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Schlierenverfahren Die Erfindung dient einer genaueren Vermessung
von Schlieren. S c h a r d i n 1) bezeichnet als Schliere "die Ursache für jede
auf ein verhältnismäßig kleines Gebiet beschränkte irreguläre Ablenkung des Lichtes"
und beschreibt eine große Zahl von Verfahren, Schlieren sichtbar zu machen. Unter
den das Objekt auf die Beobachtungsebene abbildenden Verfahren sind besonders das
Toeplersche Schlierenverfahren und das Gitterblendenverfahren für quantitative Untersuchungen
geeignete). Hierbei wird von dem Lichtquellendiaphragma, d. h. einer Blendeneinrichtung,
wie Spalt, Kreisblende, Dreiecksblende, ?Messerschneide o. ä., das sich zwischen
Lichtquelle und Objekt befindet, oder ausnahms-1) H. Schardin, die Schlierenverfahren
und ihre Anwendungen. Ergebnisse der exakten Naturwissenschaften, XX, S. 303 ff
Berlin 1942-2) Zernike, Monthly Notices of RA S. 94; 1934 Nr. 5, S. 374-384
weise
auch von der endlich ausgedehnten Lichtquelle selbst auf einer Ebene zwischen dem
Objekt und seinem Bild ebenfalls ein Bild entworfen und mittels einer Schlierenblende
(Messerschneide, Spalt, Steg oder Gitter) so verändert, daß in der Beobachtungsebene
statt des sonst gleichmäßig hellen und keine Schlieren aufzeigenden Bildes des Objekts
nun eine Hell-Dunkel-Verteilung entsteht, die über die Ablenkung des Lichtes von
einem Normalwert durch Helligkeitsunterschiede Aufschluß gibt.
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Insbesondere entsteht auf diese Weise bei spaltffirmigem Lichtquellendiaphragma
und einer hierzu parallelen Messerschneide als Schlietenblende eine Hell-Dunkel-Grenze,
die als Kurve alle die Punkte des Objekts miteinander verbindet, deren Lichtablenkung
gleiche Komponente senkrecht zur Spaltrichtung; hat; jede solche Kurve wird nach
Lochte-Holtgreven als Isokampte bezeichnet. Verschiebt man die Schlierenblende
parallel,
so werden . nacheinander alle Isokampten des Objekts abgebildet.
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Diesem und den anderen bekannten Verfahren haftet aber ein wesentlicher
Mangel insofern an, als die Isokampten so nur mit einer sehr begrenzten Genauigkeit
gemessen werden können; denn die Hell-Dunkel-Grenze ist nicht scharf, sondern zeigt
eine Lichtverteilung, wie sie von der Fresnelschen Beugung an der Schirmkante bekannt
ist. S c h a r -d i n photometriert zur Genauigkeitssteigerung die Lichtverteilung
und sieht die Kurven gleicher Helligkeit (Isophoten) als Isokampten an. Doch hat
das bald eine Grenze, da die photometrischen Meßfehler und die Unregelmäßigkeiten
in der Lichtverteilung, Streulicht u. ä., sich bei der geringen Flankensteilheit
des Helligkeitsabfalles stark auswirken. Nur wenig besser ist das bei den Verfahren,
die als Schlierenblende einen Spalt oder einen schmalen Steg oder beides kombiniert
als Gitterschlierenblende verwenden.
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Dieser Mangel wird in annähernd vollkommener Weise dadurch überwunden,
daß statt der bekannten Schlierenblende gemäß der Erfindung ein i8o°-Phasenschieber
benutzt wird. Dadurch wird die abzubildende Isokampte als völlig schwarze und scharfe
Linie in einem beiderseits hellen Bereich abgebildet. Der Helligkeitsanstieg zu
Seiten der Isokampte hat den höchsten überhaupt erreichbaren Wert und ist so groß,
daß bei hinreichend langer Belichtungszeit sogar eine beliebig scharfe Abbildung,
d. h. beliebig schmaler Graubereich zu beiden Seiten der Isokampte, möglich wird.
Begrenzt wird die Meßgenauigkeit nur noch durch das natürlich nicht ganz vermeidbare
Streulicht. In der Praxis kann die Meßgenauigkeit ohne Schwierigkeiten um eine Größenordnung
und mehr gegenüber den bekannten Verfahren erhöht werden.
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Sind viele Isokampten mit diesem Verfahren unter jeweiligem seitlichem
Verschieben des Phasenschiebers nacheinander auf verschiedenen Stellen des Films
aufgenommen, so lassen sich diese alle bei der Vergrößerung oder Kopie auf das gleiche
Positiv bringen, da das Negativ jeweils nur längs der Isokampte lichtdurchlässig
ist. Im Gegensatz zu den Schneidenverfahren läßt dieses Verfahren also schnell und
genau einen Überblick über die Isokampten nach der Art von Höhenschichtlinien zu.
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Ein Gitter mit Spalten, die abwechselnd dem Licht die Phasen o° und
i8o° aufprägen, bringt dasselbe bereits bei einer einzigen Aufnahme hervor, gibt
aber oft nicht so vollkommene Minima. Dieses Phasengitterverfahren ist die entsprechende
Abwandlung des einfachen Minimumverfahrens, wie das bekannteGitterschlierenverfahren
eineAbwandlung des Schneiden- oder des Spalt- oder des Steg-Verfahrens ist.
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Auf den ersten Blick erscheinen das Phasengitterverfahren und das
Gitterschlierenblendenverfahren kaum verschieden, da in beiden Fällen Maxima und
Minima miteinander abwechseln, doch sind die Minima des gewöhnlichen Gitterschlierenverfahrens
nicht scharf; vielmehr gibt jeder Steg der Schlierenblende als Fresnelsches Beugungsbild
zwei nicht auf Null herabziehende, relativ flache Minima, zwischen denen sich ein
sehr flaches Maximum befindet; die Flankensteilheit ist begrenzt. Erst durch die
Gegenphasigkeit beider Durchlässigkeitsbereiche zu seiten eines Steges wandelt sich
die Erscheinung zu einem einzigen, auf Null herabziehenden nlinimum zwischen zwei
hellen Gebieten unbegrenzter Flankensteilheit.
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EinerBeschreibung bedarf noch der 18o'-Phasenschieber selbst. `'Wird
als Lichtquellendiaphragma ein Spalt benutzt, so ist gemäß der Erfindung eine Schlierenblende
einzusetzen, die das Licht auf der einen Seite einer zum Spaltbild parallelen Geraden
um 18o° in Phase dreht gegenüber dem Licht der anderen Seite; jede Vorrichtung,
die das bewirkt, sei im Sinne der Erfindung als i8o°-Phasenschieber bezeichnet.
Realisiert wird er zum Beispiel mittels einer Glasplatte, die auch durch eine Platte
aus irgendeinem anderen durchsichtigen Material ersetzt werden kann, die zum Teil
mit einer dünnen durchsichtigen Schicht, z. B. eines Lackes, bedeckt ist; dasselbe
läßt sich erreichen mit zwei aneinandergesetzten durchsichtigen Platten, die sich
ein wenig in der Dicke unterscheiden. Sehr gut ist auch ein Spiegel zu verwenden,
der entweder auf der einen Hälfte mit einer dünnen Schicht durchsichtigen Materials
belegt ist oder der aus einer ebenen Fläche dadurch entsteht, daß zunächst ein Teil
der Fläche belegt und dann die gesamte Fläche verspiegelt wird (Phasenspiegel).
Sehr gut verwendbar ist auch ein Phasenschieber aus zwei Platten, die, mit einer
Kante aneinanderstoßend, gemeinsam so auf einen Rahmen gekittet werden, daß ihre
Ebenen einen Winkel von fast i8o° miteinander bilden. Das Plattenpaar wird dann
vorzugsweise so montiert, daß es gemeinsam um eine in der Trennkante beides Platten
liegende vertikale Achse drehbar ist. Wird dieser Phasenschieber gedreht, so ändert
sich die Phasenbeziehung zwischen den Wellen, die die eine Platte durchsetzen, gegenüber
denen, die durch die andere Platte gingen, in jeder gewünschten Weise. Die Eichung
kann zweckmäßig empirisch geschehen. Zur Verwendung im vorliegenden Falle gemäß
der Erfindung ist die Phasenverschiebung auf i8o° einzustellen.
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Da man dem Lichtquellenspalt eine endliche Breite geben muß, wird
zweckmäßig auch in der als Schlierenblende eingesetzten Phasenplatte ein Streifen
von der Breite des Lichtquellenspaltbildes längs der Trennkante beider Phasengebiete
abgedeckt; oft kann darauf verzichtet werden.
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Statt eines Spaltes kann natürlich auch ein anders geformtes, z. B.
ringförmiges Lichtquellendiaphragma verwendet werden. Die Schlierenblende ist dann
entsprechend, z. B. als Ring, dessen Inneres das Licht um i8o° gegen den Außenteil
verschiebt, auszuführen. Erwähnt sei noch, daß, wie bei jedem Schlierenverfahren,
ein gegenseitiges Vertauschen des Ortes des Lichtquellendiaphragmas und der Schlierenblende
grundsätzlich auch hier möglich ist.
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Wie jedes Schlierenverfahren kann auch das Minimumschlierenverfahren
gemäß der vorliegenden Erfindung auf das Mikroskop übertragen werden;
es
ist dazu nur erforderlich, eine entsprechende Phasenplatte in die Bildebene des
Lichtquellendiapliragmas, vorzugsweise also in die hintere Brennehene des Mikroskopobjektivs
zu setzen.