schwierigkeit, daß sowohl der von der Naht zu durchlaufende
Weg von der Abfühlstelle bis zu den Scherstellen als auch die Bremszeit der Motoren
konstant ist, die Stoffvorschubgeschwindigkeit aber, wie erwähnt, je nach Stoffbeschaffenheit
sehr stark variieren kann.
-
Bei den bisher bekannten Schermaschinen dieser Art wurde dieses Problem
in der Weise gelöst, daß die Arbeitsgeschwindigkeit des Stoffvorschubes vor jedem
Nahtdurchlauf auf eine bestimmte, sehr kleine Geschwindigkeit (sogenannter »Kriechgang«)
herabgesetzt und nachher wieder auf Normalgeschwindigkeit gesteigert wurde. Dadurch
wurde die für die Reaktion der Automatik und für die Stillsetzung der Motoren zur
Verfügung stehende Zeit für alle Durchlaufgeschwindigkeiten konstant und damit auch
die Länge des ungeschorenen Stoffabschnittes.
-
Dieses Verfahren hat jedoch den Nachteil, daß das alle paar Minuten,
d. h. bei jedem Nahtdurchlauf wiederkehrende Bremsen und Beschleunigen des Stoffvorschubmotors
den Energiebedarf erheblich vergrößert und daß die Geschwindigkeitsverluste eine
entsprechende Produktionsverminderung zur Folge haben.
-
Das Verfahren gemäß der Erfindung stellt eine neue Lösung des erwähnten
Problems dar, durch welche die genannten Nachteile beseitigt sind. Es besteht darin,
daß zusätzlich zur Wirkung des Zeitreglers die Auslösung des A'bschalt- und Bremsvorganges
jeweils in Abhängigkeit von der Stoffbahngeschwindigkeit zeitlich so verzögert wird,
daß mit steigender Bahngeschwindigkeit die gesamte Verzögerung überproportional
geringer wird, zum Zwecke, eine für jede Stoftbahngeschwindigkeit gleichbleibende
Länge des ungeschorenen Stoffabschnittes vor der Naht zu erzielen.
-
Dadurch wird ermöglicht, daß die Stoffbahngeschwindigkeit auch beim
Nahtdurchlauf unverändert beibehalten werden kann, wodurch, nebst entsprechender
Energieeinsparung, die Leistungsfähigkeit der Schermaschine erst voll ausgenützt
und damit die Produktion bei großen Durchlaufgeschwindigkeiten bis zu 3o"/i) gesteigert
werden kann.
-
Es kann dabei die vom Nahtfühlapparat ausgelöste Impulsgebung zur
Betätigung des Zeitreglers oder auch die von diesem ausgelöste Ausschaltung bzw.
Bremsung der Scherzylindermotoren verzögert werden.
-
Gemäß einem weiteren Erfindungsmerkmal wird ein Nahtfühlapparat verwendet,
welcher nur auf den relativen Dickenunterschied, bezogen auf die Stärke des jeweils
durchlaufenden Schergutes, anspricht.
-
Die weiteren Merkmale der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen,
der Beschreibung und der Zeichnung, in welcher rein beispielsweise eine Einrichtung
zur Ausübung des erfindungsgemäßen Verfahrens schematisch dargestellt ist. Es zeigt
Fig.. i die Seitenansicht einer Schermaschine in stark vereinfachter Darstellung,
die den Durchlauf des Schergutes veranschaulicht, Fig. z ein Schema der prinzipiellen
Anordnung der Antriebs- und der Steuervorrichtungen zur verzögerten Auslösung der
Abschaltung bzw. Bremsung und Fig.3 und 4 den Nahtfühlapparat in Seitenansicht und
Unteransicht mit teilweisem Schnitt. Die Schermaschine gemäß Fig. i, von welcher
nur die zur Erläuterung der Erfindung notwendigen Teile dargestellt sind, ist mit
beispielsweise zwei im Rahmen i quer zur Durchlaufrichtung des Schergutes gelagerten
Scherzylindern a und 3 ausgerüstet. jeder Scherzylinder bildet zusammen mit je zwei
Gegenmessern 4 ein Doppelschneidzeug, wobei der Zylinder a zweimal die eine Seite
und der Zylinder 3 zweimal die andere Seite der durchlaufenden Gewebebahnen abschert.
Diese werden durch die Transportwalze 5 durch die Schermaschine hindurchgezogen,
die durch einen Elektromotor 6 über ein stufenloses hydraulisches Getriebe 7 (Fig.,.a)
angetrieben wird. Die Stoffvorschubgeschwindigkeit kann in an sich bekannter Weise
mittels eines Regelhebels 8 nach der Art und Qualität des Gewebes innerhalb Grenzen
von o bis beispielsweise ioo m/Min. von Hand geregelt werden. Der Regelhebel 8 ist
direkt oder indirekt mit der Regelwelle 9 des hydraulischen Getriebes 7 des Vorschubmotors
verbunden.
-
Den in Fig. i nicht sichtbaren Elektromotoren io zum Antrieb der Scherzylinder
sind in an sich bekannter Weise Motorschalter i i so zugeordnet (Fig. a), um sie
beim Durchlauf der die Gewebebahnen vorübergehend verbindenden Nähte N abschalten
und durch Umpolen bremsen zu können. Dies geschieht automatisch jeweils auf den
elektrischen Impuls eines selbsttätigen Nahtfühlapparates 1a, dessen Abfühlorgane
im Bereich des Eintrittes der Gewebebahnen T in die Schermaschine auf denselben
abrollen. Diese Impulse werden einem Zeitregler 13 mitgeteilt. Der Zeitregler ist
über je einen weiteren Stromkreis, von welchen in Fig. z nur der eine, i9, dargest°llt
ist, mit einer Schaltergruppe ii je eines Scherzylindermotors io verbunden.
-
Da sowohl der von jeder Nahtstelle N zu durchlaufende Weg von der
Abfühlstelle A bis zu den Scherstellen S1 als auch die reine Bremszeit der Scherzylindermotoren
io konstant ist, muß entweder die Durchlaufgeschwindigkeit bei jedem Nahtdurchgang
bis auf einen bestimmten Wert herabgesetzt und nachher wieder entsprechend gesteigert
werden, oder die Auslösung der Stillsetzung der Scherzylindermotoren muß in zeitliche
Abhängigkeit
zur Stoffdurchlaufgeschwindigkeit gesetzt werden. Da ein ständiges Herabsetzen der
Durchlaufgeschwindigkeit mit den erwähnten Nachteilen verbunden ist, wird erfindungsgemäß
der zweite Weg beschritten, indem in jeden Stromkreis i9 zwischen Zeitregler 13
und Motorschalter i i ein an sich bekanntes elektronisches Verzögerungsrelais 2o
mit einem radialen Stufenschalter zur Steuerung der Verzögerung eingeschaltet wird.
Jeder dieser Stufenschalter ist mit der zu ihm koaxial angeordneten Regelwelle 9
für das Vorschubmotorgetriebe über eine mechanische Kupplung unmittelbar zu gemeinsamer
Drehung verbunden. Wird also durch den Regelhebel 8 die Stoffvorschubgeschwindigkeit
über das hydraulische Getriebe 7 verändert, so wird die Regelbewegung von der Regelwelle
9 über die Kupplung unmittelbar auf die Stufenschalter der Verzögerungsrelais übertragen,
durch welche das Ausmaß der Verzögerung bestimmt wird, mit welcher die Stromkreise
i9 nach Maßgabe des Zeitreglers 13
geschlossen und damit die Scherzylindermotoren
io abgeschaltet und durch Gegenstrom gebremst werden. Die Verzögerungsrelais 2o
sind dabei so eingestellt, daß das Produkt aus der Stoffv orschubgeschwindigkeit
TVs und der Zeit t in jedem Falle konstant ist. t bedeutet dabei die Zeitspanne
zwischen dem Moment des Nahtdurchlaufes bei der Abfühlstelle A und dem Moment des
Stillstandes der Scherzylindermotoren. Es versteht sich, daß die Zeit t für jeden
Scherzylinder verschieden ist. Ist die Verzögerungsvorrichtung und ihre Steuerung
so eingestellt, daß die Bedingung V, - t = konstant erreicht ist, so ist
die unmittelbare Folge davon, daß die Länge ca der ungeschorenen Stoffabschnitte
unmittelbar vor der Naht N für jede Durchlaufgeschwindigkeit gleich groß wird.
-
Ein weiteres Merkmal der Erfindung bildet der zur Auslösung der Schaltimpulse
verveendete Nahtfühlapparat, welcher nur auf den relativen Dickenunterschied, bezogen
auf die Stärke des jeweils durchlaufenden Schergutes, anspricht. Zu diesem Zweck
weist der Nahtfühlapparat 12 zwei auf der über eine ortsfeste Unterlage 12" geführten
Gewebebahn T aufliegende Laufrollen 31, 32 auf, die frei drehbar hintereinander
in einem Gehäuse 33 gelagert sind. Am Gehäuse 33 ist ein starrer Kontaktarm 34 unbeweglich
angebracht, der zum Zusammenwirken mit einem zweiten, parallel unter dem ersten
verlaufenden Kontaktarm 35 bestimmt ist. Der zweite Kontaktarm 35 ist um eine horizontale,
am Maschinenrahmen i ortsfest gelagerte Achse 36 schwenkbar gelagert und an seinem
dem Gehäuse 33 zugekehrten Ende U-förmig gegabelt. Mit dieser U-förmigen Gabelung
umgreift er die hintere, d. h. von der Nahtstelle zuletzt passierte Laufrolle 32
und greift an deren Achse 37, wie Fig. 4 zeigt, gelenkig an. Die Winkellage des
Kontaktarms 35, relativ zum Maschinenrahmen, wird demnach unmittelbar durch die
Stärke des durchlaufenden Schergutes T, d. h. durch die Höhenlage der Laufrollenachse
37 bestimmt. Da beide Laufrollenachsen sich auf gleicher Höhe befinden, wird durch
die Stärke des Schergutes T aber auch der Öffnungswinkel der beiden Kontaktarme
34 und 35 bestimmt. Jede durchlaufende Nahtstelle N erreicht nun zuerst die vordere
Laufrolle 3 i, welche sie infolge ihrer gegenüber der einfachen Textilbahn T dreifachen
Stärke entsprechend hebt, wodurch das Gehäuse 33 in der Weise zum vorübergehenden
Kippen gebracht wird, daß sich der Kontaktarm 34 bis zum Kontaktschluß dem Kontaktarm
35 nähert. Das Gehäuse 33 kippt dabei um die hintere Laufrollenachse 37, während
die Lage des Kontaktarms 35 unverändert bleibt. Nach erfolgtem Nahtdurchlauf befinden
sich beide Kontaktarme wieder in der anfangs erwähnten Ausgangsstellung. Durch diese
einfache Konstruktion wird eine einmalige kurze Impulsgebung bei jedem Nahtdurchlauf
erreicht. Die Länge der Kontaktarme, der Achsabstand der Laufrollen und die Lage
des Drehpunktes 36 am zweiten Kontaktarm 35 sind dabei so gewählt, daß der Nahtfühlapparat
nur auf einen Dickenunterschied anspricht, der mindestens der dreifachen Gewebestärke
entspricht. Dadurch wird vermieden, daß der Apparat auf Fäden usw., welche lose
auf der Gewebebahn liegen, anspricht. Demselben Zweck dient außerdem eine zwischen
den Kontaktarmen 34 und 35 angeordnete, isolierte Spreizfeder 38, welche die relative
Bewegung der beiden Kontaktarme dämpft.
-
Die beschriebenen Vorrichtungen zum Abfühlen der Nahtstellen und zur
Verzögerung der Impulsgebung zur Stillsetzung der Scherzylindermotoren können selbstverständlich
in allen jenen Fällen Verwendung finden, wo es sich darum handelt, irgendwelche
umlaufende Werkzeuge zur Bearbeitung eines aus einzelnen Bahnen zusammengesetzten,
kontinuierlich durchlaufenden Arbeitsgutes vorübergehend stillzusetzen. Sie haben,
insbesondere im vorliegenden Falle einer Schermaschine, den Vorteil, mit größter
Genauigkeit eine für alle Vorschubgeschwindigkeiten des durchlaufenden Gutes gleichbleibende
Länge des ungeschorenen Abschnittes unmittelbar vor der Naht zu erzielen, ohne daß
diese Durchlaufgeschwindigkeit herabgesetzt oder sonst verändert zu werden braucht.