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Verfahren zur Herstellung von Filmen, Fäden und anderen geformten
Gebilden Polyacrylnitril ist ein wertvoller Rohstoff zur Herstellung von Fäden,
Filmen usw. Gebilde aus Polyacrylnitril zeichnen sich durch eine hervorragende Wetterbeständigkeit
aus.
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Polyacrylnitril kann bekanntlich nicht thermoplastisch verarbeitet
werden, vielmehr müssen Fäden, Filme usw. aus Lösung gewonnen werden. Als Lösungsmittel
kommen die üblichen niedrigsiedenden bekannten Lösungsmittel nicht in Frage. Man
benötigt unwirtschaftliche, meist hochsiedende Lösungsmittel, wie z. B. Dimethylformamid,
Butyrolacton, einige Sulfone, Dinitrile usw. Am besten hat sich Dimethylformamid
bewährt. Man kann aus solchen Lösungen nach dem Naßspinnverfahren oder Trockenspinnverfahren
Filme und Fäden gewinnen. Das Trockenspinnverfahren ist zwar technisch einfacher,
erfordert jedoch wegen des hohen Siedepunktes des Dimethylformamids beträchtliche
Energiemengen. Außerdem zersetzt sich ein Teil des Dimethylformamids thermisch und
oxydativ und geht verloren.
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Ein weiterer Nachteil der Gebilde aus Polyacrylnitril ist ihre schlechte
Anfärbbarkeit. Man kann Polyacrylnitril nicht mit den geläufigen Farbstoft'en und
nach üblichen Färbemethoden befriedigend anfärben. Anfärbungen sind nur nach speziell
entwickelten, unwirtschaftlichen Methoden möglich. Man hat versucht, die Nachteile
hinsichtlich der Anfärbbarkeit des reinen Polyacrylnitrils durch Einbau von anderen
mischpolymerisationsfähigen Polymeren, wie Vinylpyridin oder Acrylamid mehr oder
weniger aufzuheben.
Es ist bekannt, Acrylnitril mit Sulfamidostyrolen
zu mischpolymerisieren und daraus Fäden, die mindestens 70 0/aAcrylnitril enthalten,
herzustellen. Durch das bekannte Verfahren werden aber Produkte erhalten; deren
thermoplastisches Verhalten zu wünschen übrig läßt.
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Es wurde nun gefunden, daß man diese Nachteile vermeiden kann, wenn
man zur Herstellung von Formkörpern wie Filmen und Fäden Mischpolymerisate aus Acrylnitril
mit Vinylsulfonen, deren Acrylnitrilanteil zweckmäßigerweise mindestens 7oMolprozent
beträgt, verwendet. DieHerstellung von Mischpolymerisaten aus Acrylnitril und Vinylsulfonen
ist Gegenstand des Patents 845:266. Brauchbar sind Vinylsulfone der allgemeinen
Formel C H2 = C H- S 02-R. R bedeutet Reste von aliphatischen Kohlenvvasserstoffen,
wie Methyl-, Äthyl-, Propyl-, Zsopropy 1-, Butyl- usw., Reste von cycloaliphatischen
Kohlenwasserstoffen, wie Cyclohexyl, Methylcyclopentyl usw., Reste von aromatischen
Kohlenwasserstoffen, wiez.B.Ph enyl,Toluyl,Naphthyl.,Xyl'ylusw."heterocyclische
Reste wie Thienyl, Pyrrolidyl, Pyridyl, Piperidyl, Tetrahydrofurfuryl, Thiazolyl.
Ferner kann R für solche Kohlenwasserstoffreste stehen, die Substituenten enthalten,
wie Cl, OH, O R', NH2, NHR', NRR', COOH, COR', COOW. Einige Reste mit solchen Substituenten
sind z. B. Oxyäthyl, Chloräthyl, Chlorphenyl, Methoxyphenyl, Aminoäthyl, Aminophenyl,
Dimethylaminophenyl usw.
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Diese bei weitem nicht erschöpfende Aufzählung einiger Reste, die
die Vinylsulfone enthalten können, zeigt, welche Möglichkeiten man hat, neuartige
Formkörper mit weitgehend verschiedenartigen Eigenschaften herzustellen, Man baut
solche Sulfone zweckmäßigerweise in Mengen von o,2 bis 30 Molprozent durch
Mischpolymerisation mit Acrylnitril in das Makromolekül ein. Man kann natürlich
auch mehrere Sulfone gleichzeitig anwenden oder kann .noch andere mischpolymerisationsfähige
Monomere zusetzen.
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Durch die Mischpolymerisation von Acrylnitril mit geeigneten Vinylsulfonen
entstehen Polymerisate, die eine bessere Löslichkeit zeigen als reines Polyacrylnitril.
Man kann bei gleichem Molekulargewicht konzentriertere Lösungen herstellen als bei
Verwendung von reinem Polyacrvlnitril. Ferner kann man vielfach wirtschaftlicher
zugängliche Lösungsmittel oder Lösungsmittelgemische verwenden als beim reinen Polyacrylnitril.
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Durch den Einbau von aliphatischen, cycloaliphatischen, aromatischen
Resten oder Kohlenwasserstoffresten mit weiteren Substituenten wird allgemein die
Anfärbbarkeit mit Acetatseiden-Farbstoffen verbessert.
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Enthalten die Sulfone schwachbasische Gruppen, wie Reste von Säureamiden,
Aminen, substituierten Aminen usw., so können die Mischpolymerisate mit Acrylnitril
erheblich besser mit sauren Farbstoffen angefärbt werden als reines Polyacrylnitril.
Beispiel i Zu einem Gemisch von 40o Gewichtsteilen destilliertem Wasser, i Gewichtsteil
paraffinsul:fosaurem Natrium, i Gewichtsteil Eisessig, 2 Gewichtsteilen Wasserstoffsuperoxyd
(35%ig), 8o Gewichtsteilen Acrylnitril und 2o Gewichtsteilen Vinylphenylsulfon wird
bei 65 bis 70° vorsichtig eine i0/öige Lösung von Formaldehydnatriumsulfoxylat gegeben
und so die Polymerisation in Gang gebracht. Man erhält nach kurzer Zeit in 8o%igerAusbeute
ein gut filtrierbaresSuspensionspolymerisat. Das Polymerisat hat in i0/öiger Dimethylformämid-Lösung
die relative Viskosität 7,32. Das mit Methanol erschöpfend extrahierte Produkt hat
einen Schwefelgehalt von 2,4%-. Dies entspricht einem Einbau von 12,5 % Vinyl-phenylsulfon
in das Mischpolymerisat. Das Mischpolymerisat ist bedeutend leichter löslich als
reines Polyacrylnitril. Es kann bereits bei Zimmertemperatur eine 2o%ige Lösung
in Dimethylformamid hergestellt werden (i285 cP). Diese Lösung zeigt gute Fließeigenschaften.
Um eine gleichprozentige Lösung von reinem Polyacrylnitril in Dimethylformamid herzustellen,
benötigt man eine Temperatur von etwa ioo°. Diese Lösung erstarrt beim Abkühlen
zu einem Gel.
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Die verbesserten. Löslichkeitseigenschaften des Mischpolymerisates
gegenüber reinem Polyacrylnitril zeigen sich auch daran, daß man einen Teil des
Dimethylformamids durch wirtschaftlicher zugängliche Lösungsmittel, wie Aceton,
Benzol, Acetonitril, Nitromethan, Dioxan, Toluol usw. ersetzen kann. Dies ist bei
reinem Polyacrylnitril nicht möglich.
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Das Mischpolymerisat wird aus Dimethylformamidlösung in -ein Glycerinfällbad
nach bekannter Weise versponnen. Die Fäden mit H20 gewaschen und getrocknet und
bei 13o bis 1400 heiß verstreckt. Bei einer- Verstreckung um 4oo% haben sie eine
mittlere Festigkeit von 2,8 bis 3 g/denier. Sie zeigen eine gute Affinität zu Dispersionsfarbstoffen
(Celluloseacetatfarbstoffen). Die Farbstoffaufnahme beträgt ein Mehrfaches der Aufnahme
einer Faser aus reinem Polyacrylnitril. Beispiel 2 In 2ooo Gewichtsteilen Wasser
wird ein Gewichtsteil Eisessig und 5 Gewichtsteile Alkylsulfosaures Natrium (Alkyl
C12 bis Cis) gelöst.
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Von dieser Lösung werden 5oo Gewichtsteile in einem Kolben von 4000
Volumteilen vorgelegt und auf 70° erhitzt. Zur Lösung werden 4o Gewichtsteile eines
Monomerengemisches, bestehend aus 9o % Acrylnitril, 5%- p-Chlorphenylvinylsulfon,
5 % Vinylisobutyläther gegeben. Ferner wird i Gewichtsteil 40%iges Wasserstoffsuperoxyd
zugegeben.
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In drei Meßgefäßen werden folgende Lösungen angesetzt: erstens 6 Gewichtsteile
Formaldehydsulfoxylsaures Natrium in i5oo Gewichtsteilen Wasser; zweitens i25o Gewichtsteile
eines Monomerengemisches aus 9o % Acrylnitril, 5 %- p-Chlorphenylvinylsulfon, 5%
Vinylisobutyläther, drittens
6 Gewichtsteile 40%iges Wasserstoffsuperoxyd
in i5oo Gewichtsteilen der oben angeführten Lösung.
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Die Polymerisation wird durch Zutropfen von 5o Volumteilen von erstens
gestartet. Dann werden im Volumverhältnis i : i : i die drei Lösungen kontinuierlich
zugeführt.
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Es entsteht ein Polymerisat mit der relativen Viskosität von 4,1 (i
% in Dimethylformamid). Ausbeute 85%. Die Analyse des Mischpolymerisates ergibt
24,o6-% N, o,6i % S, 0,720/a Cl. Daraus berechnet sich die Zusammensetzung des Polymerisates:
Polynitril@-S,ulfon-Vinyläther etwa 91 : 4 : 5. Aus dem Produkt lassen sich schon
bei Zimmertemperatur konzentrierte Lösungen in Dimethylformamid herstellen. Die
Lösung läßt sich ausgezeichnet verspinnen. Er werden Fasern erhalten mit hoher Festigkeit
und sehr guter thermischer und oxydativer Beständigkeit und mit besserer Anfärbbarkeit
als reine Polyacrylnitrilfasern. Beispiel 3 Von einem Mischpolymerisat aus go Gewichtsteilen
Acrylnitril und io Gewichtsteilen p-Chlorphenylvinylsulfon (K-Wert nach F i k e
n t s c h e r 82) wird eine 23%ige Lösung in Dimethylformamid hergestellt. Die Lösung
wird nach dem Trockenspinnverfahren auf bekannte Weise versponnen. Die Fäden werden
um 750'/0, heiß verstreckt und bei ioo° geschrumpft. Die Festigkeiten der Einzelfasern
betragen 2,6 bis 3,8 g/denier.
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Der Erweichungspunkt des Mischpolymerisates liegt nur wenig unter
dem Erweichungspunkt von reinem Polyacrylnitril. Er liegt höher als die üblichen
Acrylnitril-Mischpolymerisate, die io% einer zweiten Komponente enthalten.
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Die Vergilbung bei erhöhten Temperaturen ist sehr gering. Die Beständigkeit
gegen Soda und andere Alkalien ist besser als die von reinem Polyacrylnitril.
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Die Farbstoffaffinität von sauren Wollfarbstoffen ist nur unwesentlich
verbessert gegenüber reinem Polyacrylnitril.
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Die Farbstoffaufnahme von Acetatfarbstoffen ist erheblich verbessert
gegenüber reinem Polyacrylnitril. Beispiel 4 Fäden aus einem Mischpolymerisat aus
9o Gewichtsteilen Acrylnitril und io Gewichtsteilen p-Dimethylaminophenyl-vinyl-sulfon
zeigen eine ausgezeichnete Affinität zu Wollfarbstoffen. Die Anfärbbarkeit ist ähnlich
der von Wolle. Die Vergilbungsbeständigkeit ist etwas geringer als die der Faser
des Beispiels 3. Die Faser eignet sich besonders für Mischgewebe mit Wolle.