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Verfahren zum Färben von Cellulosefasern mit direktziehenden, kupfer-
oder nickelhaltigen Azofarbstoffen Es wurde gefunden, daß Cellulosefasern in wertvoller
Weise mit direktziehenden, kupfer- oder nickelhaltigen Azofarbstoffen gefärbt werden
können, wenn man Färbebäder verwendet, die solche aliphatische Amine enthalten,
welche mindestens 2 an je 2 Kohlenstoffatome gebundene Stickstoffatome und mindestens
zwei Hydroxylgruppen aufweisen.
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Als Cellulosefasern können z. B. Baumwolle oder Leinen, aber auch
Fasern aus regenerierter Cellulose, wie Kunstseide oder Zellwolle"und ferner auch
Cellulosefasern enthaltende Fasermischungen in Betracht kommen.
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Unter direktziehenden, kupfer- oder nickelhaltigen Azofarbstoffen
sind hier komplexe Kupfer- oder Nickelverbindungen von Azofarbstoffen zu verstehen,
welche ein genügendes Ziehvermögen für Cellulosefasern und eine genügende Löslichkeit
besitzen und deshalb nach den bekannten Direktfärbeverfahren gefärbt werden können.
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Unter den aliphatischen Aminen der oben angegebenen Zusammensetzung
sind z. B. diejenigen der allgemeinen Formel
zu erwähnen, worin R1 r Wasserstoffatom, eine Alkylgruppe mit höchstens 3 Kohlenstoffatomen
oder eine
Oxymethylgruppe, R2 i Wasserstoffatom oder eine Methylgrüppe
und n eine ganze Zahl im Wert von höchstens 4., vorzugsweise aber 2 bedeuten.
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Als Beispiele seien die Basen der folgenden Zusammensetzung erwähnt
Besonders wertvolle Ergebnisse werden mit dem r, 2-Di-(ß-oxyäthylamino)-äthan der
Formel
erhalten. Abgesehen vom Gehalt an Aminen der angegebenen Art können die beim vorliegenden
Verfahren verwendeten' Färbebäder die an sich bekannten, für das Färben von cellulosehaltigen
Materialien mit Direktfarbstoffen üblichen Zusammensetzungen aufweisen. Sie können
beispielsweise außer dem Farbstoff noch Natriumsulfat und/oder Natriumcarbonat enthalten.
Das Flottenverhältnis, d. h. das Verhältnis zwischen der Menge des zu färbenden
Materials und der Menge der Färbeflüssigkeit ist im vorliegenden Falle innerhalb
besonders weiten Grenzen variierbar.
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Der Zusatz von Aminen der angegebenen Art zu den Färbebädern beeinflußt
den Färbevorgang und das Ergebnis in überraschender Weise. Die Amine wirken stark
zurückhaltend, so daß nur ein Teil des Farbstoffes auf die Faser aufzieht und der
Rest, der ohne Aminzusatz ebenfalls aufziehen würde, im Färbebad gelöst bleibt.
Dieser Gleichgewichtszustand wird bei einer gegebenen Temperatur meistens sehr rasch
erreicht, mit der Wirkung, daß bei einer Verlängerung der Färbedauer keine weiteren
Anteile des Farbstoffes aufziehen. Die Größe der zurückhaltenden Wirkung der Amine
ist bei verschiedenen Farbstoffen verschieden; sie ist im übrigen abhängig von der
Konzentration; d. h: vom Gehalt des Färbebades an Amin. Schon in sehr großer Verdünnung,
z. B. bei o, i g Amin im Liter Färbebad tritt in manchen Fällen eine sehr starke
Wirkung ein; bei einer Konzentration von 3 g Amin im Liter wird in der Regel die
maximal mögliche Zurückhaltewirkung erreicht. Bei gegebener Aminkonzentration, Farbstoffmenge
und Menge des zu färbenden Materials ist die zurückhaltende Wirkung innerhalb weiter
Grenzen konstant, d. h. unabhängig vom Flottenverhältnis. (Wie aus den vorhergehenden
Angaben ersichtlich ist, ist unter der Aminkonzentration die Anzahl der in iooo
Raumteilen Färbeflüssigkeit vorhandenen Teile Amin, unter der Farbstoffmenge und
der Menge des zu färbenden Materials die Anzahl Teile dieser Stoffe und unter dem
Flottenverhältnis das Verhältnis zwischen der Anzahl Teile des zu färbenden Materials
und der Anzahl Raumteile Färbeflüssigkeit zu verstehen.) Demgemäß erhält man aus
(in bezug auf den Farbstoff) konzentrierten oder verdünnten Färbebädern, welche
die gleiche Menge Farbstoff enthalten und die gleiche Konzentration an Amin und
gegebenenfalls an Salzen (Natriumsulfat) aufweisen, auf derselben Menge Färbegut
praktisch gleich starke Färbungen.
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Durch Zusatz von Aldehyden, insbesondere Formaldehyd, kann die zurückhaltende
Wirkung der Amine aufgehoben werden; falls dies gewünscht wird.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist eine wertvolle Bereicherung des
bisherigen Standes der Technik; es erlaubt u. a. das Färben mit direktziehenden,
kupferhaltigen Farbstoffen in besonders zweckmäßiger Weise durchzuführen.
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Wenn es sich beispielsweise darum handelt, eine größere Menge Textilmaterial
auf gleichen Farbton zu färben und hierzu mehrere Färbeoperationen notwendig sind,
so ist dies nach vorliegendem Verfahren in besonders einfacher und betriebssicherer
Weise möglich. Hierzu wird das Färbebad in der Weise angesetzt, daß es einerseits
ein Mehrfaches, z: B. das Zehnfache, der zur Erzielung des gewünschten Tones erforderlichen
Farbstoffmenge, anderseits aber soviel Amin enthält, daß nur diejenige :Menge des
vorhandenen Farbstoffes, z. B. ein Zehntel, auf die Faser aufzieht, welche die gewünschte
Farbstärke ergibt. Gegenüber den meisten Farbstoffen ist nun die zurückhaltende
Wirkung des Amins so groß, daß der bei der ersten Färbeoperation verbrauchte Farbstoff
nicht sofort bzw. nicht sehr genau ersetzt werden muß. Im allgemeinen werden auch,
wenn man den verbrauchten Farbstoff nach der ersten Operation nicht ersetzt, die
zweite und allenfalls noch weitere Färbungen im Vergleich zur ersten Färbung nur
so wenig schwächer, daß die sich zu ergebenden Stärkeunterschiede auch für das Auge
des Fachmannes gar nicht wahrnehmbar sind. Man erhält deshalb in manchen Fällen
aus dem gleichen Bade ohne Zusatz von weiterem Farbstoff in zwei bis mehreren Operationen
praktisch den gleichen Farbton. Es leuchtet auch ohne weiteres ein, daB auch in
dem Falle, wo (nach ein- oder mehrmaliger Färbung) für weitere Färbeoperationen
neuer Farbstoff zugegeben werden muß, die Menge des zuzugebenden Farbstoffes innerhalb
gewisser Grenzen frei gewählt bzw. dem voraussichtlichen weiteren Bedarf angepaßt
werden kann, ohne daß bei den weiteren Färbungen ein merkliches Abweichen vom gewünschten
gleichen Farbton eintritt. Ebenso kann, falls erst im Verlauf eines Färbevorganges
festgestellt wird, daß das gerade
im Färbebad befindliche Material
nicht mehr die erforderliche Farbstärke erreicht, ohne weiteres, während sich das
Färbegut im Färbebad befindet, neuer Farbstoff zugesetzt werden. Hierbei hat man
weder zu befürchten, daß die Färbung zu stark wird, noch besteht die Gefahr, daß
das Material ungleichmäßig angefärbt wird. Die zurückhaltende Wirkung des Amins
führt ohne weiteres den nötigen Ausgleich herbei.
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Dadurch, daß sich beim Färben nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
die endgültige Farbstärke jeweils rasch erreicht wird, können die einzelnen Färbeoperationen
auch in wesentlich kürzerer Zeit beendigt werden, als dies nach den bisherigen Direktfärbeverfahren
möglich war. Außerdem ist es nicht mehr nötig, zur Erzielung gleichmäßiger Färbungen
bei tieferer Temperatur ins Färbebad einzugehen und dann unter Bewegung der Ware
langsam zum Kochen aufzuheizen. Man kann ohne weiteres bei 9o° und höher eingehen;
das zu färbende Material oder die Färbeflüssigkeit müssen nicht mehr energisch bewegt
werden, und trotzdem erhält man, auch bei dicht gepackten Materialien, gleichmäßige
Färbungen.
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Färbungen auf cellulosehaltigen Materialien, welche mit kupfer- oder
nickelhaltigen Direktfarbstoffen nach bisher bekannten Verfahren in Abwesenheit
von Aminen der angegebenen Art hergestellt worden sind, und welche fehlerhaft, z.
B. zu stark oder unegal, herausgekommen sind, lassen sich nach dem vorliegenden
Verfahren in manchen Fällen sehr einfach korrigieren, und zwar im gleichen Färbebad
und ohne Verlust des Farbstoffes. Durch den Zusatz eines der eingangs erwähnten
Zusammensetzung entsprechenden Amins zum Färbebad wird der Farbstoff zum größten
Teil wieder von der Faser entfernt. Falls es sich um eine zu starke Färbung handelt,
kann nun der Überschuß an Farbstoff leicht weggenommen werden (durch Wegnahme einer
entsprechenden Menge der Färbeflüssigkeit, die gegebenenfalls durch Wasser ersetzt
werden kann). Nachdem nun das Färbebad zweckmäßig etwas abgekühlt worden ist, kann
die Wirkung des Amins durch Formaldehydzusatz aufgehoben und das Färben im selben
Bade mit dem nun wieder in Lösung befindlichen Farbstoff wiederholt werden.
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Die nachfolgenden Beispiele dienen zur Erläuterung der Erfindung,
ohne indessen diese irgendwie einzuschränken. Wie im vorhergehenden Text bedeuten
in den Beispielen, sofern nichts anderes angegeben ist, die Teile Gewichtsteile,
die Prozente Gewichtsprozente, und die Temperaturen sind in Celsiusgraden angegeben.
Bei den in den Beispielen vorkommenden Farbstoffen handelt es sich um handelsübliche
Formen, welche durch Salzzusatz auf eine bestimmte Typstärke gebracht wurden.
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Beispiel i Man bestellt ein Färbebad aus 6ooo Teilen Wasser, 3 Teilen
der 2 Atome komplex gebundenes Kupfer im Farbstoffmolekül enthaltenden Kupferverbindung
des Farbstoffes, den man durch Kupplung von 2 Mol diazotiertem 2-Amino-i-oxybenzol-4-sulfonsäureamid
mit i Mol 5, 5'-Dioxy-2, 2'-dinaphthylamin-7, 7'-disulfonsäure erhält, 3o Teilen
kristallisiertem Natriumsulfat und 6 Teilen i, 2-Di-(ß-oxyäthylamino)-äthan. In
dieses Färbebad geht man bei Siedetemperatur mit ioo Teilen genetzter Baumwolle
ein und kocht '/,Stunde. Nun gibt man in mehreren Portionen 6 Raumteile 3o°/oige
Formaldehydlösung zu und färbt weitere 45 Minuten kochend. Man erhält auf diese
Weise eine sehr gut durchgefärbte und gleichmäßige violette Färbung. Die Färbung
ist gleich stark wie eine nach den üblichen Methoden mit 3 Teilen des genannten
kupferhaltigen Farbstoffes hergestellte Färbung.
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Läßt man beim Färben nach den obenstehenden Angaben den Formaldehydzusatz
weg, so erhält man nach etwa 5 Minuten eine Färbung, deren Farbstärke einer nach
üblichen Methoden und ohne Amin mit 0,4 Teilen des Farbstoffes erhaltenen Färbung
entspricht (o,4°/oige Färbung). Auch nach längerer Kochdauer wird die Färbung nicht
mehr stärker. Nach Entfernung der so gefärbten ioo Teile Baumwolle aus dem Färbebad
können nacheinander im selben Bade ohne weiteren Farbstoffzusatz noch dreimal je
iooTeileBaumwolle innerhalb jei5 Minuten gefärbt werden, wobei sich jedesmal praktisch
dieselbe Farbstärke (o,4 °/o) ergibt. Falls nach diesen vier Färbeoperationen im
gleichen Bade noch weitere Färbungen von der gleichen Stärke hergestellt werden
sollen, muß jetzt dem Färbebad wieder i Teil Farbstoff zugesetzt werden, um das
Verhältnis der Farbstoffmenge zur Aminkonzentration in der ursprünglichen Größenordnung
zu halten.
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Die sich beim Färben nach obigem Verfahren (ohne Formaldehyd) ergebende
Farbstärke ist insofern temperaturabhängig, als bei einer Färbetemperatur von 2o°
eine etwa doppelt so starke Färbung erhalten wird als bei Kochtemperatur. Daraus
scheint ersichtlich zu sein, daß sich ein echtes Gleichgewicht eingestellt hat,
da eine Gleichgewichtsverschiebung zu Gunsten des im Färbebad gelösten Farbstoffes
bei höherer Temperatur durchaus möglich ist, wogegen es ausgeschlossen erscheint,
daß bei höheren Temperaturen längere Zeit zur Einstellung des Gleichgewichtes benötigt
wird als bei tieferer Temperatur.
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Dagegen ist die Farbstoffkonzentration des Färbebades innerhalb weiten
Grenzen ohne Einfluß auf die erzielte Farbstärke; demgemäß erhält man bei einem
Flottenverhältnis von i : 2o praktisch die gleiche Farbstärke wie bei einem solchen
von i : Zoo.
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Die Größe der zurückhaltenden Wirkung ist abhängig von der Aminkonzentration
des Färbebades. Wählt man an Stelle der oben angegebenen Konzentration von i Teil
i, 2-Di-(f-oxyäthylamino)-äthan in iooo Raumteilen Färbeflüssigkeit eine solche
von 0,3 Teilen in iooo Raumteilen, so erhält man eine i%ige Färbung. Bei 1,6 Teilen
Amin in iooo Raumteilen ergibt sich eine o,3°/oige Färbung: Weitere Werte, welche
die Abhängigkeit der erzielten Farbstärke von der Aminkonzentration für den obenerwähnten,
A, und drei andere Farbstoffe, B, C, D,
illustrieren, sind aus dem
Diagramm ersichtlich. In diesem bedeutet X Konzentration des i, 2-Di-(ß - Oxyäthylamino)
- äthans = Anzahl Teile in
zooo Raumteilen Färbeflüssigkeit; Y erzielte
Farbstärke, ausgedrückt in Prozenten des verwendeten Farbstoffes, die beim normalen
Färbeverfahren die gleiche Farbstärke ergeben, wie die unter Aminzusatz erhaltene
Färbung, d. h. Farbstärke, die derjenigen Farbstärke entspricht, welche beim Färben
von ioo Teilen Baumwolle ohne Amin mit Y Teilen Farbstoff erreicht wird.
Die obigen Formulierungen der Kupferkomplexe entsprechen einer häufig gebrauchten
Schreibweise: Es soll damit nichts über die tatsächliche Verteilung von Haupt- und
Nebenvalenzen bzw. . über den Hydratationszustand der Komplexe ausgesagt werden.
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Bei gegebener Aminkönzentration ist die Stärke der entstandenen Färbung
angenähert proportional dem Farbstoffgehalt des Färbebades. Verwendet man in obigem
Beispiel anstatt 3 Teile Farbstoff 8 Teile, so erhält man eine i°/oige Färbung und
mit 16 Teilen Farbstoff ergibt sich eine 2°/oige Färbung.
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Beispiel 2 ioo Teile Baumwolle werden mit 3 Teilen der komplexen Kupferverbindung
des Disazofarbstoffes aus 2 Mol diazotierter 2-Amino-i-oxybenzol-4-sulfonsäure und
1 Mol 5, 5'-Dioxy-2, 2'-dinaphthylharnstoff-
7, 7'-disulfonsäure
nach üblicher Direktfärbemethode und in Abwesenheit von Aminen gefärbt. Indem man
mit der so in violettem Tone gefärbten Baumwolle in ein kochendes Bad eingeht, das
in 6ooo Teilen Wasser 6 Teile i, 2-Di-(ß-oxyäthylamino)-äthan enthält, und das Material
etwa 1/4 Stunde bei Siedetemperatur behandelt, kann man den Farbstoff praktisch
vollständig wieder abziehen. Durch Zusatz von Formaldehyd kann man den abgezogenen
Farbstoff aus dem gleichen Bade wieder auffärben.
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Beispiel 3 i Teil der Nickelverbindung des Farbstoffes der Formel
wird in ioo Teilen heißem Wasser gelöst. io Teile dieser Stammlösung werden in ein
Färbebad von 26o Teilen Wasser, 3o Teilen io°/oiger Natriumsulfatlösung gegeben
und 0,3 Teile i, 2-Di-(ß-oxyäthylamino)-äthan zugefügt. Man geht bei Kochtemperatur
mit io Teilen Baumwolle in das Färbebad ein und gibt nach 1/4 Stunde 3 Teile einer
3, 3 °/ o igen Formaldehydlösung innerhalb 1/4 Stunde zu. Dann wird noch 1/Z Stunde
bei gleicher Temperatur weiter gefärbt, gespült, abgeschleudert und getrocknet.
Man erhält eine rotstichigblaue Färbung von hervorragender Egalität und Durchfärbung.