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Gerät zur Bestimmung von Kräften, die charakteristisch sind für Klebevermögen,
Verfestigungsfortschritt, Reibungswiderstand, Schmierwirkung, Viskosität und Konsistenz
von Teer, O1, Leim, salbenartigen Stoffen und anderen ähnlichen Substanzen
Eine für
den Straßenbau wichtige Eigenschaft von bituminösen Bindemitteln ist ihr Klebevermögen.
Die Stärke der Klebekraft und die Dauer ihrer Wirksamkeit zu bestimmen, ist des
öfteren versucht worden. Bekannt ist das von Graefe angewandte, von Kunde in seiner
Doktordissertation verbesserte Verfahren, wo ein Stempel von bestimmter Form auf
eine dünnschichtige zu prüfende Bindemittelhaut aufgesetzt, die Zeit bis zum Abheben
des Stempels gemessen und die dazu benötigte Kraft gewichtsmäßig bestimmt wird.
Diese Art der Messung der Klebekraft hat den Nachteil, daß bei ihr das Beharrungsvermögen
überwunden werden muß, wodurch das dazu nötige übergewicht das Ergebnis für die
reine Klebekraft verschleiert.
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Diese Erkenntnis führte dazu, die Klebekraft nicht vom Ruhezustand
aus, sondern aus der Be wegung heraus zu messen. Zu diesem Zwecke wurde das im folgenden
beschriebene Gerät entwickelt und an einer Reihe von im Straßenbau viel benutzten
Bindemitteln mit gutem Erfolg erprobt.
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Dieses Gerät eignet sich auch zur Messung der Viskosität von Flüssigkeiten,
der Konsistenz salbenartiger Stoffe, der flüssigen und trockenen
Reibung
beim Schmiervorgang, des Reibungskoeffizienten, der Verlackungsstärle bzw. des Ab
bindens, also der nach innen fortschreitenden Verharzung und schließlich der Versprödung
an Binde stoffen aller Art. Auch erlaubt es, die Veränderungen der Ritzfestigkeit
von Bindemittelfilmen bei allen möglichen Einwirkungen, wie z. B. von Licht, Luft,
Wärme, Wasser und Chemikalien, quantitativ zu bestimmen.
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Die Grundplattea dieses Gerätes steht auf drei Füßen. Die beiden
Vorderfüße sind durch Rändelschrauben d zwecks Horizontaleinstellung verstellbar.
In die Grundplatte sind d Längsnuten e eingefräst und mit den Nummern I bis 9 gekennzeichnet;
sie sind zur Parallelführung des Schlittens f notwendig und erlauben neun Prüfung
nacheinander durchzuführen. Der mit seiner Vorderkante in eine dieser Nuten eingreifende
Schlitten trägt die mit dem zu prüfenden Stoff bestrichene Glasplatte c. Durch Drehen
der Kurbel b im Uhrzeigersinn bewegt ein in der Skizze nicht sichtbarer Zahntrieb
die Zahnstange z von links nach rechts, wobei die am linken Ende der Zahnstange
befindliche Nase den Schlitten vor sich herschiebt.
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Der dritte, auf der Skizze nicht sichtbare Fuß geht nach oben über
in das Stativ ? 6 ; dieses trägt an seinem oberen Ende den Pendelhalter r mit dem
Haibsekundenpendel s, das im Ruhezustand zugleich als Lot dient. Am Stativ ist seitlich
ein Tragearmx befestigt, der sich durch die Rändelschraubeq in vertikaler Richtung
verstellen läßt.
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Am Ende des Tragearmes ist die aus Leiichtmetall gefertigte Radwaage
l durch eine Steckachse bei m befestigt. Vier aufeinander senkrecht stehende Speichen
der Radwaage sowie der Radkranz sind mit Löchern versehen; die ersteren erlauben
die Befestigung eines zweiteiligen Steckgewichtes h von I50 g in bestimmten Entfernungen
von der Achse, letztere ermöglichen sowohl das Einstecken eines 5 g schweren Stiftes
k, der zum Anhängen weiterer gelochter Gewichte dient, wie auch die Befestigung
der Deichsel g des Wagens x und des Gegen, gewichtes p für die Deichsel.
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Der von der Achse der Radwaage ausgehende Zeiger wird durch die am
Tragearm befestigte Einstellschraube 0 festgehalten. Dieser Zeiger läßt sich durch
die Rändelmutter auf den Nullpunkt der am Radkranz eingravierten Winkelteilung von
o bis go0 einstellen. Der unterhalb dieses feststehenden zeiger anliegende Schleppzeiger
i ist leicht beweglich auf der Radnabe befestigt und zeigt jeweils das Maximum des
Ausschlages der Rand'waage an.
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Die beiden Räder des Wagens x sind fest verschraubt mit einer Achse,
die zwei Einkerbungen besitzt und in die der mit der Deichsel fest verbundene Lagerbock
lose eingelegt wird. Am Lagerbock ist ein aufwärts gebogenes Federblech w befestigt,
das zu Beginn der Klebeprüfung mit seiner Einkerbung in eine am Stativ angebrachte
Federstange t einspielt. Die beiden Deichselenden sind beweglich am Radkranz bei
g befestigt.
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Zur Prüfung der Klebekraft wird das Probematerial, um Veränderungen
zu vermeiden, möglichst ohne es anzuwärmen, in dünner Schicht auf eine 24 cm lange,
6 cm breite, 3 mm dicke Glasplatte in einer Länge von I7 cm, also auf einer Fläche
von rd. Ioo cm2 gleichmäßig unter Benutzung eines Messers mit geradliniger Schneide
so aufgestrichen, daß die Endflächen der Glasplatte in 3 bis 4 cm Breite unbestrichen
bleiben. Die aufzutragende Menge beträgt 0,8 g. Die Schichtdicke ist somit etwa
o,o'S mm bei Vernachlässigung des spezifischen Gewichtes.
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Die so vorbereitete Glasplatte wird dann entweder sofort geprüft
oder bei möglichst gleichbleibender Zimmertemperatur von 200 C waagerecht gelagert,
um nach Ablauf der jeweils gewünschten Zeit geprüft zu werden. Zur Beschleunigung
des Abbindens kann man natürlich auch bei höheren Temperaturen lagern.
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Zur Durchführung der Klebeprüfung wird die Glasplatte auf den in
die entsprechende Führungsnut eingeschobenen Schlitten gelegt; bei der ersten Prüfung
gleitet dieser in der Nut Nr. I, bei der zweiten in der Nut Nr. 2 USW. Dann wird
der Schlitten bis zum Anschlag an die Nase der nach links gezogenen Zahnstange geschoben.
Nun nimmt man den mit Lösungsmittel gereinigten trockenen Wagen mit zwei Fingern
an den Enden der Achse, führt die Einkerbungen der Achse in die IAus schnitte des
Lagerbockes ein, hakt zugleich das Federblech aus dem Aufhängeknebel und stellt
den Wagen so auf das rechte unbestrichene Ende der Glasplatte, daß die Feder t in
die Einkerbung des Federbleches w einspielt.
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Nach Ingangsetzung des Pendels dreht man (pro Sekunde einmal) die
Kurbel gleichmäßig im Uhrzeigersinn, durch die Nase der Zahnstange den Schlitten
mit einer Geschwindigkeit von 2 cm/sec nach rechts vor sich herschiebt. Der Wagen
läuft nun vom unbestrichenen Ende der Glasplatte aus über die zu prüfende Bindemittelschicht.
Die Laufflächen der Räder bleiben an dieser mehr oder weniger haften, und die Radwaage
wird dadurch entsprechend in Bewegung gesetzt. Die Klebekraft wird durch den Zeiger
in Winkelgraden angezeigt.
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Sobald der Wagen die klebende Schicht verläßt und auf das unbestrichene
Ende der Glasplatte rollt, ist die Messung beendet. Der Schleppzeiger zeigt dann
das erreichte Maximum an.
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Nach Beendigung jeder Prüfung wird der Lagerbock durch Anheben der
Deichsel bein~ von der Wagenachse gelöst und das Gerät durch Aufhängen des eingekerbten
Federbleches w am Knebel v in Ruhestellung gebracht. Nach dem Ausrücken des Zahntriebes
durch Ziehen an der Kurbel wird die Zahnstange an der Nase nach links gezogen und
dann die Kurbel in die ursprüngliche Stellung eingeschoben.
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Nun wird der Wagen abgenommen, der Bindemittelbelag an den Laufflächen
der beiden Räder beotbachtet und die von den Rädern auf der Glasplatte hinterlassenen
Spuren in der Durch und Draufsicht beurteilt.
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Die Radwaage und die mit ihr zusammenhängenden beweglichen Teile,
wie Deichsel und Wagen, sind zur Verringerung der Reibung möglichst leicht gebaut.
Das Gewicht der Deichsel nebst Lagerbock betrug bei einem Versuchsgerät rd. 8 g
und das des Wagens rd. 26 g. Von den verschiedentlich ausprobierten I bis 5 mm dicken
Aluminiumrädern haben sich die von 2 mm Dicke und 50 mm Durchmesser am besten bewährt.
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Mit einer Glasplatte sind entsprechend der Anzahl der Nuten neun
Prüfungen möglich. Der Zeitabstand von Prüfung richtet sich nach der Verlackungsgeschwindigkeit
und kann bei schnell verlackenden Stoffen Minuten oder Stunden, bei langsamer verlackenden
Proben einen oder mehrere Tage betragen. Zur Sicherheit und auch zur Kontrolle streicht
man noch eine zweite Platte, evtl. auch mehr, falls nach dem Verlacken das Fortschreiten
der Verharzung nach innen durch die Ritzprobe oder das Verhalten der Bindemittelhaut
nach Wassereinwirkung od. dgl. geprüft werden soll.
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Das skizzierte Versuchsgerät ist mit einer bei I50 mm Radius an der
Radwaage befestigten Deichsel ausgestattet, jedoch beträgt der Hebelarm bei oO etwa
I30 mm, bei 30í° = I50 mm, bei 600 wieder etwa I30 mm; bei über 600 hinausgehenden
Winkelgraden wird der Hebelarm noch kürzer und die Messung der Klebekraft deshalb
und auch wegen des dann immer schräger nach oben wirkenden Zuges ungenauer. Im Winkelbereich
von o bis bo° sind die Abweichungen nicht sehr erheblich; bei später durchgeführten
Versuchen wurde dieser Mangel abgestellt, indem ein anderer Sektor der Radwaage
mit einer Gewichtsskala versehen und diese durch Befestigen von Lochgewichten bei
k geeicht wurde.
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Sind Ausschläge von über 600 zu erwarten, dann bringt man zur Vermeidung
des Schrägzuges das Steckgewicht in entsprechend größerer Entfernung vom Drehpunkt
der Radwaage an, so daß der Ausschlag innerhalb von 60Winkelgraden liegt.
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Bei einem fabrikmäßig herzustellenden Gerät wird an Stelle der Deichsel
ein auf dem Radkranz befestigtes Band den Hebelarm konstant halten.
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Auch werden dann die anderen Sektoren der Radwaage bei allen möglichen
Stellungen des Steckgewichtes graduiert, so daß das Gewicht in Gramm direkt abgelesen
werden kann und eine Umrechnung von Winkelgraden in Gramm sich erübrigt.
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Zur Bestimmung der nach innen fortschreitenden Verharzung bis zur
Versprödung treten an Stelle des zweirädrigen Wagens zwei Nadeln von bestimmten
Maßen (unter Umständen auch nur eine solche), die im Winkel von 60'0 zur Bindemittelschicht
mit den Spitzen entgegen der Bewegungsrichtung in die Schicht eingreifen und diese
durch die in Bewegung gesetzte Glasplatte ritzen. Damit die Nadeln in den mit der
Zeit härter werdenden Film eindringen, müssen sie später entsprechend belastet werden.
Hierzu genügen meist 50 g, bei härter werdenden Stoffen Ioo g. Die Differenz der
Nadelreibung auf der blanken und auf der frisch bestrichenen Glasplatte ohne, mit
50 g und mit IOO g Belastung läßt sich leicht bei Versuchsbeginn feststellen. Die
Ritzprobe ergibt somit ein gutes Bild der fortschreitenden Verfestigung der Bindemittelhaut.
Beginnende Versprödung wird durch mehr oder weniger starke sägezahnartige. Aussplitterungen
beim Ritzen angezeigt.
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In ähnlicher Weise verfährt man bei der Bestimmung der Reibung fester
Stoffe, doch treten an Stelle der Glasplatte und der Nadeln die zu prüfenden Stoffe
in geeigneter Form und Größe.
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Hierbei läßt sich sowohl die Größe der trockenen Reibung wie auch
die Schmierwirkung verschiedener Stoffe bestimmen.
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Zur Bestimmung der Viskosität tritt an die Stelle der Glasplatte
ein entsprechend geformter Trog zur Aufnahme des zu prüfenden Stoffes, der doppelwandig
die Temperierung durch Anschluß an einen Ultrathermostat gestattet. Am Deichselende
wird ein Eintauchkörper befestigt, der in der in Bewegung gesetzten zu prüfenden
Substanz Widerstand findet und dadurch die Radwaage entsprechend ausschlagen läßt.
Dieser Winkelausschlag oder das gemessene Gewicht ist ein Maßstab für die Viskosität
des geprüften Stoffes. Die Konsistenzprüfung an Fetten usw. wird analog durchgeführt.
Der Vorteil einer derartigen Messung liegt darin, daß bei entsprechender Ausbildung
des Gerätes die eingefüllte und möglichst hoch erwärmte Substanz während der langsamen
Abkühlung dauernd geprüft werden kann und so eine Viskositätskurve über einen größeren
Temperaturbereich in verhältnismäßig kurzer Zeit erhalten wird, die für bituminöse
Stoffe aufschlußreich und ausreichend genau sein dürfte.
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Bei den bisher bekannten Viskosimetern besteht nicht nur der große
Nachteil, daß sie wie z. B. in Deutschland auf dem Gebiet des Straßenbaues mit drei
verschiedenen Ausflußöffnungen und bei vier verschiedenen Temperaturen arbeiten,
sondern keiner der Apparate gestattet z. B. die Aufnahme einer Viskositätskurve,
d. h. die bequeme und schnelle Ermittlung der Viskosität mit fortschreitendem Temperaturanstieg
oder -abfall, vielmehr erfordert bisher jede Temperaturvariante eine Wiederholung
des gesamten Viskositätsverfahrens, beginnend mit der Neufüllung, sofern man von
dem Höpplerviskosimeter absieht.