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Verfahren zur Erzeugung hochviskoser standölartiger Stoffe Zur technischen
Erzeugung hochviscoser Öle mußte man bisher von natürlichen Ölen ausgehen, die wie
Leinöl oder Rüböl mehrfach ungesättigte Säuren bzw. deren Glyceride enthalten oder
wie das Rizinusöl praktisch nur aus Oxysäuren bzw. deren Glyceriden bestehen. Die
Verkettung der Glyceride dieser natürlichen Öle oder der aus ihnen durch Oxydation
mittels Luftsauerstoffs erhaltenen geblasenen Öle erfolgt bekanntlich durch Polymerisation,
d. h. Aneinanderlagerung von Doppelbindungen mehrfach ungesättigter Acyle (Standöle),
durch innere Veresterung zu Estoliden (Polyricinolsäuren und deren Glyceride), vielleicht
auch durch ätherartige Bindung der Moleküle von Oxysäuren bzw. deren Glyceriden
aneinander.
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Es wurde nun ein Verfahren zur Herstellung hochviscoser Öle gefunden,
bei dem nicht von trocknenden oder halbtrocknenden Ölen bzw. den entsprechenden,
mehrfach ungesättigten Säuren enthaltenden Fettsäuregemischen, sondern von einfach
ungesättigten Fettsäuren, wie Ölsäure, Erucasäure, ihren Gemischen oder ihren verseifbaren
Derivaten, besonders den Glyceriden, ausgegangen wird. Aus diesen Ausgangsstoffen
erhält man nach dem neuen Verfahren höhermolekulare Erzeugnisse von außerordentlich
großer Zähigkeit. Zu diesem Zwecke müssen die einfach ungesättigten Fettsäuren selbst
oder irgendwelclie Gemische, die größtenteils aus diesen Säuren oder Estern derselben
bestehen, nur in Chlor- oder Bromadditionsprodukte verwandelt und diese mit überschüssigem
Alkali in Gegenwart einer geringen Wassermenge erhitzt werden, wobei zwar vollständige
Abspaltung des Halogens und Entbindung von einem Mol Wasserstoff je Mol einfach
ungesättigte Fettsäure erfolgt, aber noch keine Sprengung der Kohlenstoffkette (sog.
Varrentrappsche Reaktion) eintritt. Dieser Abbau beginnt erst in größerem Ausmaß,
wenn das Reaktionsgemisch praktisch wasserfrei ist und die Temperatur wesentlich
über zoo° getrieben wird. Hält man dagegen einerseits die Temperatur des Reaktionsgemisches
nur zwischen 150 und 25o' und vermeidet man andererseits völliges Entweichen des
Wassers durch Verwendung eines Autoklaven oder durch konstantes Zuleiten von Wasser
bzw. Dampf, so vollzieht sich zwar die Entbindung von Wasserstoff praktisch vollständig,
aber diese Sprengung der Kohlenstoffkette unter
Abspaltung von Essigsäure
unterbleibt oder erfolgt nur in ganz untergeordnetem Maße, so daß sie die Zusammensetzung
des Reaktionsproduktes und seine Verwendbarkeit nicht merklich beeinflußt.
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Aus der wäßrigen Lösung des Reaktionsgemisches erhält man mittels
Mineralsäure das Reaktionsprodukt in einer Beschaffenheit, die von der des Ausgangsproduktes
und aller bekannten Derivate der einfach ungesättigten Fettsäuren völlig verschieden
ist. Das Erzeugnis gleicht vielmehr den Standölen, die man durch Polymerisation
trocknender öle darstellt. Es eignet sich in gleicher Weise wie aus Leinöl, Holzöl
o. dgl. hergestellte Standöle für die Herstellung von Anstrichmitteln, die bezüglich
der Wasser- und Wetterfestigkeit den bekannten Anstrichmitteln durchaus gleichkommen.
Es ist sehr schwach ungesättigt, enthält kein Halogen mehr, das zum Teil durch Sauerstoff
ersetzt worden ist, und besteht zum weitaus größten Teil aus nicht destillierbaren
Säuren von durchschnittlichem Molekulargewicht über iooo und nur wenigen Prozenten
anderer fetter Säuren (gesättigte Säuren, ein wenig unveränderte Ölsäure, Stearolsätire),
die gewünschtenfalls durch Destillation unter vermindertem Druck leicht abgetrennt
werden können. Die Säure-und Verseifungszahlen der Erzeugnisse sind gegenüber denen
der Ausgangsprodukte nur wenig erniedrigt, was die Abwesenheit von Lactonen und
Estoliden beweist. Man kann die so erhaltenen Säuren mittels Alkoholen, Glykol oder
Glycerin vollständig verestern, wobei im Falle hoher oder lang andauernder Erhitzung
auch Koagulation zu elastischen, kautschukähnlichen Massen herbeigeführt werden
kann.
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Die Auffindung der neuen Verbindungen aus den Halogenadditionsprodukten
der einfach ungesättigten Fettsäuren und Alkali ist überraschend, weil man die Komponenten
der Reaktion längst aufeinander einwirken ließ, ohne je Anzeichen für die nunmehr
gefundene Umsetzung zu hochmolekularen Säuren zu finden. Beim Erhitzen von Dichlorstearinsäure
oder Dibromstearinsäureaus Ölsäure mit alkoholischer Lauge entsteht bekanntlich
vorwiegend Stearolsäure, Dichlor-oder Dibrombehensäure aus Erucasäure geben analog
Behenolsäure, d. h. die Reaktion verläuft unter Abspaltung von 2 Molekülen HBr aus
jedem Molekül Dibromfettsäure, so daß die entsprechenden# Säuren mit einer dreifachen
(Acetylen-) Bindung entstehen. Wäß: rige Lauge gibt dieselben Produkte neben Dioxystearinsäuren
bzw. Dioxybehensäuren, Epoxysäuren und anderen Nebenprodukten. Andererseits gibt
die energischere Einwirkung von Alkali, bei Abwesenheit von Wasser, aus Dichlörstearinsäure
Myristinsäure und Essigsäure, sowie undefinierte, aber nicht hochmolekulare Produkte.
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Bei einem älteren Verfahren hat man bereits an mehrfach ungesättigte
Fettsäuren, deren Doppelbindungen nicht konjugiert sind, Halogen angelagert, worauf
jedoch nicht mit Alkali in der Wärme, sondern mit Zink bei gewöhnlicher Temperatur
nachbehandelt wurde, da es bei diesem Verfahren angestrebt wurde, als Zwischenprodukte
Oxyfettsäuren zu erhalten, die durch Wasserabspaltung in mehrfach ungesättigte Fettsäuren
mit konjugierter Doppelbindung übergeführt werden sollten.
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Bei einem anderen bekannten Verfahren hat man an Sojaölfettsäure unterchlorige
Säure angelagert, wobei sich hydroxylhaltige halogenierte Fettsäuren bilden, die
dann im Autoklaven erhitzt und nach dieser Behandlung durch Zusatz von Mineralsäuren
abgeschieden werden. Aus den abgetrennten gewaschenen und getrockneten Oxyfettsäuren
werden dann durch Erhitzen auf 25o° die Hydroxylgruppen in Form von Wasser abgespalten.
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Aus diesen Verfahren konnte die überraschende neue Erkenntnis, die
der vorliegenden Erfindung zugrunde liegt, nämlich die Möglichkeit der Herstellung
viscoser Öle von Standölcharakter aus einfach ungesättigten Fettsäuren und ihren
verseifbaren Abkömmlingen, in keiner Weise entnommen werden.
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Was die Konstitution der neuen Verbindungen betrifft, so ist es fraglich,
ob in ihnen die einzelnen Acyle ätherartig verknüpft sind, ob sie direkt kondensiert
sind (bei der Wasserstoffabspaltung könnten intermediär doppelt ungesättigte Säuren
entstehen, die sich unter Wiederauflösen von Doppelbindungen aneinanderlagern),
oder ob beide Bindungsarten oder noch andere vorliegen. Beispiel i Technische Ölsäure
wird mit Chlor gesättigt und das Erzeugnis mit etwa i3o bis i 4.o o 'o seines Gewichtes
an 3 5 oho iger Natronlauge versetzt, so daß nach Neutralisation der Carboxylgruppe,
Abspaltung der beiden Chloratome und Entbindung von einem Mol Wasserstoff noch ein
überschuß an freiem Alkali bleibt. Das Gemisch wird eingedampft, bis es die Konsistenz
eines steifen Breis angenommen 'hat, und in einen Autoklaven gefüllt, aus welchem
man vor dem Anheizen zweckmäßig die Luft durch Wasserstoff verdrängt. Dann wird
so lange auf etwa i8o° erhitzt, bis die berechnete Menge Wasserstoff entbunden ist.
Der Wasserstoff wird entweder zeitweilig oder kontinuierlich, aber nie vollständig
in einen Vorratsbehälter abgelassen, der Rest erst nach Beendigung
der
Reaktion und Abkühlen des Autoklaveninhalts. Dieser wird dann in Wasser aufgenommen,
der Alkaliüberschuß allenfalls durch Auswaschen entfernt, die freien Säuren mittels
Mineralsäure abgeschieden. Sie sind nach Auswaschen mit Wasser und Trocknen gebrauchsfertig,
können aber auch durch Erhitzen, als solche oder in Form eines Esters, von den geringen
Mengen gewöhnlicher Fettsäuren, die sie enthalten, befreit werden.
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Beispiel 2 In gut getrocknete technische ölsäure wird unter Vermeidung
einer Temperaturerhöhung trockenes Chlor eingeleitet, bis eine Probe praktisch völlige
Sättigung des Produktes zeigt. Dann ist eine Gewichtsvermehrung um rund 23 bis 24%
eingetreten (während die berechnete Zunahme 25% betragen sollte). Das so erhaltene
Produkt wird mit 2 Mol Alkali in Form höchstkonzentrierter Lauge erhitzt, bis die
Hälfte des Chlors abgespalten ist. Das so erhaltene Natriumsalz der Monochlorölsäure
trennt man als solches oder in Form der freien Chlorölsäure von der Kochsalzlösung,
versetzt mit 2i/2 Mol Alkali in Form stärkster Lauge, und behandelt weiter "im Autoklaven
wie im Beispiel i angegeben ist. Hierauf wird mit Glycerin oder einem einwertigen
Alkohol verestert.
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Beispiel 3 Sulfurolivenöl wird mit Chlor gesättigt, das Produkt mittels
der berechneten Menge Lauge verseift und zur Hälfte entchlort, die rohe Monochlorölsäure
in gleicher Weise wie nach Beispiel e weiterverarbeitet.
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Beispiel q.
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Gehärteter Tran mit der jodzahl8q. wird mit Chlor gesättigt, mit der
berechneten Menge 5o%iger Lauge verseift und zur Hälfte entchlort, des weiteren
nach Beispiel e behandelt.
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Beispiel 5 Technischer ölsäureäthylester (erhalten aus Abfall von
der Sulfurolivenölr einigung, einem Gemisch von freien Säuren und Glyceriden, durch
Erhitzen mit Sprit in Gegenwart von 20/0 Schwefelsäure, Neutralisieren, Wäschen
mit Wasser, Trocknen und Destillieren) wird mit Chlor gesättigt. Das Produkt verseift
man mit der gleichen Gewichtsmenge einer 33%igen Natronlauge durch Erhitzen im Autoklaven
bei 6 atü, fügt dann noch die Hälfte der angewendeten Laugenmenge zu, dampft zum
steifen Brei ein und erhitzt diesen auf i8o bis 2oo°, bis sich kein Wasserstoff
mehr entwickelt. Die Aufarbeitung erfolgt, wie in Beispiel 2 angegeben.
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Beispiel 6 Dibrombehensäure (erhalten durch Addition von Brom an Erucasäure
aus dem Rüböl) wird mit der gleichen Gewichtsmenge einer 35%oigen Natronlauge vermischt,
die Mischung von dibrombehepsaurem Natron und freiem Hydroxyd zur Breikonsistenz
eingedampft, dann im Autoklaven bis zum Aufhören der Wasserstoffentwicklung auf
18o bis 2oo° erhitzt, worauf man abkühlen läßt und, wie oben beschrieben, aufarbeitet.
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Die gemäß der Erfindung gewonnenen Erzeugnisse können für alle Zwecke
verwendet werden, für welche man die Standöle und geblasenen öle und ähnliche Produkte
verwendet, z. B. zur Erzeugung oder. Veredlung von Lacken, Leder und Kunstleder,
Textilien und Kunststoffen, insbesondere Kunstharzen, und zwar sowohl für sich allein
als auch im Gemisch mit den bekannten viscosen ölen.