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Verfahren zur Herstellung eines Gärfutters Die Nachteile der Verfütterung
zu starker Strohgaben an Nutzvieh sind bekannt, ebenso, daB alljährlich viele Millionen
Tonnen Stroh als Viehfutter urverwertet bleiben müssen. Die mangelnde Erschließbarkeit
im natürlichen Zustand anfallender Strohmassen erschwert die Verdauung im Tierkörper
und erzwingt die Verabreichung von Zusatzfutter höheren Nährstoffgehalts.
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Umgekehrt ist ein zweites, in der Vieh- und Milchwirtschaft in hassen
anfallendes Nebenerzeugnis, und zwar die Molke, mit einem zu hohen \\-asserl>allast
(bis 95 %) behaftet und deshalb bei der Verfiitterun.g nur in beschränkten Mengen
verwertbar bei an sich hohem Futterwert der lfolkentrockenmasse. Diese besteht aus
voll verdaulichem Eiweiß, -Nlilchzucker, i-lilciisäure und Mineralstoffen in einer
besonders günstigen Zusammensetzung. Die Unterbringung der jährlich urverwertet
bleibenden Molkenmengen, die ebenfalls in viele Millionen Tonnen gehen, und ihr
Einbau in die Futterwirtschaft ist ein wichtiges gesamtwirtschaftliches Problem,
um Kraftfuttermittel einzusparen.
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Die hier vorgeschlagene Erfindung geht wirtschaftlich davon aus, daB
sowohl Stroh als auch Molke Massengüter darstellen, meistens in den ,gleichen ländlichen
BezirIken (Dörfern) anfallen und hei der gemeinsamen Verarbeitung stark verteuernde
Überlandtransporte dadurch unnötig machen.
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Stroh enthält geringfügige Mengen Wasser, Molke bis 95% Wasser. Es
läBt sich also durch Kombination beider Körper ein Produkt mittleren Wassergehalts
herstellen in der Form, daß das Wasser vom Festkörper abgebunden wird bzw. ihm
anhaftet
und das fertige Produkt in Formlinge (Kuchen, Ballen) gepreßt werden kann, somit
also teure Umschließungen überflüssig macht.
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Gemäß des Erfindungsvorschlags wird Stroh beliebiger Art zunächst
gehäckselt und dann auf Mühlen geschrotet. Es stellt in diesem Zustand einen gut
benetzbaren, saugfähigen Körper mit großer Teilchenoberfläche dar. Das geschrotete
Stroh wird hierauf in ein Druckgefäß (Autoklav) gefüllt ,und im Verhältnis r :2
bis 2 : i je nach Wasseraufnahmefähigkeit (Strohart) mit Molke durchtränkt.
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Die .Molke fällt in den Molkereien .in der Regel mit einem Säuregrad
von 8 ,bis 30 (Säuregrade nach Soxhlet-Henkel) an, enthält also neben Eiweiß, Mineralstoffen
und Milchzucker schon relativ erhebliche Mengen Milchsäure.
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Zum Zwecke weiterer Vergärung des Milchzuckers zu Milchsäure, also
zur Belebung der Warmmilchsäurebakterienflora, ist der Säuregrad, soweit er über
15 nach S-H liegt, auf diesenHöchstgehalt herabzusetzen durch Zugabe von
abstumpfenden Mitteln zur Molke, insbesondere Kalksalzen, Kalisalzen und Phosphorsalzen,
weil diese Salze auch in ihren weiteren Verbindungen (Lactate) als Aufbaustoffe
für den Tierkörper im Fertigfutter von Nutzen sind. Nach dem Vermischen der im Säuregrad
eingestellten Molke mit dem geschroteten Stroh im Druckgefäß wird die Mischung unter
Druck auf 115 ,bis 12o° C erhitzt. Unter dem gleichzeitig winkenden Einfluß
von Feuchtigkeit, Druck und Wärme findet eine Quellung und Zustandsänderung der
verhärteten Strohzellen statt, so daß sie später von den Verdauungssäften besser
durchdrungen werden können. Gleichzeitig findet eine Karamelisation des Milchzuckers
und unter dem Einfluß der Milchsäure eine teilweise Hydrolyse der Eiweiß- und Stickstoffkörper
zu leichtverdaulichen Abbauprodukten statt.
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Nach ein- bis mehrstündiger Erhitzung sind Aufschließung und Umsetzung
vollzogen und der Druckgefäßinhalt ist zugleich steril geworden. Es wird nunmehr
eine Beimpfung mit Warmmilchsäurebakterien vorgenommen. Als solche eignen sich in
erster Linie sog. Kulturmilchsäurebakterien, wie diese schon bisher -bei der Vergärung
von Zucker und Stärke zu Milchsäure in der Technik weitgehend Verwendung finden.
Geeignet sind auch -Nlilchsäurelangstä@bc hen der T hermobakteriengruppen oder die
aus Joghurt gewonnene Nlilchsäurebakterienflora. Allen diesen Bakterien bzw. Kulturen
ist eine optimale Wirkung bei Temperaturen von mehr als 40° C zu eigen.
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Nachdem sich der Druckgefäßinhalt z. B. durch Stehenlassen über Nacht
oder durch eingebaute Kühlschlangen auf 40 bis 5o° C abgekühlt hat, wird die Beimpfung
mit den entsprechenden Kulturen vorgenommen und diese Temperatur 24bis72 Stünden
lang innegehalten. Die Säuerungste.mperatur richtet sich im Einzelfall nach der
Verwendung schwerer oder leichter erschließbarer Stroharten und nach der Art der
verwendeten Bakterien. Sie liegen bei Kulturmilchsäurebakterien und Joghurt-Bakterien
knapp oberhalb 40° C, bei der, Verwendung von Milchsäurebakterienlangstäbchen nahe
an 5o° C.
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Allen Warmmilchsäurebakterien ist die Fähigkeit eigentümlich, relativ
große Mengen Milcltzucker in Milchsäure umzusetzen. Es ist im Einzelfall ein hoher
Milchsäuregehalt anzustreben, weil d.ieMilchsäure demFertigfutter einen hohen natürlichen
Schutz gegen Befall und Verderbnis durch Eiweißzersetzer,Hefen und Schimmelpilze
verleiht.
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Die Vergärung des im Druckgefäß befindlichen Futters mit Warmmilchsäurebakterien
bei Temperaturen oberhalb 40° Chat auch den Vorteil, daß Kolibakterien und Schimmelpilze
während des Säuerungsvorgangs weniger zu einer Gefahr werden, als wenn die Säuerung
des Drudkgefäßinhalts bei weniger als 40° C vollzogen wird und dabei gewöhnliche
Milchsäurebakterien zu Hilfe genommen werden.
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,Das mit Warmmilchsäureba'kterien durchsäuerte Futter kann anschließend,
d. h. in noch warmem Zustand, zu Formlingen (Ballen oder Kuchen) gepreßt und in
diesem Zustand an die Viehhalter abgesetzt werden. Es kann auch nach bekannten Verfahren
z. B. auf Horden bis zur Lufttrockene getrocknet werden und stellt dann ein stapelfähiges
Erzeugnis für den Handel dar. Es kann schließlich unmittelbar beim verarbeitenden
Betrieb oder beim verbrauchenden Viehwirtschaftsbetrieb in Silobehälter eingelagert
werden. Der hohe Milchsäuregehalt schützt es im Silobehälter gegen Zersetzung, Fäulnis
und Schimmelbefall, wenn durch festes Einstampfen die Luftberührung weitgehend eingesahränktwird.
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Eine Besonderheit des vorgeschlagenen Verfahrens besteht in einer
Niedrighaltung der wärmewirtschaftlichen Kosten, weil hohe Kosten für ein so ,billiges
Massenfutter untragbar sind. Der wärmewirtschaftlich betrachtete Fertigungsablauf,
also a) die Hitzeeinwirkung durch Druckdampf bei über 115"C zwecks Erschließung
der Strohzellen, b) die Hitzeeinwirkung bei über i 15' C zwecks Keimfreimachung
des Druckgefäßinhalts und des Druckgefäßes selbst, c) die Wärmeeinwirkung zwecks
Entwicklung der Milchsäure.bakterienflora bei über 40°' C, d) die Wärmeeinwirkung
beim Fertigfutter zwecks Pressung zu Formlingen bei etwa 40°C, e) ,die Wärmeerhaltung
des Fertigfutters zu Beginn der Einsilierung bei etwa 40° C, f) die Nutzung der
Eigenwärme beim Trocknen des Futters bei mehr als 40°' C erfolgt also in einem natürlichen
Wärmegefälle von etwa 115'' auf etwa 40°' C zwecks voller Ausnutzung der zu Beginn
eingesetzten Wärmeenergien.
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Großtechnisch können schwierig durchführbare Rührvorgänge imDruckgefäß
ausgeschaltet werden dadurch, daß der Oberteil des Druckgefäßes nagt bekannten Systemen
mit Einrichtungen zum Vertropfen, Verrieseln oder Versprühen der Molke versehen
wird. Die Durchtränkung des geschroteten Strohs mit unerhitzter oder erhitzter Molke
erfolgt dann vor oder während des Aufschließungsvor-@gangs, wobei sich,die Molke
im Umlauf befindet, in
dein Sinne, daß durch Druckpumpen im Oberteil
des Druckgefäßes fortwährend Molke durch Vertropfen, Verrieseln oder Versprühen
zugeführt wird, die Molke die Strohmassen fortgesetzt durchtränkt und unterhalb
eines Siebrostes im Boden des Druckgefäßes die von den Strohmassen sickernde Molke
aufgefangen und durch die Druckpumpen wieder in Umlauf gesetzt wird.
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Das gleiche Umlaufverfahren ist anwendbar für die Durchführung des
Gärvorgangs. Außerhalb des Druckgefäßes, also in einem besonderen kleineren Gefäß,
werden die ltilchsäurebakterien in zuvor erhitzter und auf 4o bis 5o°' C abgekühlter
Molke zunächst vermehrt und sodann mit der Umlaufpumpe über den Druckgefäßinhalt
(Strohmassen) vertropft, verrieselt oder versprüht. Dieser Vorgang wird so lange
fortgesetzt, bis die unterhalb des Siebrostes absickernde Molke das Maximum an Säuregehalt
erreicht hat. Es ist bei diesem Verfahren durchführbar, bei Verarbeitung besonders
extraktreicher Stroharten (Maisstroh), hochprozentige mit Strohextrakt angereicherte
Molke zu gewinnen zwecks Herstellung von Nährstoffen oder Futtermitteln für allgemeine
Nahrungszwecke, insbesondere jungviehaufzucht.
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Das vorgeschlagene Verfahren beschränkt sich keineswegs auf Verwertung
von Stroh, sondern ist anwendbar auch auf andere landwirtschaftliche oder industrielle
Abfälle, z. B. Spreu, Sch Hülsen, Kerne, Wurzeln und andere Pflanzenteile,
im Tüdustfiebetrieb ex'frahierte Samen" ü@sW; iüi" sich allein oder in Verbindung
.mit Stroh, wobei im Einzelfall Nebengesichtspunkte, z. B. Geschmacksverbesserung
durch Gewürzpflanzen, eine Rolle spielen können.
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Auch gestattet das Verfahren die Anreicherung ,der Molke mit Nähr-
oder solchen Stoffen, welche die Vergärung begünstigen und den Futterwert verbessern,
z. B. Zuckermelasse, .in Konservenfabriken anfallende Gemüsewasch- er $rtü-i= Wasser
usw. Verfahrungsbeispiel iooo 1 frische Labmolke werden durch Selbstsäuernlassen
innerhalb weniger Stunden auf 15 Säuregraden nach S-H gebracht oder die gleiche
Menge Sauermolke (Quarkmolke) durch Zusetzung entsprechender Mengen von kohlensaurem
Kalk, kohlensaurem Kali oder phosphorsaurem Kalk auf einen Säuregrad von 15 nach
S-H reduziert. Hierauf erfolgt die innige Vermischung mit iooo bis 15oo kg zuvor
zerhäckseltem und geschrotetem Stroh. Das Gemisch wird. in einem Druckgefäß bis
zu 2 Stunden einer Temperatur von i 15° C durch Einströmenlassen von Druckdampf
ausgesetzt. Nach Beendigung der Erhitzung erfolgt Abkühlung auf 42°` C und Beimpfung
des Druckgefäßinhalts mit Kulturinilchsäurebakterien. Die Kulturmilc'hsäurebakterien
wurden in bekannter Weise während eines Zeitraums von 36 Stunden vorher herangezücäitet
und vermehrt in einem Molkenansatz .bei einer Temperatur von 42°' C. Die Impfmenge
beträgt gewichtsmäßig 3 bis 5% der zusammengerechnetenStroh- undMolkenmengen i.mDruckgefäß.
Die Impfmenge wird mit dem Druckgefäßinhalt innig vermischt, wobei das beschriebene
Umpumpverfahren in Anwendung kommen 'kann, und der Säuerurngs- und Gärungsvorgang
mehrere Tage lang bei einer Temperatur von 42° durchgeführt, .bis der Säuregrad
nicht mehr weiter ansteigt. Hierauf erfolgt Entleerung des Druckgefäßes und anschließendes
Trocknen oder Pressen in Formlinge. Soll das Gärfutter siliert werden, so wird es
möglichst in noch warmem Zustand in Silobehälter eingestampft unter anschließender
Bedeckung und Beschwerung mit geeigneten Vorrichtungen, so daß der Luftzutritt weitgehend
eingeschränkt wird.