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Verfahren zur Herstellung geformter Gebilde mit basischem Charakter
Es ist -schon auf verschiedenen Wegen versucht worden, geformten Gebilden aus Cellulose
oder Cellulosederivaten Affinität oder er,, höhte Affinität für saure Farbstoffe
zu geben. So hat man z. B. Cellulose oder Derivate davon als Ausgangsmaterial verwendet,
in die vorher Reste mit bäsisc4em Stickstoff eingeführt worden waren.. Man hat ferner
den zur Verformung kommenden Massen, insbesondere Spinnlösungen, hochmolekulare
basische Stoffe zugesetzt, z. B. basische Kunstharze oder Proteine bzw. Derivate
von solchen. Schließlich hat man auch in die fertigen oder halbfertigen Gebilde
durch Nachbehandlung stickstoffhaltige Gruppen eingeführt.
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Aus der französischen Patentschrift 739704 ist es bekannt, vegetabilische
oder künstliche Fäden mit Lösungen von organischen Verbindungen zu behandeln, welche
mindestens i Stickstoffatom, i Sauerstoffatom und i Hs-# logenatom, jedes dieser
Atome an Kohlenstoff gebunden, enthalten. Die Behandlung kann in Gegenwart von basischen
Substanzen oder von einem anderen Katalysator geschehen. Bei dieser Arbeitsweise
entstehen im wesentlichen basische Harze, die sich aui dem Cellulosematerial ablagern.
Der basische Stickstoff ist also nur verhältnismäßig lose fixiert.
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Es wurde nun gefunden, daß man in besonciers vorteilhafter Weise zu
geformten Gebildea aus Cellulose oder Cellulosederivaten mit basischem Charakter
gelangt, wenn man entweder ausgeht von Cellulose oder Cellulosederivaben mit noch
reaktionsfähige Hydroxylgruppen enthaltenden Spinnlösungen, denen man Alkylenoxyde
mit basischen Gruppen, wie Piperidopropenoxyd, einverleibt, oder wenn man die aus
Cellulose oder noch reaktionsfähige Hydroxylgruppen enthaltenden Cellulosederivaten
geformten Gebilde mit basische Gruppen enthaltenden i, 2-Alkylenoxyden nachbehandelt.
Basische Alkylenoxyde dieser Art sind beispielsweise: 3-Diäthylamino-i, 2-propenoxyd,
3-Piperido-i, 2-propenoxyd, Tetramethylpiperazinodipropenoxyd, Cyclohexyliminodipropenoxyd,
2, 3-Oxidopropyltrimethylammoniumchlorid. Ferner kommen in Betracht die Aminooxyde
der tertiären basischen Alkylenoxyde.
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Ungeformte Cellulosestoffe, welche für die Umsetzung mit denn genannten
Alkylenoxyden in Frage kommen, sind z. B.. native Cellulose, insbesondere Baumwollcellulose,
aus Lösungen regenerierte Cellulose, z. B. Abfälle der Viscose- und Kupferkunstseidenfabrikation,
Celluloseester und -äther, die noch reaktionsfähige Hydroxylgruppen enthalten, z.
B. Methylcellulose, Athylcellulose oder Acetylcellulose.
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Die Umsetzungen lassen sich in vielen Fällen ohne weitere Hilfsmittel
durchführen. Sie können aber auch durch Zusatz von sauren oder alkalischen oder
neutralen Katalysatoren beschleunigt oder erleichtert werden. Genannt seien beispielsweise
folgende
Verbindungen: Borsäure, Toluolsulfosäure, Diäthylanilin,
Zinkchlorid, Eisenchlorid, Zinnchlorid, Calciumrhodanid, Lithiumjodid, Natriumacetat,
Dodecyltrimethylammoniumchlorid. Sofern die Alkylenoxyde mehr als eine Alkylenoxydgruppe
enthalten, kann die Reaktion zunächst bei der Umsetzung eines Teiles der Oxydgruppen
stehenbleiben. Man hat es .in der Hand, die noch vorhandenen Oxydgruppen mit beliebigen
anderen, Alkylenoxyden gegenüber reaktionsfähigen Stoffen umzusetzen, z. B. mit
Halogenwasserstoff, Schwefelwasserstoff, Schwefeldioxyd, Schwefelsäure, Alkalibisulfiten,
Aminen oder Diaminen oder beliebigen Derivaten von solchen. Auf diese Weise kann
die Affinität zu Farbstoffen und anderen Behandlungsmitteln weiter verstärkt oder
abgeändert werden.
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Sehr wertvolle, insbesondere gut lichtbeständige Produkte erhält man
durch Verwendung der Aminoxyde der basischen Alkylenoxyde mit tertiärem Stickstoff.
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Es ist schon der Vorschlag gemacht worden, Cellulose mit Epichlorhydrin
umzusetzen und dann das Halogen in' dem gebildeten y-Chlor-p-oxypropyläther durch
eine Aminogruppe zu ersetzen. Da bei dieseln Verfahren in erster Stufe in Gegenwart
stark saurer Katalysatoren unter ziemlich scharfen Bedingungen gearbeitet werden
muß, so ist ein bedeutender Abbau der Cellulose unvermeidbar. Im Gegensatz hierzu
arbeitet das Verfahren der Erfindung unter milder Bedingungen, vorzugsweise in alkalischem
Medium, so daB keine den Gebrauchswert in, Frage stellende Hydrolyse der Cellulose
eintreten kann. Beispiel i Zu einer 2o°/Qigen Lösung von Zoo g Celluloseacetat mit
einem Essigsäuregehalt von 5i o%o in Dioxan gibt man 30 g 3-PiPeridoi, a--propenoxyd
und erwärmt io Stunden auf 10o°. Die nur wenig dunkler gefärbte Lösung wird in der
üblichen Weise auf Filme oder "Kunstseide verarbeitet. Die erhaltenen Gebilde zeigen
eine starke Affinität zu vielen Farbstoffen, Farbstoffderivaten oder Farbstoffkomponenten,
die saure Gruppen enthalten.
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Beispiel 2 Celluloseäthyläther mit etwa ,.ä % Äthoxyl wird in Ddoxanlösung
mit der auf die freien Hydroxylgruppen berechneten Menge 3-Piperido-i, 2-propenoxvd
12 Stunden auf ioo° erhitzt. Aus dem Reaktionsprodukt durch Trocken- oder NaBspinnverfahren
hergestellte Filme oder Fäden lassen sich mit sauren Farbstoffen intensiv anfärben.
Beispiel 3 Ein - Viscosekunstseidengewebe wird in n -Natronlauge- gequollen, unter
Aufrechterhaltung des Quellungszustandes mit kaltem Wasser ausgewaschen und dann
mit einer ioo/oigen Lösung von 3-Piperido-i, 2-prdpenoxyd 8 Stunden auf 3o° erwärmt.
Die Affinität für saure Farbstoffe ist außerordentlich gesteigert. Die Behandlung
kann auch örtlich erfolgen, evtl. zugleich mit der Einwirkung eines Farbstoffes.
In gleicher oder ähnlicher Weise können auch Mischgewebe aus Wolle und Viscose behandelt
werden, worauf sich mit sauren Farbstoffen eine gute Ton-in-Ton-Färbung erzielen
läßt. Auch ohne V orquellung erhält man kräftige- Effekte. Beispiel q. In ähnlicher
Weise wie in Beispiel 3 wird vorgequollene Cellulose mit 3-PiPeridoi, 2-propenoxyd
umgesetzt und nachträglich in üblicher Weise acetyliert: das nach partieller Hydrolyse
acetonlösliche Produkt kann auf Kunstseide verarbeitet werden, die von vielen sauren
Farbstoffen kräftig angefärbt wird. Die mit Piperidopropenoxyd behandelte Cellulose
kann auch nach den bekannten Verfahren direkt auf Kunstfasern verarbeitet werden.