-
Verfahren und Vorrichtung zum Ziehen von Hohl- und Vollwerkstü&en
Bekanntlich werden Voll- oder Hohlwerkstücke, wie Rohre, Stangen, Stäbe, Drähte
usw., im allgemeinen durch Ringe, Zieheisen, Ziehdüsen od. dgl. Werkzeuge im warmen
oder kalten Zustand gezogen, um sie auf diese Weise im Querschnitt zu verringern.
Die Werkzeuge müssen auch beim Warmzug aus Sonderwerkstoff hergestellt sein, um
den Beanspruchungen standzuhalten, die beim Verformungsvorgang unter formgebender
Mitarbeit des Werkzeuges auftreten. Der Verschleiß an Werkzeugen macht ein häufiges
Auswechseln notwendig, und außerdem bedarf es genauer überwachung des Ziehvorganges,
um zu verhindern, daß infolge von Zunderbildung an dem zur Gänze erwärmten Werkstück
Beschädigungen der verformten Oberfläche, wie Riefenbildungen od. dgl., eintreten.
Der Warmzug macht auch das Bereitstellen umfangreicher Ofen erforderlich, um die
notwendige Menge an erwärmten Werkstücken für das Ziehen zur Verfügung zu haben..
-
Diese Schwierigkeiten können ausgeschaltet werden, wenn die Verformungsstelle
während der Einwirkung mechanischer Zugbeänspruchung elektroinduktiv mittels einer
das Werkstück umfassenden Spule auf Verformungstemperatur erhitzt wird. So ist es
bereits bekannt, eine feststehende induktive Heizeinrichtung zum Ziehen von Draht
zu verwenden. Der Draht läuft von der Beschickungsrolle mit der erforderlichen,
der Zugkraft entgegenwirkenden Halte- oder Klemmkraft ab und wird
auf
der Fertigrolle mit einer bestimmten Zugkraft aufgewickelt. Durch das bekannte Verfahren
wird erreicht, daß die Ziehwerkzeuge überflüssig und damit die Werkstoffe, die zu
ihrer Herstellung und Erneuerung erforderlich sind, entbehrlich werden. Es ist ferner
nicht mehr erforderlich, das Werkstück zur Gänze auf Verformungstemperatur zu bringen,
so daß die gesamte Ziehanlage keiner Öfen bedarf. Es sind ferner sämtliche Schwierigkeiten
ausgeschaltet, die mit einer erheblichen Verzunderung der Werkstoffe zusammenhängen;
denn im Gegensatz zu dem üblichen Erhitzen in öfen erfolgt das elektroinduktive
Erwärmen derart rasch, daß eine nennenswerte Verzunderung Oberhaupt nicht beobachtet
wird.
-
Beim Ziehen von Stangen, Rohren od. dgl. ist das bekannte Verfahren
nicht ohne weiteres anwendbar; es ist vielmehr gemäß der Erfindung notwendig, die
Spule und damit die Erhitzungszone während des Zichvorganges entsprechend der Querschnittsabnahme
am Werkstück längs zu bewegen. Dabei wandert die Heizspule entweder entgegen der
Ziehrichtung, wenn das noch nicht verforrnte Stangenende feststeht, oder in Ziehrichtung,
wenn das verformte Ende der Stange sich nicht bewegt. Auch beim Drahtziehen kann
es unter Umständen nützlich sein, mit einem bewegten Induktor zu arbeiten.
-
Ferner besteht unter Verwendung eines bewegten Induktors dieMöglichkeit,
die0uerschnittsabnahme besonders zu regeln und untir Umständen sogar sprunghafte
oder kontinuierliche Querschnittsübergänge zu schaffen.
-
Alle diese Möglichkeiten sichern dem Verfahren des Ziehens von Werkstücken
unter mechanischer Zugspannunk und elekt#roinduktiver Erhitzung der Verformungsstelle
weite Anwendung.
-
Im einzelnen kann das Verfahren wie folgt ausgeübt werden: Das Werkstückende
wird festgehalten und die Spule entgegen der Ziehrichtung mit einer der Werkstoffabnahme
entsprechenden Geschwindigkeit bewegt. Es ist lediglich erforderlich, das Werkstück
an der Einlaufseite beispielsweise durch Rollen od. dgl. so zu führen, daß die Wandun
'gen des nicht verformten Werkstückes gleichbleibende Abstände von der Spule erhalten.
Der Zug, der am verformten Ende ausgeübt wird, nachdem das Werkstück in an sich
bekannter Weise mit einer Angel versehen worden ist, muß unter Berücksichtigung
desFormänderungsvermögens des Werkstoffes eingestellt werden.
-
Es ist aber auch möglich, das Werkstück am verformten Ende festzuhalten
und am nicht verformten Ende den Zug auszuüben, während die Spule in Ziehrichtung
wandert.
-
Ferner ist es möglich, die Spule ruhend anzuordnen und sowohl das
verforrnte als das nicht verformte Werkstückende unter Zugbeanspruchung zu bewegen,
und zwar beide Enden in gleicher Richtung, jedoch mit verschiedenen Geschwindigkeiten.
-
Die einzelnen Ausführung'Sformen gestatten die Einstellung einer bestimmten
Querschnittsabnahrne durch den Ziehvorgang, indem dieRelativgeschwindigkeit zwischen
Spule und Werkstück an der Verformungsstelle geregelt wird. Selbstverständlich ist
hierbei nicht nur das Formänderungsvermögen des Werkstoffes zu berücksichtigen,
sondern auch die Fließgeschwindigkeit, die dem Werkstoff zugemutet werden kann.
Welche Relativgeschwindigkeit zwischen Spule und Werksück eingestellt werden muß,
ergibt sich für jeden einzelnen Fall durch einige Stichversuche. Die Einstellung
der für den betreffenden Fall richtigen Relativgeschwindigkeit ist verhältnismäßig
einfach, da nicht nur die Ziehgeschwindigkeit, die im Werkstück ausgeübt wird, sondern
auch die Wanderungsgeschwindigkeit der Spule jede für sich regelbar sind.
-
Wird die Relativgeschwindigkeit zwischen Werkstück und Spule über
die ganze Ziehlänge des Werkstückes gleichmäßig aufrechterhalten, so ergibt sich
ein Werkstück gleichförmigen Querschnittes. Es ist aber auch möglich, den Ziehvorgang
so zu leiten, daß unterschiedliche Querschnittsabnahmen über der Ziehlänge erzeugt
werden. Dies gelingt dann, wenn die Relativgeschwindigkeit zwischen Werkstück und
Spule stetig oder sprunghaft geändert wird.
-
Obwohl durch diese Mittel im allgemeinen bereits eine hinreichende
Abwandelbarkeit der erzeugten Querschnittsabmessungen und Formen erreicht wird,
ist es auch möglich, mehrere Spulen hintereinander auf die Ziehlänge, einwirken
zu lassen, so. daß im unmittelbaren Zug beispielsweise Rohre mit sehr erheblich
unterschiedlichen Durchmessern übe#r die, Zichlänge erzeugt werden können.
-
An die Spule, die zu diesem Verfahren verwendet wird, ist die Forderung
zu stellen, daß sie ausschließlich die jeweils durch den Zug zu verformende Stelle
des Werkstückes erwärmt. Hierzu sind schmale und an der Innenwandung glatte Spulen
geeignet, die eine nur wenig größere lichte Weite aufweisen, als dem Durchmesser
des noch nicht verformten Werkstückes entspricht. Gelegentlich kann es bei Werkstoffen
mit besonders geartetem Fließvermögen auch zweckmäßig sein, die Spule düsenartig
dem Verformungsvorgang anzu passen, also beispielsweise die Innenwandung der Spule
'konisch auszubilden, gegebenenfalls auch mit einer Kurvenform auszurüsten. An der
Einlaufseite einer solchen Ziehspule und insbesondere im konischen Teil kann eine
höhere Ampere-Windungszahl vorgesehen werden als am Auslauf. Es ist ferner möglich,
die Spule so zu schalten, daß das Verhältnis der Ampere-Windungszahlen zwischen
Einlauf und Auslauf geändert wird, indern wahlweise einzelne Windungen oder Windungsgruppen
in Reihe oder parallel geschaltet werden. Es kann auf diese Weise den Bedingungen
Rechnung getragen werden, die sich durch unterschiedlicheQuerschnittsabnahmen, unterschiedlicheWerkstoffeigenschaften
u. dgl. mehr ergeben.
-
Stets ist dafür Sorge zu tragen, daß während des Verformungsvorganges
zwischen der Spuleninnenwandung und der Oberfläche des Werkstückes an keiner Stelle
Berührung eintritt. Dies ist nicht
nur erforderlich, um einer mechanischen
Beschädigung oder gar Zerstörung der Spule vorzubeugen, sondern auch aus elektrischen
Gründen, um die an die Einhaltung eines gewissen Kopplungsspaltes zwischen Induktor
und Werkstück gebundene Heizcharakteristik nicht zu beeinträchtigen.
-
Durch Anordnung einer Kühleinrichtung hinter der Spule wird der verformte
Werkstoff sofort verfestigt, unter Umständen unmittelbar vergütet.
-
Das Verfahren kann ausgeübt werden an Hohl-und Vollwerkstücken aus
den verschiedensten Werkstoffen, wie beispielsweise Stahl, Kupfer, Aluminium od.
dgl. Mit dem Verfahren werden nicht nur die beim üblichen Warmziehen auftretenden
Schwierigkeiten und Unbequemlichkeiten beseitigt und durch eine einfachere und wirtschaftlichere
Erzeugung ersetzt, sondern es bietet darüber hinaus die Möglichkeit, volkommen neuartige
Erzeugnisse herzustellen. Durch geeignete Einstellung der Ziehgeschwindigkeit und
gegebenenfalls der Bewegungsgeschwindigkeit der Spule kann von einem verhältnismäßig
dickwandigen Rohr ausgehend ein Kapillarrohr aus Stahl oder auch aus anderen Werkstoffen,
wie Kupfer od. dgl., erzeugt werden, Das Kapillarrohr kann unmittelbar im Anschluß
an den Zug auf Rollen gehaspelt werden. Es können ferner, wie bereits erwähnt, Rohre
oder Stangen mit abgesetzten Querschnitten erzeugt -werden, und darüber hinaus ist
es möglich, diese Erzeugnisse mit knotenartigen Verdickungen zu'versehen, beispielsweise
indem stellenweise die Erwärmung ausgeschaltet und damit eine Verformung unterbundeil
wird. Auf diese Weise lassen sich sog. Knotenrohre herstellen, die in Abständen
mit Wandverstärkungen versehen sind, die die Aufgabe haben, die freie Knicklänge
des Rohres zu unterteilen. Ein solches Rohr kann stärker belastet werden als ein
knotenfreies Rohr gleichen Durchmessers und gleicher Wandstärke.
-
Die Anwendung des Verfahrens ist nicht auf die Herstellung der im
einzelnen beschriebenen Erzeugnisse beschränkt, es kann vielmehr für die verschiedensten
Warmziehvorgänge benutzt werden.