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Bei den gebräuchlichen Webstuhlsystemen arbeitet der Schußfaden beim
Weben mehr oder weniger ein, d. h. die Breite der gewebten Ware ist mehr oder weniger
schmaler als die Rietbreite.
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Um diesen Breiteneingang beim Weben so klein wie möglich zu halten,
werden meistens Breithalter benutzt. Diese bewirken bei den meisten Geweben jedoch
nicht, daß die Warenbreite genau so breit wie die Rietbreite ist.
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Um jedoch unter allen Umständen die Warenbreite gleich oder fast gleich
der Rietbreite zu erreichen, ist ein neuer Schußfadenhalter geschaffen worden. Während
die bereits bekannten Haltevor= richtungen so konstruiert sind, daß sie den Schußfaden
gespannt und ohne Schlingen im Fach halten, dient dieser neue Schußfadenhalter,
der jeden einzelnen Schußfaden beim Eintragen vorübergehend (bis kurz vor dem Schließen
des Fachs) außerhalb des äußersten Kettenfadens nach außen hält, dazu, daß dieser
Schußfaden durch .den Zug des Schützens nicht so weit mitgezogen wird wie normalerweise,
wobei dann die äußeren Kettenfäden ihre Richtung parallel zu den andern verändern,
sondern nur so weit, daß er dicht vor dem äußersten Kettenfaden liegenbleibt bzw.
ihn leicht berührt und derselbe seine Richtung parallel zu den andern nicht ändert.
Der Schußfaden wird also in diesem Falle nicht eingezogen, und die Warenbreite wird
gleich der Rietbreite; ein Breithalter wird überflüssig.
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Die Möglichkeit zur Anwendung dieses Schußfadenhalters besteht bei
allen Geweben, bei denen es erwünscht ist, daß die Warenbreite gleich Rietbreite
ist. Ein besonderer Vorteil hierbei ist es, daß eine besondere Kante aus vermehrten
oder stärkeren Kettenfäden überflüssig ist und -die Zeit für das Schären einer besonderen
Kante und die Kosten für das besondere Kantenmaterial gespart werden können.
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Eine spezielle Anwendungsmöglichkeit besteht bei Geweben aus Glasseidengarnen,
die bekanntlich gegen Reibung besonders empfindlich sind und bei denen daher die
Kante immer ein besonderes Problem ist.
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Die Anwendung ist sowohl bei glatten Glasseidengeweben möglich, besonders
in den Fällen, in denen das Gewebe zwecks Vermeidung von späteren Spannungen keine
dickeren Kantenfäden oder solche aus anderen Garnen aufweisen darf, als auch bei
Schlauchgeweben, die bekanntlich keine vermehrten oder stärkeren Kantenfäden haben
dürfen und bei denen sich das Einarbeiten infolgedessen besonders erschwerend auf
das Weben auswirkt.
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Würde man bei den ohne besondere Kante zu webenden Glasgeweben Breithalter
verwenden, so würden die äußersten Kettenfäden erfahrungsgemäß trotzdem nicht mehr
ganz parallel laufen; sie würden wegen ihrer besonderen Empfindlichkeit gegen Reibung
aufgerauht werden und brechen. Bei Verwendung des Schußfadenhalters laufen dagegen
die äußersten Kettenfäiden parallel zu den andern, so daß keine anomale Reibung
durch das Riet auftritt und keine Kettenfadenbrüche eintreten.
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Der Schußfadenhalter (s. Zeichnung) wird am Brustbaum des Webstuhls
wenige Zentimeter links und rechts von der zu webenden Ware rechtwinklig drehbar
zur Lade hin befestigt. Er besteht aus einem senkrecht stehenden Stück Flacheisen
b, das unten rechtwinklig drehbar zur Lade hin gelagert ist. An diesem Stück sind
rechtwinklig zur Lade hin 2 Schenkel a und c angebracht, von denen der obere d gegen
den Rietdeckel stößt, während der untere, c, der zum Zwecke der Verlängerung und
Drehung zweiteilig, d, ist, an der Spitze des äußeren Teiles d eine nach
unten gerichtete Nadele hat.
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Der Schußfadenhalter wird bei offenem Fach (Lade hinten) so eingestellt,
daß die beiden Schenkel waagerecht stehen und daß die Nadel im unteren Sehenkel
direkt neben dem äußersten Kettenfaden wenige Millimeter über der Ladenbahn steht.
Der obere Schenkel berührt den Rietdeckel. Kommt die Lade nach vorn, so nimmt der
Rietdeckel den oberen Schenkel 'mit und hebt dadurch auch den unteren Schenkel mit
der Nadel hoch. Beim Zurückgang der Lade geht der Schußfadenhalter in seine Ausgangsstellung
zurück. Nach jedem Fachwechsel schlingt sich der Schußfaden jeweils an einer Seite
um die Nadelspitze und wird beim Hochgehen der Nadelspitze wieder freigegeben. Dieses
vorübergehende Halten verhindert, wie bereits oben erwähnt, daß die äußersten Kettenfäden
ihre Richtung parallel zu den andern verändern. Die Nadelspitze muß in einer solchen
Entfernung vom äußersten Kettenfaden eingestellt werden, daß die kleine Schlinge,
die der Schußfaden vorübergehend an der Kante bildet, auf Grund der Eingangsbestrebungen
des Fadens infolge seiner Anpassung an die Bindung und Stärke der Kettenfäden im
Augenblick des Fachwechsels nicht mehr vorhanden ist, der Schußfaden vielmehr leicht
um den äußersten Kettenfaden herumliegt.
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Der Schußfadenhalter kann auch so konstruiert werden, daß er von einer
der Wellen des Webstuhls vermittels Exzenter gehoben und gesenkt wird.