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Verfahren zur Herstellung von N-acylierten jB-Aminoäthylmercaptanen
Durch
die Dissertation von Möhn, Marburg, I927, das französische Patent 929 II2 und das
USA.-Patent 2 594 030 sind Verfahren zur Herstellung von Disulfiden und Mercaptanen
aus aliphatischen Thioschwefelsäureverbindungen bekanntgeworden. Nach diesen Verfahren
wurden die Umsetzungsprodukte von beispielsweise Monochloressigsäure oder a-Brompropionsäure
mit Natriumthiosulfat zu den entsprechenden Thioschwefelsäuren kondensiert und diese
in der Hitze mit Mineralsäuren behandelt. Hierbei entstehen die entsprechenden Mercaptane,
also Thioglykolsäure oder Thiomilchsäure, gleichzeitig mit gewissen Mengen der entsprechenden
Disulfide, die durch Reduktion in die Mercaptane übergeführt werden. überträgt man
die gleiche Reaktion auf ,B-Aminoäthylthioschwefelsäure und ihre Substitutionsprodukte,
die u. a. durch die deutschen Patentschriften 869 o66 und 869 067 bekanntgeworden
sind, so erhält man nur in wenigen Ausnahmefällen geringe Mengen der erwarteten
Reaktionsprodukte. Dieses Verfahren hat daher keine Bedeutung für die Herstellung
der fl BI-Diamin-diäthyl-disulfide und N-Acyl-,B-aminoäthylmercaptane, da die Ausbeuten
viel zu gering sind und die Isolation erhebliche experimentelle Schwierigkeiten
bereitet.
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Es wurde nun gefunden, daß man fl ,B'-DIiaminodiäthyl-disulfide und
ihre N-Acylprodukte leicht und in guter Ausbeute durch Behandlung der entsprechenden
Tilioschwefeis änreverbindungen mit Atzalkalien erhalten kann. Die Reaktion verläuft
bereits bei Zimmertemperatur. Die Reaktionsprodukte fallen hierbei nahezu schmelzpunktrein
an. Durch Reduktion kann man die so erhaltenen N-acylierten
fl ,B'-Diamino-diäthyl-disulfide
dann in an sich bekannter Weise leicht in die entsprechenden Mercaptane überführen.
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Die gefundene Reaktion kann nach verschiedenen Seiten variiert werden.
So kann man beispielsweise die freie ß-Aminoäthylthioschwefelsäure mittels Natronlauge
zum ,B- ,B-Dilamino-dli,äthyl-disulfid kondensieren und anschließend seine Aminogruppen
in bekannter Weise mittels Säurechloriden, Säureanhydriden oder Isocyanaten acylieren.
Es gelingt aber auch, die bereits N-acylierten ,B-Aminoäthylthioschwefelsäuren,
wie sie nach der deutschen Patentschrift 869 067 erhältlich sind, mit Natronlauge
zu den Disulfiden zu kondensieren, ohne daß hierbei Verseifung eintritt. Auch in
durch Umsetzung von N-acyliertem fl-Aminoäthylchlorid mit Alkalithiosulfat erhältlichen
Lösungen von N-acylierten p-Aminoäthylthioschwefelsäuren können diese anschließend
direkt mit Alkali zu den Disulfiden gespalten werden. Man erhält nach allen Verfahren
bei Verwendung der gleichen Substituenten am Stickstoff die gleichen Disulfide.
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N-Acetylierte B- Aminoäthylmercaptane und p. -Diamino-diäthyl-disulfide
sind in der Literatur bereits beschrieben. So erhielt Kuhn (vgl. Chemische Berichte
84, S. 844) durch Umsetzung von Thioessigsäure mit Äthylenimin das N-Acsetyld-aminoäthylmercaptan,
das durch Oxydation in das entsprechende Disulfid übergeführt wurde. Bei Verwendung
von Essigsäureanhydrid als Acylierungsmittel erhält man bei dem erfindungsgemäßen
Verfahren die gleichen Produkte, wie sie von Kuhn beschrieben sind. Die neue gefundene
Reaktion hat besonders technische Bedeutung, da die einzelnen Reaktionsphasen in
Wasser durchgeführt werden können, die Variationsmöglichkeiten durch Einführung
verschiedener N-Acylsubstituenten sehr groß sind und sofort reine Produkte in guter
Ausbeute erhalten werden. Die nach dem Verfahren hergestellten Reaktionsprodukte,
die zum Teil neu sind, eignen sich zur Herstellung pharmazeutischer und kosmetischer
Präparate. Auch zur Herstellung von Kunststoffen und Textilveredlungsmitteln können
sie verwendet werden.
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Beispiel I Zu 77,5 Gewichtsteilen in 250 Volumteilen Wasser und 20
Gewichtsteilen Atznatron gelöster ,B-Aminoäthylthioschwefelsäure gibt man 53 Cewichtsteile
calcinierte Soda und läßt unter Rühren bei 200 70 Gewichtsteile Essigsäureanhydrid
zutropfen. Nach beendeter Reaktion ist die Lösung neutral. Zu der so erhaltenen
Lösung der Ausgangsstoffe gibt man 300 Volumteile einer 10 n-Natronlauge. Es tritt
sofort eine milchige Trübung auf.
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Es scheidet sich bald ein Öl aus, das kristallinisch erstarrt. Das
ausgeschiedene fl. ,B'-Diacetylaminodiäthyl-disulfid wird abgesaugt und durch Auflösen
in Chloroform von der anhaftenden Natronlauge befreit. Nach Verjagen des Chloroforms
hinterbleiben 36 Gewichtsteile vom Schmelzpunkt 87 bis 890. Es ist leicht löslich
in Wasser, Alkohol, Chloroform und Eisessig. Aus der zehnfachen Gewichtsmenge Essigsäureäthylester
umgelöst, kristallisiert es in farblosen, gut ausgebildeten großen Blättchen vom
Schmelzpunkt go bis 920. Die Analysenwerte für C8 Ht6 02 N2 S2 ergaben: Schwefel:
berechnet 27,IO/o gefunden 27,0 0/o, Stickstoff: - 11,90/0 - II,8°/o.
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Das Produkt ist identisch mit dem von R. Kuhn, Chemische Berichte
84, S. 844, beschriebenen Disulfid. Die Ausbeute an dem bereits sehr reinen Rohprodukt
betrug 6I °/o der Theorie, das des reinen umkristallisierten Produktes 560/0 der
Theorie.
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5,9 Gewichtsteile des so erhaltenen Disulfids werden in 20 Volumteilen
Wasser gelöst. Hierzu gibt man 0,3 Gewichtsteile Eisessig und 5 Gewichtsteile Zinkstaub,
erwärmt 10 Minuten auf 80 bis go0 und filtriert vom restlichen Zinkstaub ab. Die
Titration mit Jod zeigt, daß die Spaltung zum Mercaptan zu 950/o der Theorie erfolgt
ist. Das in der Lösung enthaltene N-Acetylcysteamin liegt in Form des Zinkkomplexsalzes
vor, das durch Abdestillation des Wassers im Vakuum als glasartige Masse erhalten
werden kann. Es ist sowohl säure- als alkalilöslich. Es löst sich in Chloroform.
Zur Isolierung des Mercaptans wird in die wäßrige, abfiltrierte Reduktionslösung
Schwefelwasserstoff eingeleitet, vom ausgefallenen Zinksulfid abfiltriert und das
Filtrat im Vakuum destilliert. Das N-Acetylcysteamin siedet unter einem Druck von
4 mm absolut bei I320. Sein Erstarrungspunkt liegt bei + 6 bis + 70 Es ist identisch
mit der von R. Kuhn in den Chemischen Berichten 84 auf S. 844 beschriebenen Verbindung.
Es fällt sofort sehr rein ohne Nebenprodukte an.
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Beispiel 2 Zu einer durch Zutropfen von I2,I Gewichtsteilen N-Acetylaminoäthylchlorid
(erhältlich durch Acetylierung von Chloräthylamin mit Essigsäureanhydrid und anschließender
Destillation unter einem Druck von 4 mm absolut bei In60) zu einer I00° heißen Lösung
von 25 Gewichtsteilen Natriumthiosulfat und 15 Volumteilen Wasser erhaltenen Lösung
von ,B-acetylaminoäthylthioschwefelsaurem Natrium gibt man bei 200 30 Velumteile
10 n-Natronlauge. Das in dem Beispiel 1 beschriebene fl. ß'-Diacetylamino-diäthyl-disulfid
fällt auch hier mit der gleichen Ausbeute an, wie sie im Beispiel I beschrieben
ist, und läßt sich in gleicher Weise durch Reduktion in das N-Acetylcysteamin überführen.
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Beispiel 3 15,5 Gewichtsteile jq-Aminoäthylthioschwefelsäure werden
in einer Lösung von I2 Gewichtsteilen Ätznatron und 70 Volumteilen Wasser gelöst.
Nach 1/2 Stunde hat sich das fl BI-Di 4'-Diamino-diäthyl-disulfid in der Lösung
gebildet Gleichzeitig ist Natriumsulfit entstanden. Man kühlt ab und läßt 14,05
Gewichtsteile Benzoylchlorid, gelöst in 50 Volumteilen Aceton, langsam zulaufen.
Es fällt sofort das p '-Dibenzoyldiamino-diäthylmdisulfid in hoher Reinheit aus.
Es
wird abgesaugt, mit Wasser gewaschen. Das Rohprodukt schmilzt
bei I30 bis 1320. Aus Methylalkohol kristallisiert es in farblosen, gut ausgebildeten
Nadeln vom Schmelzpunkt I330 Die Analysenwerte für C18 H20 O2 N2 2 ergaben: Schwefel:
berechnet I7,770/0 gefunden I7,650/0, Stickstoff: - 7,77% - 7,2 0/0.
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Durch Reduktion in Eisessig mit Zinkstaub und anschltieBen,dbr Entfernung
des Eisessig im Vakuum erhielt man den Zinkkomplex des ß-Benzoyl-aminoäthylmercaptans.
Er ist in Chloroform löslich. Die wäßrige Aufschlemmung geht sowohl mit Natronlauge
als auch mit verdünnter Mineralsäure in L& sung, ohne daß dabei das freie Mercaptan
gebildet wird. Durch Einleiten von Schwefelwasserstoff in die alkoholische Lösung
des Zinkkomplexsalzes fällt das Zinksulfid aus. Nach Verjagen des Alkohols scheidet
sich das N-Benzoyl-fl-aminoäthylmercaptan aus. Aus einem Benzol-Cyclohexan-Gemisch
umkristallisiert, schmilzt es bei 69his7I0.
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Es zeigt die bekannten Mercaptanreaktionen.
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Beispiel 4 15,5 Gewichtsteile ß-Aminoäthylthioschwefelsäure werden
mit 4 Gewichtsteilen Ätznatron in 50 Volumteilen Wasser gelöst. Es bildet sich das
Natriumsalz der Thioschwefelsäure. Man gibt Io,6 Gewichtsteile calcinierte Soda,
in 50 Volumteilen Wasser gelöst, hinzu und läßt unter Rühren bei 200 14,05 Gewichtsteile
Benzoylchlorid, gelöst in 25 Volumteilen Aceton, langsam zutropfen. Man fügt 50
Volumteile I0 n-Natronlauge hinzu. Das Disulfid scheidet sich sofort aus, ist mit
dem im Beispiel 3 beschriebenen identisch und in gleicher Weise in das N-Benzoyl-ß-aminoäthylmercaptan
überzuführen.
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Beispiel 5 15,5 Gewichtsteile ß-Aminoäthylthioschwefelsäure werden
mit 4 Gewichtsteilen Ätznatron in 50 Volumteilen Wasser gelöst. Man fügt 10,6 Gewichtsteile
calcinierte Soda, in 50 Volumteilen Wasser gelöst, hinzu.
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10,7 Gewichtsteile Buttersäurechlorid, gelöst in 40 Volumteilen Dioxan,
werden unter Rühren bei 10 bis 150 zugetropft. Nach beendetem Einlauf versetzt man
die so erhaltene Lösung des Ausgangsstoffes mit 10 Volumteilen 10 n-Natronlauge.
Das gebildete Disulfid scheidet sich mit dem in der Lösung enthaltenen Dioxan ab.
Nach Abtrennen der Dioxanschicht und Verjagen des Dioxans verbleibt das N-Dibutyryl-ß
ß'-diamino-diäthyl-disulfid. Aus Essigester umgelöst, kristallisiert es in farblosen
Blättchen vom Schmelzpunkt 107 bis 108°. Die reduktive Spaltung mit Zink analog
Beispiel I ergibt das N-Butyryl-ß-aminoäthylmercaptan mit einem Schmelzpunkt von
I5 bis I60.
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Beispiel 6 15,5 Gewichtsteile ß-Aminoäthylthioschwefelsäure werden
mit 4 Gewichtsteilen Atznatron in 10 Volumteilen Wasser gelöst. Hierzu läßt man
II,9 Gewichtsteile Phenylisocyanat, gelöst in 50 Volumteilen Dioxan, und Rühren
bei 200 zutropfen. 10 Volumteile einer I0 n-Natronlauge werden zugegeben. Beim Erwärmen
auf dem Dampfbad fällt das Disulfid folgender Konstitution (C6H5NH . CO . NH . C2H4S)2
aus. Mit Wasser gewaschen und aus Eisessig umkristallisiert, erhält man farblose,
nadelförmige Kristalle vom Schmelzpunkt 192 bis 194°. Hierbei wurde das Disulfid
in einer Ausbeute von 720/0 der Theorie erhalten.
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Analyse für C15 H22 O2 N4 S: Schwefel: berechnet 16,5% gefunden 16,40/0.
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Die reduktive Spaltung mit Zink ergibt das zugehörige Mercaptan von
folgender Konstitution: C6H5NH . CO . NH . C2H4 . SH. Aus Methanol umkristallisiert,
zeigt es einen Schmelzpunkt von I32 bis 1340.
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Beispiel 7 3I Gewichtsteile ,8-Aminoäthylthioschwefelsäure werden
in I50 Volumteilen Wasser gelöst. Nach Zugabe von 8 Gewichtsteilen Ätznatron leitet
man bei Temperaturen zwischen 15 und 200 Phosgen ein, bis die Säureamidbildung beendet
ist. Unter Kühlen ßt man zu dem Gemisch 100 Volumteile 10 n-Natronlauge zulaufen.
Die Lösung trübt sich rasch, und es fällt das Disulfid aus. Es ist in Wasser und
Alkohol schwer löslich, in Eisessig löst es sich beim Erwärmen.
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Bei Zugabe von Zinkstaub zur essigsauren Lösung tritt Reduktion zu
dem entsprechenden Mercaptan ein, das zunächst als Zinkkomplexverbindung vorliegt.
Die weitere Aufarbeitung kann wie im Beispiel 1 beschrieben erfolgen. Das Mercaptan
ist in Alkohol und Aceton in der Kälte leicht, im Wasser in der Wärme löslich. Es
erstarrt nach Entfernung des Lösungsmittels beim Abkühlen zu einer wachsartigen
Masse. Die Lösungen zeigen starke Mercaptanreaktion. Das Mercaptan bildet in saurer
Lösung ein weißes Kupfersalz.
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Gegen Oxydationsmittel ist das Mercaptan sehr empfindlich. Bereits
an der Luft tritt teilweise Oxydation ein.
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Beim Erhitzen verkohlt es, ohne vorher zu destillieren. Die Analyse
des Rohproduktes ergab ein Gehalt von 85°/o, berechnet auf die Formel HS CH2CH2NH
CO NH CH2CH2SH.
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Durch Oxydation mit Jod wird es wieder in das polymere schwerlösliche
Disulfid zurückverwandelt.