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Verfahren zur Gewinnung von Jod und Kalisalzen aus Hochofenflugstaub
Es ist bekannt, daß der Hochofenflugstaub, der bei der Trockenreinigung des Hochofengichtgases
anfällt, geringe Jodgehalte und beträchtliche Mengen an Kaliumcarbonat und Kaliumchlorid
mit sich führt. Über eine Ausnutzung dieser wichtigen Rohstoffe ist bisher nur bekanntgeworden,
daß in einem Fall durch Auslaugen des Flugstaubes mit Wasser und durch fraktionierte
Kristallisation lediglich Kalisalze und in einem zweiten Fall lediglich Jod gewonnen
wurden.
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Gegenstand der Erfindung ist demgegenüber ein Verfahren zur gleichzeitigen
Gewinnung von Jod und Kalisalzen aus dem Hochofenflugstaub.
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Zur Gewinnung des Jods aus Hochofenflugstaub würde es naheliegen,
die gleichen Verfahren anzuwenden, wie sie bei der Jodgewinnung aus jodhaltigen
Wässern allgemein üblich sind, wobei das Jod aus diesen Wässern entweder mit Silbernitrat
gefällt oder nach vorherigem Ansäuern der Lösung und nach Zusatz eines Oxydationsmittels
an Stärke oder Aktivkohle gebunden wird.
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Die Weiterverarbeitung des sehr stark verunreinigten Silbersalzes,
der jodstärkeverbindung oder der mit Jod beladenen Aktivkohle erfolgt in einem weiteren
bekannten Arbeitsgang. Eine andere bekannte Möglichkeit, den jodhaltigen Wässern
das Jod zu entziehen, besteht in der Behandlung mit einem flüssigen, mit Wasser
nicht mischbaren Stoff, der ein hohes Lösungsvermögen für freies Jod besitzt, wie
beispielsweise Petroleum. Auch in diesem Fall muß das chemisch gebundene Jod nach
vorherigem Ansäuern der Lösung durch Oxydationsmittel
zum elementaren
Jod entbunden werden. Bei der Jodgewinnung aus jodarmen Wässern kommt dem Aktivkohleverfahren
die größte Bedeutung zu.
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Die einfache Übertragung dieses bekannten Verfahrens auf die Jodgewinnung
aus schwach jodhältigen Lösungen; wie sie durch Auslaugen des Hochofenflugstaubes
mit Wasser gewonnen werden können, stößt aber auf eine Reihe von Schwierigkeiten.
Die Verarbeitung der Lösung wird einmal durch das Vorkommen weiterer wasserlöslicher
Verbindungen im Flugstaub" besonders von Silicaten, Cyaniden, Rhodaniden, Ferrocyaniden
sowie organischer Stoffe erheblich gestört. Da diese Stoffe in immer wechselnden
Mengen im Flugstaub angetroffen werden, würde weiterhin die Arbeitsweise den Konzentrationen
entsprechend ständigen Änderungen unterliegen. Schließlich wäre aber die Jodgewinnung
aus Flugstaub auf die bereits bekannte Art von vornherein unwirtschaftlich, da der
Jodgehalt im Flugstaub sehr niedrig, und zwar meist bei nur etwa 0,025 bis
0,0350/0 liegt. Die obengenannten Beimengungen des Flugstaubes beeinflussen
aber auch die Kaligewinnung im ungünstigen Sinn.. Hier wirkt besonders das im Flugstaub
ebenfalls vorhandene Fluor störend, da es den Reinigungsprozeß bei der Kristallisation
der Kalisalze außerordentlich erschwert.
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Das Verfahren nach der Erfindung vermeidet die genannten Schwierigkeiten
bei der gleichzeitigen Gewinnung von Kalisalzen und Jod aus Flugstaub durch folgende
einfache und neue :Arbeitsweise: Zur Entfernung der die Gewinnung von Kali und Jod
störenden organischen und anorganischen Stoffe wird erfindungsgemäß eine oxydierende
Glühbehandlung bei 50o bis 75o°, vorzugsweise bei Temperaturen zwischen 60o bis
700°, angewendet. Dieser Behandlung wird der Flugstaub im Anlieferungszustand unterworfen
und dann mit Wasser ausgelaugt. Da aber das Glühen des sehr leichten Flugstaubes
an der Luft verschiedene Schwierigkeiten mit sich bringt, ist es zweckmäßig, den
Flugstaub erst auszulaugen und die aus der Lauge durch Eindampfen erhaltenen Rohsalze
bei den vorstehend angegebenen Temperaturen zu glühen bzw. zu schmelzen. Überraschenderweise
läßt sich aus den so behandelten Salzen nach vorherigem Ansäuern durch Oxydieren
das Jod, das in den Salzen erheblich angereichert ist, ohne Schwierigkeit in Freiheit
setzen und durch einfache Destillation restlos gewinnen. Durch die Glühbehandlung
werden die störenden Stoffe verbrannt bzw. zersetzt, so daß ihr Einfluß auf die
Jodgewinnung ausgeschaltet wird, gleichgültig, in welchen Mengen sie vorher vertreten
waren. Auch für die Kaligewinnung ist die Glühbehandlung von überragendem Vorteil.
Insbesondere wird dabei auch das ursprünglich in erheblicher Menge vorhandene Kaliumferrocyanid
unter Bildung von Fe2O3 und K20 zersetzt. Durch die erfindungsgemäße oxydierende
Glühbehandlung werden also alle die Jod-und die Kaliumgewinnung störenden Beimengungen
beseitigt, mit Ausnahme des Fluors, das, wie oben erwähnt, die Gewinnung eines reinen
Kaliumchlorids unmöglich macht.
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Es wurde nun festgestellt, daß das Fluor durch Calciumchlorid ausgefällt
werden kann, wobei jedoch darauf zu achten ist, daß die Kalium-Carbonat-Kohlensäure
nicht vollständig durch das zugegebene Calciumchlorid abgebunden wird. Durch diese
Maßnahme wird eine Verunreinigung der Alkalisalze vermieden, so daß nach Abfiltrieren
der Calciumcarbonat- und -fluoridfällung nur noch Kalium und Natrium als Kationen
im Filtrat vorliegen. Diese so gereinigte Lösung, welche Kalium, Natrium, , Chlor
und Jod ohne störende Beimengungen enthält, wird jetzt zur Gewinnung des Jods mit
Salzsäure angesäuert, mit einem Oxydationsmittel, z. B. Fe C13, versetzt und das
Jod abdestilliert. In der zurückbleibenden Lösung wird das Kation des vorher zugegebenen
Oxydationsmittels mit Kalilauge gefällt oder später durch Waschen der Alkalien mit
starker Salzsäure oder gesättigter Kaliumchloridlösung entfernt.
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Für eine erfolgreiche Durchführung des . Verfahrens sind noch Menge
und Temperatur sowie die Einwirkungsdauer des zum Auslaugen erforderlichen Wassers
von Bedeutung. Bekanntlich steigt bei jedem Auslaugverfahren die Ausbeute des auslaugfähigen
Anteils mit der Menge des verwendeten Lösungsmittels, seiner Temperatur und seiner
Einwirkungsdauer, wobei durch Steigerung jedes der drei Faktoren die beiden anderen
herabgesetzt werden können. Die wirtschaftlich günstigsten Bedingungen werden je
nach den vorliegenden Verhältnissen schwanken, können aber an Hand einiger Versuche
jeweils leicht festgestellt werden. Als Beispiel sei angegeben, daß bei Anwendung
der zehnfachen Wassermenge bei Siedetemperatur und bei einer Einwirkungsdauer von
2 Stunden eine völlige Auslaugung erzielt wurde.
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Die Arbeitsweise des neuen Verfahrens sei an folgendem Beispiel erläutert:
Vorhanden sind iooo kg Hochofenflugstaub mit einem Jodgehalt von 0,04% und einem
wasserlöslichen Anteil von 25%. Durch vollständiges Auslaugen dieses Flugstaubes
mit Wasser werden 25o kg Rohsalz gewonnen, die einer Glühbehandlung bei - 700° unterworfen
werden. Das geglühte Rohsalz wird bis auf einen geringen unlöslichen Rückstand,
der aus Fe203 besteht, mit Wasser in Lösung gebracht und diese Lösung ohne vorherige
Filtration entsprechend ihrem CO."-Gehalt so weit mit Calciumchlorid versetzt, daß
noch ein geringer Überschuß an'C03' vorhanden ist. Der von vornherein unlösliche
Rückstand und die durch Calciumchlorid hervorgerufene Fällung werden anschließend
abfiltriert, die klare Lösung mit Salzsäure angesäuert, dann mit Eisenchlorid versetzt
und das Jod durch Destillation ausgetrieben. Der Jodgehalt des Rohsalzes wird hierbei
restlos erfaßt und beträgt etwa 340 g. Anschließend wird das Eisen des zugegebenen
Fe C13 durch Fällung mit Kalilauge aus der jodfreien Lösung abgetrennt, die Lösung
mit Salzsäure neutralisiert und eingedampft. Durch einmaligeKristallisationerhält
man 175kgKaliumchlorid
(Reinheitsgrad - 98,5°/o), während aus der
Mutterlauge durch nochmalige Kristallisation weitere 13 kg Kaliumchlorid
gewonnen werden. Durch einfaches Umkristallisieren läßt sich der Reinheitsgrad noch
weiter erhöhen.