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Verfahren zur Herstellung von Adrenocorticotrophin-Präp araten mit
verlängerter Wirkungsdauer
Adrenocorticotrophin (ACTH) ist eine wasserlösliche Protein-Peptid-Fraktion,
die aus den Hypophysen von Schweinen, Schafen, Pferden und seit kurzem auch von
Walfischen erhalten wird.
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ACTH besitzt bekanntlich ausgezeichnete klinische Eigenschaften bei
pathologischen Zuständen, wie z. B. bei rheumatischer Arthritis, Psoriasis, gewissen
Augenkrankheiten und ausgedehnten Brandwunden.
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Wird Adrenocorticotrophin in Wasser oder einer physiologischen Salzlösung
gelöst, so übt es bei intramuskulärer loder subcutaner Injektion auf den Organismus
eine Wirkung nur kurz aus. Die Abnahme Ider eosinophilen Zellen im Blutkreislauf
(Eosinopenie) wird im allgemeinen als Maß für die klinische Wirksamkeit angesehen.
Die Eosinopenie erreicht etwa 4 Stunden nach der Injektion ihren Höhepunkt und ist
nach etwa 8 Stunden verschwunden. Diese kurze Wirkungsdauer hat zur Folge, daß man
bei einer klinischen ACTH-Behandlung alle 6 Stunden eine Injektion verabreichen
muß, d. h. innerhalb von 24 Stunden vier Injektonen. Das ist lästig und läßt die
Anwendbarkeit von ACTH weniger empfehlenswert erscheinen.
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Aus der Literatur ist bekannt, daß die Herstellung von lang wirkenden
Adrenocorticotrophin.
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Präparaten große Schwierigkeiten bereitet. Es sind wohl Versuche gemacht
worden, das Problem in der Weise zu lösen, daß man Adrenocorticotrophin an Aluminiumphosphat
in kolloidaler Suspension oder an Aluminium-mono-stearat in Ölsuspension adsorbiert.
Die erstgenannten Präparate müssen vor
Gebrauch aus mindestens zwei
Lösungen (Ampullen) zusammengemischt werden. Die Wirkungsdauer der Ölsuspension
ist zwar etwas verlängert, hinterläßt aber Schwellungen an der Injektionsstelle.
Außerdem verursachen die bisher bekannten Präparate häufig lokale Reizungen. Daher
sind siie in kolloidealer oder öliger Form für die praktische Anwendung ungeeignet.
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Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren werden Präparate hergestellt,
die die ebengenannten Nachteile nicht aufweisen.
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Die gemäß dler Erfindung hergestellten ACTH-Suspensionen werden bei
intramuskulären wie auch subeutanien Inlektionen nur sehr langsam von der Inljlektionsstellie
resorbiert, womit eine verlängerte oder Depotwirkung von mehr als 24 Stunden Dauer
erreicht wird.
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Adrenocorticotrophin ist eine Substanz, die auf Grund ihres biologischen
Effektes definiert wird.
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Sie kann aus den Hypophysen seiner Anzahl von Tieren (Schweinen, Schafen,
Walfischen, Pferden, Rindern usw.) in F;orm von relativ reinem Protein oder Proteinmischung
(deren durchschnittliches Molgewicht von dem Herstellungsverfahren abhängt) gewonnen
werden. Sie kann auch teilweise enzymatisch oder durch saure Hydrolyse zu Polypeptiden
abgebaut werden, ohne die adrenocorticotrope Wirkung zu verlieren.
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Es ist schon seit langem bekannt (A. Kossel, Dtsch. Med. Wochenschrift,
1894), daß sich gewisse Proteine mit Protamin verbinden. Andrew H u n t e r (Ztschr.
für Physiol. Chem., 1907, 53, 526) fand, daß eine gewisse Anzahl von Proteinen mit
Protaminen gefällt werden kann, während einige der untersuchten Polypeptide mit
Protaminen nicht reagieren.
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A. Kieczkowski Biochem. J., 1946, 40, 677) fand, daß Ribonuclease,
Globin, Clupein, Serum-Albumin und Serum-Globin in paarweiser Mischung bei einem
PH, bei dem die Komponenten entgegengesetzt aufgeladen sind, Fällungen liefern,
die sich jedoch im allgemeinen bei Zugabe eines Salzes wieder auflösen. Der Tabak-Mosaic-Virus
verhält sich in dieser Hinsicht wie die anderen Proteine.
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H. G. B u h n e n b e r g hat gefunden, daß bei einer Kombination
von Clupein mit Serum-Albumin letzteres denaturiert wird (Biochem. Ztschr., 1932,
221, 292).
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Aus der gesamten Literatur über dieses Thema geht eindeutig hervor,
daß Proteine in der Regel durch Protamine bei einem PH, bei dem die beiden Komponenten
entgegengesetzt aufgeladen sind, ausgefällt werden. Diese Fällung ist oft in salzhaltigem
Wasser löslich. Auch Denaturierungen können vorkommen.
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Außerdem sei bemerkt, daß leine umfassende Literatur über die Fällblarkeit
von Nucleoproteinen mit Protaminen existiert.
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Da das feinste adrenocorticotrope Protein, das je hergestellt wurde,
blei pH 4,7 seinen isoelektrisehen Punkt hat, wurde angenommen, daß Adrenocorticotrophin
mit Protamin bei PH 6 bis 7 gefällt werden kann. Es wurde jedoch gefunden, daß das
nicht der Fall ist, und daß nur bei Anwesenheit von Zinkionen Adrenocorticotrophin
mit Protamin einen Komplex bildet. Es stimmt zwar, daß auch in Abwesenheit von Zink
mit Protamin eine Fällung stattfindet, aber es wurde festgestellt, daß die Losung
z. B. nach dem Abzentrifugieren der Fällung noch adrenocorticotrope Wirkung besitzt.
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Die adrenocorticotropen Proteine unterscheiden sich in diesem Punkt
auch vom Insulin, das mit Protamin allein in Abwesenheit von Zink gefällt werden
kann.
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Das ebenfalls zur Klasse der Proteine gehörende Tuberkulin bildlet
zwar in Gegenwart von Zink einen Niederschlag, der sich jedoch nicht als tuberkulinaktiv
erweist, und nach Entfernung der suspendierten Teilchen durch Zentrifugieren zeigt
die klare Lösung dieselbe Tuberkulinaktivität wie zuvor die Suspersion.
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Es sind auch haltbare Hormontrockenpräparate bekanntgeworden. Hierbei
handelt es sich um Addukte aus Hyplophysenhinterlapplenhormonen mit hochmolekularen
eiweißartigen Stogffen, die in der Weise hergestellt werden, daß man beide Reaktionskomponenten
in Lösung bringt und das Addukt aus dieser Lösung mit einem Lösungsmittel, in welchem
beide Reaktionspartner unlöslich sind, gemeinsam ausfällt.
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Demgegenüber handelt es sich bei der Erfindung um ein Verfahren zur
Bildung eises stabilen, wasserlöslichen Komplexsalzes des dem Hypophysenvorderlappenhurmon
zugehörenden Adrenocorticotrophins, das in eine Suspension übergeführt werden kann.
Das wird erfindungsgemäß dadurch erreicht, daß man zu einer wäßrigen Adrenocorticotrophinlösung
lein alkalisch reagierendes Protein oder Proteinabbauprodukt und ein wasserlösliches
Zinksalz zusetzt, wobei der pH-Wert der Lösung mit einem Puffersalz oder einer Puffersalzmischung
auf einen pH-Wert zwischen 6 und 8 eingestellt wird.
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Als alkalisch reagierendes Protein wird vorzugsweise Protaminsulfat
und als Zinksalz Zinksulfat verwendet.
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Der pH-Wert wird mit Hilfe von Trinatriumphosphatlösung ianf 6 bis
8 eingestellt.
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Um die Präparate haltbar zu machen, fügt man ihnen kleine Mengen
Konservierungsmittel, wie Kresol oder einige ähnlich wirkende Phenole, hinzu.
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Dabei wurde gefunden, daß man das Kresol erst dann zugeben darf,
wenn die Lösung auf den gewünschten pH-Wert eingestellt ist, da man sonst keine
befriedigende Suspension erhält.
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Das Adrenocorticotrophin bildet mit den zugesetzten Substanzen eine
wenig lösliche Verbindung, die in wäßrigem Medium eine nicht koagulierende Suspension
mit niedriger Sedimentationsgeschwindigkeit liefert. Indessen setzen sich im Lauf
der Zeit die Teilchen doch auf dem Boden des Gefäßes oder der Ampulle ab, in der
das Präparat aufbewahrt wird. Durch Schütteln der Ampulle kann jedoch leicht wieder
eine homogene Suspension hergestellt werden. Die Aktivität der Verbindung bleibt
auch nach Lagerung über eine längere Zeit hinweg un verändert erhalten.
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In klinischen Versuchen wurde festgestellt, daß mit dem neuen Präparat
eine deutlich verlängerte Wirkung erreicht wurde, ohne daß sich bei der Verwendung
irgendwelche Nachteile beobachten ließen.
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Gemäß der Erfindung können auch die suspendierten Adrenocorticotrophinteilchen
aus dem Suspensionsmedium z. B. durch Zentrifugieren oder Filtrieren abgetrennt
und diese abgetrennten Teilchen mit oder ohne vorhergehende Wäsche in einem anderen
Suspensionsmedium wieder suspiendiert werden. Infolge der geringen Löslichkeit sind
die Substanzverluste bei der Abtrennung sowie der erneuten Suspendierung gering.
Die Teilchen können z. B. in festen hydrophoben Medien, wie Wachsen oder Flüssigkeiten,
z. B. in Ölen, resuspendiert und in dieser Form zu Injektionen verwendet werden.
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Das folgende Beispiel soll das Verfahren erläutern: 550 mg ACTH (Standard),
aus den Hypophysenvorderlappen von Walfischen extrahiert, werden in 18,15 ccm wäßriger
1%iger Protaminsulfatlösung gelöst. Dazu fügt man o,56 ccm Wasser, das 92,84 mg
Zinksulfat enthält, und anschließend 22 mg Glukose in o,28 ccm Wasser. Der pH-Wert
wird auf 7,0 bis 7,2 eingestellt, indem man unter Rühren nahezu 243 mag Trinatriumphosphat
in etwa I,2ccm Wasser hinzufügt. Nachdem die Hauptmenge oder die ganze Trinatriumphosphatlösung
zugefügt ist, gibt man 67 mg Kresol hinzu und füllt mit destilliertem Wasser bis
auf 22 ccm auf.
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Aus der Eosinopeniekurve sowie anderen klinisehen Beobachtungen geht
hervor, daß die Wirkung dieser Präparate länger als 24 Stunden nach der Injektion
anhält.
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Das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Präparat besitzt
für den klinischen Gebrauch folgende Vorteile: a) Retention der klinischen adrenocorticotropischen
Wirkung bei intramuskulärer Injektion; b) geringe Löslichkeit in der Gewebeflüssigkeit
und dadurch eine verlängerte Wirksamkeit; c) Resistenz gegenüber enzymatischem Abbau
im Muskel und demzufolge erhöhte Wirtschaftlichkeit.
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PATENTANSPROCHE: I. Verfahren zur H,erstellung von Adrenocorticotrophin-Präparaten
mit verlängerter Wirkungsdauer, dadurch gekennzeichnet, daß zu einer wäßrigen Adrenocorticotrophinlösung
ein alkalisch reagierendes Protein oder Proteinabbauprodukt, vorzugsweise Protamin
als Sulfat, sowie ein wasserlösliches Zinksalz, vorzugsweise Zinksulfat, zugegeben
werden und der pH-Wert der Lösung mit einem Puffersalz oder Puffersalzgemisch auf
ein,en Wert zwischen 6 und 8 eingestellt wird.