-
Verfahren zur Erzeugung wasch-, koch-, säure- und alkalibeständiger
Veredlungseffekte auf cellulosehaltigem Fasergut Zur Erzielung von Appretureffekten,
wie leinenartigem Griff und Aussehen., ist eine ganze Reihe von Verfahren bekannt,
wobei das zu behandelnde Textilgut mit Celluloselösungsmitteln behandelt wird. Meistens
verwendet man hierzu eine fertige Kupferoxydammoniaklösung (Schweitzers Reagenz),
oder man erzielt mittels aufeinanderfolgender inaktiver Bäder aus Laugen und in.
Ammoniak gelösten Kupfersalzen durch genau aufeinander abgestimmte Reaktionen auf
der Ware eine aktive Lösungswirkung.
-
Ganz abgesehen davon, daß bei den letztgenannten Verfahren sehr leicht
eine Abwertung des nachfolgenden Bades erfolgt, indem überschüssige Flottenteile
aus dem vorangegangenen Bad !hineingelangen und dieses bei längerer Arbeitsdauer
zumindest in der Wirkung herabsetzen, so daB eine gewollte gleichmäßige Reaktion
nicht gewährleistet ist, so haben alle bisher bekannten, auf Kupferoxydammoniaklösungswir'kung
arbeitenden Verfahren den Nachteil, daß beim Verlassen des aktiven Lösungsbades
durch Streichmesser oder Abquetschwalzen, welche die überschüssige Kupferoxydammon.iaklösung
zurückhalten sollen, gleichzeitig auch die auf dem Behandlungsgut entstandene schleimige
Celluloselösungsschicht teilweise mit zurückfließt, wodurch das Behandlungsgut um
Teile seiner Substanz verringert, .magerer
und schwächer und das
Lösungsbad nach und nach immer stärker störend durch gelöste Cellulose angereichert
wird.
-
Als wesentlicher Fortschritt wurde nun gefunden, daß diese Nachteile
behoben werden, indem man das mit Ammoniaklösung vorbehandelte Textilgut zunächst
.durch eine 1-,'-ttpfersulfatlösung nimmt und dann, eventuell nach Antrocknen, mit
Lauge behandelt (auch umgekehrt oder in mehreren Wiederholungen), derart, daß auf
dem Behandlungsgut und in seinen kapillaren Zwischenräumen Kuipferhydroxvd (bei
Ätzlaugen) oder Kupferkarbonat (bei Natriumkarbonat) zur Ausfällung gebracht wird.
Diese Kupferverbindungen, die auch mittels anderer bekannter Kupfersalze erzeugt
werden können, z. B. mittels der Acetate, Bichromate, Chlorate, Chloride, Cyanide,
Formiate, Nitrate, Oxalate oder Zitrate, werden nicht durch Ammoniaklösung, sondern
erfindungsgemäß durch Ammoniakgase bzw. Nebel in einer vorzugsweise licht- und luftarmen
Zelle in die aktive, celluloselösende Ammoniakve.rbindung übergeführt.
-
Das Behandlungsgut erhält hierdurch nur so viel Feuchtigkeit, wie
zur Bildung der lösenden Verhin@du g nötig ist; die Lösungsschicht ist daher zähflüssiger
-und intensiver an das Textilgut gebunden. Überschüssige Kupferoxydammoniaklösung
ist nicht vorhanden, so daß ein Abstreichen oder Abquetschen nicht nötig ist und
unmittelbar eine Trocknung und/oder die Passage durch ein Säurebad zum Unwirksammachen
und Entfernen der Kupfersalze vorgenommen werden kann, Die celluloselösendeWirkung
kann sowohl durch Trocknung als auch durch ein Fällbad bekannter Art (Koagulation),
z. B: mit Schwefelsäure, Natronlauge, temperiertem Wasser u. a., zum Stillstand
gebracht werden.
-
Es entsteht durch diese mildere Behandlung ein neuer technischer Effekt.
Das Behandlungsgut wird nicht in seiner Substanz vermindert und behält einen vollen
Griff m,it erhöhter Naß- und Trockenfestigkeit. Hierbei wird die Oberfläche glatt
und flusenrein, so da.ß Staub- und Schmutzteilchen keine Haftmöglichkeit darauf
finden. Die Ware bleibt daher im Gebrauch länger sauber, benötigt weniger Wäschen
und erhält eine längere Lebensdauer. Dies ist besonders vorteilhaft bei naßempfindlicher
Zellwollware (Gardinen und Dekorationsstoffe, Kleider- und Wäschestoffe). Selbst
bei größter Steifheit bleibt die Ware noch vorzÜglich aufsaugfähig.
-
Dias Verfahren kann sowohl auf vegetahiler Naturfaser als auch auf
künstlichen Fasern vegeta bilischen Ursprungs, wie Zellwolle, Kunstseide, auch Papier
und auf deren Mischungen, ausgeführt werden. Es kann auf der Flocke, auf einem Teil
der Spinnstrecke (Karde, Band, Vorgarn), auf dem fertigen Garn und auf dem Gewebe
zur Anwendung kommen.
-
Behandlungsgut aus Baumwolle erhält durch. das Verfahren den kühlen
Griff und das Aussehen schimmernder Leinwand.
-
Zellwolle bekommt durch die Oberflächenveränderung ein matteres, haumwol@lähnl"iches
Gesicht und 'kann darüber hinaus ebenfalls leinenartig gestärkt werden, wobei die
NaB- und Quellu.ngsschwierigkeiten überwunden werden und eine gebrauchstüchtige
Ware erzielt wird.
-
Kunstseide, z. B. Wirkware, kann dauerhaft mattiert werden, indem
man. einem der Behandlungsbäder Pigmente zusetzt, die durch die später gelöste Cellulose
gebunden und durch Trocknung oder Koagulieren derselben in einem folgenden Behandlungsbade
auf der Ware befestigt bleiben.
-
In ähnlicher Weise können, soweit sie den Bädern erträglich sind und
den Lösungsprozeß der Cellulose nicht beeinträchtigen, auch bekannte Kohlenhydrate,
Füll-, Besch.werungs-, Flammschutz- und solche Mittel angewandt werden, die z. B.
zur Erhöhung der Knitter- und Schiebefestigkeit sowie Laufmaschenverhütung bei Strümpfen
und anderen Veredlungsarten dienen.
-
Papiergarne und Stoffe erhalten bei etwas längerer Behandlungsdauer
und stärkerer Einstellung der Bäder eine hochglänzende, ,lackartige Oberfläche.
-
Die nach diesem Verfahren behandelte Ware ist sehir gut aufnahmefähig
für Farben, die kräftiger und voller aufziehen. Das Verfahren eignet sich also gut
zur Vorbehandlung zu färbender oder zu bedruckender Ware.
-
Starb gesteifte Stoffe, nochmals naß gemacht, sind in diesem Zustand
weich, und können leicht auf Formen gezogen und gepreßt werden. Nach dem Trocknen
lösen sich die Formen gut ab, der Stoff erhält wieder die ursprüngliche Steifheit,
und die erhaltene Form ist sehr beständig (Hutindustrie).
-
Das neue Verfahren ist auch in der Spinnerei von großem Vorteil, indem
dasselbe bei kurzstapligem, schlecht verspinnbarem Fasermaterial bereits auf der
Spinnstrecke im Vlies, im Band oder Vorgarn zur .Anwendung gebracht werden kann.
Die einzelnen Fasern haften hierbei gut zusammen, das Vorgarn bekommt erhöhte Zugfestigkeit
und läßt sich wie vorgeschmälztes Material leicht und bis zur größten Feinheit verspinnen.
Es entsteht kein Spinnflug. Die Qualität des Garnes wird durch die Behandlung erhöht,
es wird griffig wie geschlichtetes Garn, flusenarm, glatt und gleitfähig, so daß
in vielen Fällen keine Schlichtung vor dem Verweben nötig ist. Der Effekt ist dauerhaft
und bleibt- auch, nach dem Verwehen, Bleichen, Färben und in der fertigen Ware im
Gebrauch erhalten. Eine Nachappretur kann, wenn ein leichter leinenartiger Griff
gewünscht wird, eingespart werden.
-
Bei Einschaltung des Verfahrens in der Spinnerei ist es zweckmäßig,
die Rohfaser in der Flocke zu waschen und von allen Unreinlichkeiten zu säubern,
dann wird sie durch, ein Kupfersulfatbad genommen, au.sgeschleudert und getrocknet.
Die Laugenbehandlung geschieht dann auf der Karde oder dem Band, die Ammoniakbehandlung
auf dem Vorgarn, das, nur leicht angetrocknet, mit i noch etwas Feuchtigkeit nunmehr
versponnen
wird. Die blaugrüne Färbung des Garnes bleibt als äußeres
Kennzeichen des Verfahrens auch in der gewebten Ware erhalten und kann dann in der
Ausrüstung erst im Säurebad wieder entfernt werden. Sollen die Garne gefärbt werden,
so ist die Entkupferung leicht in den Färbeapparaten vor dem Färben durchzuführen.
Das Verfahren ist vor allen Dingen in der Spinnerei für Zellwolle, Flachs- und Bastfasern
sehr geeignet, da die erste Stufe des Verfahrens (Kupfersulfat) in den Zellwollfabriken
und Kotonisierbetrieben leicht ausführbar und an die Vorbehandlung im letzten Bade
angeschlossen. werden kann.
-
Wenn man nach dem Verfahren behandeltes Kettgarn mit unbehandeltem
Schußgarn verwebt, oder umgekehrt, so lassen sich Crepeeffekte erzielen, da das
unbehandelte Garn leichter und kräftiger in der nachfolgenden Naßbehandlung schrumpft.
-
Auch in der Färberei werden besondere Effekte erzielt, da sich die
behandelten Garne im Webstoff satter und tiefer anfärben als die unbehandelten Garne.
-
Will man auf der Ware besondere Musterungen oder Figuren stellenweise
erzielen, so werden durch Aufdruck in bekannter Art Stellen reserviert und für die
Behandlung unempfänglich gemacht, so daß nur die nicht mit Reservedruck versehenen
Stellen eine Einwirkung des Quellungs-und Lösungsmittels erhalten.
-
Soll ein Gewebe krumpfbeständig auf bestimmte Breite fixiert werden,
so wird dasselbe während der Behandlungsdauer ganz oder teilweise unter Spannung
gehalten.
-
Es ist vorteilhaft, die Laugen- und Gasbehandlung bei tiefen Temperaturen
vorzunehmen.
-
Das Verfahren ist weiter anwendbar bei der Herstellung von Schnüren,
Bändern, Mehrschichtgeweben und sonstigen Flächengebilden, die durch Adhä sinn und
Zusammen@klel@en einer Mehrzahl von Fasern, Fäden, Bändern, Geweben oder Papierbahnen
in vertikaler, horizontaler und diagonaler Richtung verkreuzt oder parallel zueinander
entstehen. Die Bindung der einzelnen Teile zueinander ist so intensiv, daß diese
auch durch Waschen und Kochen nicht getrennt werden. Die so erhaltenen Gebilde sind
dauerhaft gesteift.
-
An Stelle von Ammoniak können auch andere gas- und nebelförmige Lösungs-
und Umsetzungsmittel für Kupfersalze verwendet werden, z. B. organische Basen wie
aromatische und/oder aliphatische Amine.
-
Ausführungsbeispiel einer dauerhaften Appretur auf Zellwollgewebe
Die aus der Vorwasche kommende Ware wird auf einem Foulard durch eine Ammoniaklösung
(spezifisches Gewicht o,98o) bei Tagestemperatur genommen und abgequetscht. Sie
läuft dann in einem Trog mit mehreren Tauchwalzen durch eine 5o/oige Kupfersulfatlösung
(Tagestemperatur), so daß eine intensive und gleichmäßige Durchtränkung erfolgt,
wird abgequetscht und bei mäßiger Temperatur luftgetrocknet. Diese Zwischentrocknung
ist nicht unbedingt nötig, erhöht aber den Effekt. Nunmehr erfolgt in einem gleichen
Trog mit mehreren Tauchwalzen die Behandlung reit gekühlter Natronlauge 2°' Be (maximale
Tagestemperatur), so daß sich auf und in der Ware ein gleichmäßiger Niederschlag
von Kupferhydroxyd bildet. Damit dieser Niederschlag sich nicht auf die Abquetschwalzen
absetzt, wird die überschüssige Lauge am besten leicht abgesaugt. Ein gewisser Teil
der Lauge muß jedoch zur nach, folgenden Herstellung einer Ammoniakverbindung auf
der Ware verbleiben, denn diese passiert nun eine mit Ammoniakgasen gefüllte oder
durchströmte Gaszelle, so daß Kupferoxydammoniaklösung entsteht, die eine Lösung
der Cellulose an der Warenoberfläche und in den kapillaren Zwischenräumen verursacht.
Es kann aber nur so viel Ku.pferoxydammoniaklösung entstehen, wie die Ware selbst
Feuchtigkeit zur Bildung derselben mitgebracht hat und als zur Lösungswirkung nötig
ist.
-
Die Gaszelle in einfacher Ausführung enthält innen einen flachen kühlbaren
Behälter am Boden zur Aufnahme der möglichst gekühlten konzentrierten Ammoniaklösung
(s.pezifisc'hes Ge wicht o,9io), darüber befindet sich der Laufweg der Ware. Diese
wird über Traggitter, Haspeln oder Rallen vertikal oder horizontal geführt, so daß
sie ohne Berührung der Lösung nur von den Ammoniakgasen gut und gleichmäßig so lange
umgeben wird, bis eine Reaktion und dunklere Blaufärbung eingetreten ist. Die Wände
der Zelle, die glockenförmig Gasaggregat und Laufweg der Ware überstreben, müssen
so dicht geschlossen sein, daß mit der Ware wenig Luft am Eingang eintreten und
wenig Gas am Ausgang entweichen kann. Um die Reaktion in der Gaszelle genau beobachten
zu können, befinden sich in den Seitenwänden Fenster aus braunem Glas (Lichtschutz
gegen Oxycellulosebildung). Der Gasraum der Zelle wird möglichst niedrig gehalten
oder unterteilt, damit die Gase unmittelbarer und konzentrierter zur Einwirkung
kommen können. Ein- und Ausgang, der Gaszelle sind als enge Spalte unterhalb der
Höhe der Gasquelle anzubringen; so daß die hochstrebenden Gase nicht entweichen
können. Um die Gase zur stärkeren und schnelleren Wirkung in der Gaszelle zu bringen,
können diese auch aus Herstellungsanlagen oder Sammelbehältern unter Druck als Gasstrom
an mehreren Stellen durch, das Behandlungsgut getrieben werden, nachdem die Gaszelle
vorher entlüftet oder luftarm gemacht wurde.
-
Die Ware läuft aus der Gaszelle ohne Abquetschung entweder gleich
zum Trockenspannrahmen oder über einen Entgasungssauger gleich in ein handwarmes
Schwefelsäurebad (q.°` Be) zur Entkupferung. Das Entku.pfern kann im Strang in Bottichen
und auf Waschmaschinen vorgenommen werden. Weiter wird die Ware gut gespült, neutralisiert,
gewaschen und kann dann zum Schlu,ß noch mit weichmachenden und anderen Spezialhilfsmitteln
behandelt
und verkaufsfertig gemacht werden.
-
Dieses Behandlungsbeispiel soll nur den Gang des Verfahrens veranschaulichen.
Je nach Behandlungsmaterial und erforderlichem Effekt müssen die Behandlungsbäder
konzentrierter oder schwächer und deren Dauer geändert werden.
-
Die ganze Behandlung kann kontinuierlich, d. h.. in nicht unterbrochenem
Arbeitsgang erfolgen, wenn die Maschinen, dem chemischen Prozeß entsprechend, aneinandergereiht
und im Lauf gleichmäßig ausgerichtet werden. Die Dauer der ganzen Behandlung kann
so auf wenige Minuten verkürzt werden.