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Verfahren zur Herstellung von Gerbstoff-Borsäure-Verbindungen Die
Erfindung bezieht sich auf die Herstellung von Gerbstoff-Borsäure-Verbindungen,
die gegenüber den Ausgangsgerbstoffen eine stärkere gerbende Wirkung aufweisen und
außerdem den Vorteil besitzen, besonee:s haltbare Lösungen zu liefern.
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Zur Herstellung dieser Verbindungen werden reine veg-tabilische Gerbstoffe,
wie Pflanzenextrakte, z. B. Ouebracho, Valonea, Catechu, Fichtenrindenextrakt, Tannine,
Catechine, Ellagene, ferner synthetische Gerbstoffe, welche eine den vegetabilischen
Gerbstoffen ähnliche Struktur aufweisen wie auf synthetischem Wege hergestellte
Gerbsäuren oder deren Verbindungen, z. B. Verbindungen der Gallussäure, Ellagsäure
oder des Catechins, und Borsäure in einem organischen Lösungsmittel zusammengebracht,
das sowohl den Gerbstoff als auch die Borsäure löst. Man kann aber auch Gerbstoffe
enthaltende Pflanzenteile mit einem derartigen Lösungsmittel extrahieren und dem
so erhaltenen Extrakt die erforderliche Menge an Borsäure zusetzen. Als Lösungsmittel
kommen z. B. niedrigmolekulare Alkohole, wie Methylalkohol, Äthylalkohol, n- und
Isopropylalkohol, Butylalkohole, Amylalkohole, Allylalkohol und Propargylalkohol;
niedrigmolekulare Fettsäuren, wie Ameisensäure, Essigsäure, Propionsäure usw.; Acetaldehyd;
Ketone, wie Aceton, Methyläthylketon od. dgl. ; Ester, und zwar vornehmlich Ester
der genannten Alkohole mit den genannten Fettsäuren und Äthyläther in Betracht.
Ferner sind auch Gemische dieser Lösungsmittel anwendbar. Derivate der genannten
Lösungsmittel eignen sich dann zur Herstellung von Borsäure-Gerbstoff-Verbindungen,
wenn die Substituenten das Lösungsvermögen gegen Borsäure und Gerbstoff nicht wesentlich
beeinträchtigen.
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Die Gerbstoff-Borsäure-Verbindungen bilden sich bereits bei gewöhnlicher
Temperatur unmittelbar
nach dem Zusammenbringon -der Komponenten
in Gegenwart des zur Anwendung gelangenden Lösungsmittels; erwärmen begünstigt die
Reaktion. Die Menge der benötigten Borsäure richtet sich nach dem zur Anwendung
gelangenden Gerbstoff und kann nach den üblichen Verfahren der analytischen Chemie
ermittelt werden. Die handelsüblichen reinen vegetabilischen Gerbstoffe benötigen
etwa io bis 15 Gewichtsprozent an Borsäure.
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Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhältlichen Gerbstoff-Borsäure-Verbindungen
lassen sich durch Verdunstung des Lösungsmittels leicht in fester Form gewinnen;
sie stellen Komplexverbindungen dar und können durch Umkristallisieren aus einem
geeigneten Lösungsmittel, z. B. Essigester, ohne Veränderung zu erleiden, gereinigt
werden.
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Die Doppelverbindungen sind wesentlich stärkere Säuren sowohl wie
Borsäure als auch wie die entsprechende Gerbsäure. Beispiel i Man löst 25,5 Gewichtsteile
reines Tannin und 4,5 Gewichtsteile Borsäure in 7o Gewichtsteile (96volumprozentig)
Äthylalkohol. Nach einstündigem Stehen bei Zimmertemperatur kann der Alkohol durch
Destillation entfernt werden. Als Rückstand verbleibt die entstandene Borsäure-Tannin-Verbindung.
Beispiel 2 Man löst 25,5 Gewichtsteile Tannin und 4,5 Gewichtsteile Borsäure in
7o Gewichtsteile Aceton. Nach ungefähr einstündigem Stehen bei Zimmertemperatur
kann das Äceton von der entstandenen Borsäure-Tannin-Verbindung abdestilliert werden.
Beispiel 3 Man extrahiert Eichenrinde mit absolutem Methylalkohol und setzt dem
Extrakt die vorher analytisch ermittelte Menge Borsäure zu. Nach einstündigem Stehen
kann das Lösungsmittel von der entstandenen Gerbstoff-Borsäure-Verbindung abdestilliert
werden. Beispiel 4 plan extrahiert die Rinde des Granatapfelbaumes mit einem Gemisch
aus 9o Volumteilen Äthylalkohol (96°/Qig) und io Volumteile Äther; hierauf versetzt
man den Extrakt mit der vorher analytisch ermittelten Menge an Borsäure, läßt i
Stunde bei Zimmertemperatur stehen und destilliert dann das Lösungsmittel von der
entstandenen Borsäure-Gerbstoff-Verbindung ab. Beispiel 5 -Man löst 2o Gewichtsteile
Pentadigalloylglucose und 5 Gewichtsteile Borsäure in 7o Gewichtsteile 96volumprozentigen
Äthylalkohol. Nach mehrstündigem Stehenlassen bei Zimmertemperatur erhält man eine
Lösung von Borsäure-Pentadigalloylglucose, die als solche beständig ist und aus
welcher man z. B. durch Abdestillieren die reineVerbindungisolieren kann.
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Wenn man Borsäure und einen der eingangs genannten Gerbstoffe in einem
Lösungsmittel für beide Komponenten, z. B. Methylalkohol, zusammenbringt, und hierauf
mit methylalkohohscher Bariumhydroxydlösung titriert (Zeitschrift zur Untersuchung
der Nahrungs- und Genußmittel sowie der Gebrauchsgegenstände, Hefti, 5. Jahrg. Springer-Verlag),
dann benötigt man weniger Bariumhydroxyd als die Summe der Komponenten (Gerbstoff
und Borsäure) erwarten ließ. Diese Methode ermöglicht es, auf einfache Weise zu
erkennen, ob ein Lösungsmittel zur Herstellung einer Borsäure-Gerbstoff-Verbindung
geeignet ist und beweist im besonderen Falle, daß Borsäure und Gerbstoff tatsächlich
eine chemische Verbindung eingehen. Außerdem kann man auf diese Weise feststellen,
wieviel Borsäure ein bestimmter Gerbstoff zu binden vermag.
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Im nachstehenden wird beispielsweise die Titration an einem technischen
Tannin näher erläutert.
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i. 0,25 g Tannin werden in io cm3 absolutem Methylalkohol gelöst
und mit
Bariumhydroxydlösung titriert. Als Indikator wird Phenolphthalein verwendet. Der
Endpunkt wird durch Tüpfeln ermittelt. Verbrauch an
7,28 cm'.
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2. o,25 g Tannin und o,25 g Borsäure werden in io cm3 absolutem Methylalkohol
gelöst und mit
Bariumhydroxydlösung titriert. Als Indikator wird Phenolphthalein verwendet. Der
Endpunkt wird durch Tüpfeln festgestellt. Verbrauch an
14,38 cm3.
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3. 0,25 g Borsäure werden in io cm3 absolutem Methylalkohol
gelöst und mit
Bariumhydroxydlösung titriert. Als Indikator wird Phenolphthalein verwendet. Verbrauch
an
8,2i cm3, entsprechend o,2498 g Borsäure, d. s. 99,92 Gewichtsprozent der eingewogenen
Borsäuremenge.
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Demnach ist der Verbrauch an Bariumhydroxydlösung durch die Borsäure-Tannin-Verbindung
ein geringerer als der Summe aus dem Verbrauch für das Tannin (7,28 cm3) und für
die Borsäure (8,2i cm3) entsprechen würde. Diese Differenz beträgt im obigen Beispiel
i,ii cm3.
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Durch stufenweise Steigerung des Borsäurezusatzes zur methylalkoholischen
Gerbstofflösung, beginnend mit einer zur Bildung der Borsäure-Gerbstoff-Verbindung
unzureichenden Menge bis zu einem Überschuß an Borsäure und Eintragung der verbrauchten
Menge an Bariumhydroxydlösung in Kubikzentimeter in ein Koordinatensystem kann durch
graphische Interpolation die genaue Menge der durch Bildung der -Borsäure-Gerbstoff-Verbindung
erforderlichen Borsäuremenge ermittelt werden.
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Ein anderer Weg zur Ermittlung der erforderlichen Borsäurerrienge
ist der, daß man den Gerbstoff mit überschüssiger Borsäure in einem der genannten
Lösungsmittel umsetzt, das Lösungsmittel verdampft,
den Rückstand
vom Borsäureüberschuß durch Umkristallisieren befreit und dann durch Elementaranalyse
den Borsäuregehalt der Doppelverbindung feststellt. Beim Umkristallisieren, z. B.
mit Essigster, kristallisiert zuerst die freie Borsäure aus, während sich die Borsäure-Gerbstoff-Verbindung
im Rückstand anreichert.
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Im folgenden ist die Analyse einer Borsäure-Tannin-Verbindung beschrieben,
die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt wurde. Die Doppelverbindung
wurde so lange aus Essigester umkristallisiert, bis ihre Zusammensetzung konstant
blieb. Die Analyse ergab C=46,50;`11, H=2,4oi" 0=36,911%o, H3B0,=r4,2°;'o. Für den
Fall, daß die bei der erfindungsgemäßen Herstellung der Gerbstoff-Borsäure-Verbindung
erhältlichen Lösungen (Extrakte) unmittelbar zur Anwendung gelangen sollen, können
diesen gerbend wirkenden Lösungen oder den bei der Herstellung der Gerbstoff-Borsäure-Verbindungen
verwendeten Lösungsmitteln bzw. Lösungsmittelgemischen oder einzelnen Bestandteilen
der letzteren verschiedenartige, gegenüber den zur Anwendung gelangenden Lösungsmitteln
bzw. den sonstigen Bestandteilen der Lösungen indifferente und in diesen oder in
den zur Herstellung derselben dienenden Lösungsmitteln lösliche Stoffe zugesetzt
werden. Als derartige Stoffe kommen z. B. organische Säuren, Alkohole, Ester 11d.
dgl., die auf Grund ihres hohen Molekulargewichtes bzw. ihrer Reaktionsträgheit
bei gewöhnlicher Temperatur keine Neigung zur Veresterung zeigen, in Betracht. Ein
Zusatz solcher Stoffe beeinflußt die sonstige Zusammensetzung der Lösungen bzw.
Lösungsmittelgemische nicht. Man kann daher z. B. höhere Fettsäuren, wie Laurinsäure,
höhere aliphatische Alkohole, wie Myricylalkohol, natürliche oder künstliche Wachse,
wie Bienenwachse 11d. dgl., den Lösungen bzw. den Lösungsmitteln hinzufügen. Als
besonders zweckmäßig hat sich der Zusatz solcher Stoffe erwiesen, die für sich eine
spezifische Wirkung aufweisen, wie z. B. weichmachende, wasserdichtmachende, färbende,
bakterizide, insektizide oder insektifuge Stoffe oder Gemische solcher Stoffe, sofern
sie den vorher genannten Bedingungen entsprechen.
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Auf diese Weise können Lösungen hergestellt werden, die entweder selbst
gegen Infektion, Fäulnis, 11d. dgl. geschützt sind, oder aber Lösungen, die auf
die damit zu behandelnden Materialien nicht nur gerbend wirken, sondern diesen auch
noch gleichzeitig andere Eigenschaften, wie Geschmeidigkeit, erhöhte Wasserfestigkeit,
Widerstandsfähigkeit gegen Infektion oder Insektenbefall, Farbeffekte 11d. dgl.
verleihen.
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Zweckmäßig werden die gerbend wirkenden Lösungen, vorzugsweise kurz
vor ihrer Verwendung, durch Zusatz von Säuren, wie Ameisensäure, Essigsäure, Propionsäure
oder deren Derivate, in Mengen bis zu 1ß 0,1, auf einen für den beabsichtigten Verwendungszweck
geeigneten Säuregehalt eingestellt.
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Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhältlichen, gerbend wirkenden
Lösungen können nicht nur bestimmungsgemäß zum Gerben tierischer Häute, insbesondere
zur Herstellung feiner, lichter Ledersorten, sondern beispielsweise auch zur äußerlichen
Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers bei durch Pilz- bzw. Bakterienarten
hervorgerufenen, z. B. unter der Bezeichnung Mykosen bekannten Krankheitserscheinungen
dienen. Die Behandlung erkrankter Körperstellen mit erfindungsgemäßen Lösungen führt
in verhältnismäßig kurzer Zeit zur Abheilung; außerdem sind auf diese Weise behandelte
Stellen der Haut Neuinfektionen nicht oder nur sehr schwer zugänglich.