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Verfahren zur Behandlung von Stoffen, die ganz oder teilweise aus
Wolle bestehen, mit Halogen Die Erfindung betrifft Verfahren zur Behandlung von
Stoffen, die ganz oder teilweise aus Wolle bestehen, rnit Halogen.
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Unter Wolle im Rahmen der Erfindung sind alle tierischen Faserstoffe
zu verstehen, die sich verfilzen ki»itien.
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In der l'eschreil>ung der Erfindung bedeutet der Ausdruck Filz oder
verfilzen jene Eigenschaft der gewöhnlichen Wolle, durch die sich die Fasern dicht
aufeinander legen, wenn man sie wäscht oder in einer entsprechenden Lösung; behandelt,
in der die Wolle wiederholt ausgedrückt und gerieben wird, so daß die `'olle dichter
und fester wird. Diese Eigenschaft des Verfilzens bildet den Grund für das Einschrumpfen
von Wollgarnen und Wollstoffen leim Waschen, so daß eine Wolle, die sich wenig verfilzt,
auch wenig einschrumpft.
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Es ist bekannt, Wolle mit Halogen in gasförmiger oder gelöster Form
zu behandeln, um die chemische Verwandtschaft der Wolle zu Farbstoffen zu vergrößern
und die Neigung, zu verfilzen, herabzusetzen.
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Es wurde gefunden, daß die Behandlung von Wolle mit Halogen in der
Weise ausgeführt werden kann, daß man sie mit einem festen Körper in Berührung bringt,
der Halogen entwickelt oder der zur
Entwicklung von Halogen veranlaßt
werden kann, wenn er mit Wolle in Berührung steht. Die Behandlungszeit ist abhängig
von den Eigenschaften des verwandten festen Körpers und von der gewünschten Wirkung.
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Gemäß der vorliegenden Erfindung wird ein Stoff, der ganz oder teilweise
aus Wolle besteht, mit Halogen behandelt, und zwar durch Austreiben des Halogens
aus einem festen Körper, der mit dem Stoff in Berührung steht.
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Das nach der Erfindung zu behandelnde Rohmaterial kann in der Form
von losen Fasern oder in verarbeiteter Form, wie Garnen, gewebtem oder gestricktem
Stoff, oder in jedem Zwischenstadium vorliegen. Das Rohmaterial kann eine Behandlung
erfahren haben, wie Entfetten, Entschweißen, Bleichen, Färben, Heißpressen oder
Walken. Das neue Verfahren ist auch für die Behandlung von gewebten oder gestrickten
Waren, z. B. von Kleidung, geeignet. Die Wolle kann auch im Gemisch mit anderen
Stoffen, z. B. Baumwolle, behandelt werden. Das neue Verfahren hat dem bekannten
gegenüber den Vorteil, daß es einfach ausgeführt und besser überwacht werden kann.
Es hat auch den großen Vorteil, daß es bei der fertigen Kleidung mit geringerer
Neigung des Verziehens verwendet werden kann, als wenn diese mit flüssigen Reagenzien
behandelt wird.
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Der feste Körper wird vorzugsweise in der Form von feingemahlenem
Pulver benutzt, das unter Verwendung von Halogen erzeugt ist und das bei der Berührung
mit Wolle bei üblicher Temperatur oder wenig gesteigerter Temperatur Halogen entwickelt
oder veranlaßt werden kann, Halogen zu entwickeln. Der feste Körper kann auch Halogen
absorbiert oder adsorbiert enthalten. Die vorteilhaftesten Halogene sind gasförmiges
Chlor oder Brom. Das Chlor ist billiger und auch zweckmäßiger. Ein brauchbares Mittel
ist ein bekanntes und im Handel erhältliches Bleichpulver, das erhalten wird, wenn
man Chlorgas über Kalk leitet. Brom oder Fluor werden zweckmäßigerweise in adsorbierter
Form auf einem festen Körper verwendet; auch Chlor kann auf diese Weise benutzt
werden.
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Es können auch Kalk-Brom-Derivate verwendet werden, die in der Weise
hergestellt werden, daß man flüssiges Brom bei gewöhnlicher Temperatur mit gelöschtem
Kalk in Berührung bringt und das erhaltene rote Pulver zweckmäßigerweise mehrere
Stunden auf ioo° erhitzt. Das erhaltene schwachgelbe Pulver verhält sich gegenüber
Wolle wie ein Bleichmittel. Zunächst scheint es nur die Feuchtigkeit aus der Wolle
herauszuziehen, aber nachdem es einige Tage mit der Wolle in Berührung war, setzt
es die Eigenschaft der Wolle, zu verfilzen, herab. Der Prozentsatz an wirksamem
Brom fällt zu dieser Zeit schneller als später.
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Wenn der feste Körper nach dem Verfahren der vorliegenden Erfindung
benutzt ist, so kann er, wenn er noch weiter Halogen entwickeln kann, erneut benutzt
werden. Das neue Verfahren kann so angewandt werden, daß die Dauer der Behandlung
der Wolle ungenügend ist, um dem Stoff die Eigenschaft des Verfilzens zu nehmen,
aber genügend, um seine Affinität für Farbstoffe zu steigern. Einer solchen Behandlung
kann gegebenenfalls eine weitere Behandlung folgen mit einem oxydierenden oder reduzierenden
Agens, z. B. Wasserstoffsuperoxyd, das als Mittel gegen das Verfilzen der Wolle
bekannt ist. Der Umfang der Behandlung und die erforderliche Behandlungsdauer kann
bei der Benutzung des festen Körpers abgeändert werden, wenn man ihn im Gemisch
mit einem festen Verdünnungsmittel verwendet, das gegen das benutzte Halogen inert
ist und zweckmäßigerweise in Form eines feinverteilten Pulvers vorliegt. Die Wirkung
des Halogens wird gesteigert mit der Verlängerung der Behandlung und herabgesetzt
durch Verdünnung des festen Körpers mit dem festen Verdünnungsmittel. Die Behandlungszeit
ist auch abhängig von der Natur der verwendeten Substanz und der gewünschten Wirkung.
Durch die Einstellung der Zeit kann jeder gewünschte Effekt, d. h. jede Herabsetzung
der Verfilzungseigenschaft, erreicht werden, die auch abhängig ist von der Azidität
oder Alkalität der Wolle. Im allgemeinen ist die Zeit länger zu wählen, wenn die
Alkalität, und kürzer, wenn die Azidität überwiegt. In gleicher Weise ist die Zeit
auch abhängig von dem Feuchtigkeitsgrad der Wolle. Innerhalb bestimmter Grenzen
ist der Feuchtigkeitsgehalt der Wolle nicht von großer Bedeutung, aber wenn die
Wolle trockener ist, dann ist gewöhnlich die Behandlungsdauer länger zu wählen.
Der feste Körper, mit dem die Wolle zu behandeln ist, kann feucht oder trocken sein.
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Die Behandlung kann zweckmä'ßigerweise hei gewöhnlicher Temperatur
und normalem Druck ausgeführt: werden, obgleich auch höhere Temperaturen und verringerter
Luftdruck gegebenenfalls verwendet werden können.
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Es ist vorteilhaft, wollenen Stoff in den feinzerteilten festen, gegebenenfalls
mit einem Verdünnungsmittel vermischten Körper einzubetten, der Halogen in Berührung
mit Wolle entwickelt. Man kann auch die eine Seite eines Gewebes aus Wolle mit einer
Schicht des festen Körpers bedecken und dann das Ganze zusammenrollen, wodurch der
feste Körper mit beiden Seiten des Gewebes in Berührung kommt. Der feste Körper
kann nach. der Behandlungsdauer und nach dem Auseinanderrollen des Gewebes durch
Schütteln und/oder Ausbürsten und nachträgliches Waschen entfernt werden. Der Waschvorgang
kann die Behandlung mit einem Entchlorungsmittel,wie Natriumbisulfit, einschließen,
das selbst die Eigenschaft der Wolle, zu verfilzen, herabsetzt.
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Wenn Bleichpulver über ein Wollgewebe gestreut oder ein Wollgewebe
in Bleichpulver eingebettet wird und die Stoffe einige Stunden miteinander in Berührung
bleiben, so wird der Wolle die Eigenschaft eines vergrößerten Widerstandes gegen
Verfilzen verliehen. Wenn ein Gewebe in dem Bleichpulver hin und her bewegt wird,
so wird dadurch
die \Virkung verll:ssert. \.:is besonders wünschenswert
ist, weine der Stoff einer zusätzlichen Behandlung zur Verbesserung des Widerstandes
gegen Verfilzen ausgesetzt wird. Die Einwirkung des Bleichpulvers auf die \Volle
kann entsprechend verzögert werden, wenn man das Bleichpulver mit einem inerten
Stoff, z. 13. Kaolin, Porzellanerde, Soda oder Sand in Form eines feinverteilten
Pulvers, verwendet. Die Dauer der Reaktion in der Zeiteinheit wird dabei durch (las
@Terhältnis zu dem inerten Pulver bestimmt. Wenn man beispielsweise 2 "feile ellleS
inerten Pulvers mit i Gewichtsteil Bleichpulver verwendet, so ist die Zeit, die
erforderlich ist, um damit eine wesentliche Einschränkung des `-erfilzeiis zu erreichen,
ungefähr 17 oder 18 Stunden bei Zimmertemperatur. Inerte Ver-(bünliungsmittel, die
wasserlöslich sind, z. B. Natriumcarbonat, sind besonders vorteilhaft, da sie aus
der \Volle leicht und vollständig durch Waschen entfernt werden können. 13eis1)
ie11 Die eine Seite eines ganz aus Wolle gestrickten Kleidungsstückes mit 14 bis
18% Feuchtigkeit wurde völlig mit festem Bleichpulver (s. Beispiel 5) in feinzerteilter
Form durch Pberstreuen bedeckt, und zwar in einer Menge von 192 Gewichtsteilen des
Pulvers auf i Gewichtsteil der \Volle. Die Zusaminensetzung des 131eichpulvers ist
unbestimmt, es enthält für gewöhnlich Kalk, Calciumhydroxyd 1Ca(O11)zl und Calciumhypoclilorit
(Ca(OC1)21.
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Das Gewebe wurde aufgerollt und in dieser Lage f> bis 8 Stunden bei
Ziinmerteinperatur aufbewahrt, dann wurde das Pulver durch Ausschütteln und Bürsten
entfernt und der Stoff der Luft ausgesetzt. Das Gewebe wurde dann durch ein `Vasserbad
gezogen, (las ein Netzmittel enthielt, und dann in einem zweiten 13a(1 von kaltem
Wasser durchgewaschen. Es wurde dann nlit einem Bad voll Natriunibistiltit in %Vasser
behandelt, von allen Salzen durch Naschen befreit und schließlich getrocknet.
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Das behandelte Gewebe zeigte einen größeren Widerstand gegen das Verfilzen
als das un-]>ell211l(Ielte Gewebe. Beisl) ie12 Ein Genfisch von t Teil Bleichpulver
in feinverteilter 1#orni und 2 Teilen entwässerter Soda wurde flach über die eine
Seite eines entfetteten, halbwollenen (@ewel>eS (5o% Baumwolle und 5o% Wolle) ausgebreitet.
Die \Volle des Gewebes enthielt 18% 1#euchtigkeit. Das Verhältnis des Pulvergemisches
zu dem Gewebe betrug 2:1. In diesem Zustand wurde (las Gewebe über eine Rolle so
aufgewickelt, daß sowohl die untere als auch die obere Seite des Gewebe; mit (sein
Pulver in Berührung stand, und dann ließ man diesen Stoff 18 bis 20 Stull(lel1 bei
Ziinirl"rtenil):°ratur liegen. Das Gewebe wurde allgewickelt. (las Pulver entfernt
und (las Gewebe gewaschen und getrocknet, wie im Beispiel i angegeben. , Das fertige
Ge-,vebe zeigte beim Waschen mit Seife einen größeren Widerstand gegen das Verfilzen
als (las unbehandelte Gewebe.
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13-eispiel3 Gestrickte wollene Strümpfe, die der Luft ausgesetzt waren,
wurden in einem entsprechenden Gemisch von feinverteilter Kieselerde und Bleichpulver
in dem :Mengenverhältnis von 2 : r12 eingebettet. Nach 24 Stunden wurden die Strümpfe
durch Ausschütteln und durch Ausblasen von dem festen Pulver befreit und gewaschen,
wie in den vorhergehenden Beispielen beschrieben ist. Die behandelten Strümpfe waren
widerstandsfähiger gegen Verfilzen als die unbehandelten Strümpfe. Beispie14 Die
eine Seite eines ganz aus Wolle gewebten Stoffes, der 210% Wasser enthielt, wurde
mit festem, feinzerteiltem Bleichpulver bedeckt, dann aufgerollt und 4 Stunden stehengelassen.
Am Ende dieser Zeit wurde das Pulver ausgeschüttelt und dann der Stoff in Wasser,
das ein Netzmittel enthielt, gewaschen. Darauf wurde er in eine Lösung von Natriuml>isulfit
getaucht und schließlich gewaschen.
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Das unbehandelte Gewebe lief beim Waschen und Walken in einer Seifenlösung
auf 2% seines ursprünglichen Umfanges ein, während das behandelte GeNvebe nach dem
Waschen unter den gleichen Bedingungen kein Einlaufen zeigte. Beisl>ie15 Das nasse
Gewebe aus dem Beispiel .4 wurde mit einem Gemisch aus 2 Teilen entwässerter Soda
und i Teil Bleichpulver bestreut, dann zusammengerollt und 4 Stunden liegengelassen,
worauf es von dem Pulver befreit und gewaschen wurde nach den im Beispiel 4 geinacliten
Angaben.
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Beim \Vaschen und Walken in einer Seifenlösung lief das unbehandelte
Gewebe bis auf 2% ein, während das behandelte nur ein Einlaufen von o,3 % zeigte.
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Das für diese Beispiele verwendete Bleichpulver wurde durch Überleiten
von gasförmigem Chlor über gelöschten Kalk hergestellt. Es enthielt durchschnittlich
35% freies Chlor. Beispie16 Ein bromierter Kalk mit 29% wirksamem Brom wird durch
sorgfältiges Einrühren von
330 ccm Brom in ßoo g frischem pulverisiertem
Calciumosyd, (las mit 285 ccm Wasser gelöscht war, erhalten. Das rote Pulver wird
sorgfältig zerkleinert, durch ein 64 Löcher auf 1 cm2 enthaltendes Sieb gesiebt
und 2 Stunden lang auf ioo° erhitzt. Man erhält ein feines gelbes Pulver. Nach einer
Benutzungsdauer von i Stunde sinkt der Prozentgehalt all wirksamem Brom auf 21%,
und Wollflanell, der in dieses Pulver eingebettet ist, ergibt die folgenden Werte
des Einlaufens beim Walken.