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Verfahren zur Chlorierung oder Bromierung von Carbonsäuren Nach dem
gegenwärtigen Stand der Technik werden Halogenierungen von Carbonsäuren diskontinuierlich
in geschlossenen Reaktionskesseln drucklos ausgeführt, wobei das Halogen fortlaufend
der auf erhöhte Temperatur gebrachten Carbonsäure zugeführt wird.
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Der Hauptnachteil dieser Arbeitsweise liegt darin, daB sehr lange
Zeit erforderlich ist, um die Halogenierung bis zu einem brauchbaren Grad durchzuführen.
So liegen z. B. im Falle der Chlorierung von Essigsäure zu Monochloressigsäure die
Chlorierungszeiten weit über ioo Stunden. Es wurde schon vorgeschlagen, durch Zusätze
von Katalysatoren eine Beschleunigung der Reaktion herbeizuführen. Die erzielbaren
Zeitgewinne waren nicht sehr erheblich, wenn auch Chlorierzeiten von 5o bis ioo
Stunden erreicht werden konnten. Ferner wurde auch schon vorgeschlagen, Essigsäure
mit Zusätzen von Essigsäureanhydrid in keramischen Türmen kontinuierlich oder diskontinuierlich
mit Chlor, das unter 1/5 bis 1/2 at Druck eingeleitet wird, zu chlorieren, doch
erfordert auch dieses Verfahren lange Reaktionszeit.
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Es wurde nun gefunden, daß man die Umsetzung von Halogenen mit Carbonsäuren
sehr rasch durchführen kann, wenn man bei Drucken über io at arbeitet. Man braucht
dann zur völligen Umsetzung nur noch ganz kurze Zeit und kann infolgedessen den
ganzen ProzeB leicht auch kontinuierlich gestalten. Man kann also z. B. in einem
geschlossenen Druckkessel, der zweckmäfiigerweise mit einem korrosionsgeschützten
Rührer versehen sein kann und von einem Heiz- bzw. Kühlmantel umgeben ist, die Carbonsäure
vorlegen und bei geeigneten Temperaturen das Halogen unter Drucken von beispielsweise
2o bis ioo at zuführen. Die Halogenierung ist dann in kurzer Zeit, je nach den angewandten
Bedingungen, vollendet.
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Zur kontinuierlichen Durchführung des Verfahrens
arbeitet
man zweckmäßig mit einem Reaktionsrohr aus druckfestem Stahl, das innen mit einem
korrosionsfesten Material, z. B. Silber, ausgekleidet ist. Die Reaktionsteilnehmer
werden durch geeignete Zuführungsorgane von unten her in das Reaktionsrohr eingepreßt.
Es kann sich als zweckmäßig erweisen, die Reaktion durch Außenheizung in Gang zu
bringen und ihren Ablauf dann durch geeignete Wärmeabfuhr zu regeln. Nach einer
kurzen Verweilzeit, die i bis 15 Minuten betragen und durch die zugeführte Menge
derReaktionsteilnehmer geregelt werden kann, verläßt das fertige Reaktionsgut über
ein, auf den benötigten Druck eingestelltes Entspannungsventil den Reaktionsraum.
Die Anwendung von Katalysatoren, diesich leicht als störende Beimengungen der Fertigprodukte
auswirken, kann in diesem Falle vermieden werden.
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Man kann auf diese Art z. B. Essigsäure, Propionsäure oder andere
Carbonsäuren mit flüssigem Chlor oder Brom bei Drucken von etwa 2o bis ioo at und
Temperaturen zwischen beispielsweise 8o und 16o° leicht in ihre Halogenderivate
überführen.
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Beispiel i Durch ein innen silberplattiertes Druckrohr von ioo mm
lichter Weite und 2ooo mm Höhe, werden bei ioo° je Stunde 5o 1 eines Gemisches aus
molaren '.Mengen Essigsäure und flüssigem Chlor gefördert. Durch Regelung mit geeigneten
Kühl- bzw. Heizvorrichtungen wird dafür Sorge getragen, daß die Temperatur konstant
bleibt. Nach einer Verweilzeit von 5 Minuten und einem Höchstdruck von 5o at verläßt
ein Gemisch aus beispielsweise 940/0 Monochloressigsäure, 4,50/0 Dichloressigsäure
und 1,50/0 Essigsäure, das in geeigneter Weise weiter verarbeitet werden kann, das
Entspannungsventil.
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Beispiel 2 In einem druckfesten, säurefest ausgemauerten Kessel wird
Propionsäure vorgelegt, und nach Heizen auf 9o0 wird ein Chlorgas-Stickstoff-Gemisch
bis zu einem Überdruck von 3o at eingepreßt. Mit einem silberplattierten Rührer,
der durch eine Stopfbüchse läuft, wird das Reaktionsgut in Bewegung gehalten. Nach
etwa 30 Minuten ist die Chlorierung der Propionsäure beendet. Bei einem Einsatz
von 15o Gewichtsteilen Propionsäure und 145 Gewichtsteilen Chlor werden nach Abkühlen
und Entspannen 2o5 Gewichtsteile flüssiges Rohprodukt gewonnen mit einem Chlorgehalt
von 31,80/0 und einem spezifischen Gewicht von 1,29 bei 15°. Das Rohprodukt läßt
sich durch fraktionierende Destillation im Vakuum zerlegen in i9 Gewichtsteile Vorlauf
(Propionsäure, die für weitere Umsetzungen verwendet werden kann), 151 Gewichtsteile
Hauptfraktion (Siedepunkt 8o bis 85° bei io mm) mit 32,90/0 Chlorgehalt aus Monochlorpropionsäure
bestehend, 24 Gewichtsteile Nachlauf mit 45,60/0 Chlor, hauptsächlich Dichlorpropionsäure
und 8,5 Gbwichtsteile Rückstand.
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Beispiel 3 In einem Druckgefäß mit Silbereinsatz wird ein Gemisch
aus 83 Gewichtsteilen Essigsäure und 8 Gewichtsteilen Essigsäureanhydrid mit 245
Gewichtsteilen Brom im Ölbad auf ioo° erhitzt und etwa 1/4 Stunde bei dieser Temperatur
belassen. Das Einsetzen der Reaktion gibt sich bei einer Temperatur von etwa 6o0
durch einen raschen Temperatur- und Druckanstieg (etwa 3o at) zu erkennen. Nach
Abkühlen des Autoklaveninhalts und Entspannen, wobei Bromwasserstoff in Strömen
entweicht, werden 2o5 Gewichtsteile rohe Bromessigsäure gewonnen, aus welcher durch
Abkühlen unschwer 15o Gewichtsteile Monobromessigsäure vom Schmelzpunkt 45° abgetrennt
werden können.
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Beispiel .l Werden im gleichen Gefäß 33 Gewichtsteile Essigsäure und
5 Gewichtsteile Essigsäureanhydrid mit 28o Gewichtsteilen Brom erhitzt, so ist beim
Hochheizen ein zweimaliger rascher Temperatur- und Druckanstieg im Reaktionsgefäß
zu verzeichnen. Ersterer ist der Bildung der lloriol>romessigsäure, der zweite der
Dibromessigsäure zuzuschreiben. Nach Erreichen einer Temperatur von etwa 17o° ist
die Umsetzung praktisch beendet. -Nach Abkühlen und Entspannen werden 19o Gewichtsteile
bromhaltiges Rohprodukt, nach Vertreiben des überschüssigen Broms 165 Gewichtsteile
eines flüssigen Gemisches von 75°/o Dibromessigsäure neben etwa io°/" Mono-und 12%
Tribromessigsäure erhalten.
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Beispiel In einem silberausgekleideten Autoklaven werden 25o Gewichtsteile
Propionsüure unter Zusatz von io Gewichtsteilen rotem Phosphor mit joo Gewichtsteilen
Brom bis auf 12o° erhitzt; der Druck steigt hierbei auf etwa 35 at an. Nach Abkühlen
und Entspannen werden 48o Gewichtsteile rohe Monobrompropionsäure erhalten, aus
welcher durch Destillation im Vakuum, neben etwa 5o Gewichtsteilen Vorlauf, 38o
Gewichtsteile a-Monobrompropionsä ure in einer Reinheit von etwa 980/0 gewonnen
werden können.
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Beispiel 6 Im gleichen Gefäß, wie für Beispiel 5 verwendet, werden
in ein Gemisch aus 175 Gewichtsteilen Salicylsäure und io Gewichtsteile Schwefelchlorür
125 Gewichtsteile flüssiges Chlor eingepreßt und anschließend erhitzt. Die Umsetzung
vollzieht sich unter raschem Ansteigen der Temperatur zwischen 5o bis ioo° bei etwa
35 at. Nach Abkühlen und Entspannen werden 23o Gewichtsteile rohe Chlorsalicylsäure
erhalten vorn Schmelzpunkt 145 bis 165- und 19,2°;° Chlorgehalt. Durch Umkristallisieren
aus heißem `'Wasser erhält man in etwa 85°'°iger Ausbeute ein fast farbloses, kristallines
Produkt, das nach Chlorgehalt (20,2 statt 20,57) und Azidität (j69 ccrn statt
579 ccm n I Na O H / ioo g) praktisch reine Monochlorsalicylsäure ist.
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Beispiel Durch das in Beispiel i genannte Druckrohr werden stündlich
38 kg dunkelbraun gefärbte Chloressigsäuremutterlatrge mit etwa 35°" Mono-, j00.1°
Di-, 50`° Trichloressigsäure und 5°;° Essigsäure, Rest Verunreinigungen
und
45 kg flüssiges Chlor unter laufendem Aufrechterhalten eines Druckes von 5o at gepreßt.
Hierbei stellt sich nach Anspringen der Reaktion eine Innentemperatur von etwa 23o°
ein. Aus dem Reaktionsrohr treten neben Strömen von Salzsäuregas 53 kg eines hellgelben
flüssigen Produktes aus, das bei etwa 5o° erstarrt, zu etwa 83 bis 88°j, aus Trichloressigsäure
besteht und leicht auf reine Trichloressigsäure oder deren Derivate weiterverarbeitet
werden kann.