-
Ausgleichsverfahren zur Verminderung der Geräuschstörungen bei mehrlagigen
Fernmeldekabeln Zur Verminderung der Geräuschstörungen in Fernmeldekabeln bedient
man sich seit langem Ausgleichverfahren, die entweder durch Kreuzungen der Leitungen
oder durch Einschaltung besonderer Ausgleichmittel in Form von Kondensatoren eine
Herabsetzung der Leitungsunsymmetrien bewirken. Von H. Jordan und I. Collard wurde
im Jahre 1931 unabhängig voneinander darauf hingewiesen, daß die Potentialverteilung
innerhalb des Querschnittes eines mehrlagigen Kabels nur den Ausgleich der Teilerdkapazitäten
der äußeren Lage erforderlich mache. Es wurde dabei von der Voraussetzung ausgegangen,
daß die inneren Lagen eines mehrlagigen Kabels durch die äußerste Lage abgeschirmt
werden und deshalb praktisch störungsfrei sind. Die Leitungen der äußersten Lage
liegen am gleichen Potential gegen Erde, so daß sich die Stromkreise dieser Lage
nicht gegenseitig beeinflussen. Es genügt demnach ein Ausgleich der Teilkapazitäten
dieser Lage gegen den metallischen Mantel des Kabels.
-
Diese Überlegungen sind jedoch nur unter der Voraussetzung zutreffend,
daB sämtliche Leitungen der äußersten Lage gleich lang sind und daß die Leitungen
der inneren Lagen höchstens so lang sind wie die Leitungen der äußersten Lage.
-
Diese Bedingungen sind in den seltensten Fällen erfüllt. Schon in
dem einfachen Fall eines normalen Fernkabels endigen die einzelnen Leitungen durchaus
nicht alle in ein und demselben Verstärkeramt. Je nach der Leiterstärke, der Bespulung
und der Breite des übertragenen Frequenzbandes werden die Leitungen in verschiedenen
Abständen verstärkt. Eine
den früher erwähnten Bedingungen entsprechende
Unterteilung der Leitungen mittels Übertrager kommt, abgesehen von anderen Schwierigkeiten,
wegen der Unwirtschaftlichkeit solcher Maßnahmen nicht in Betracht.
-
Zumeist läßt sich aus Betriebsgründen auch kaum eine zweckmäßigere
Verteilung der Leitungsarten auf die einzelnen Lagen vornehmen. Bei bespulten Kabeln
kommt noch dazu, daß die Kappen der Pupinspulen in der Regel geerdet werden müssen,
so daß auf diese Weise das Erdpotential an die inneren Leitungen herangetragen wird.
-
Besonders ungünstig liegen die Verhältnisse aber bei Kabelanlagen
für den elektrischen Bahnbetrieb: Abgesehen davon, daß diese Leitungen zumeist in
unmittelbarer Nachbarschaft des beeinflussenden Fahrdrahtes liegen, besitzen sie
auch noch zahlreiche Abzweigschaltungen, die die Potentialverhältnisse gänzlich
unübersichtlich machen.
-
Da neuerdings bei Trägerfrequenzübe:tragungen in Kabeln der bisher
unbenützte niederfrequente Bereich auch für Rundfunkübertragungen herangezogen werden
soll, wobei stets an die oberste zulässige Grenze der Leitungsdämpfung herangegangen
wird, ist verständlich, welche Wichtigkeit gerade in der Zukunft alle Fragen der
Störbeeinflussung sowie die Möglichkeiten zu ihrer Verminderung erhalten. Die vorliegende
Erfindung überwindet alle erwähnten Schwierigkeiten dadurch, daß dem metallischen
Kabelmantel auf künstlichem Weg eine Längs-EMK eingeprägt wird, deren Ort und deren
Frequenz oder Frequenzgemisch dem gegebenen oder zu erwartenden Beeinflussungsfall
der Starkstromstörung möglichst entsprechen und mit deren Hilfe die Geräuschausgleichsmessungen
durchgeführt werden.
-
Was zunächst das Frequenzgemisch anbelangt, muß berücksichtigt werden,
daß die Geräuschspannung jene Spannung von 8oo Hz ist, die die gleiche Störwirkung
hat wie die Fremdspannung selbst. Es ist deshalb zweckmäßig, bei derartigen Messungen
nach Möglichkeit Meßströme mit einer Schwerpunktfrequenz von z. B. 8oo Hz oder mit
einem dieser Schwerpunktfrequenz entsprechenden 1i Frequenzgemisch zu verwenden.
-
Ferner ist es notwendig, sich ein Bild über die bei der künstlichen
Beeinflussung im Kabel auftretende Potentialverteilung zu machen und diese mit jener
beim natürlichen Beeinflussungsfall zu vergleichen.
-
Wenn der Ort der störenden Starkstromquelle örtlich begrenzt ist,
deckt sich der künstliche Beeinflussungsfall angenähert mit dem natürlichen, sofern
die Meßstromquelle in der Nähe der bestehenden oder erst in Betrieb zu nehmenden
Starkstromquelle auf den metallischen Kabelmantel in Form einer Längs-EMK einwirkt.
Dies geschieht beispielsweise dadurch, daß man die Meßstromquelle an die voneinander
isolierten an- und abgehenden Enden des metallischen Kabelmantels einer geöffneten
Verbindungsmuffe legt. Verteilt sich jedoch die störende Starkstromenergie, wie
beispielsweise im Falle einer elektrischen Vollbahn, gleichmäßig auf einen längeren
Abschnitt des beeinflußten Fernmeldekabels und ordnet man die Meß-iiromquelle in
der geschilderten Weise in der Mitte dieses Abschnittes an, dann ähneln sich die
Potentialverteilungen bei natürlicher und künstlicher Beeinflussung wohl im Kabelquerschnitt,
keinesfalls aber im Kabellängsschnitt. Das letztere betrifft vor allem die Spannungen
UM
zwischen Außenlage des Kabels und dessen Mantel. Wie Fig: i zeigt, tritt
bei künstlicher Beeinflussung an der Einschaltstelle der Meßstromquelle ein Spannungssprung
auf, während bei natürlicher Beeinflussung ein stetiger Übergang durch Null hindurch
stattfindet. Auf diesen Unterschied wird noch später zurückgekommen werden.
-
Bei den erfindungsgemäßen Verfahren zur Verminderung der Geräuschstörungen
kann man zwei Hauptgruppen unterscheiden: i. Der auszugleichende Kabelabschnitt
ist noch außer Beirieb; die Lage der, bereits vorhandenen bzw. bereits projektierten
Starkstromanlage ist bekannt. 2. Die störende Starkstromanlage wird zu einem Zeitpunkt
gebaut, wo das Kabel bereits im Betrieb steht; ihre Lage war zur Zeit der Fertigsfellung
des Fernmeldekabels nicht bekannt. Ausgleichverfahren zu i a) Ausgleich einzelner
Teilabschnitte: Fig.2 zeigt die örtlichen Lagen vön Sender und Meßplatz innerhalb
eines Verstärkerabschnittes V,-V2. Letzterer ist in n Teilabschnitte geteilt, die
nacheinander einzeln ausgeglichen werden. Gezeigt wird der Ausgleich des Abschnittes
P,- P,, + 1, beispielsweise eines Spulenfeldes. In Fig. 3 ist dieser Teilabschnitt
getrennt herausgezeichnet. Die Leitung 2 stellt eine der durchlaufenden Leitungen
dar. Der Ausgleich erfolgt zunächst in Leitung i. Der Meßplatz liegt am Punkt. P,,
(Spulenpunkt). Die Abriegelung des in der Leitungsschleife fließenden Meßstromes
gegenüber benachbarten Teilabschnitten erfolgt vermittels in bezug auf Wechselstrom
hochohmiger, symmetrischer Abzweigdrosseln Dr. Für die durch künstliche Beeinflussung
erzeugte Längsspannung sind die Induktivitäten der Drosseln wirkungslos, so daß
der Potentialaufbau im Kabel durch sie nicht beeinträchtigt wird. Für die auszugleichende
Leitung selbst stellen die Drosselspulen hochohmige Nebenschlüsse zu den angepaßten
Leitungsabschlüssen dar. Der Kopplungsmeßplatz besteht aus einer komplexen Differentialschaltung
mit der Ableitungsdifferenz d G und der Kapazitätsdifferenz d C, die gegen den metallischen
Kabelmantel wirksam ist und mit deren Hilfe Tonminimum im Empfänger erzielt wird.
Für die Meßwerte gilt, wie die Rechnung ergibt, die Toleranzbeziehung
Q=künstlich dem Kabelmantel aufgedrückte EMK in V, f = Schwerpunktfrequenz der Fremdströme
in Hz, z. B. 8oo Hz, Bzw. = höchster zulässiger Empfindlichkeitsbeiwert bei der
Frequenz f;
f = Leitungsdämpfung je Teilabschnitt des auszugleichenden
Stromkreises in N bei der Frequenz f,
n = Gesamtzahl der Teilabschnitte,
3 = Wellenwiderstand des auszugleichenden Stromkreises in S2 bei der Frequenz
f, UM = die in dem Teilabschnitt zwischen dem auszugleichenden Stromkreis
und dem Kabelmantel gemessene Spannung in V, k = Faktor, der das infolge des Spannungssprunges
gegenüber dem natürlichen Beeinflussungsfall zu hohe Lagenpotential berücksichtigt.
Er ändert sich in den einzelnen Teilabschnitten und kann berechnet bzw. empirisch
(durch Messungen) bestimmt werden.
-
In der Regel genügt es, nur d C beim Ausgleich zu berücksichtigen.
In der gleichen Weise werden sämtliche Abschnitte ausgeglichen. Der Empfindlichkeitsbeiwert
einer Doppelleitung ist bekanntlich das Verhältnis der Geräusch-EMK in der Adernschleife
zu der in der Einfachleitung induzierten, frequenzbewerteten EMK. Er richtet sich
demnach nach der Größe der Beeinflussung, und sein zulässiger Wert kann für jede
Leitungsart aus der gegebenen zulässigen Geräuschspannung berechnet werden.
-
Fig. 4 zeigt, wie die Abriegelung der Stromkreise im Falle der Phantomschaltung
erfolgen kann.
-
b) Ausgleich mehrerer zusammengeschaltefer Teilabschnitte: Bei geringer
Störbeeinflussung genügt es, durch Kreuzungsausgleich die Geräuschspannung zu vermindern.
Man macht dies derartig, daß man die Teilabschnitfe nacheinander unter Verwendung
der zweckmäßigsten Kreuzungsstellung zusammenschaltet. Voraussetzung ist auch bei
dieser Methode, daß die in den Leitungen auf künstlichem Wege erzeugten Längsspannungen
durch die Meßschaltung nicht verändert werden. Ferner ist der Meßsender mit einem
dem natürlichen Beeinflussungsfall angepaßten Frequenzgemisch oder einer entsprechenden
Frequenz wieder im Schwerpunkt der Starkstromquelle wirksam. In Fig.5 sei dies der
Punkt P,. Der Ausgleich wird nun in der Weise durchgeführt, daß der Empfänger, beispielsweise
ein Geräuschspannungszeiger, schrittweise vom Sendepunkt weiterbewegt wird, wobei
der am Empfänger angeschlossene Teilabschnitt (P,+3 bis P,+4) an den bereits ausgeglichenen
Teil der Leitung (P, bis P,+,) durch Wahl geeigneter Kreuzungen derart angeschlossen
wird, daß die gemessene Spannung im Empfänger möglichst gering iet. Dabei kann wieder
der erwähnte Potentialsprung bei der Bewertung der Meßergebnisse Berücksichtigung
finden.
-
Der auszugleichende Leitungsabschnitt wird in der dargestellten Weise
ähnlich wie bei a) unter Verwendung symmetrischer Abzweigdrosseln von den benachbarten,
noch nicht ausgeglichenen Teilen der Leitung abgetrennt, ohne daß dabei die Potentialverteilung
gestört würde. Auch der Abschluß der Leitungen erfolgt wie bei a).
-
In gleicher Weise werden sämtliche Leitungen ausgeglichen, wobei zweckmäßig
zunächst der auf der einen Seite der Meßstromquelle liegende Teil des Kabels und
dann der auf der anderen Seite liegende Kabelschnitt bearbeitet werden. Selbstverständlich
kann man mit zwei Meßplätzen auch den Ausgleich der beiden Teile gleichzeitig vornehmen.
Ferner kann man auch beide Verfahren, das des feldweisen Ausgleiches nach a) und
das Kreuzungsverfahren nach b) kombiniert anwenden. Mit Vorteil wird man den Geräuschausgleich
gemeinsam mit den Ausgleicharbeiten zur Verminderung des Nebensprechens verbinden.
-
Bei Pupinleitungen werden als Kreuzungsstellen stets Spulenpunkte
gewählt. Ausgleichverfahren zu 2 bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Fernmeldebetriebes
Derartige Meßverfahren setzen voraus, daß der Meßstrom den Betrieb und der Betriebsstrom
die Messung nicht stören. Andererseits muß der Meßstrom so stark sein, daß er mit
hinreichender Energie zum Empfänger gelangt.
-
a) Ausgleich einzelner Teilabschnitte: Fig. 6 zeigt die Meßschaltung,
wenn auch die auszugleichende Leitung in Betrieb steht. In diesem Fall darf die
Abriegelung des Ausgleichsabschnittes von den benachbarten Leitungsabschnitten nicht
mehr durch Abzweigdrosseln erfolgen, die den Betriebsstrom unterbrechen würden.
Es müssen an die Leitungen angepaßte Filterschaltungen vorgesehen werden, die den
Meßstrom sperren und den Betriebsstrom durchlassen. Diese Filterschaltungen dürfen
jedoch die Potentialverteilung des Kabels nicht stören. Fig. 6 zeigt ein Beispiel
für derartige Filterschaltungen Sm. Diese Meßstromsperren sind an die beiderseitigen
Leitungen mittels Übertrager Ü angeschlossen, deren leitungsseitige Wicklungen in
den Symmetriepunkten durchverbunden sind. Offenbar muß in diesem Fall die Frequenz
des Meßstromes außerhalb des Frequenzbandes des Betriebsstromes liegen. Frequenzen
zwischen etwa r5o und Zoo Hz haben sich bewährt. Die Potentialverteilung dieser
Frequenzen entspricht in der Regel noch mit genügender Annäherung dem natürlichen
Beeinflussungsfall. Hohe Frequenzen oberhalb des Betriebsfrequenzbandes führen dagegen
meist zu groben Fälschungen.
-
Selbstverständlich muß der Betriebsstrom durch das Filter Sb am Übertritt
zum Empfänger verhindert werden.
-
Sämtliche Filterschaltungen dürfen den Wellenwiderstand der Leitungen
nicht störend beeinträchtigen und müssen deshalb, wie bereits gesagt, angepaßt sein.
-
Fig.6 zeigt das Verfahren beim Ausgleich von Teilabschnitten, der
mittels eines ähnlichen Kopplungs messers erfolgt wie bei Fig. 3. Im Fall von im
Phantomkreis betriebenen Viererseilen läßt sich, wie Fig. 7 zeigt, die Abriegelung
des Meßstromes in ähnlicher Weise verwirklichen. In diesem Fall müssen die leitungsseitigen
Wicklungen der Phantomübertrager in den Symmetriepunkten durchgeschaltet werden.
Durch geeignete Dimensionierung der Anpassungsübertrager kann die Verwendung eines
einzigen Filtertyps, der fallweise in den zu messenden Stromkreis eingeschaltet
wird, ermöglicht werden.
-
Die Messungen vereinfachen sich, wenn die auszugleichende Leitung
außer Betrieb gesetzt wird: Man benötigt dann nur Meßstromsperren nach Fig. 3
und
4. Die Betriebsstromsperre vor dem Empfänger wird zwar einfacher, kann aber nicht
ganz entfallen wegen der von den in Betrieb befindlichen Leitungen übertretenden
Nebensprechströme, b) Ausgleich mehrerer zusammengeschalteter Teilabschnitte: Der
Kreuzungsausgleich nach i b) ist auch bei im Betrieb befindlichen Leitungen möglich,
sofern die Frequenz des Meßstromes genügend weit unterhalb des Frequenzbandes des
Betriebsstromes liegt. Ist die auszugleichende Leitung selbst im Betrieb, so muß
man Meßstromsperren nach Fig. 6 und 7 verwenden. Eine solche Schaltung zeigt Fig.
B. Ist diese auszugleichende Leitung nicht im Betrieb, so genügen die vereinfachten
Meßstromsperren nach Fig. 3 und 4. In beiden Fällen aber müssen wieder Betriebsstromsperren
vor den Empfängern eingeschaltet werden.