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Frischen des Eisens nach dem Roheisen-Erz-Verfahren im basischen Konverter
Es ist bereits vorgeschlagen worden, flüssigen Kal'kferrit in den Konverter zuzugeben
(Stahl und Eisen, 1938, S.1143, Aussprache). Dieser Vorschlag ist aber im
üblichen, mit Luft geblasenen Konverter undurchführbar oder unwirtschaftlich. Abb.
1 der Zeichnung zeigt das Schmelzdiagramm des Systems Kalk-Eisenoxyd. Man ersieht
daraus, daß der Schmelzpunkt mit erhöhtem Kalkgehalt schnell steigt. Aus Rücksicht
auf die praktische Schmelzbarkeit ödes Kalkferrits kämen nur Mischungen mit mehr
als 5oolo Fez03 (Erz) in Betracht. Nun verlangt i t Thomaseisen zur Verschlackung
des Phosphors beispielsw=eise 12o kg Kalk. Um diesen Kalk als Kalkferrit zu verflüssigen,
müßte man mindestens 12o kg oder mehr Eisenoxyd oder Eisenerz je Tonne zugeben.
Die Wärmebilanz eines mit Luft geblasenen Konverters läßt aber eine so große Erzmenge
nicht zu, weil der Wärmeüberschuß in.diesem Konverter zu gering ist, um eine so
große Erzmenge zu reduzieren. Laut Versuchen (Stahl und Eisen, 1937, S. 866) betrug
die zulässige Erzmenge je Tonne Thomaseisen nur 34 kg. Die Menge des Erzes würde,
falls als flüssiger Kalkferrit eingeführt, wohl höher werden, jedenfalls aber im
luftgeblasenen Konverter bei weitem nicht genügen, um mit Kalk in schmelzbaren Kalkferrit
übergeführt zu werden. Würde manaber .nur einen Teil des benötigten Kalkes mit Eisenerz
zusammenschmelzen und den übrigen Teil kalt in den Konverter aufgeben, so würde
das Verfahren sich kaum lohnen.
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Ferner ist bereits vorgeschlagen, Thomaseisen mit konzentriertem Sauerstoff
auf wassergekühltem Boden unter Sonderkühlung der Düsenspitzen zu
verblasen.
Die Schwierigkeit bei diesem Verfahren besteht in der außerordentlich starkenBeanspruchung
der Düsen in der Nachblasezeit und deren Gefährdung im Dauerbetrieb. Beispielsweise
ist der nötige Wärmeentzug viermal höher als in der Entkohlungsperiode, um die Düsen
in der Nachblasezeit mit konzentriertem Sauerstoff zu erhalten..
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Der Gegenstand der vorliegenden Erfindung besteht in der bewußten
Vereinigung zweier an sich bekannter Verfahren, nämlich in der gleichzeitigen Verwendung
des flüssigen Kalkferrits und konzentriertem Sauerstoff im Gebläsewind. In dieser
Vereinigung werden die Schwierigkeiten, die den beiden Verfahren bei der Einzelanwendung
anhaften, behoben, und als Endergebnis folgt als metallurgische Errungenschaft die
praktische Verwirklichung des Roheisen-Erz-Verfahrens .im Konverter.
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In einem Anwendungsbeispiel sei das durchgeführte Verfahren beschrieben.
Es wurde ein basisch ausgekleideter i-t-Versuchskonverter mit wassergekühltem Boden
und einer Sonderkühlung der Düsenspitzen angewendet. Als Gebläsewind diente Sauerstoff,
beispielsweise mit 95% 02 und 5 % N2. Kalkferrit wurde außerhalb des Konverters
in einem Sonderofen aus beispielsweise 16o kg 64%igem Eisenerz und 135 kg Stahlwerkskalk
zusammen geschmolzen. Irr ,der Versuchseinrichtung war der Kalkferritofen so eingerichtet,
daß der flüssige Kalkferrit während des Blasens allmählich in den Konverter gekippt
werden konnte. Zum Befördern und Zugießen des flüssigen Kalkferrits im Großbetrieb
kann man beispielsweise auch einen Schlackentopf oder eine Pfanne benutzen. Nach
dem Eingießen von iooo kg Thomaseisen wurde mit Sauerstoff geblasen.
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Von Wichtigkeit erwies sieh die Zeit und die Geschwindigkeit des Zugießens
von Kalkferrit. Es zeigte sich als zweckmäßig, erst dann mit dem Zugießen von Kalkferrit
zu beginnen, wenn die Temperatur des Metalls durch Blasen die Höhe erreicht hatte,
bei der die Schlacke dünnflüssig und reaktionsfähig bleiben konnte. Ferner mußte
man anstreben, daß das Zugießen der nötigen Schlackenmenge kurz vor dem Ende des
Blasens beendet war. Abb.2 zeigt den Beginn und das Ende des Zugießens von Kalkferrit.
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Die Stärke des zufließenden Schlrackenstromes wurde so geregelt, daß
der Auswurf möglichst gering war. Meistens konnte man während der ersten Hälfte
des Zugießens den Schlackenstrom stärker halten, weit das Eisenoxyd sich hier zum
großen Teil mit Phosphor umsetzte und dieser Umsatz keine Gase entwickelte. Gegen
Ende des Zugießens verminderte man meistens den Kalkferritstrom, weil jetzt das
Bad wegen der erhöhten Umsetzung von Kohlenstoff mit Eisenoxyd unter Bildung von
Kohlenmonoxyd zum Auswurf neigte. Wesentlich war ein .allmähliches Zugießen der
Schlacke unter Beachtung der erwähnten Bedingungen. Bei einem größeren. Konverterraum,
beispielsweise von 1,3 m3 je i t Metall und konzentriertem Sauerstoffwind, läßt
sich der Auswurf fast ganz vermeiden. Bei der beschriebenen Arbeitsweise wurde das
langerstrebte Ziel der Ei(senhüttenleute, die Vorverlegung der Entphosphorung vor
@dieEntkohlung, mit Leichtigkeit erreicht. Abb. 2 zeigt den Oxydationsvorgang in
der Metallschmelze. Der Phosphorgehalt ist schon beispielsweise 3 Minuten vor dem
Übergang herunter auf o,o5 %, zu einem Zeitpunkt, da der Ko'hlenstoffge'halt noch
o,8% beträgt. Meistens beobachtete man auch den sogenannten M.anganbuckel, der auch
aus der Abb. 2 zu ersehen ist.
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Besonders günstig war das Ausbringen an Stahl. Aus iooo kg Roheisen
erhielt man iooo kg Stahl schon in diesem kleinen Versuchskonverter. Bei Großbetrieb
berechnet sieh das Ausbringen auf etwa ioio kg je iooo kg des jetzt üblichen Thomaseisens.
Das wäre etwa iio kg mehr Stahl je i t Roheisen als beim üblichen Thomasverfahren
ohne Schrott- und Erzzuschlag.
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Man erreicht durch starke Sauerstoffkonzentration im Gebläsewind und
gleichzeitige Anwen dung von flüssigem Kalkferrit also folgende Vorteile: a) Der
Erzanteil im Zuschlag wird im Verhältnis zu Kalk so hoch, daß es gelingt, den gesamten
Kalk oder doch den größten Teil des Kalkes als Kalkferrit in flüssigem Zustand zuzugeben,
während bei den bekannten Verfahren der Anteil :des Erzes so klein ist, daß die
Mischung von Gesamtkalk und Erz praktisch unschmelzbar ist.
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b) Die Menge des als Kalkferrit zugegebenen Erzes ist beispielsweise
bis fünfmal höher als im luftgeblasenen Konverter, wodurch das Ausbringen an Stahl
im Vergleich mit bekannten Konverterverfahren außerordentlich steigt und das Roheisen-Erz-Verfahren
im Konverter zuerst praktisch durchführbar geworden ist.
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c) Durch eine frühzeitige basische und reaktionsfähige Schlacke wird
die Entphosphorung vor die Entkahlung gelegt. Dias ermöglicht z. B. die Erzeugung
eines billigen, für das Duplexverfahren vorteilhaften Vormetalls, das niedrig in
Phosphor, aber hoch .in Kohlenstoff ist, so daß ein Zusetzen von Roheisen sich erübrigt.
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Eine weitere, vielleicht sogar noch wichtigere Folge der Entphosphorung
während der Entkohlung ist die weitgehendste Verlängerung der Lebensdauer des Düsenbodens
bei erhöhtem Sauerstoffgehalt im Gebläsewind. Durch wiederholte Messungen wurde
festgestellt, daß beim Blasen mit konzentriertem Sauerstoff der Wärmeangriff, gemessen
als Wärmeentzug, an den Düsenspitzen während der Nachblasezeit beispielsweise viermal
so hoch ist als in der Entkohlungszeit, wodurch die Düsen in der Nachblasezeit stark
gefährdet werden. Durch Vorverlegung ,der En.tphosphorung ;in: die Entkohilung:szeit
fällt die Nachblasezeit fort, was sich für die Haltbarkeit der Düsen besonders günstig
auswirkt.
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d) Nach der Abb. ii im Aufsatz »Experimentelle Untersuchung des Thomasprozesses«
von Wüst und Laval in »Stahl und Eisen«, igo9, S. 130, ist im gewöhnlichen Konverter
zwischen der vierten und .achtenMinute des Blasens ein relativerWärmemangel,
dagegen.
,bei der Phosphorverbrennung am Schluß des Blasens ein großer Wärmeüberschuß. Bei
dem vorliegenden Verfahren .ist die Wärmeentwicklung viel ausgeglichener, weil der
kalte Kalk ausbleibt und die Entphosphorung schon. nach der vierten Minute beginnt.
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Das Verfahren ist nicht beschränkt auf das Blasen mit konzentriertem
Sauerstoff .in einem Konverter mit einem metallischen, wassergekühlten Boden. Laut
ausgeführten Berechnungen dürfte das Verfahren auch durchführbar sein bei einem
Dolomit- oder Magnesitboden bei :allerdings stärkerer Anreicherung des Sauerstoffes
im Gebläsewind, als es bis jetzt üblich ist. Eine Ursache, warum man bei den. Dolomitböden
mit 02 Anreicherung nicht viel über 3o °/o Sauerstoff im Gebläsewind ging, war der
schnelle Verbrauch des Bodens in der Nachblasezeit. Durch Vorverlegung der Entphosphorung
fällt dieses Hindernis fort, und die zulässigeGrenze der Sauerstoffanreicherung
verschiebt sich nach oben und wird wahrscheinlich zwischen 35 und 5o °/o Sauerstoffgehalt
im Winde liegen. Abb. 3 zeigt die Zusammenhänge zwischen Sauerstoffgehalt im Winde
einerseits, dem aus dem Winde ,ausgeschiedenen Stickstoff andererseits und den damit
zusammenhängenden Wärmeersparnissen. Der Hauptgewinn bei der Ausscheidung des Stickstoffes
oder Anreicherung des Windes mit Sauerstoff ist die ersparte Wärmemenge, die sonst
mit dem Stickstoffballast in den Abgasen aus dem Konverter ausgetragen wird. Dieser
Wärmegewinn ist verhältnisgleich dem Prozentsatz des ausgeschiedenen Stickstoffes
und beträgt rund ioo kcal je Kilogramm verblasenen Roheisens bei gänzlicher Ausscheidung
des Stickstoffes.
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Bei Arbeiten mit flüssigem Kal'kferrit auf einem Dolomitboden und
mit einem Gebläsewind von beispielsweise 35o/oigem Sauerstoff ist schon dieHälfte
des Stickstoffballastes ausgeschieden und erspart schon 5o kcal/kg Roheisen. Laut
Berechnungen ist es möglich, bei günstigen Bedingungen den gesamten Kalk mit Erz
zu verflüssigen, das meiste Erz imKonverter zu reduzieren und einMehrausbringen
an Stahl von beispielsweise 85 @kg je Tonne Roheisen zu erzielen.