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Verfahren zur Herstellung von Ketonen, Ketocarbonsäuren und Ketoalkoholen
Es wurde gefunden, daß man bei der Einwirkung von Kohlenmonoxyd und Wasser auf Olefine
unter Druck und bei erhöhter Temperatur unter dem Einfluß bestimmter Katalysatoren
Ketone, Ketocarbonsäuren und Ketoalkohole erhält.
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Als Katalysatoren eignen sich die Cyan- und Rhodanverbindungen des
Nickels, Kobalts oder Eisens. Die größte Wirksamkeit besitzen komplexe Nickelcyanidverbindungen,
wie das Bellucci-Salz K. [Ni, (C N),], Kaliumtetracyanoniccolat K2 [NiII (C N)4]
oder die entsprechenden komplexen Natrium-, Calcium-, Barium-, Zink-, Cadmium-,
Magnesium- oder Ouecksilbersalze, Ammonium- oder Amminverbindungen einerseits und
Rhodanverbindungen andererseits. Solche Nickelkomplexverbindungen, die Kohlenoxyd
oder ungesättigte Verbindungen reversibel zu binden oder gegen Cyan- oder Rhodangruppen
enthaltende Reste auszutauschen vermögen, sind besonders geeignet. An Stelle der
Komplexverbindungen kann man auch deren Bestandteile, z. B. eine Mischung von Alkalicyanid
und Nickel-(II)-cyanid verwenden. Die Katalysatoren können in Lösung, aber auch
in Suspension oder auf Trägern angewandt werden.
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Bei der Umsetzung von Kohlenoxyd und Wasser mit Olefinen in Gegenwart
derartiger Katalysatoren kann man annehmen, daß zunächst aus dem Olefin und Kohlenoxyd
eine mehr oder weniger lockere Anlagerungsverbindung gebildet wird, die hier für
den
einfachsten Fall des Äthylens als hypothetisches Cyclopropanon
veranschaulicht sei:
Stellt man sich vor, daß diese Anlagerungsverbindung in Form eines zweiwertigen
Radikals mit sich selber reagiert, so erklärt dies die Bildung von Verbindungen,
die mehrfach die ursprünglichen Bausteine Äthylen und Kohlenoxyd enthalten, etwa
im Sinne der nachstehenden Gleichung
worin n eine ganze Zahl von mindestens 2 bedeutet. Je nach den Umsetzungsbedingungen
wird die gebildete Kette früher oder später abgebrochen, indem sich das an der Reaktion
teilnehmende Wasser` oder vorzugsweise der durch eine sekundäre Konvertierungsreaktion
im Sinne der Gleichung
gebildete Wasserstoff an den Enden anlagert, z. B.
wobei sich bei der Anlagerung von Wasserstoff Ketone und Ketoalkohole, bei der Anlagerung
von Wasser Ketocarbonsäuren bilden, im einfachstenFalle (zz = 2) die ß-Ketocapronsäure
(Propionylpropionsäure), Auch Abkömmlinge der Umsetzungsprodukte, z. B. Ester, können
gebildet werden.
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Als Ausgangsstoffe eignen sich olefinische Kohlenwasserstoffe, wie
Äthylen, Propylen, Butylene, Butadien, Diisobutylen und deren Homologe, sowie cyclische
Kohlenwasserstoffe mit olefinischen Doppelbindungen, z. B. Cyclohexen und Cycloocten,
Terpene oder Styrol, und auch andere olefinische Verbindungen, wie Allylchlorid,
ungesättigte Alkohole, z. B. Allylalkohol, Buten-3-ol 2 und Buten-2-diol-i, q.,
oder Olefincarbonsäuren.
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Die Umsetzung gelingt am besten bei Temperaturen oberhalb ioo°, im
allgemeinen zwischen ioo und-25o'. Bei tieferen Temperaturen innerhalb des angegebenen
Bereichs ist die Bildung höhermolekulärer Produkte, insbesondere von Polyketonen
und Polyketocarbonsäuren, begünstigt, während bei höherer Temperatur infolge stärkerer
Bildung von Wasserstoff mehr niedermolekulare Produkte gebildet werden. Doch erhält
man auch bei höheren Temperaturen, etwa bei 2oo°, noch hochmolekulare Produkte,
wenn die Verweilzeit kürzer ist, beispielsweise beim kontinuierlichen Arbeiten nach
dem Rieselverfahren. Auch die Höhe des Drucks ist von Einfluß auf die Natur der
Reaktionsprodukte. Zweckmäßig arbeitet man mit einem Kohlenoxyddruck von mindestens
3o at, zweckmäßig von 5o bis Zoo at. Man kann diskontinuierlich in Autoldaven oder
kontinuierlich, beispielsweise nach dem Rieselverfahren, im. Gleich- oder Gegenstromverfahren
unter Verwendung eines Kohlenoxyd- und gegebenenfalls auch Olefin-Kohlenoxydkreislaufs
arbeiten, wobei zweckmäßig .das entstandene Kohlendioxyd entfernt wird. Die Umsetzung
wird im allgemeinen unter Verwendung des an der Umsetzung teilnehmenden Wassers
als Lösungsmittel durchgeführt, doch kann man auch, insbesondere bei der Verwendung
höhermolekularer Olefine, zwecks Erhöhung der Löslichkeit weitere Lösungsmittel,
z. B. Alkohole, Ketone oder cyclische Äther, zugeben. Auch die bei der Umsetzung
verwendeten Gase, Kohlenoxyd und Olefine, können in Verdünnung angewandt werden.
Sie können Stickstoff, Methan, Kohlendioxyd oder andere Gase enthalten, oder man
kann beispielsweise technische Gase, wie Wasser- oder Generatorgas oder technische
Olefine verwenden. Das Verhältnis zwischen Kohlenoxyd und Olefinen kann in weiten
Grenzen schwanken.
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Je nach den Reaktionsbedingungen, die man durch Änderung der Temperatur,
des Drucks, der Verweilzeit, des pn-Wertes, der Art des Katalysators u. dgl. weitgehend
variieren kann, werden Verbindungen von sehr verschiedener Molekulargröße erhalten.
Die hochmolekularen Produkte sind entweder in Lösungsmitteln unlösliche oder schwerlösliche
Polyketone, Polyketocarbonsäuren oder Polyketoalkohole neben geringen Mengen hochmolekularer
Ester. Die entsprechenden niedrigermolekularen Produkte sind häufig in organischen
Lösungsmitteln löslich. Die Ketogruppen befinden sich in der Regel in i, 4-Stellung
oder sind noch weiter voneinander getrennt. Man kann auch noch niedrigermolekulare
Verbindungen, z. B. Monoketone und Monoketocarbonsäuren, neben kleinen Mengen Estern
erhalten.
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Die nach der Erfindung herstellbaren Ketone bzw. Ketocarbonsäuren
und -alkohole waren zum Teil bisher überhaupt nicht zugänglich. Sie eignen sich
z. B. für die Herstellung neuartiger Kunststoffe oder als Zwischenprodukte für verschiedene
Anwendungsgebiete, z. B. zur Herstellung von Weichmachern, Lacken, Harzen, Textilhilfsmitteln,
Gerbstoffen. Durch
weitere chemische Umwandlung, z. B. Hydrierung,
Oxydation, `'Wasserabspaltung u. dgl., können sie in wertvolle . höhermolekulare
ein- und mehrbasische Carbonsäuren, Alkohole, Amine, Furan- und Pyrrolabkömmlinge
u. dgl. übergeführt werden.
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Beispiel i In einen etwa 5 1 fassenden Hochdruckrührautoklav aus Edelstahl
füllt man eine Lösung von 240 g Kaliumnickelcyanid K.FNiM(CN)=] in i2oo ccm Wasser,
verdrängt die Luft durch Stickstoff und preßt bei Zimmertemperatur etwa .loo g Äthylen
ein, wobei sich ein Druck von etwa 5o atü einstellt. Hierauf preßt man Kohlenoxyd
bis zum Gesamtdruck von etwa ioo atü auf und heizt auf die Reaktionstemperatur von
etwa iio'. Der sich hierbei zunächst einstellende Druck von etwa i90 atü geht im
Laufe von einigen Stunden auf etwa ioo atü zurück. Man drückt von Zeit zu Zeit so
lange Kohlenoxyd nach, bis nichts mehr aufgenommen wird, was nach etwa
30 Stunden der Fall ist. Nach dem Erkalten und Entspannen des Autoklavs,
wobei 141 Äthylen und i50 1 Kohlenoxyd, die nicht in Reaktion getreten waren, sowie
271 entstandenes Kohlendioxyd gewonnen werden, entfernt man aus der Reaktionsmischung,
bestehend aus einem kanariengelben pulverförmigen Reaktionsprodukt und einer schwach
rotgelben Lösung, geringe Mengen von Nickelcarbonyl, Blausäure und Diäthylketon
durch Destillation. Nach dem Erkalten wird der kanariengelbe Niederschlag abgesaugt
und mit i bis 21 destilliertem Wasser nachgewaschen. Man erhält so 56o g eines festen,
aus einem Gemisch hochmolekularer Polylcetone vom Zersetzungspunkt über 20o° und
der Zusammensetzung (C.,H,0)X bestehenden Produkts, das in viel kochendem Wasser
zum Teil löslich ist. Aus dem wasserlöslichen Anteil läßt sich unter anderem ein
Polvheton der Zusammensetzung C"H...0, vom F. = i1-2-', gebildet aus 5
C. H, ,' .4 CO H2, isolieren.
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Aus dem eingeengten Filtrat lassen sich durch Extraktion mit Äther
geringe Mengen eines aus Polyketonen und Polyketocarbonsäuren bestehenden esterhaltigen
Produkts isolieren. Nach dem Ansäuern der mit Äther extrahierten Lösung mit Schwefelsäure
wird von ausgefälltem Nickelcyanid abfiltriert und das saure Filtrat nochmals einer
fortgesetzten Ätherextraktion unterworfen, wobei Propionylpropionsäure (F. = 39-)
neben wenig Propionsäure und höheren Polyketocarbonsäuren gewonnen wurde. Unter
anderem werden 2 isomere Polvlzetocarbonsäuren der Zusammensetzung C3 H12 03 (F.
= 127° und F. = 82') aus 3 C.Hz -;- 3 C O sowie eine Ketocarbonsäure vermutlich
folgender Zusammensetzung C1.2H1$ 0;, (F. = i03-) aus q. C.H4 -f- q. C0 -1-- H.0
erhalten.
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Aus dem zurückgewonnenen Nickelcyanid kann man durch Umsetzung mit
der entsprechenden Menge Kaliumcyanid den ursprünglichen Katalysator K.rNill (CN)il_
wieder herstellen und für weitere Umsetzungen verwenden.
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Arbeitet man bei Zoo' unter einem Gesamtdruck von r20 at, so erhält
man ein zu 5o °/o aus Diäthylketon neben Polyketonen und höheren Alkoholen bestehendes
Produkt.
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Beispiel a Man füllt ein heizbares senkrechtes Rohr aus Edelstahl
von 45 mm Durchmesser und 420 cm Länge mit 620o g einer Lösung von 16o g Kaliumnickelcyanid
und ii2o g Kaliumcarbonat in 4920 g Wasser. Nach dem Verdrängen der Luft mit Stickstoff
und anschließendem Spülen mit Äthylen leitet man bei 1q.0 bis i50° und einem Druck:
von iqo bis i50 atü stündlich 6 bis 7 Nm3 eines aus gleichen Volumteilen bestehenden
Gemischs von Äthylen und Kohlenoxyd im Gleichstrom und im Kreislauf ein. Die vom
Kreisgas mitgerissenen Dämpfe werden in einem Rückflußkühler kondensiert und dem
Reaktionsgefäß wieder zugeführt. Entsprechend dem Verbrauch an Äthylen und Kohlenoxyd
führt man laufend dem Kreislaufgas frisches Äthylen-Kohlenoxyd-Gemisch zu. Gleichzeitig
vermeidet man die Anreicherung von Kohlendioxyd und anderen inerten Gasen im Kreisgas
in der üblichen Weise durch Abzweigen eines entsprechenden Teiles. Nach etwa 8 bis
io Stunden ist der pn-Wert des Reaktionsgemisches auf beinahe 7 zurückgegangen.
Man preßt nun stündlich 400 ccm frische Lösung der oben angegebenen Zusammensetzung
in den unteren Teil des Rohres ein und führt eine entsprechende Menge des Reaktionsgemisches
am oberen Ende ab.
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Bei der Aufarbeitung von 11270 g des so erhaltenen Reaktionsgemisches
wurden folgende Verbindungen erhalten: Das Reaktionsgemisch wird zunächst durch
Destillation vom Diäthylketon befreit. Dieses ist noch wasserhaltig. Es wird mit
Natriumsulfat ausgesalzen, die obere Schicht abgetrennt, mit Natriumsulfat getrocknet
und destilliert. Man erhält 28 g fast reines Diäthylketon (Kp. = ioo bis i03'-).
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Das nach dem Abdestillieren des Diäthvlketons zurückbleibende schwach
saure Reaktionsgemisch wird mit Natriumcarbonat neutralisiert und mit Äther extrahiert.
Der Ätherextrakt wird nach dem Abtreiben des Äthers fraktioniert und man erhält
79 g eines Polyketongemisches, das zum Teil aus destillierbaren Verbindungen besteht.
Unter den destillierbaren Verbindungen können nachgewiesen werden: Oktandion-3,
6 (F. = 35,5°), Undekantrion (F. =8i-), unreines Tetradekantetron (F. = 112°).
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In der nach der Ätherextraktion zurückbleibenden Reaktionsflüssigkeit
befindet sich auch wasserunlösliches, höhermolekulares Polyketon, das abgesaugt
und gewaschen wird.
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Die vom Polyketon abfiltrierte wäßrige Lösung wird eingeengt, mit
Methanol versetzt und von dem ausgeschiedenen Katalysator befreit. Man säuert mit
5o°/oiger Schwefelsäure an und extrahiert erneut mit Äther. Nach dem Vertreiben
des Äthers erhält man eine stechend riechende Flüssigkeit, die fraktioniert destilliert
wird.
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Folgende Fraktionen werden erhalten: 672 g wäßrige Propionsäure (Kp.
bis 1q.2'), 623 g @ropionylpropionsäure (Kpo,4 = iio bis 125'; F. --- 39,5" nach
dem Umkristallisieren aus Toluol), 347 g einer Ketocarbonsäure mit 9 Kohlenstoffatomen
(Kpo", = z50
bis zgo°; F.= 81 bis 82°), 97 g undestillierbare,
höhere Carbonsäuren, die in Äther löslich sind.