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Verfahren zur Herstellung eines Futtermittels aus Kartoffelkraut Über
die Herstellung von Futtermitteln aus pflanzlichen Erzeugnissen und aus Abfallstoffen
der landwirtschaftlichen Gewerbebetriebe liegt eine große Anzahl von Untersuchungen
vor, doch ist ies bisher nicht gelungen, das jährlich in Deutschland in Mengen von
a bis 3 Millionen Tonnen; anfallende Kartoffelkraut nutzbringend zu verwerten. Es
ist hauptsächlich: versucht worden, das Kraut als Futtermittel zu verwenden, doch
hat man bisher auf diesem Anwendungsgebiet schlechte Erfahrungen gemacht. Was die
Verwendung als Futtermittel angeht,- so hat sich gezeigt, daß das Kraut als solches
wie auch im Gemisch mit anderen Futtermitteln von Tieren nur ungern genomnim@en
und schlecht vertragen wird, weil @es wegen seines Sandgehaltes und seines Alkalöidgehaltes
schwere Verdauungsstörungen hervorruft. Weiterhin ist man dazu übergegangen, das
Kraut zusammmen mit anderen safthaltigen Grünfuttern im Silo zu vergären, doch kann
dazu höchstens das Frischkraut der Frühkartoffeln dienen, während das trockene Kraut
der Herbstkartoffeln für diesen Zweck einen zu ungünstigen Wassergehalt besitzt
und wegen seiner sperrigen Beschaffenheit den Silageprozeßerheblich stört.
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Es ist schon vorgeschlagen worden, die bei dem Aufschluß von Kartoffelkraut,
Unkrautsamen u. dgl. durch Behandeln mit Ätzkahlauge entstehenden Ablaugen in eine
für Düngezwecke brauchbare Form zu überführen, was jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden
Erfindung ist.
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Weiter ist vorgeschlagen worden, die aus Kartoffelkraut u. dgl. durch
Äufschluß hergestellte Gellulose dadurch für Futterzwecke
brauchbar
zu machen, daß die Cellulose bis zur Beseitigung der Faserstruktur mit Säure bei
erhöhter Temperatur behandelt wird, wodurch eine strukturlose, leicht zerreibb.are
Masse entsteht.
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Schließlich ist auch vorgeschlagen, aus Leinsamen-, Hanfsamenstroh;
Jute, Schilf, Nessel, Agave, Kartoffelkraut, Weidenrinde u. dgl. eine leicht bleichbare
Zellstoffaser herzustellen, die in der Baumwollspinnerei unmittelbar verarbeitet
werden kann oder auch für die Fabrikation von Papier und Nitrocellulose usw. verwendbar
ist, indem die Ausgangsstoffe bei gewöhnlicher oder auch erhöhter Temperatur mit
wäßrigen, freien, anorganischen oder organischen Säuren mit oder ohne Druck einige
Stunden bis zu mehreren Tagen hydrolysiert und dann einem Aufschlußverfahren zugeführt
werden, das in einer Druckkochung besteht. Auch dieses sehr kräftige Verfahren,
das nur der Herstellung einer bleichbaren Zellstoffaser dient, führt nicht zu einem
für Futterzwecke brauchbaren Erzeugnis.
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Bei einem älteren Verfahren werden Stroh, Reisig oder Holz in eine
höher verdauliche Form durch Zerlegung der Holzsubstanz in ihre Bestandteile übergeführt,
indem eine 12- bis i 5stündige Kochung der Ausgangsstoffe unter Druck mit für die
völlige Aufschließung ungenügenden Mengen von Basen, wie Kali, Natron, Kalk oder
schwefliger Säure bzw. schwefligsauren Salzen erfolgt. Bei dieser Kochung werden
jedoch, abgesehen davon, daß das erzielte Erzeugnis noch nicht vollständig verdaulich
ist, auch die wertvollen Stickstoffverbindungen des Krautes, bei Verwendung von
Kartoffelkraut, zerstört, ohne daß gleichzeitig das giftige Solanin entfernt wird.
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Nun hat sich aber herausgestellt, daß man durch einen mit geeigneten
chemischen Mitteln durchgeführten milden Aufschluß, der zweckmäßig mit einer Zerkleinerung
verbunden wird, das Kartoffelkraut in ein Erzeugnis überführen kann, das
je nach den Mitteln, mit denen man diesen Aufschluß vorgenommen hat, sich
in vortrefflicher Weise als Futtermittel eignet. Bei der Umwandlung des Krautes
in ein Futtermittel wird erfindungsgemäß mit stark verdünnten, etwa i- bis 2o'oigen
anorganischen oder organischen Säuren, wie z. B. Schwefelsäure, Salzsäure, Ameisensäure,
Milchsäure, Benzolsulfonsäure usw., gearbeitet, um die Rohfaser und die Stickstoffverbindungen
des Krautes leichter verdaulich zu machen und gleichzeitig das giftige Solanin zu
entfernen. Die ausgewaschene und getrocknete Masse wird von den pflanzenfressenden
Haustieren gerne genommen, und zwar sowohl für sich allein als auch in Mischung
mit anderen bekannten Futtermitteln oder Abfallstoffen landwirtschaftlich-gewerblicher
Betriebe, wie Zuckermelasse oder Schlempe.
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Die bei der Verarbeitung des Kartoffelkrautes erfindungsgemäß vorzunehmenden
Aufschlüsse können als Kochungen unter Atmosphärendruck oder unter erhöhtem Druck
in geschlossenen Gefäßen durchgeführt werden. Das zweite Vorgehen empfiehlt sich
besonders dann, wenn das Kraut in stark ausgetrocknetem Zustande vorliegt, während
das erste bei noch feuchtem oder grünem Kraut vorzuziehen ist, weil es die organischen
Bestandteile des Krautes weitgehender schont. ,Die Dauer der Kochung beträgt 1/2
bis i Stunde.
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Neuerdings ist man dazu übergegangen, Kartoffelkraut zu Zellstoff
zu verarbeiten. Dabei hat sich ergeben, daß man nur bei einer in bestimmter Weise
durchgeführten Vorbehandlung des Rohkrautes zu einem für die Papier- oder Kunstseidenindustrie
brauchbaren Erzeugnis gelangt. Dieser Vorbehandlungsprozeß liefert einen Abfallstoff,
in dem die Proteine, die Fettstoffe und die Pektine des Krautes stark angereichert
sind, so daß der Abfallstoff in der gleichen Weise zur Herstellung von Futtermitteln
gemäß der Erfindung verwendet werden kann wie das Kraut selbst.
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Nachstehend werden einige Beispiele zur Herstellung von Futtermitteln
nach dem Verfahren der Erfindung gegeben. Beispiele i. i ooo kg lufttrocknes Kartoffelkraut
werden gehäckselt, zur Entsandung, gegebenenfalls nach vorangegangener mechanischer
Reinigung durch Sieben, Sichten o. dgl., mit Wasser gewaschen und in einem säurefesten
Kocher, beispielsweise einem Kugelkocher. mit 8 cbm 0,5- bis i o/oiger Schwefel-
oder Salzsäure eine halbe bis eine Stunde bei einem Überdruck von i bis 2 at erhitzt.
Zweckmäßig werden in den Kugelkocher noch Zerkleinerungsmittel hineingegeben, die
sowohl nach Art der Kugelmühlen in säurebeständigen Steinen als auch in der Ausrüstung
mit Schikanen bestehen können. Die Kochmasse wird abgepreßt und zur Entfernung des
Säureüberschusses . mit Wasser gewaschen. Statt der Mineralsäuren können organische
Säuren, wie Ameisensäure, Essigsäure, Milchsäure und Citronensäure, auch organische
Sulfosäuren, statt des lufttrockenen Kartoffelkrautes kann der von der Verarbeitung
des Krautes auf Zellstoff stammende Abfall verwendet werden.
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2. i ooo kg lufttrocknes Kartoffelkraut werden mit 8 cbm i- bis 2%iger
Schwefel-oder
Salzsäure bzw. den. unter i. genannten organischen
Säuren i bis 2 Stunden unter gewöhnlichem Druck gekocht. Die Kochung kann sowohl
durch Heizung von außen erfolgen als auch durch unmittelbares Einleiten von Dampf,
der hierbei zweckmäßig in guter Verteilung über den ganzen Gefäßboden hin oder auch
noch in höheren Teilen des Gefäßeseingebracht wird. Gleichzeitig wird ebenfalls
durch Bewegen und Bearbeiten des Kochgutes mit scharfen Gegenständen für gute Zerkleinerung
gesorgt. Nach der Kochung wird das Material gewässert und getrocknet. Die Masse
kann'in getrocknetem Zustand aufbewahrt werden. Sie kann aber auch unmittelbar nach
der Kochung und Auswaschung in mehr oder weniger feuchtem Zustand verfüttert werden.
Die Zerkleinerung kann natürlich .anstatt während der Kochung auch nachher in an
sich bekannten Vorrichtungen erfolgen. Als Ausgangsstoff kann auch hier an Stelle
des Krautes der bei der Zellstoffgewinnungentstehende Abfall dienen.
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Aus den nachstehenden Fütterungsversuchen ist die Brauchbarkeit des
hergestellten Futtermittels ersichtlich: Fütterungsversuche am Hanunel:
2. Hauptversuch. |
ä) 42.3,19 Heu mit 131,9 g Rohfaser und |
279,99 Futtermittel mit i99, g Roh- |
faser .ergaben: |
3344g Kot mit 125,4g Rohfaser. |
;Verdaulichkeit . des Futter- |
mittels 64,80/0 |
Verdaulichkeit der Rohfaser |
des Futtermittels 68,20,'o. |
b) 448,3 g Heu mit 127,8 g Rohfaser und |
283,59 Futtermittel mit 172,6g Roh- |
faser ergaben: |
351,39 Kot mit 103,0g Rohfaser. |
Verdaulichkeit des Futter- |
mittels 57, 6 % |
Verdaulichkeit der Rohfaser |
des Futtermittels 75,10/0- |