-
Verfahren zur Herstellung von Formkörpern aus Stroh Es sind verschiedene
Verfahren bekannt zur Herstellung von Formkörpern, insbesondere Platten aus zerfasertem
Stroh. Es werden sowohl sogenannte Isolierplatten aus dem spezifisch leichten Stroh
ohne oder mit geringen Bindemittelzusätzen hergestellt wie auch Hartplatten, worunter
stark gepreßte bindemittelhaltige Platten mit einem Raumgewicht von etwa i zu verstehen
sind. Im wesentlichen werden dabei dieselben technischen Herstellungsverfahren angewendet
wie bei den bekannten Holzfaserplatten, die ebenfalls in - den beiden charakteristischen
Formen als Isolier- und Hartplatten hergestellt werden. Der Grund, warum die Strohplatten
selbst in holzarmen und. strohreichen Ländern nicht zur Bedeutung gelangen konnten,
ist darin zu sehen, daß die bekannten Aufschlußverfahren für Stroh, wie sie in der
Strohplatten- und Strohzellstoffindustrie zurAnwendung kommen, ein für die Herstellung
von Faserplatten nur in geringem iMaß geeignetes Material ergeben. Alle bekannten
Aufschlußverfahren beruhen auf der Einwirkung von Wärme und Chemikalien auf das
Stroh, wodurch die Inkrusten soweit inLösung gebracht werden, daß eine anschließende
mechanische Bearbeitung das Material zerfasert. DieAusbeute an Fasern ist bei solchen
Verfahren außerordentlich gering, sie schwankt zwischen 5o und 601/o, während das
übrige Material teils in der Iiocherablauge verlorengeht, teils als beim mechanischen
Bearbeiten gebildeter Schleim- und Mehl-
stoff bei der Plattenherstellung
ausgewaschen wird.
Diese schlechte Ausbeute ist unwirtschaftlich
und um so nachteiliger, als das Verfahren durch die angewandten -Mittel (Wärme,
Chemikalien) verhältnismäßig teuer ist.
-
Als zweiter Nachteil kommt- hinzu, daß die jedem Fachmann bekannte
starke Schleimstoffbildung die Entwässerung dicker Platten so sehr verzögert"daß
die Plattenherstellungsanlagen (Langsäebmaschinen oder Formpressen) unwirtschaftlich
arbeiten. Man ist daher teilweise dazu übergegangen,denSchleimstofanteil vor dem
Verarbeiten des Stoffes zu Platten in besonderen Anlagen auszuwaschen, was kostspielig
ist und die Ausbeute noch weiter verschlechtert. Man hat auch schon vorgeschlagen,
dem gekochten Strohstoff groben Holzschliff, wie z. B. Raffineurstof, zuzusetzen,
um die Entwässerung zu erleichtern. Dies hat den Nachteil, .daß neben den Strohkochern
noch besondere Holzaufschlußmaschinen aufgestellt werden müssen, die Anlagen also
teurer und komplizierter werden.
-
Als dritter wesentlicher Nachteil der bekannten Aufschlußverfahren
ergibt sich schließlich die Tatsache, daß durch die chemische und thermische Behandlung
die Strohfasern weitgehend erweicht werden. Diese Eigenschaft ist für die Pappeherstellung
unbedingt ein Vorteil, da die Pappe um so elastischer und hochwertiger wird, je
geschmeidiger die Faser ist, dagegen ist diese Geschmeidigkeit dort von Nachteil,
wo erfindungsgemäß ein hartes, eventuell sogar ein holzartiges Produkt erzeugt werden
soll, also bei der Herstellung von Hartfaserplatten oder mittelharten, insbesondere
bindemittelhaltigen Kunstholzplatten.
-
Alle die beschriebenen Nachteile wurden bei den bisherigen Verfahren
in Kauf genommen, weil dabei von einer falschen Annahme ausgegangen wurde, nämlich
der, daß für die Herstellung von Faserplatten genau wie für die Papier- und Pappeherstellung
ein möglichst hochwertiger Faserstoff notwendig sei. Unter hochwertig verstand man
dabei einen Faserstoff, der demjenigen der Papier-und Pappefabrikation näher kommen
sollte und aus möglichst gut erhaltenen und aus dem Verband des Ausgangsmaterials
einzeln herausgelösten Faserei von hoher Geschmeidigkeit besteht. Es zeigte sich
dabei lediglich, daß aus Gründen der Entwässerung während des Herstellungsganges
wie auch der Feuchtigkeitsempfindlichkeit der fertigen Platten ein geringerer Schleimstofanteil,
als bei Papier oder Pappe erwünscht ist. So ging man in einzelnen Fällen sogar dazu
über, zunächst eine sehr schmierige, für (die Pappeherstellung geeignete Faser zu
gewinnen und aus dieser dann den Schleimstoff ` auszuwaschen.
-
Die Erfindung geht nunmehr von der Erkenntnis aus; daß es,für die
angestrebten harten bzw. holzartigen Faserstoformkörper wichtig ist, eine möglichst
holzige Faser, deren Holzcharakter durch thermische und chemische Behandlung möglichst
wenig verändert worden ist, zu verarbeiten und daß die bisher üblichen Vergleiche
zwischen PapierfaserstoffundFaserplattenstoff grundsätzlich falsch sind. Nur eine
möglichst holzige Faser wird der Platte in bezug auf Klang, Härte, Steifheit und
Bearbeitbarkeit usw. einen möglichst weitgehenden Holzcharakter verleihen. Bei Verwendung
des besonders inkrustenreichen Strohs und ähnlichen Ausgangsmaterialien ist diese
Erkenntnis von besonderer Bedeutung.
-
Die Verwendung von gehäckseltem Stroh in Mischung mit gekochten Strohfasern
oder gekochtem Holzstoff für Isolierfaserplatten ist bekannt. Da die Strohhäcksel
jedoch immer .eine Länge von 2o, bis 40 mm haben, gelingt es nicht, Körper mit genügender
innerer Bindung nur aus Häckseln herzustellen; während Platten aus Mischung von
Häckseln mit gut verfilzbaren schmiegsamen Fasern eine zu grobe und sperrige Struktur
aufweisen und demzufolge nur als Isolierplatten verwendet werden 'können.
-
Die Erfindung unterscheidet sich von den genannten Plattenherstellungsverfahren
durch Verwendung eines mechanisch soweit aufgeschlossenen Strohs, daß dieses, im
Gegensatz zu den groben und langen Strohhäckseln, in seiner Zusammensetzung an Faserbündeln
und Fasern einem mechanisch gut aufgeschlossenen Holzschliff gleicht. Die Platten
aus solchem besitzen eine sehr homogene Struktur und lassen sich demzufolge wie
Naturholz bearbeiten. Eine Beimischung gut verfilzbarer Fasern ist bei Bindemittelgehalten
über zofl/o unnötig.
-
Erfindungsgemäß wird jede chemische oder thermische Behandlung der
Faser vermieden und ein reich mechanisches Zerfaserungsverfahren angewendet. Es
ist möglich, durch mechanische Mahlgeräte an sich bekannter Bauart unter Wasserzusatz
Stroh derart zu zerreißen, daß es in Teile zerlegt wird, die größenordnungsmäßig
etwa einem groben Holzschliff oderDefibratorstoff entsprechen. Es hat sich gezeigt,
daß mechanisch bis zu dieser Größe, zweckmäßigerweise unter Wasserzusatz zerrissenes
Stroh sich grundsätzlich in seiner Eignung für Faserplatten unterscheidet einerseits
vom thermisch und chemisch aufgeschlossenen Strohfaserstoff und andererseits von
lediglich zerschnittenem Strohhäcksel beliebigen Feinheitsgrades. Das erfindungsgemäß
unter Wasserzusatz mechanisch zerrissene Stroh enthält bei entsprechender Einstellung
der Mahlgeräte einen derartig hohen Anteil an Faserbündeln, Fasertrümmern und Einzelfasern,
daß bereits eine gewisse, wenn auch nur sehr lose Verfilzung eintritt. Diese Verfilzung
darf sehr viel geringer sein, als diejenige eines chemisch und thermisch aufgeschlossenen
Faserstoffes. Trotzdem ist derartig mechanisch zerrissenes Stroh weit geeigneter
für die Faserplattenherstellung als nach dem bisherigen Verfahren gewonnener Faserstoff.
Das Material behält seinen Holzcharakter, wird mit weit größerer Ausbeute aus dem
Rohmaterial gewonnen als chemisch behandelte Fasern, entwässert rasch, da der Schleimstoff
gering bleibt, und liefert eine gegen Feuchtigkeit viel unempfindlichere Platte
als der übliche stark schleimhaltige Faserstoff.
-
Besonders wesentlich ist, daß alle die erwähnten
Vorteile
nicht erkauft werden müssen durch Verschlechterung der Festigkeit infolge geringerer
Verfilzungsfähigkeit des Stoffes, denn obwohl die Verfilzungsfähigkeit weit hinter
derjenigen eines thermisch und chemisch behandelten Faserstoffes zurückbleibt, so
ist doch die Festigkeit von daraus hergestellten Hartplatten oder bindemittelhaltigen
Kunstholzplatten kaum verschieden von derjenigen einer Platte aus gut verfilzbarem
Stoff.
-
Dies beruht auf derweiterhin erfindungsgemäßen Erkenntnis, daß die
beiden festigkeitsbildenden Komponenten bei der Faserplattenherstellung, nämlich
Verfilzung und Verleimung, sich derart in ihrer Wirkung zueinander verhalten, daß
der festigkeitsbildende Anteil der Verfilzung, bezogen auf die Gesamtfestigkeit,
mit wachsendem Preßdruch und wachsendem Bindemittelgehalt stark abnimmt, während
der der Verleimung stark anwächst. Dies geht so weit, daß bei den üblichen Faserhartplatten,
die stets mehr oder weniger Bindemittel in Form von trocknenden Ölen, Naturharzen,
Kunstharzen, Paraffin und ähnlichem mehr enthalten, der Einfluß der Verfilzung gegenüber
der Verleimung in einem Maß zurückgeht, daß die üblichen Untersuchungsmerkmale .des
Ausgangsstoffes (Blattbildung, Reißlänge, Berstdruck) keinen entscheidenden Aufschluß
über die Eignung des Stoffes für die Hartplattenherstellung ergeben.
-
Insbesondere überwiegt der festigkeitsbildende Einfluß der Verleimung
bei weitem gegenüber dem der Verfilzung bei der Herstellung stark bindemittelhaltiger
Kunstholzplatten, also bei Bindemittelgehalten über ioo/o, selbst bei geringeren
spezifischen Gewichten, also bis herab zu etwa o,4. Für die Ausführung des Erfindungsgedankens
kommen alle Arten von Mahlgeräten in Frage, mit denen es möglich ist, Stroh in der
geschilderten Weise bis zur Größenordnung eines groben Holzschliffs zu zerreißen
oder zu zermahlen, wobei das Material bereits so weit Fasercharakter erhält, daß
eine geringe Verfilzung und Verflechtung der einzelnen Teilchen eintritt. Es kann
beispielsweise das Material zunächst gehäckselt, dann in Wasser eingeweicht und
unter weiterem Wasserzusatz einer Schlagkreuzmühle zugeführt werden. Das so vorzerkleinerte
Material kann anschließend beispielsweise in einem Holländer durch quetschende Mahlung
weiter zerkleinert und die gebildeten Einzelfasern auch etwas fibrilliert werden.
Auch andere Mühlen bekannter Bauart können mit oder ohne Kombination einer nachherigen
Holländermahlung Stroh mechanisch so zerkleinern, .daß die erfindungsgemäße Plattenbildung
durchaus möglich ist. In Fällen, in denen :der festigkeitsbildende Anteil der Verfilzung
eine größere Rolle spielt, also z. B. bei Isolierplatten und Platten mit nur geringem
Bindemittelzusatz, kann die Verfilzungsfähigkeit gesteigert werden durch Beimischung
eines gewissen Anteiles eines besseren Faserstoffes, wie beispielsweise chemisch
aufgeschlossenes Stroh, langfaseriger I-Iolzschliff,Raffineurstoff,Defibratorstoff
u. a. Außerdem kann in solchen Fällen die Nachbehandlung in den in der Papier- und
Pappeindustrie üblichen Mahlgeräten (Raffineur, Holländer usw.) den Mahlgrad und
damit die Verfilzung steigern.
-
Im folgenden wird eine Ausführungsform der Erfindung beschrieben:
Stroh wird zunächst in einer Häckselmaschine kurz gehäckselt und darauf unter Wasserzusatz
in einer Schlagkreuzmühle vorzerkleinert. Zur Verringerung der Mehlstoffbil.dung
watet der Läufer der Schlagkreuzmühle im Stoff.
-
Von der Schlagkreuzmühle gelangt der vorzerkleinerte Strohstoff in
einen Raffineur üblicher Bauart, z. B. in einen Vertikalraffineur .der Bauart Escher-Wyss.
Zwischen Schlagkreuzmühle und Raffineur ist ein Splitterfänger eingeschaltet. Nach
Verlassen des Raffineurs wird .der Stoff sortiert, und die zu groben Anteile durchlaufen
den Raffineur ein zweites Mal.
-
Vom Sortierer gelangt der Stoff zu einer Entwässerungsm@aschine, anschließend
in einen Holländer, wo er noch beliebig weitergemahlen werden kann und mit Bindemitteln
versetzt wird.
-
Der fertig geholländerte und mit Bindemitteln versetzte Stoff wird
anschließend auf Langsiebmaschinen oder Formpressen in bekannter Weise zu Platten
oder anderen Formkörpern verarbeitet.