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Herstel'lund von Chlorsulfonsäure Bei der Herstellung von Chlorsulfonsäure
sind in der Hauptsache zwei Gruppen von Verfahren zu unterscheiden, und zwar diejenigen,
bei denen die Chlorsulfonsäure allein für sich anfällt, und solche Verfahren, bei
denen die anfallende Chlorsulfonsäure im Gemisch mit anderen Stoffen, z. B. neben
konzentrierter Schwefelsäure (Monohydrat) oder aber neben Alkalibisulfat oder -pyrosulfat,
erhalten wird und aus diesem Gemisch durch eine nachfolgende Destillation abgetrennt
werden muB. Alle Verfahren der zweitgenannten Gruppe sind nicht nur dadurch den
Verfahren der erstgenannten Gruppe unterlegen, daB zur Gewinnung der Chlorsulfonsäure
eine zusätzliche Maßnahme, die trennende Destillation, notwendig ist, sondern es
hat sich vor allem durch weitere Untersuchungen erwiesen, daB die Chlorsulfonsäure
durch eine Destillation stets teilweise zersetzt wird, was nicht nur zu Verlusten
durch Bildung von Sulfurylchlorid führt, sondern auch die Reinheit der Chlorsulfonsäure
beeinträchtigt, indem der Gehalt der Chlorsulfonsäure an für ihre Weiterverwendung
wertloser, ja in gewissen Fällen sogar schädlich wirkender Schwefelsäure ansteigt,
was ebenfalls einen Verlust bedeutet.
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Die genannten Nachteile können nun bei solchen Verfahren vermieden
werden, bei denen Schwefeltrioxyd und gasförmige Salzsäure in solchen Mengen aufeinander
einwirken, daB Chlorsulfonsäure ohne Nebenerzeugnisse anfällt, sofern dabei die
bisherigen Erkenntnisse verwertet werden, nach denen eine Verunreinigung der Chlorsulfonsäure
durch Pyrosulfurylchlorid vermieden wird, wenn die Reaktion oberhalb 7o° zu Ende
läuft. Diese Temperaturbedingung ist leicht und ohne besondere Kosten einzuhalten,
wenn als Ausgangsstoffe Schwefeltrioxyd und gasförmige Salzsäure in konzentrierter
Form angewendet werden, da die Bildung der Chlorsulfonsäure eine exotherme
Reaktion
ist, die die notwendige Temperaturerhöhung von selbst zur Folge hat, so daß sogar
die überschüssige Wärme noch durch Kühlung abgeführt «erden muß. Das Schwefeltrioxvd
für die Verarbeitung auf Chlorsulfonsäure wird aus 3o- bis 35prozentigem Oleum durch
Destillation gewonnen. Dieser Arbeitsvorgang zur Gewinnung von Zooprozentigem Schwefeltrioxyd
erfordert aber besondere Anlagen und Arbeitskraft, was den Gestehungspreis der Chlorsulfonsäure
erhöht.
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Es liegt auf der Hand, daß eine wesentliche Verbilligung der Chlorsulfonsäureherstellung
möglich ist, wenn diese Destillation entfallen kann, wie es das Ziel der vorliegenden
Erfindung ist, nach der an Stelle des Zooprozentigen Schwefeltrioxyds ein mit beliebigen
Mengen Inertgas, z. B. mit Luft verdünntes Schwefeltrioxyd für die Herstellung der
Chlorsulfonsäure eingesetzt wird. Solche Gase sind z. B. die in der Schwefelsäurekontaktanlage
hinter dem Kontakt anfallenden Schwefeltrioxyd-Luft-Gemische. Fs hat sich gezeigt,
daß die Reaktion des mit Inertgas verdünnten Schwefeltrioxyds mit gasförmiger Salzsäure
ohne jede Zuhilfenahme eines Lösungsmittels für Schwefeltrioxyd, z. B. der hierfür
bereits vorgeschlagenen Chlorsulfonsäure selbst, befriedigend schnell verläuft,
sofern man die Reaktion bei Temperaturen oberhalb von 16o', vorzugsweise zwischen
16o und 2oo'`, verlaufen läßt und die gasförmig anfallende Chlorsulfonsäure von
dem Inertgas durch Kondensation in einem nachgeschalteten Kühler trennt.
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Daß bei den genannten Temperaturen auch bei Verdünnung mit Inertgasen
gute Ausbeuten erzielt werden, war nicht ohne weiteres zu erwarten. Es ist z. B.
bekannt, daß die Chlorsulfonsäure bei Temperaturen oberhalb Zoo' in Sulfurylchlorid
und Schwefelsäure zersetzt wird. Danach war bei den im erfindungsgemäßen Verfahren
gewählten Temperaturen von oberhalb 16o' gar nicht mit der Bildung von Chlorsulfonsäure
zu rechnen. Es wurde nun aber gefunden, daß sich gasförmige Salzsäure mit dem Schweteltrioxyd
z. B. eines Kontaktgases vollständig zu Chlorsulfonsäure umsetzt und daß bei den
genannten Temperaturen die Reaktion so schnell verläuft, daß auch eine etwa sekundär
mögliche Zersetzung nicht auftritt, bevor die gebildete gasförmige Chlorsulfonsäure
aus ihrem Gemisch mit Inertgas durch Kühlung unter Zoo' kondensiert und damit dem
gefährlichen Temperaturbereich der unerwünschten Zersetzung entzogen wird.
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Aus dem bereits früher gemachten Vorschlag der Verwendung lufthaltiger
Schwefeltrioxy dgase zur Herstellung von Chlorsulfonsäure konnte ebenfalls noch
keineswegs auf das Gelingen der vorliegend beschriebenen Arbeitsweise geschlossen
werden, da einmal bei dem neuen Verfahren das früher als wesentlich angesehene Lösungsmittel
für das Schwefeltrioxyd, die flüssige Chlorsulfonsäure, nicht angewandt, vielmehr
auf jedes Lösungsmittel überhaupt verzichtet wird und da andererseits die Wahl des
Lösungsmittels bei dem bekannten Verfahren beweist, daß dort in einem Temperaturgebiet
gearbeitet wird, das weit unterhalb des Siedepunkts der Chlorsulfonsäure, also wesentlich
unter i5o', liegt. Das erfindungsgemäße Verfahren arbeitet aber gerade im Temperaturgebiet
oberhalb 16o' und stützt sich dabei auf die bisher nicht bekannte Erkenntnis, daß
erst in diesem Temperaturbereich die Reaktion so schnell abläuft, daß offenbar die
hemmende Wirkung der großen Inertgasmenge aufgehoben und damit ein wirtschaftlich
arbeitendes ununterbrochenes Verfahren möglich wird.
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Auch die ununterbrochene Herstellungsweise von Chlorsulfonsäure ist
schon beschrieben worden. Hierbei wird eine stark gekühlte Lösung der Chlorsulfonsäure
vorgelegt, in der sich weitere Mengen der Säure beim Einleiten von Schwefeltrioxyd
und Salzsäuregas bilden; ein der jeweils neu gebildeten Menge entsprechender Anteil
wird durch einen Überlauf abgeführt. Hierbei ist jedoch im Gegensatz zu dem vorliegenden
Verfahren nur bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen gearbeitet worden, denn
wegen des Dampfdrucks der Chlorsulfonsäure, der bei 74 bis 75' noch i9 mm Quecksilbersäule
beträgt, wäre ein Arbeiten über 7o', das zur Vermeidung einer unerwünschten Bildung
von Sulfurylchlorid nötig ist, nicht ohne wirtschaftlich untragbare Verluste möglich,
zudem müßten sonst diese großen Abgasmengen wegen ihrer schädigenden Wirkung auf
Lebewesen und Pflanzen in einer besonderen Anlage vernichtet werden. Da aber beim
Arbeiten bei niedriger Temperatur nur eine stark mit Pyrosulfurylchlorid verunreinigte
Chlorsulfonsäure anfällt, die für bestimmte Verwendungszwecke völlig ungeeignet
ist, bringt das vorliegende Verfahren auch bei ununterbrochener Arbeitsweise einen
bedeutenden Fortschritt.
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Bei dem neuen Verfahren ist ferner eine besondere Kosten verursachende
Wärmezufuhr zur Einhaltung einer Temperatur von oberhalb 16o" im Reaktionsraum nicht
erforderlich, sofern man von solchen schwefeltrioxvdhaltigen Gasen ausgeht, die
in einer Schwefelsäurefabrik hinter dem Kontakt mit einer Temperatur von 400' und
mehr anfallen oder von 200' und mehr hinter einem Wärmeaustauscher, der in Verbindung
mit dem Kontakt steht. Bei Verwendung dieser Gase zur Oleumgewinnung muß sonst vor
der Absorption des Schwefeltrioxyds in Schwefelsäure durch eine besondere Kosten
verursachende Kühlung die vorhandene Wärme entfernt werden. Auch der Wegfall einer
solchen Kühlung ist als ein wirtschaftlicher Vorteil des vorliegenden Verfahrens
anzusehen, da die Kühlarbeit der Schwefelsäurefabrik von vornherein um den Anteil
an Kontaktgas verkleinert wird, der für die Herstellung der Chlorsulfonsäure eingesetzt
wird, was bei den bisher angewendeten Verfahren zur Herstellung von Chlorsulfonsäure
nicht der Fall war.
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Eine Ausführungsform des Verfahrens wird in folgendem Beispiel beschrieben.
Beispiel 3,73 m3/Std. Kontaktgas mit 7,29 Volumprozent Schwefeltrioxyd und einer
Temperatur von etwa 2oo', entsprechend einem Tageseinsatz von 23,3 kg Schwefeltrioxyd,
treten mit o,275 m3,Std. Zooprozentigem getrocknetem Chlorwasserstoffgas, entsprechend
einem Tageseinsatz von 10,7 kg HCl, zusammen von oben her in das Innere von
zwei konzentrisch ineinandergesteckten Rohren, durchlaufen dieses mit einer Strömungsgeschwindigkeit
von o,9 m/Sek. und treten aus dem frei in das äußere Rohr mündenden unteren
Ende
aus und in das äußere Rohr über. Dieses äußere, gegen Wärmeverlust gut isolierte
Rohr durchströmen die Gase im weiteren Verlauf von unten nach oben, wobei sie das
innere Rohr umspülen. Diese Anordnung hat den Vorteil eines Wärmeausgleiches derart,
daß von der überschüssigen Reaktionswärme, die beim ersten Zusammentreffen der Gase
im inneren Rohr in größerem Umfang auftritt, ein Teil durch die Rohrwandung an das
Gas abgegeben wird, das im äußeren Rohr nach Umsatz der Hauptmenge nur noch sehr
wenig Schwefeltrioxyd und Salzsäuregas in größerer Verdünnung enthält. Durch die
so zugeführte Wärme wird erreicht, daß die Molekularbewegung im Gas gegen Ende der
Reaktion hin nicht absinkt und so infolge der nur entsprechend der Verarmung an
S03 und HCl verringerten Vereinigungsmöglichkeit dieser Stoffe die Reaktionsgeschwindigkeit
nicht wesentlich abnimmt. Der durch die Verarmung an SO, und H
Cl
bedingten Verlangsamung der Reaktion ist noch dadurch Rechnung getragen,
daß die Strömungsgeschwindigkeit der Gase im äußeren Rohr durch entsprechende Wahl
des Querschnitts gegenüber der im inneren Rohr verringert ist, im Falle des gegebnen
Beispiels auf o,3 m!Sek.
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Die Gase verlassen das äußere Rohr am oberen Ende, durchströmen einen
Kühler, in dem die gebildete Chlorsulfonsäure durch Kondensation abgeschieden wird,
und trennen sich auf dem weiteren Wege von dem ablaufenden, gesondert aufgefangenen
Kondensat. Bei einer Temperatur von 22° am Ausgang des Kühlers werden 33,5 kg Chlorsulfonsäure,
entsprechend einer Ausbeute von 98,9 0/0, erhalten. Die Analyse ergibt einen Gehalt
der Chlorsulfonsäure von 99,420/0 S 03 H Cl, o,2i 0/0 freier H Cl, 0,34 0/0 H2 S
04, 0,03 0/" S03. Die abgehenden Gase enthalten noch 27,6 g/m3 H S 03 C1 und 15,4
g/m3 HCl. Die darin enthaltenen 18,8 g/m3 SO., werden noch in Form von Schwefelsäure
gewonnen, indem die Gase im Gegenstrom zu herabrieselnder 98prozentiger Schwefelsäure
eine kleine Kolonne durchstreichen, in der die Chlorsulfonsäure durch die Schwefelsäure
in Chlorwasserstoff und Schwefeltrioxyd zerlegt wird, das unter Bildung von Schwefelsäure
absorbiert wird. Der Verlust an Chlorwasserstoffsäure in Höhe von 24,2 g/m3 H Cl
stellt sich somit auf 2 °;', von der eingesetzten Menge.