-
Verfahren zur Herstellung von Äthylenglykol Die bisher bekannten Verfahren
zur Herstellung von Äthylenglykol benutzten Äthylen als Ausgangsstoff, wobei meist
durch Anlagerung von unterchloriger Säure Äthylenchlorhydrin hergestellt, daraus
Chlorwasserstoff abgespalten und das entstehende Äthylenoxyd in Äthylenglykol übergeführt
wird. Diese Verfahren haben den Nachteil, daß sie an das Vorhandensein billiger
elektrischer Energie gebunden sind, da aus Gründen ihrer Wirtschaftlichkeit der
als Nebenerzeugnis entstehende Chlorwasserstoff in Form seiner Salze elektrolytisch
wieder in Chlor, das zur Herstellung der unterchlorigen Säure dient, übergeführt
werden muß. Ferner ist Äthylen kein sehr wohlfeiler und vor allem kein in beliebigen
Mengen vorhandener Rohstoff. Seine Erzeugung aus Gärungsäthylalkohol wird immer
davon abhängig sein, welche Mengen von für die menschliche oder tierische Ernährung
wichtigen gärungsfähigen Kohlehydraten für diesen Zweck zur Verfügung stehen. Die
Herstellung von Äthylen durch teilweise Hydrierung von Carbidacetylen ist wiederum
an das Vorhandensein von billiger elektrischer Energie zur Erzeugung des erforderlichen
Calciumkarbids gebunden, und seine Gewinnung aus Abgasen, wie Kokereigasen, Krackgasen
oder Hydriergasen, setzt eine hochentwickelte Kohleveredelungsindustrie voraus.
-
Es wurde nun ein Verfahren zur Herstellung von Äthylenglykol gefunden,
das, unabhängig von Äthylen und elektrischer Energie, auf das in größter Menge aus
Kohle und Wasser herstellbare Wassergas aufgebaut
werden kann. Es
besteht darin, daß man Formaldehyd mit Methanol zu Formaldehyddimethylacetal (Methylal)
umsetzt, dieses durch Behandeln mit einem Gemisch aus Kohlenoxyd und Wasserstoff
in Gegenwart von Katalysatoren unter erhöhtem Druck und bei erhöhter Temperatur
in ein Gemisch sauerstoffhaltiger, u. a. aus Äthylenglykolmonomethyläther und Methoxyacetaldehyddimethylacetal
bestehender Verbindungen überführt und den aus dem Gemisch nach einer verseifenden
Hydrierung erhaltenen Äthylenglykolmonomethyläther spaltet.
-
Die einzelnen Stufen des Verfahrens können etwa durch nachstehende
Formelbilder dargestellt werden:
Das als Ausgangsstoff benötigte Methanol kann entsprechend der Gleichung (i) aus
Kohlenoxyd und Wasserstoff nach bekannten Verfahren hergestellt werden. Ebenso kann
der Formaldehyd aus Methanol entsprechend der Gleichung (2) in bekannter Weise durch
Dehydrierung gewonnen werden. Zweckmäßig wird diese Dehydrierung so ausgeführt,
daß sofort ein für die weitere Umsetzung geeignetes Gemisch von Methanol und Formaldehyd
entsteht. Formaldehyddimethylacetal (Methylal) wird entsprechend Gleichung (3) entweder
durch Überleiten eines dampfförmigen Gemisches aus Methanol und Formaldehyd über
Katalysatoren oder besser durch Vereinigung der beiden Komponenten in flüssiger
Phase in Gegenwart geeigneter Katalysatoren, z. B. Schwefelsäure, hergestellt. Das
für die Herstellung des Acetals benötigte Methanol braucht nicht besonders rein
zu sein, da Verunreinigungen wegen des niedrigen Siedepunktes des Acetals bei der
Destillation zurückbleiben. Man kann daher mit besonderem Vorteil das billige Rohmethanol
verwenden, wie es bei der- Synthese aus Kohlenoxyd und Wasserstoff unmittelbar erhalten
wird.
-
Die Umwandlung des Formaldehyddimethylacetals in sauerstoffhaltige
Verbindungen, vorzugsweise in Äthylenglykohnonomethyläther nach Gleichung (4a) und
in das Methoxyacetaldehyddimethylacetal nach Gleichung (4b), geschieht am zweckmäßigsten
nach dem Verfahren des Patents 875 8o2 durch Behandeln mit einem Gemisch von Kohlenoxyd
und Wasserstoff unter Druck und bei erhöhten Temperaturen in Gegenwart von -Katalysatoren,
insbesondere von Metallen, die, wie Kobalt, zur- Carbonylbildung befähigt sind.
Durch Wahl geeigneter Umsetzungsbedingungen erhält man ein Gemisch, das reich an
zwischen ioo und 130° siedenden Bestandteilen ist, die in der Hauptsache aus dem
bei 122 bis 124° siedenden Äthylenglykohnonomethyläther und dem bei 127 bis
12g° siedenden Methoxyacetaldehyddimethylacetal bestehen. Dies ist besonders der
Fall, wenn man in einem Arbeitsgang nur einen Teildes Formaldehyddimethylacetals
umsetzt, d. h. jeweils mit einem Überschuß an Acetat arbeitet. Auch eine Erhöhung
des Wasserstoffpartialdruckes wirkt sich im Sinne der Bildung von größeren Mengen
der erwünschten niedrigsiedenden Erzeugnisse uüs. Nicht umgesetztes Acetal wird
laufend zurückgewonnen und der Umsetzung wieder zugeführt. Entstehendes Methanol
wird abgetrennt und entweder als solches verwendet oder ganz oder teilweise zu Formaldehyd
dehydriert.
-
Das Gemisch der erhaltenen sauerstoffhaltigen Verbindungen wird dann,
gegebenenfalls ohne Abtrennung des Methanols, in saurem Mittel mit Wasserstoff in
Gegenwart von Hydrierüngskatalysatoren behandelt, wobei das Methoxyacetaldehyddimethylacetal
nach Gleichung (5) zu Methoxyacetaldehyd und auch andere Acetale verseift und gleichzeitig
zu Äthylenglykolmonomethyläther hydriert werden. Man kann dabei so verfahren, daß
man das mit Wasser verdünnte und mit etwas Essigsäure versetzte Gemisch bei einem
Druck von ioo bis 3oo atü und einer Temperatur von i5o bis 25o° über einen fest
angeordneten Hydrierungskatalysator, z. B. Nickel oder Kupfer auf Kieselgel, rieseln
läßt oder daß man das mit dem feinverteilten Katalysator versetzte Gemisch in Gegenwart
von Wasserstoff so lange bei 15o bis 25o° rührt oder umpumpt, bis kein Wasserstoff
mehr aufgenommen wird. Das unter diesen verseifend wirkenden Bedingungen hydrierte
Gemisch wird durch Destillation zerlegt. Das Methanol wird wegen seiner besonderen
Reinheit vorzugsweise zur Erzeugung von Formaldehyd verwendet und in den Kreislauf
zurückgeführt. Der Äthylenglykolmonomethyläther wird teils als ein azeotropes Gemisch
mit Wasser, teils als. reine Verbindung vom Siedepunkt i22 bis 124° gewonnen. Die
höhersiedenden Anteile können, als solche oder in Fraktionen zerlegt, für-beliebige
Zwecke verwendet
werden. Sie sind geruchlos, stark viskos und mit
Wasser in jedem Verhältnis mischbar. Sie können als solche oder nach weiterer Umwandlung,
z. B. Verestern, als Glycerinersatzmittel, Weichmacher, Verdickungsmittel oder Egalisiermittel
Verwendung finden.
-
Die Spaltung des Äthylenglykolmonomethyläthers nach Gleichung (6)
geschieht vorteilhaft durch Erhitzen der wäßrigen Lösung auf höhere Temperaturen,
z. B. bei Zoo bis 33o°, in Gegenwart von kleinen Mengen saurer Katalysatoren, z.
B. Mineralsäuren, wie Phosphorsäure, oder sauren Salzen, wie sauren Phosphaten,
oder auch organischen Säuren, wie Essigsäure. Man kann die Spaltung des Äthers in
unterbrochener Arbeitsweise in Druckgefäßen vornehmen oder sie auch fortlaufend
durchführen, etwa in der Weise, daß man die mit dem Katalysator versetzte wäßrige
Lösung des Äthers durch geheizte Röhren führt und dabei zweckmäßig die Verweilzeit
in der heißen Zone so wählt, daß bei jedem Durchgang nur ein Teil des Äthers zu
Methanol und Äthylenglykol gespalten wird. Bei schärferen Bedingungen, etwa bei
höheren Temperaturen oder bei längerer Verweilzeit des Umsetzungsgemisches bei der
Spaltungstemperatur oder auch bei Zusatz größerer Mengen saurer Mittel, entstehen
kleinere oder größere Mengen Acetaldehyd, die gewonnen und verwertet werden können.
Die Trennung des entstandenen Gemisches aus Methanol, Äthylenglykol und Wasser geschieht
durch Destillation. Das Methanol kann aber auch schon bei der Spaltung abdestilliert
werden. Das bei der Destillation der wäßrigen Lösung von Äthylenglykol in geringer
Menge erhaltene azeotrope Gemisch aus Äthylenglykol und Wasser wird zweckmäßig ohne
weitere Trennung in die Spaltung zurückgegeben, während das reine Äthylenglykol
als solches gewonnen wird.
-
Beispiel Durch vier hintereinandergeschaltete, mit Frakt ionierkolonnen
versehene heizbare Gefäße läßt man ein Gemisch von Methanol und Formaldehyd der
Zusammensetzung 3:1, das durch unvollständige katalytische Oxydation von Methanol
mit Luft hergestellt wurde und dem etwa 0,5 °/o Schwefelsäure zugesetzt sind,
mit einer stündlichen Menge, die etwa der Hälfte des Gesamtinhalts des nutzbaren
Raumes der vier Gefäße entspricht, fließen. Die Übergangstemperatur am Kopf der
Kolonnen wird auf 42° gehalten, während die Sumpftemperatur in den einzelnen Blasen
in dem Maße, wie die Acetalbildung beim Durchfließen des Gemisches durch die Gefäße
fortschreitet, von 55 bis 8o° in Richtung des Durchflusses ansteigt. Das die vierte
Blase verlassende Gemisch enthält praktisch keinen Formaldehyd mehr. Überschüssiges,
nicht verbrauchtes Methanol wird fortlaufend durch fraktionierte Destillation zurückgewonnen
und in den Arbeitsgang zurückgeführt. Mit praktisch der berechneten Ausbeute wird
ein azeotrop siedendes Gemisch von 92 °/o Methylal und 8 °/o Methanol gewonnen.
-
In einem Druckgefäß von 5o 1 Inhalt werden 25 kg eines so hergestellten
Methylal-Methanol-Gemisches nach Zusatz von etwa z °/o eines gemahlenen, 2o °/o
Kobalt auf Kieselgel enthaltenden Katalysators bei I35° mit einem Kohlenoxyd-Wasserstoff-Gemisch
1 : 2 bei Zoo at so lange gerührt, bis etwa 40°/o des Methylals umgesetzt sind.
Das erhaltene Gemisch wird nach Abtrennung, des Katalysators fraktioniert destilliert.
Neben 15 kg nicht umgesetztem 921)/Qigem Methylal und etwa 3 kg Methanol werden
8,7 kg des Umsetzungserzeugnisses erhalten, von denen 70 °/o von Zoo bis 13o° sieden
und aus einem Gemisch von etwa gleichen Teilen Glykolmonomethyläther (Siedepunkt
12? bis I24°) und Methoxyacetaldehyddimethylacetal (Siedepunkt 127 bis I29°) neben
geringen Mengen Wasser bestehen. Die restlichen 30 % sieden bei einem Quecksilberdruck
von 1o mm zwischen 8o und 16o°.
-
Die erhaltenen 8,7 kg des Umsetzungserzeugnisses werden dann mit der
gleichen Menge Wasser verdünnt und in einem Druckgefäß nach Zugabe von
0,3 °/o Essigsäure und 400 g gemahlenem, Nickel enthaltendem Kieselgel bei
22o° unter einem Wasserstoffdruck von Zoo at so lange gerührt, bis kein Wasserstoff
mehr aufgenommen wird. Nach Abtrennung des Katalysators wird fraktioniert destilliert.
Neben 2,9 kg Methanol und 1,6 kg zwischen 150 und 27o° siedenden Glykoläthern
werden 3,7 kg Glykolmonomethyläther in Form eines bei ioo° siedenden Gemisches mit
Wasser erhalten, das dann im geschlossenen Gefäß nach Zugabe von 0,5 % Phosphorsäure
1 Stunde lang auf etwa 25o° erhitzt wird. Bei der Destillation des erhaltenen Gemisches
werden neben geringen Mengen Acetaldehyd 390 g Methanol und 75 °/o des eingesetzten
Glykolmonomethyläthers als azeotropes Gemisch mit Wasser zurückgewonnen. Als Rückstand
bleiben 68o. g Äthylenglykol vom Siedepunkt 197 bis i98°, entsprechend einer Ausbeute
von 9o °/o der berechneten, bezogen auf gespaltenen Glykolmonomethyläther.