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Verfahren zur Herstellung von Futtermitteln oder Zusatzmitteln zu
diätetischen Nährmitteln Seit langem ist bekannt, daß Cellulose ein für viele Tiergattungen
hochverdaulicher Nährstoff ist.
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Jedoch kann die in natürlichen Futtermitteln, wie Heu, Stroh usw.,
enthaltene Cellulose stets nur in beschränktem Umfang verdaut werden, weil sie durch
sogen.annte inkrustierende Substanzen (Lignin usw.) der Einwirkung der tierischen
Verdauungsmittel mehr oder weniger weitgehend entzogen wird.
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In noch höherem Maße als für die sogenannten Raubfuttermittel gilt
dies für Hölzer, die trotz. beträchtlicher Gehalte an Cellulose überhaupt keinen
bzw. keinen nennenswerten Nährweit besitzen.
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Nun kann ,aber nach verschiedenen bekannten Verfahren, wie sie zum
Teil in den Zellstoffabriken angewendet werden, die z. B. in Fichtenholz enthaltene
Cellulose von den inkrustierenden Substanzen wie auch von den sonstigen Holzbestandteilen
fast vollkommen befreit, mithin als praktisch reines Produkt gewonnen werden.
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Solche reine Holzcellulose kommt aber als Futtermittel nicht .in Betracht,
weil ihre Fasern auch nach weitgehender Zerkleinerung miteinander verfilzen und
nassem Papier ähnliche bzw. pappenartige Massen bilden, die von den Tieren nicht
angenommen werden. Erzwungener Verzehr führt zu Verdauungsstörungen schwerster Art.
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Es ist bekannt, daß man Cellulose durch Behandlung mit Säuren in strukturlose,
leicht mahlbare Produkte (Hydrocellulosen) umwandeln kann; jedoch werden solche
von Tieren nur unvollkommen verdaut und sind daher als Futtermittel ungeeignet.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung
von Futtermitteln oder Zusatzmitteln für diätetische Nährmittel ,aus Cellulose durch
Beseitigung ihrer Faserstruktur, wodurch ein in großen Mengen verzehrbares, jedoch
in seiner Verdaulichkeit bei Tieren nicht merklich beeinträchtigtes Produkt erhalten
wird. Nach dem Verfahren wird Cellulose, insbesondere Holzcellulose, die von ihren
Inkrusten weitgehend befreit, jedoch in ihrer natürlichen Struktur unverändert geblieben
ist, während einer Zeitdauer von etwa 6o bis 9o Minuten bei Temperaturen von etwa
75 bis 8o° C so lange einer Behandlung mit etwa 2%iger wäßriger Salzsäurelösung
unterzogen, bis die Cellulosefäsern in feuchtem Zustand zerreibbar geworden sind.
An Stelle der genannten Behandlung der Cellulose mit 2%iger Salzsäurelösung kann
auch eine andere, äquivalente Säurebehandlung mit dem gleichen Ergebnis
erfolgen.
Danach werden die ausgewaschenen Cellulosefasern feucht in Scheibenmühlen o. dgl.
zerrieben; die so erhaltenen Massen können dann nach Bedarf entwässert oder getrocknet
und schließlich, gegebenenfalls unter Zusatz von Stärkemehl, Zucker o. dgl.. weitervermahlen
oder mit Melasse vermischt werden.
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Es wurde nämlich erkannt,. daß die Säurebehandlung zwar nicht bis
zum vollständigen Zerfall der Cellulosefasern durchgeführt werden darf, daß aber
die Fasern schon eine Zeitlang vorher derart mürbe und brüchig werden, daß sie nach
Auswaschung und Trocknung in entsprechend scharf wirkenden Mahlvorrichtungen wenn
auch nicht vollständig, ?so doch in einem für den vorliegenden Zweck genügenden
Maße zerrieben werden können.
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Weiter wurde erfindungsgemäß festgestellt, daß schon durch verhältnismäßig
sehr kurze Berührung mit Mineralsäuren, besonders heißen, verdünnten Säuren, die
Ce.llulose in einen eigentümlichen, durch Einweichen in Wasser nicht erreichbaren
Quellungszustand gerät, der z. B. in Scheibenmühlen eine fast vollständige Zerreibung
ihrer Fasern ermöglicht. Beispielsweise genügt als Äquivalent der bereits erwähnten
Behandlungsart ein nur 6o Sekunden langes Verweilen der Cellulose in siedender 6%iger
Salzsäure, um die genannte Wirkung zu erzielen. Das Produkt verhält sich chemisch
in jeder Beziehung wie das Ausgangsmaterial und nicht wie Abbau-oder Reversionsprodukte
der Cellulose.
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Eine in der beschriebenen Weise mit Säuren behandelte Cellulose wird
nach Zerreibung ihrer Fasern sowohl von Wiederkäuern als auch von Schweinen nicht
nur in bedeutenden Mengen gefressen, sondern auch genau so vollkommen verdaut wie
reiner, mit Säure nicht in Berührung gebrachter Natronstrohzellstoff, so daß diese
Behändlungsweise erst zu einem tatsächlich einwandfreien erfindungsgemäßen Erfolg
führt.
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Um die erfindungsgemäße Wirkung zu er- ' zielen, kann man die Berührung
der Cellulose mit siedender 6%iger Salzsäure von, wie angegeben, 6o Sekunden sogar
auf diejenige Zeit (weniger als io Sekunden) abkürzen, die notwendig ist, um den
Stoff vollständig zu durchtränken, wenn anschließend eine Neutralisation der aufgesogenen
Säure mit Sodalösung vorgenommen wird. Demzufolge wird durch den Neutralisationsvorgang
das Entstehen des die Zerreiblichkeit der Cellulosefasern ermöglichenden Quellungszustands
unterstützt.
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Eine erfindungsgemäß mit Säure behandelte Cellulose nimmt, sobald
sie wieder trocken wird, einen dem trockenen Ausgangsinater:al sehr ähnlichen physikalischen
Zustand an, der eine hinreichende Zerstörung der Fasern durch mechanische Mittel
ausschließt. Allerdings kann eine einmal mit Säure. behandelte Cellulose durch Einweichen
in # Wasser leicht wieder in den die Zerreib-.lichkeit der Fasern ermöglichenden
Quellungszustand gebracht werden.
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Es ist daher ein wesentliches Merkmal des Verfahrens der vorliegenden
Erfindung, daß zur Erzielung bester Ergebnisse die mechanische Zerreibung der Cellulosefasern
in einem durch die Säurebehandlung bewirkten bzw. ermöglichten Quellungszustand,
also feucht vorgenommen wird: Wie schon angegeben, werden bei Verwendung siedender
6o/oiger Salzsäure die Cellulosefasern bereits nach 6o Sekunden in feuchtem Zustand
zerreibbar. Da prozentual wesentliche Überschreitungen dieser Zeit die Verdaulichkeit
des Materials, wie festgestellt worden ist, vermindern, wird man für den praktischen
Fabrikationsbetrieb ein passendes Äquivalent der .angegebenen Säurebehandlung wählen.
Man wird entweder die Konzentration oder die Einwirkungstemperatur der Säure oder
beides herabsetzen, um auf diese Weise zu einer erheblich längeren Behandlungsdauer
zu gelangen, die besser kontrolliert und mit kleineren prozentualen Fehlern eingehalten
werden kann, besonders wenn es sich uni die Aufbereitung großer Stoffmassen handelt.
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Die Möglichkeit dazu ergibt sich aus den folgenden Beziehungen: Die
zur Herbeiführung des erfindungsgemäßen Quellungszustands der Cellulose notwendige
Einwirkungsdauer der Säure ist umgekehrt proportional a) bei gleicher Temperatur
dem Normalitätsgrad der Säure, wobei die Art der Säure, soweit es sich um Mineralsäuren
handelt, gleichgültig ist; b) bei gleichem Normalitätsgrad der Säure den u-ten Potenzen
einer zwischen i, io und i, 12 liegenden Zahl, wenn für n die jeweiligen Temperaturunterschiede
in Celsiusgraden mit entsprechenden Vorzeichen eingesetzt werden.
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Verwendet man also statt einer 6o,1oigen (=1,65fach normalen) eine
a o;öige (=o, 5 5fach normale) Salzsäure, so erhöht sich die bei ioo" C erforderliche
Behandlungsdauer von 6o auf 18o Sekunden. Wird außerdem die Temperatur von ioo°
C auf 75 -'C herabgesetzt, so verlängert sich die Behandlungsdauer nochmals, und
zwar um das 1,1 z°-" = 17fache, also :auf 51 Minuten.
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Dieses gilt für den Laboratoriumsversuch mit Fichtensulfitzellstoff
in Pappenform.
Beim Arbeiten im Großbetrieb muß die Behandlungsdauer
zur Erzielung der gleichen Wirkung länger bemessen werden, weil bei dem notwendigerweise
schnellen Einfüllen der Zellstoffmassen in die 75°C heiße 2%ige Salzsäure i. eine
mindestens vorübergehende Herabsetzung der Flüssigkeitstemperatur um io bis 15°
C eintritt, 2. die Säure durch das in lufttrockenem Stoff enthaltene Wasser verdünnt
wird. Demgemäß liegt z. B. im i-cbm-Kocher beim Arbeiten mit 2%iger Salzsäure (Konzentration
vor dem Einfüllen der Cellul.ose) bei 75°C (Anfangs- und Endtemperatur) die erforderliche
Dauer der Säurebehandlung nicht bei 51, sondern, wie bereits erwähnt, zwischen,
6o und 9o Minuten.
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Weiterhin können Abweichungen der im Einzelfall tatsächlich erforderlichen
Behandlungszeiten von den angegebenen Richtzahlen auch durch die spezielle Beschaffenheit
des zu verarbeitenden Materials bedingt werden. So gelangt mechanisch stark aufgelockerte
Cellulose, z. B. Zellstoffwatte, schneller in den gewünschten Quellungszustand als
dicke, hartgetrocknete Zellstoffpappe.
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Wesentlich ist deshalb die Kontrolle der Säurewirkungen durch Vermahlungsversuche,
die mit schnell ausgewaschenen Stoffproben während des Verlaufs der Säurebehandlung
durchgeführt werden.
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Ausführungsbeispiel Technisch reine, in kleine Stücke geschnittene
Holzcellulose wird unter häufigem Umrühren der Einwirkung einer 75 bis 8o' C heißen
2%igen Salzsäure unterworfen. Nach Ablauf von etwa 5o Minuten werden dem in Behandlung
befindlichen Material in Abständen von einigen Minuten Proben entnommen, schnell
ausgewaschen und mit Wassergehalten von zweckmäßig 5o bis 75% Mahlungsversuchen
unterzogen so lange, bis die Cellulosefasern sich ,als zerr eibbar erweisen, eine
Wirkung, die, ziemlich plötzlich, unter den hier gewählten Bedingungen in der Regel
nach 6o bis 9o Minuten dauernder Säureeinwirkung eintritt. Sobald dieses der Fall
ist, wird der Stoff möglichst schnell mit kaltem Wasser gl-iindlich ausgewaschen,
teilweise entwässert und mit einem Wassergenalt von 7.B. 5o bis 75% in einer Scheibenmühle
zerrieben. Das dabei entstehende, gequollenem Weizengrieß ähnliche Produkt kann
in gewöhnlicher Weise getrocknet oder durch Pressen weiterentwässert und zu brikettartigen
Blocks oder ölkuchenförmigen Platten gepreßt werden. Gemäß der Erfindung hergestellte
Cellulosepräparate sind infolge ihrer hohen Verdaulichkeit und ihres relativ großen
Flüssigkeitsaufsaugungsvermögens hervorragend als Melasseträger geeignet.
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Bei der Verwendung von Cellulosepräparaten zur- Herstellung diätetischer
Nährmittel spielen die bei Wiederkäuern und Schweinen sichergestellten Ver@laulichkeitsverhältnisse
insofern keine maßgebliche Rolle, als Cellulose vom Menschen meist nur in geringem
Umfang verdaut wird, gleichgültig, ob eine kürzere öder längere Säurebehandlung
des Materials stattgefunden hat.
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Jedoch sind Cellulosepräparate, wie schon bekannt, sehr geeignet,
um Stärkemehle und andere konzentrierte Nährstoffe, bei- deren Verzehr Sättigung
oft nur durch Aufnahme von größeren Überschüssen an verdaulichen Nährstoffen erreicht
werden kann, zwecks Herstellung für den menschlichen Genuß bestimmter diätetischer
Nährmittel gewissermaßen zu verdünnen.
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Cellulosepräparate können also dazu benutzt werden, um bei diätetischen
Nährmitteln verschiedenster Art Nährwerte und sättigende Wirkungen nach Wunsch ,aufeinander
abzustimmen, also deren Verhältnis unter Anpassung-.an individuell verschiedenen
Nährstoffbedarf und unterschiedliche Sättigungsansprüche in jedem Fall derart zu
korrigieren, daß auch bei beschränkter Aufnahme von verdaulichen Nährstoffen das
Sättigungsgefühl nicht entbehrt zu werden braucht.
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In der Einleitung ist schon darauf hingewiesen worden, daß reine Holzcellulose
infolge ihrer Faserstruktur, die durch mechanische Mittel allein nicht beseitigt
werden kann, nicht verzehrfähig ist, jedenfalls nicht in größeren Mengen.
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Aber auch die faserfreien Produkte, die durch eingreifende Säurebehandlung
von Cellulose gewonnen werden können (Hydrocellulosen ), sind als Bestandteile für
diätetische Nährmittel nicht verwendbar.
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Cellulosepräparate, die als Zusatzmittel für diätetische Nährmittel
geeignet sein sollen, dürfen nämlich nicht die Eigenschaft besitzen, in Wasser über
einem gewollten mechanisch herbeigeführten Feinheitsgrad zu zerfallen. Diese Bedingung
wird durch erfindungsgemäß hergestellte Cellulosemehle erfüllt.
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Ausführungsbeispiel (Fortsetzung) Um für Verfütterung an landwirtschaftliche
Nutztiere fertig aufbereitete Cellulosemehle als Zusatzmittel für diätetische Nährmittel
noch geeigneter und besser zubereitungsfähig zu machen, wird das lufttrockene Material
in
Schlagkreuzmühlen, Kugelmühlen- o. dgl. weitervermahlen, bis der Feinheitsgrad etwa
von griffigem Weizenmehl erreicht ist; dabei kann durch Zusatz geringer Mengen von
Weizenmehl, Zucker o. dgl. der Wirkungsgrad des Mahlvorgangs, besonders in Kugelmühlen,
bedeutend erhöht werden.