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Verfahren zur Gewinnung des Pentaerythritdichlorhydrinmonoschwefli.gsäureesters
In der Literatur finden sich verschiedene, einander widersprechende Angaben über
die bei der Einwirkung von Thionylchlorid auf Pentaerythrit in Gegenwart von tertiären
Basen, insbesondere von Pyridin, entstehenden Produkte. In neuester Zeit haben M
o o radian und Cloke (Journal of the American Chemical Society, Bd. 67, Jahrg. 1945,
S. 94-2 bis 944) über die Reaktion gearbeitet und festgestellt, daB man nach dieser
Methode, je nach den angewandten Mengenverhältnissen der Reaktionspartner. verschiedene
Chlorwasserstöffester des Pentaen°thrits erhalten kann. Welcher der möglichen Chlorwasserstoffester
entsteht, ist von dem Mengenverhältnis der angewandten Reaktionsteilnehmer abhängig.
Je nachdem, ob man Pentaerythrit mit Thionylchlorid in Gegenwart von Pyridin in
den Mengenverhältnissen Z : z : 2, z : 3 : 3 oder i : 4 : 4 umsetzt, erhält man
als Hauptprodukt das Pentaerythrit-di- oder -trichlorhydrin oder den Pentaerythrit-tetra-chlorwasserstoffester.
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Es wurde nun gefunden, daB bei der Einwirkung von Thionylchlorid auf
Pentaerythrit in Gegenwart von Pyridin auch eine bisher unbekannte Verbindung der
Monoschwefligsäureester des Pentaerythrit-dichlorhydrins entsteht, der aus dem Gemisch
der Reaktionsprodukte auf Grund der unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften
der Bestandteile dieses Gemisches nach an sich bekannten Methoden der organisch-präparativen
Chemie isoliert werden kann.
Der Petitaerythrit-dichlorhydrin-monoschivefligsäureester
besitzt vermutlich die Konstitution
Er wird im folgenden als Schwefligsäureester bezeichnet.
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Die partiellem Veresterungsprodukte des Pentaerythrits mit Chlorwasserstoff
sind in Wasser mehr oder weniger gut löslich, während der Schwefligsäureester in
Wasser unlöslich ist. Sein Siedepunkt liegt zwischen dem des Pentaerythrit-di- und
des -trichlorhydrins. Aus dieser Offenbarung. der Unterschiede zwischen den Eigenschaften
der bekannten Pentaerythrit-chlorwasserstoffester und -dem bisher unbekannten Pentaerythrit-dichlorhydrin
monoschwefligsäureester ergibt sich die für jeden Fachmann klare Anweisung, die
in der organisch-präparativen Chemie bekannten Aufarbeitungsmethoden, insbesondere
Destillation, Extraktion und Kristallisation, gegebenenfalls in Kombination miteinander,
derart auf die erfindungsgemäß zu verarbeitenden Produkte anzuwenden, daß der Schwefligsäureester
von seinen Begleitstoffen abgetrennt wird.
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Zur Herstellung der Ausgangsprodukte für das erfindungsgemäße Verfahren
kann man nach der von Mooradian und Cloke gegebenen. Vorschrift arbeiten, jedoch
sind auch Abänderungen möglich. Zur Bildung des Schwefligsäureesters sind theoretisch
3 Mol Thionylchlorid pro Mol Pentaerythrit erforderlich. Die Verwendung eines Überschusses
an Thionylchlorid kann vorteilhaft sein. Trotzdem wird der Ester bereits bei Anwendung
geringerer Mengen an Thionylchlorid, etwa nur 2 Mol auf 1 Mol Pentaerythrit, gebildet
und kann aus derartigen Reaktionsprodukten isoliert werden. Auch durch die angewandte
Pyridinmenge kann die Bildung des -Esters beeinflußt werden. Es wurde festgestellt,
daß die Ausbeuten an Ester beim Herabsetzen der Pyridinmenge, etwa auf ein Molverhältnis
von Pentaerythrit zu Pyridin zwischen = : 2 und 1 : o,2, verbessert werden.
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Die Bildung des Schwefligsäureesters ist von der Reihenfolge des Zusatzes
der Reaktionsteilnehmer abhängig, jedoch kann, z. B. mit Rücksicht auf besondere
apparative Verhältnisse bei der technischen Durchführung der Reaktion, eine bestimmte
Reihenfolge vorteilhaft sein.
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Der Ablauf der Reaktion wird durch Erhitzen auf Temperaturen von etwa
ioo° gefördert. Es hat sich gezeigt, daß die Ausbeute an Schwefligsäureester beim
Überhitzen des Reaktionsgemisches verringert wird; beim Erhitzen des Reaktionsgefäßes
auf freier Flamme wurden bei sonst gleichen Reaktionsbedingungen geringere Mengen
an Schwefligsäureester erhalten als beim Erhitzen auf dem Ölbad. Da die Reaktion
bereits bei Temperaturen unterhalb ioo° in Gang kommt, genügt es, das Erhitzen auf
dem Wasserbade vorzunehmen.
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Vor dem Aufarbeiten des Reaktionsgemisches empfiehlt es sich, die
Hauptmenge des Pyridins sowie die Reste an Chlorwasserstoff und Schwefeldioxyd z.
B. mit Hilfe eines durchgesaugten Gasstromes zu entfernen. Man kann auch das Pyridin,
das hauptsächlich als Chlorhydrat vorliegen dürfte, durch Zusatz einer äquivalenten
Menge an nicht flüchtigen, säurebindenden Stoffen, vorzugsweise Lauge, in Freiheit
setzen und abdestillieren. Mooradian und Cloke haben das Reaktionsprodukt mit der
gleichen Menge Wasser vermischt, die wäßrige von der öligen Schicht getrennt und
geringe, im -Wasser gelöste Mengen an Pentaerythritumwandlungsprodukten aus der
wäßrigen Schicht mit Benzol und Äther extrahiert. Die Extrakte haben sie mit der
öligen Schicht vor deren Weiterverarbeitung vereinigt. Daraus geht einwandfrei hervor,
daß die Bearbeiter das Vorhandensein des wasserunlöslichen Schwefligsäureesters
gar nicht erkannt haben und daß die Abtrennung wasserunlöslicher Pentaerythritderivate
aus dem Reaktionsgemisch nicht beabsichtigt war.
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Im Gegensatz zu dieser bekannten Arbeitsmethodik besteht eine Ausführungsform
des Verfahrens nach vorliegender Erfindung darin, die mehr oder weniger wasserlöslichen
Chlorwasserstoffpartialester des Pentaerythrits aus dem bei der Einwirkung von Thionylchlorid
auf Pentaerythrit entstehenden Reaktionsprodukt mit mehr als der gleichen Menge
Wasser zu extrahieren. Je nach den Mengenverhältnissen der verschiedenen Reaktionsprodukte
und nach der Menge des vorhandenen Pyridins kann bei Wasserzusatz eine Phasentrennung
zunächst ausbleiben, da die organischen wasserlöslichen Reaktionsprodukte als Lösungsvermittler
wirken. Eine Schichtentrennung wird jedoch in den meisten Fällen durch Zusatz weiteren
Wassers erreicht. Nach Abziehen der wäßrigen Schicht und gegebenenfalls wiederholtem
Auswaschen mit Wasser erhält man den meist öligen Rohester. Diese Arbeitsweise kann
unter Verwendung in der Extraktionstechnik üblicher Verfahren oder Vorrichtungen
wirksamer gestaltet werden. So kann man z. B. das Reaktionsprodukt in einem Überschuß
eines wasserunlöslichen organischen Lösungsmittels, wie z. B. Benzol oder Äther,
auflösen und die wasserlöslichen Bestandteile daraus mit Wasser extrahieren. Eine
andere Variation des Verfahrens besteht darin, das Reaktionsprodukt in wasserlöslichen
organischen Lösungsmitteln zu lösen und den Schwefligsäureester durch Wasserzusatz
auszufällen. Diese Maßnahme kann vor allem dann von Vorteil sein, wenn das Reaktionsprodukt
Substanzen mit geringerer Wasserlöslichkeit enthält, wie das z. B. für das Pentaerythrittrichlorhydrin
zutrifft.
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Das Abtrennen des Schwefligsäureesters von den anderen Verbindungen
ist auch durch Destillation möglich. Es wurden folgende nichtkorrigierte Siedepunkte
festgestellt, die lediglich zu Vergleichzwecken dienen sollen. Die von Mooradian
und Cloke festgestellten Siedepunkte sind in Klammern dahinter angegeben.
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Pentaerythrit-trichlorhydrin Kp4 103 bis 1o4° (Kp12 127,5 bis i29°),
Pentaerythrit-dichlorhydrin-monoschwefligsäureester KP,-, 113 bis z15°, Pentaerythrit-dichlorhydrin
KPs-n 145 bis 147° (KP12 1555 I=i@ 16t1').
Wie aus den Siedepunkten
ersichtlich, ist die Siedepunktdifferenz groß genug, um den Schwefligsäureester
weitgehend von seinen Begleitstoffen abtrennen zu können. Die Verwendung gut wirksamer
Destillationskolonnen und das Arbeiten bei geringen Destillationsgeschwindigkeiten
fördert die Trennung. Je nach dem Mengenverhältnis der verschiedenen im Ausgangsmaterial
vorliegenden Substanzen kann die vollständige Abtrennung des Schwefligsäureesters
durch Bildung azeotrop siedender Gemische erschwert oder unmöglich gemacht werden.
Zweckmäßigerweise fängt man die zwischen den Siedepunkten der beiden Pentaerythrit-chlorhydrine
übergehenden Anteile in Fraktionen auf. Man kann aber auch die nach dem Abdestillieren
des Trichlorhydrins übergehenden Anteile zusammen mit dem Dichlorhydrin auffangen
und das Gemisch nach anderen Verfahren, z. B. durch Behandeln mit Wasser, in seine
Bestandteile trennen.
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Der Schwefligsäureester ist flüchtig - genug, daß man ihn durch Wasserdampfdestillation
aus dem Reaktionsprodukt entfernen kann.
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Auch durch Kristallisation läßt sich der Schwefligsäureester von seinen
Begleitstoffen trennen; dabei kann es zweckmäßig sein, das Ausscheiden des Schwefligsäureesters
aus der Lösung durch Kühlen und Animpfen zu beschleunigen.
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Wie viele Substanzen, deren Schmelzpunkt nur wenig über Zimmertemperatur
liegt, wird auch der Schmelzpunkt des Schwefligsäureesters durch geringe Mengen
an Verunreinigungen stark herabgedrückt. Daher besitzt der bei Anwendung nur einer
der beschriebenen Aufarbeitungsmethoden möglicherweise in öliger Form anfallende
Ester eine für viele Zwecke befriedigende Reinheit. Wünscht man den Ester jedoch
kristallisiert zu erhalten, so kann dies durch Kombination einer oder mehrerer der
verschiedenen Reinigungsoperationen leicht erreicht werden.
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Auch Mooradian und Cloke haben das von ihnen erhaltene Reaktionsprodukt
destilliert. Das Vorhandensein einer Zwischenfraktion, die zwischen dem Siedepunkt
des Pentaerythrit-tri- und des Pentaerythrit-dichlorhydrins übergeht, wird von ihnen
jedoch nicht angegeben, so daß aus dieser Veröffentlichung keinerlei Anhaltspunkte
für die Anwesenheit des hier erstmalig aufgefundenen Schwefligsäureesters zu entnehmen
sind.
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Der Pentaerythrit-dichlorhydrin-schwefligsäureester ist wegen der
unterschiedlichen Reaktionsfähigkeit der vorhandenen Estergruppen ein wertvolles
Ausgangsmaterial für organische Synthesen, z. B. von Arzneimitteln, Kunstharzen
usw. Beispiel 1 In ein Gemisch von 408 g (3 MOl) Pentaerythrit und 474 g Pyridin
(6 Mol) werden zunächst langsam, dann schneller 714 g Thionylchlorid (6 Mol) eingebracht.
Man erhitzt mit freier -Flamme unter Rückfluß a bis 3 Stunden lang auf igo bis 16o°,
bis keinerlei Gasentwicklung mehr festzustellen ist. Das Reaktionsprodukt wird mit
dem gleichen Volumen Wasser gewaschen, die wäßrige Schicht von der öligen getrennt,
mit Benzol ausgeschüttelt und 3 Tage lang mit Äther extrahiert. Die Extrakte werden
mit der öligen Schicht vereinigt. Beim Destillieren des Öls geht nach einem Vorlauf
vom Kp7 124 bis 140" (3o g) der nur teilweise erstarrende Hauptlauf vom KP, 14o
bis r55° (22O g) über. Er ist im heißen Wasser nur teilweise löslich. Ungelöst bleiben
66 g eines nicht erstarrenden Öls, das im wesentlichen aus dem Schwefligsäureester
des Pentaerythrit-dichlorhydrins besteht. Beispiel 2 ioo g der in Beispiel i als
Hauptlauf bezeichneten Fraktion vom Kp6 14o bis z55°, die ein Gemisch aus Pentaerythrit-dichlorhydrin
und dessen Monoschwefligsäureester darstellt, werden in iio bis i2o ccm siedendem
Benzol gelöst. Beim Abkühlen kristallisiert Dichlorhydrin aus, (las nach Abtrennen
nochmals aus Benzol umkristallisiert wird.
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Die vereinigten Mutterlaugen werden eingeengt, von Benzol befreit
und mit warmem Wasser gewaschen. Der wasserunlösliche Teil wiegt 3o bis 35 g und
besteht im wesentlichen aus dem Monoschwefligsäureester des Pentaerythrit-dichlorhydrins,
der durch Vakuum-und/oder Wasserdampfdestillation oder durch Umkristallisieren aus:
Alkohol in Kältemischung gereinigt werden kann. Die Kristallisation läßt sich durch
Animpfen fördern. Beispiel 3 408 g Pentaerythrit (3 MOI) werden mit 8o g Pyridin
(i Mol) vermengt und unter Kühlung zunächst langsam, dann rasch mit ii8o g Thionylchlorid
(io Moll) versetzt und über Nacht stehengelassen. Es wird zunächst einige Stunden
auf etwa 4o bis 6o°, dann auf dem Dampfbad wiederum einige Stunden unter gelegentlichem
Umschwenken erwärmt. Das ölige, gelbbräunliche Reaktionsprodukt wird wiederholt
mit Wasser unter Durchschütteln gewaschen, bis Pyridin-und Schwefeldioxydgeruch
verschwunden sind, und ohne weiteres im Vakuum destilliert. Der Schwefligsäureester
des Pentaerythrit-dichlorhydrins geht als schweres, schwach gelbliches Öl über;
Kp413o bis 135°. Das Ende der Destillation macht sich durch eine plötzliche Trübung
des Destillates und bald darauf durch raschen Anstieg der Siedetemperatur bemerkbar.
Das so erhaltene Produkt kann noch weiter gereinigt werden, z. B. durch Erwärmen
mit Entfärbungskohle auf dem Dampfbad, Filtrieren und nochmaliges Destillieren an
einer wirksamen Kolonne. Der reine Ester geht dann beim Kp4_6113 bis 1i5° über.
Beim Einstellen in Kältemischung oder Animpfen kristallisiert der Ester in Form
langer Nadeln vom F. = 30'. Er kann auch aus Alkohol durch Abkühlen einer bei Zimmertemperatur
gesättigten Lösung in Eiswasser umkristallisiert werden.