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Verfahren zur Herstellung von Nebelsäure Unter Nebelsäure versteht
man ein Gemisch von Chlorsulfonsäure und Schwefelsäureanhydrid. Die beiden Komponenten
sind in jedem Verhältnis mischbar und geben eine bei gewöhnlicher Temperatur homogene
Lösung. Nach dem bisherigen Stand der Technik wurde die Nebelsäure durch Zusammenmischen
der beiden Komponenten in flüssigem Zustand erhalten. Um Nebelsäure zu erhalten,
war also bisher die getrennte Herstellung der beiden Ausgangskomponenten erforderlich.
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Es wurde nun gefunden, daß zur Herstellung der Nebelsäure die getrennte
Bereitung der beiden Ausgangskomponenten nicht erforderlich ist, daß man vielmehr
überraschenderweise in einem einzigen Arbeitsgang zur Nebelsäure gelangen kann,
wenn man nach dem Verfahren gemäß Patent 914 733 arbeitet, mit der sinngemäßen Anpassung
der Mengenverhältnisse von Kontaktgas und Salzsäure an das in der herzustellenden
Nebelsäure erstrebte Verhältnis von SO, zu HCI. Das Gasgemisch durchläuft
einen geeigneten Reaktionsraum, wie er beispielsweise im Hauptpatent beschrieben
ist, bei Temperaturen oberhalb r6o°, vorzugsweise bei 2oo°, wobei Strömungsgeschwindigkeit
und Aufenthaltsdauer etwa die gleichen sind wie in dem Hauptpatent. Ebenfalls in
der dort beschriebenen Weise erfolgt die Kühlung, Kondensation und Abscheidung der
gebildeten Nebelsäure. Die von der flüssigen Nebelsäure getrennten Restgase werden
zweckmäßig
noch durch einen mit geschütteten Füllkörpern gefüllten
Turm von unten nach oben geleitet, in dem sich durch Stoßwirkung eventuell mitgerissene
Nebelsäuretröpfchen noch abscheiden.
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Im Gegensatz zum Verfahren des Hauptpatents haben die Restgase bei
der Herstellung von Nebelsäure an Stelle-von Chlorsulfonsäure einen wesentlich höheren
Gehalt an SO,. Dieser richtet sich in seiner Höhe entsprechend dem Dampfdruck
der Nebelsäure erstens nach deren Zusammensetzung, d. h. nach dem Verhältnis von
S03: HC1 in der anfallenden Nebelsäure, wobei mit steigendem SO,-Gehalt auch der
SO,-Dampfdruck wächst; zweitens wird der durch den Dampfdruck bedingte SO,-Gehalt
der Restgase durch die Temperatur bestimmt, auf die die Gase samt der durch Kondensation
ausgeschiedenen Nebelsäure gekühlt werden. Diese Temperatur wird zweckmäßig den
ortsbedingten Kühlwasserverhältnissen angepaßt,doch können auch Kältesole und andere
bekannte Hilfsmittel zur Erzielung einer besonders niedrigen Temperatur herangezogen
werden.
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Die mit einem mehr oder weniger großen Gehalt an S 03 und einem sehr
kleinen Gehalt an Salzsäure (wobei der Dampfdruck der Nebelsäure in seine beiden
Partialdrucke p S 03 und p H Cl zerlegt gedacht ist) abgehenden Restgase werden,
wie bereits im Hauptpatent beschrieben, in einer Füllkörperkolonne im Umpump befindlicher
etwa 98°/,iger H2 S 04 entgegengeschickt, «-o die Aufspaltung in S 03 und H Cl erfolgt,
derart, daß das Schwefeltrioxvd von der Schwefelsäure aufgenommen wird, der Chlorwasserstoff
aber mit den aus den Kontaktgasen stammenden Inertgasen entweicht und einem Kamin
zugeleitet wird. Der letztgenannte Spaltvorgang unterscheidet sich von dem gleichen
im Hauptpatent beschriebenen lediglich dadurch, daß der bei der Herstellung von
Nebelsäure an Stelle von Chlorsulfonsäure höhere Gehalt der Restgase an S 03 einen
entsprechend höheren Anfall an Schwefelsäure mit sich bringt. Der Gesamtvorgang
der Herstellung von Nebelsäure läßt sich also letzten Endes so kennzeichnen, daß
im Gegensatz zur Herstellung von Chlorsulfonsäure nach der im Hauptpatent dargestellten
Arbeitsweise nur ein bestimmter, nicht annähernd ioo°/,iger Anteil des im Kontaktgas
enthaltenen SO, zusammen mit Salzsäure in Form von Nebelsäure anfällt, während
ein anderer Teil zu Schwefelsäure umgesetzt wird.
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Da das neue Verfahren nach seiner ganzen Art (Verwendung von Kontaktgas
usw.) besonders vorteilhaft einer Schwefelsäurefabrik an- bzw. eingegliedert wird,
ist der bei der Herstellung von Nebelsäure zwangläufige Anfall von H2 S 04 kein
belastender Nachteil. Dagegen wird der bedeutende technische und wirtschaftliche
Fortschritt des beanspruchten Verfahrens ohne weiteres deutlich, wenn man berücksichtigt,
daß die nach dem bisherigen Stand der Technik notwendige Herstellung von Oleum aus
den zu kühlenden Kontaktgasen (ebenfalls neben zwangläufig anfallender Schwefelsäure)
und das daraus in besonderen Apparaten abzudestillierende und zu kühlende Schwefelsäureanhydrid
ganz entbehrt werden kann. Der technische Vorteil erstreckt sich demnach auf Einsparung
wesentlicher Apparateteile und auf den Entfall besonderer Aufwendungen für das Kühlen
der heißen Kontaktgase, das Kühlen des gebildeten Oleums (kontinuierliche Entfernung
der Lösungswärme von S 03 in Oleum), das Erwärmen des Oleums zum Zwecke des Ausdestillierens
von Schwefelsäureanhydrid, das Kondensieren des letzteren und seine Lagerung, die
zur Vermeidung von Erstarrung bei etwa 40° erfolgen muß und weiteren Wärmeaufwand
benötigt. Demgegenüber erfordert das neue Verfahren ein einziges Kühlaggregat zur
Kondensation der gebildeten Nebelsäure. Als «eitere Vorteile sind die Entbehrlichkeit
einer gesonderten Herstellung von Chlorsulfonsäure und deren Lagerung zu nennen,
ferner der Vorteil der einstufigen und kontinuierlichen Herstellungsweise der Nebelsäure.
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Da die erforderliche Apparatur für das beanspruchte Verfahren völlig
der im Hauptpatent beschriebenen gleicht, ist im folgenden Anwendungsbeispiel auf
eine Wiederholung der Beschreibung verzichtet worden. Beispiel r01,1 m3/Std. Kontaktgas
mit 7,66 Volumprozent SO, und einer Temperatur von z67° werden mit 2,36 m3/Std.
ioo°/,igem gasförmigem Chlorwasserstoff von 20° in einem Reaktionsraum vereinigt.
Durch die auftretende Reaktionswärme wird die Temperatur des Gasgemisches auf 2o2,5°
erhöht. Das Gasgemisch, das mit einer mittleren Strömungsgeschwindigkeit von 0,29
m/Sek. den Reaktionsraum passiert, verläßt diesen nach io,i Sekunden und wird durch
eine Rohrleitung einem Röhrenbündelkühler zugeführt, in dem es mit Wasser auf i7,1°
gekühlt wird. Aus dem Kühler wird die Hauptmenge der gebildeten Nebelsäure laufend
über einen Syphon in einen Lagerbehälter abgelassen, während die abgehenden Gase
anschließend eine mit Raschigringen gefüllte Stoßkolonne passieren, in der sie von
mitgerissenen N ebelsäuretröpfchen befreit werden, welche letzteren ebenfalls laufend
über einen Syphon einem Lagerbehälter zugeführt werden. Nach i3,58 Stunden sind
am Ablauf des Kühlers 282,5 kg Nebelsäure mit einem Gehalt von 8i,96°(" S03, 17,87o;))
HCl, 0,0.f0/, S02, und 0J30 ?o H,0 (gebunden als H.3 S 0q) und an der Stoßkolonne
5-0,5 kg Nebelsäure mit einem Gehalt von 82,53°,", S03, 17,o611/0 HCI, 0,03 °/°
S 02 und 0,38 °;`, H20 (als H2 S 04 gebunden) erhalten worden. Demnach sind
63,4 °,l, des mit dem Kontaktgas eingesetzten SO, und 98,9 °;', des eingesetzten
Chlorwasserstoffs als Nebelsäure erhalten worden. Die die Stoßkolonne verlassenden
Restgase mit einem Gehalt von 2,95 Volumprozent S03 und 0,017 Volumprozent HCl werden
einem Schwefelsäureabsorber zugeführt, der mit 98°;',iger H2 SO, im Umpump
berieselt wird. Nach Passieren dieses Absorbers werden die Abgase mit einem Gehalt
von z,2 g/m3 SO,
und 0,45 g/m3 HCl in einen Kamin geleitet. Die tatsächlichen
Gesamtverluste betragen demnach 0,41 °jo vom eingesetzten SO:, und i, z °/,
vom eingesetzten Chlorwasserstoff.