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Zündmittel Die Erfindung betrifft ein Zündmittel für Zünd-, Verzögerungs-
oder Initialzündsätze aus einem reaktionsfähigen Metall und einer in der Hitze sauerstoffabspaltenden
Verbindung.
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Zur Zündung von Sprengladungen werden im allgemeinen Sprengkapseln
verwendet, und zwar zur genauen Einstellung der Zündzeiten vorwiegend elektrische
Zünder. Die letzteren können durch Schließung eines elektrischen Stromkreises mit
kürzerer oder längerer Zündzeit hergestellt werden. In vielen Fällen wendet man
sie bei Schußreihen mit Verzögerungssätzen so an, daß die Schüsse nicht gleichzeitig,
sondern in zeitlicher Folge abgetan werden, wodurch bessere Sprengergebnisse erzielt
und die Erschütterungen vermindert werden.
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Es ist bekannt, Zündmittel aus einem Metall oder Metalloid und einem
Oxydationsmittel herzustellen, z. B. aus Schwefel, Selen oder Tellur und Pb304,
aus Silicium und Pb304, aus Magnesium und Bariumsuperoxyd oder aus Zink und Kaliumpermanganat.
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Bei den bekannten elektrischen Zündern mit Verzögerung konnte man
zwischen den Detonationen der
einzelnen Sprengkapseln jedoch -nur
Zeitstufen von nicht unter einer halben Sekunde erzielen. Diese Zeitunterschiede
waren angebracht, wenn es sich um das Zünden der Schüsse aus verschiedenen Bohrlöchern
handelte. Nachdem sich aber die Notwendigkeit ergab, die Zündfolge in bestimmter
Reihenfolge und mit einer Genauigkeit von Zehntelsekunden und weniger zu regeln,
sind die bisherigen Zünder nicht mehr ausreichend.
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Diese Aufgabe wird durch die Erfindung gelöst, die ein. Zündmittel
für Zünd-, Verzögerungs- oder Initialzündsätze aus einem reaktionsfähigen Metall
und einer in der Hitze sauerstoffabspaltenden Verbindung betrifft und sich dadurch
auszeichnet, daß das Zündmittel einen Gehalt an etwa 0,5 bis 3 Teilen amorphes
Bor und 99,5 bis 97 Teilen Blei(II, IV)-oxyd enthält.
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Nach einer weiteren Ausführungsformaler Erfindung sind dem Zündmittel
o,5 bis 1,5 % eines Granulientngsmittels zugesetzt.
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Alle Mengen sind Gewichtsmengen.
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Die erfindungsgemäßen Zündsätze werden durch mechanisches Vermischen
von amorphem, elementarem' Bor als Brennstoff mit Blei(II, IV)-oxyd, Pb304, als
Oxydationsmittel hergestellt. Das Granulierungsmittel kann der trockenen Mennige
oder einem innigen, trockenen Gemisch aus Mennige und Bor, zweckmäßig in Form der.
Lösung eines Bindemittels in einem geeigneten Lösungsmittel, zugemischt werden,
worauf das Gemisch getrocknet wird, so daß das Lösungsmittel entfernt wird.
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Als Granulierungsmittel können Lösungen von Gummen und Schellack oder
wäßrige Lösungen von höherpolymeren Äthylenglykolen, Methylcellulose, Celluloseäthercarbonsäuren,
Polyvinylalkohol oder ähnlichen Bindemitteln verwendet werden. Als besonders geeignete
Granulierungsmittel haben sich Benzollösungen von polyfunktionellen Mercaptanen,
also Alkylpolysulfide und wäßrige Lösungen von wasserlöslichen Wachsen und polyalkylenglykole
von höheren Molekulargewichten wachsartiger Konsistenz erwiesen. Ferner können verwendet
werden wäßrige Lösungen von Glycerin, Natriumsilikät, des als Polyäthylenglykol
von hartwachsartiger Konsistenz im Handel befindlichen, hochmolekularen Polyäthylenglykols,
von Polydioxolanen (Poly-Athylenglykolmethylenäthern, (C,He02 n), Dimethylhydantoin,
tierischem Leim, wäßrige Suspensionen kolloidaler Kieselsäure und von Polyvinyldispersionen,
Lösungen von Nitrocellulose in Butylacetat u. dgl. -In der Zeichnung sind einige
Zünder mit den erfindungsgemäßen Zündsätzen beispielsweise veranschaulicht.
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Fig. i zeigt einen elektrischen Zünder nach der Erfindung im Längsschnitt
mit Verzögerungsladung; Fig. 2 und 3 stellen andere Ausführungsformen nach Fig.
i dar.
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In Fig. 4 und 5 sind elektrische Zünder mit gepreßtem Verzögerungssatz
und als Initialzündsatz einem losen Pulversatz nach der vorliegenden Erfindung veranschaulicht.
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In einer zylindrischen Sprengkapsel i (Fig. i) aus einer Kupferlegierung
befindet sich eine gepreßte Sprengladung 2 aus Tetryl (N-Methyl-N # 2 # 4 - 6-tetranitro-anilin
(C.Hr,0aN5), die sich vom Böden aus bis etwa in den mittleren Teil der Kapsel erstreckt.
In einer Ausnehmung oder Bohrung der Sprengladung 2 ist ein Zündsatz 3 aus Bleiazid
oder einem anderen Initialsprengstoff untergebracht. "Jedoch kann er auch als gepreßte
Ladung darüber oder darauf liegen. Oberhalb des Initialsprengstoffes 3 liegt eine
gepreßte Verzögerungsladung B. .Das offene Ende der Kapsel i ist durch einen Kautschukstopfen
4 verschlossen, durch den die isolierten Zünddrahtenden 5 geführt sind, die im Innern
der Kapsel i unterhalb des Stopfens 4 durch ein Glühdrähtchen 6 verbunden sind,
das von einem Zündkopf aus Zündmasse 7 umgeben ist, die beim Erglühen des Glühdrähtchens
6 nach Schließen des elektrischen Stromkreises entzündet wird, worauf die Zündflamme
die Verzögerungsladung 8 zündet.
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Fig. 2 zeigt einen ähnlichen Zünder, nur daß die Verzögerungsladung
8 von einer Innenkapsel 9 eingeschlossen ist, die in ihrem, die Verzögerungsladung
8 abschließenden Boden eine Öffnung =o aufweist, durch die die Zündflamme der Zündmasse
7 schlägt.
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Bei der Ausführung nach Fig. 3 liegt die Verzögerungsladung 8 in einer
axialen Bohrung eines Metallzylinders =i.
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Nach der in Fig. 4 dargestellten Ausführungsform enthält die Kapsel
i eine gepreßte Ladung 2 von Tetryl und einen Initialzündsatz 3, der von einer Innenkapsel
i9 abgedeckt ist, die im Boden eine Öffnung 2o hat. Die Kapsel i ist durch einen
Kautschukstopfen 4 verschlossen, durch den die Zünddrahtenden 5 geführt sind, deren
freie Enden durch das Glühdrähtchen 6 verbunden sind. Die Verzöge- -rungsladung
8 liegt über der Innenkapsel =g, und sie ist durch eine weitere Metallkapsel 12
abgedeckt, die eine Bodenöffnung 13 hat, in der eine lose Ladung 14 des Initialsprengstoffes
untergebracht ist, die das Glühdrähtchen 6 umgibt. Wenn der Strom durch das Glühdrähtchen
6 fließt, detoniert der Knallsatz 14, dessen Flamme die Verzögerungsladung 8 zündet.
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Fig.5 zeigt eine andere Ausführungsform nach Fig. 4, wobei der Verzögerungssatz
8 in einer axialen Bohrung eines Metalleinsatzes =i ohne Zwischenlage einer Innenkapsel
unmittelbar über dem Zündsatz 3 untergebracht ist.
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Beispiel i Durch inniges Vermischen von einem Teil amorphem Bor und
99 Teilen Mennige wird ein schnellzündender Zündsatz mit regelbarer Explosionsgeschwindigkeit
hergestellt. Dazu wird das Bleioxyd durch Einmischen von etwa 8 ccm einer 12 °/oigen
wäßrigen Lösung von höhermolekularem Polyäthylenglykol auf ioo g Mennige und Abtreiben
des Lösungsmittels durch Trocknen zunächst gekörni. Das Trockenerzeugnis hat einen
Gehalt von etwa 0,72 °/o Polyglykol. Dann wird das granulierte Bleioxyd mit
dem amorphen Bor gemischt. .
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Dieses Gemisch wird in eine Sprengkapsel nach Fig. i gefüllt. Es wurden
mit verschieden großen Ladungen folgende Reaktionszeiten, zusammengesetzt aus Zündzeit
und Übertragungszeit, erhalten, wobei
für jedes Ladungsgewicht je
io Kapseln untersucht wurden
Gewichtsmenge der Mittlere Mittlere |
Verzögerungs- Reaktionszeit Abweichung |
Ladung in in in io Proben |
Grammen Millisekunden in Millisekunden |
0324- 23 3,0 |
o648 40 7,1 |
0,907 56 7,1 |
1,296 8o 7,6 |
1,944 117 7,.6 |
Daraus geht hervor, daß es sich um einen Zündsatz großer Explosionsgeschwindigkeit
handelt, der für bestimmte Ladungsmengen verhältnismäßig gleichförmige Reaktionszeiten
ergibt.
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Beispiel 2 99 Teile Mennige werden mit io ccm je Zoo g einer i0 °/oigen
benzolischen Lösung von polyfunktionellem Merkaptan innig vermischt, so daß das
Trockenprodukt etwa 1 % polyfunktionelles Merkaptan enthielt, dann getrocknet und
so gekörnt und darauf mit i Teil amorphem Bor vermischt.
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Dieses Gemisch wurde in eine Sprengkapsel nach Fig. 4 unter einem
Druck von 42o kg/cm2 zu einer Verzögerungsladung 8 gepreßt. Als Initialzünder wurde
ein Satz aus 2 Teilen amorphem Bor und 98 Teilen Mennige verwendet, dessen Gemisch
durch Zusatz von io ccm einer io °/@gen benzolischen Lösung von. polyfunktionellem
Merkaptan auf ioo g Mischung und Abtreiben des Lösungsmittels granuliert war. Das
granulierte Gemisch hatte einen Gehalt von etwas über i °/o polyfunktionellem Merkaptan.
Dieser Knallsatz wurde in einer Menge von o,292 g lose auf die Verzögerungsladung
8 gefüllt. Es wurden folgende Reaktionszeiten erhalten, wobei wiederum je io Sprengkapseln
für jede Gewichtsmenge an Verzögerungsladung gezündet wurden
Gerichtsmenge der Mittlere Mittlere |
Verzügerungs- Reaktionszeit Abweichung |
Iadung in in in io Proben |
Grammen Millisekunden in Millisekunden |
0,239 27,5 3 |
0,447 43,0 7 |
11 |
0,787 67,0 |
Beispiel 3 Eine Mischung nach Beispie12 wurde unter Verwendung einer Lösung von
wasserlöslichem synthetischem Wachs als Granulierungsmittel -hergestellt. Der Zündsatz
wurde wie nach Beispiel 2 in eine Sprengkapsel nach Fig. 4 geladen. Auch diese Mischungen
ergaben kurze Reaktionszeiten und dabei außerordentlich geringe durchschnittliche
Abweichungen.
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Die erfindungsgemäßen Zündsätze sind zwar auch in nicht granuliertem
Zustand gut verwendbar, jedoch ist die Granulation für das Einfüllen der Ladungen
auf mechanischem Wege mit den üblichen Füllvorrichtungen zu empfehlen. Dabei eignen
sich diejenigen Granulierungsmittel, die beim Pressen verfestigt oder gehärtet werden,
besonders gut für die Herstellung von Verzögerungsladungen. Zu diesen Granulierungsmitteln
gehören z. B. die flüssigen oder verflüssigten polyfunktionellen Markaptane, die
wasserlöslichen synthetischen Wachse und die Polyalkylenglykole.
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Das amorphe Bor ist als Brennstoff für Verzögerungssätze außerordentlich
gut geeignet, weil nur sehr geringe Mengen davon benötigt werden, und die Sätze
sehr gleichmäßig zünden und detonieren. Obwohl erwartet werden konnte, daß wegen
des niederen Molekulargewichtes, der geringen Wichte und der fasrigen Struktur des
amorphen Bors nur geringe Mengen Bor erforderlich sein würden, mußte man doch annehmen,
daß so geringe Mengen Brennstoff in einem Zündsatz nicht homogen zu verteilen seien
und daher keine einwandfreie Verbrennung erfolgen würde. Es war daher in hohem Maße
überraschend, daß Mengen von
0,5 bis 3 °/o im Gemisch mit fast der 3o- bis
ioofachen Menge Bleioxyd eine Mischung ergeben, in der der Brennstoff und das Oxydationsmittel
so gut gemischt sind, daß eine fortlaufend brennende Zündmischung erhalten wird,
um so mehr, als der Borgehalt der Mischung unter der stöchiometrisch erforderlichen
Menge entsprechend der Gleichung:
4,05 °/o B = 8 B -I- 3 Pb, 0, -> 4 B,0, -f- 9
Pb |
liegt. Es hat sich gezeigt, daß derartige Mischungen. mit derart geringen Brennstoffmengen
nicht nur sehr wirksam, sondern auch bei der Verarbeitung, Ladung und Lagerung sicher
sind und daß sie als Verzögerungssätze eine gute Einstellung der Verzögerungszeiten
mit außergewöhnlicher Gleichmäßigkeit und Präzision gestatten. Dieser letztgenannte
Vorteil ist besonders dann von Bedeutung, wenn es sich um sehr kurzzeitige Verzögerungen
handelt, bei denen keine Überschneidung der Zündzeiten eintreten darf.
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Mischungen mit einem Borgehalt, der ausreichen würde, das Bleioxyd
völlig zu metallischem Blei zu reduzieren, oder gar mit noch größeren Bormengen,
sind für elektrische Verzögerungszünder nicht geeignet, weil sie gefährlich zu handhaben
sind, da sie gegen Berührung und Reibung sehr empfindlich sind und mit solcher Geschwindigkeit
und Energie reagieren, daß sie nur eine unwesentliche Verzögerung hervorrufen würden.
Als Initialzündsätze reagieren sie unter solcher Wärmeentwicklung, daß sie die metallische
Sprengkapsel durchbrennen würden, bevor die Kapsel ihrer Bestimmung genügt hat.
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Das amorphe Bor ist bei der Herstellung der Mischungen und dem Laden
der Kapseln sicher zu handhaben, weil es weder pyrophor noch labil ist. Die erfindungsgemäßen
Mischungen sind nicht selbstentzündlich und auch bei Lagerung unter feuchten und
warmen Bedingungen sehr stabil. Weiter sind von Vorteil die geringe Reaktionswärme
mit dem Oxydationsmittel und die Tatsache, daß zur Zündung nur niedrige Zündströme
erforderlich sind.
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Außer den in den Beispielen beschriebenen gepreßten Ladungen reagieren
aber auch die erfindungsgemäßen losen Gemische mit größter Gleichförmigkeit. So
brennt beispielsweise eine Mischung aus i °/p Bor und 99 0/a Mennige ruhig und gleichförmig
ab,
und selbst eine nur o,5 % Bor enthaltende Mischung verbrennt
vollständig, so daß die Beimischung an Bor in den angeführten weiten Grenzen abgewandelt
werden kann. Daher kann das Bor in vielseitigen Mischungen zur Erzielung verschiedener
Zünd- und Übertragungszeiten verwendet werden, ohne daß Zündverzögerer zugesetzt
zu werden brauchen.
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Das Blei(II, IV)-oxyd eignet sich besonders gut als Oxydationsmittel
für das Bor, weil es leichter entzünd= bar und sich gleichmäßiger aber weniger erwärmt
als andere anorganische Oxydationsmittel. Da .es in verschiedener Weise reagiert,
nämlich veischiedene Reduktionsstufen durchlaufen kann, wie die folgenden Gleichungen
zeigen,
8 B -i-- 3 Pb3 04 il 4 Ba 0s -I- 9 Pb oder |
1o B + 6 Pb, 03 --r 5 B,03 + 9 Pb, 0 oder |
2 B + 3 Pbg 04 --->- B2 O3 + g Pb O, |
können die Mischungsverhältnisse in weitem Umfange abgewandelt werden, so daß sie
übet einen großen Verzögerungsbereich eingestellt- werden können.
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Die erfindungsgemäßen Bor-Mennige-Mischungen bieten weiter den ungewöhnlichen
Vorteil, daß sie sowohl für Initialzündsätze als auch Verzögerungssätze verwendet
werden können. Als Initialzündsätze sind die erfindungsgemäßen Gemische insbesondere
wegen ihrer gleichförmigen Verbrennung vorteilhaft, vor allem als Zündköpfe, deren
Anwendung bei längeren Verzögerungszeiten in der Größenordnung von z. B. 5oo bis
xooo Millisekunden sonst ziemlich umzuverlässig war, weil sie Überschneidungen der
Zündzeiten bei elektrischen Sprengkapseln verürsachten. Nach der vorliegenden Erfindung
können die Bor-Mennige-Mischungen, wie in Beispiel 2 und 3 beschrieben ist, für
die Initialzündsätze und auch für die Verzögerungssätze verwendet werden, wobei
das Füllen und Laden sehr vereinfacht wird, und die Mischungen natürlich auch verträglich
sind, weil sie die gleichen Bestandteile enthalten. Wegen der großen Abwandlungsmöglichkeit
der Mischungsverhältnisse können die erfindungsgemäßen Mischungen und damit die
elektrischen Zünder über einen weiteren Bereich eingestellt werden, als es bisher
möglich war. Die Mischungen sind leicht herzustellen, und sie entwickeln bei der
Reaktion keine oder nur geringe Mengen von Gasen. Für. die Initialzündsätze soll
das Gemisch vorzugsweise wenigstens 1,5 °/o, zweckmäßig etwa 20/, Bor enthalten,
damit eine sichere Zündung durch das Glühdrähtchen erfolgt.