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Herstellung von Lösungen hochmolekularer schwefelhaltiger Kondensationsprodukte
Man erhält bekanntlich hochmolekulare Kondensationsprodukte von hohem Schwefelgehalt
z. B. durch Einwirkung von Polysulfiden auf organische Verbindungen mit austauschbaren
negativen Resten oder durch Einwirkung von geschmolzenem Schwefel auf Olefinkohlenwasserstoffe.
Diese Kondensationsprodukte besitzen kautschukähnliche Eigenschaften, zeichnen sich
aber vor Kautschuk vor allem durch ihre Unlöslichkeit in Mineralölen und anderen
gebräuchlichen Lösungsmitteln aus. Sie haben gerade auf Grund dieser hervorragenden
Lösungsmittelfestigkeit eine Reihe `wichtiger technischer Verwendungsmöglichkeiten
gefunden.
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Trotz der bekannten Lösungsmittelfestigkeit der schwefelhaltigen Kondensationsprodukte
sind dennoch Lösungsmittel bekannt, die eine klare Auflösung dieser Produkte gestatten.
Solche Lösungsmittel sind die organischen Basen aliphatischer und aromatischer Konstitution,
wie beispielsweise Diäthanolamin, Pyridin, Chinolin, Anilin u. dgl.
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Bei der Verwendung dieser Lösungsmittel treten jedoch in zahlreichen
Fällen gewisse unerwünschte chemische Einwirkungen des Lösungsmittels auf das zu
lösende Kondensationsprodukt auf. Diese Einwirküngen werden vermutlich dadurch hervorgerufen,
daß die hochpolymeren Olefinpolysulfidkondensationsprodukte oft gewisse Anteile
an verhältnismäßig locker gebundenem Schwefel aufweisen. Diese Anteile werden durch
Erhitzen mit Basen abgespalten, wobei sich dieser Abspaltungsvorgang durch Schwefelwa'sserstoffentwicklung
bei der Lösung bemerkbar macht. Hiermit ist natürlich gleichzeitig eine in den meisten
Fällen unerwünschte
Veränderung der Polysulfidkondensate verbunden.
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Es wurde nun gefunden, daß sich diese unerwünschten Einwirkungen dadurch
vermeiden lassen, daß man das Lösungsmittel vorher in der Weise schwefelfest macht,
daß man :es mit Schwefel erhitzt und danach einer Destillation unterwirft. Die Erhitzung
mit Schwefel wird zweckmäßig einige Stunden lang durchgeführt. Das Lösungsmittel
verliert hierdurch die unter Umständen auf Grund von Verunreinigungen vorhandene
Neigung, mit dem im Kondensationsprodukt enthaltenen Schwefel in Reaktion zu treten.
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Die Basen brauchen nicht in Form einer einzigen charakterisierten
chemischen Verbindung angewendet zu werden, sondern es können auch Gemische solcher
Basen verwendet werden, beispielsweise also rohe und gereinigte Basenfraktionen
aus Steinkohlenteer, Braunkohlenteer oder anderen Schwelteeren. Es können sowohl
niedrigsiedende wie hochsiedende Basen oder Basenfraktionen verwendet werden, beispielsweise
zwischen 200 bis 25o° oder von 38o bis q.20° siedend. Die verwendeten Basen brauchen
nicht völlig von Kohlenwasserstoffbeimengungen frei zu sein. Man kann beispielsweise
auch Teerölfraktionen verwenden, die stark mit Basen angereichert sind. Im allgemeinen
nimmt die Lösungsfähigkeit der Basen mit steigenden Siedepunkten zu. Die Wahl der
Basen richtet sich im übrigen zweckmäßig nach dem weiteren Verwendungszweck der
erhaltenen Lösungen, insofern als sie sich je nach ihren Siedepunkten mehr oder
weniger leicht wieder vom gelösten Kondensationsprodukt trennen lassen.
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Zur Herstellung der Lösungen können die genannten schwefelhaltigen
Kondensationsprodukte sowohl im Rohzustand verwendet werden als auch als Fertigprodukte
und Zwischenfabrikate, die also schon durch Formung, Härtung usw. behandelt worden
sind, ferner Altwaren, Abfälle u. dgl., die diese Kondensationsprodukte enthalten
oder aus ihnen bestehen. Bei der Einwirkung der Basen auf solche Materialien geht
der Kondensationsproduktbestandteil in Lösung, während die im Ausgangsmaterial enthaltenen
Füll- und Fremdstoffe ungelöst zurückbleiben.
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Die Auflösung der schwefelhaltigen Kondensationsprodukte in den schwefelfest
gemachten Basen wird am besten so vorgenommen, daß das zu lösende Material, zweckmäßig
nach vorangegangener Mastikation und Zerkleinerung, mit den Basen übergossen und
unter Erwärmung und Umrühren bis zur Lösung behandelt wird. Es findet zwar auch
schon bei Zimmertemperatur eine Quellung und anschließende allmähliche Auflösung
statt, jedoch ist es besser, den Lösungsvorgang durch Erwärmung zu unterstützen.
Die geeignetste Lösungstemperatur liegt im allgemeinen zwischen 5o und 12o°. Bei
noch höheren Temperaturen können sich je nach Art des Lösungsmittels unter Umständen
chemische Angriffe auf die Kondensationsprodukte bemerkbar machen.
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Die erhaltenen Lösungen stellen je nach Konzentration mehr oder weniger
stark viscose haltbare Flüssigkeiten dar, die, wenn nötig, durch Filtration von
den ungelöst gebliebenen Inhaltsstoffen der gelösten Kondensationsprodukte befreit
werden können.
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Die schwefelhaltigen Kondensationsprodukte können auf verschiedenen
Wegen aus diesen Flüssigkeiten wiedergewonnen werden. Man kann das Lösungsmittel,
beispielsweise durch Verdunstung, unterstützt durch entsprechende Erwärmung, entfernen,
wobei das darin gelöste Kondensationsprodukt in Form einer zunächst weichen und
dann fest und elastisch werdenden Masse zurückbleibt. Man kann auch bei Verwendung
wasserlöslicher Basen, wie Pyridin, die Basenlösung in Wasser eingießen, wodurch
die Kondensationsprodukte zunächst emulsionsartig ausfallen und durch Säurezusatz
koaguliert werden können. Zweckmäßig gießt man die Basenlösung in eine wäßrige Säurelösung,
z. B. Salzsäure, ein, wodurch einerseits eine sofortige Koagulation des Kondensationsproduktes
erreicht wird, und andererseits die Basen durch Auflösung in der Säure vom Kondensationsprodukt
getrennt werden. Die Basenlösung kann auch durch Abtreiben der Basen im Vakuum oder
mit Wasserdampf in ihre Bestandteile zerlegt werden. Es ist unter Umständen, insbesondere
bei Verwendung -hochsiedender Basen, z. B. um 400°, vorteilhaft, einen gewissen
Anteil an Basen im Kondensationsprodukt zu belassen, da diese Basen sich als gute
Weichmacher für die schwefelhaltigen Kondensationsprodukte bewähren. Die ausgefällten
Kondensationsprodukte können durch Behandeln mit warmer, verdünnter Mineralsäure,
durch Auswaschen mit Wasser und durch Trocknen im Vakuum weiter gereinigt werden.
Beispiel i 5oo g Chinolin werden mit 5o g Schwefel versetzt und io Stunden am Rückflußkühler
zum Sieden erhitzt. Dann wird das Chinolin destilliert. ioo g eines durch Umsetzung
von Äthylenchlorid und Polysulfid erhaltenen schwefelhaltigen Kondensationsprodukts
in noch urigehärtetem und urigefülltem Zustand wird zerkleinert, mit Zoo bis iooo
g des in der vorstehenden Weise schwefelfest gemachten Chinolins übergossen und
unter Um-
rühren auf etwa 5o bis 12o° erwärmt. Aus
der erhaltenen
klaren Lösung kann durch Eingießen in verdünnte Salzsäure das Kondensationsprodukt
in Form einer zunächst weichen und nach Trocknung gut elastischen Masse wiedererhalten
werden. Beispiel 2 5oo g Pyridin werden mit 259 Schwefel versetzt und 15
Stunden am Rückflußkühler zum Sieden erhitzt. Nach @ Abkühlen und Abscheidung des
unverbrauchten Schwefels wird das Pyridin destilliert und nochmals 5 Stunden mit
neuen 25 g Schwefel am Rückflußkühler zum Sieden erhitzt. Dann wird das Pyridin
wiederum destilliert. ioo g eines aus ß, ß'=D@ichloräthyläther und Polysulfid erhaltenen,
mit Ruß vermengten und in bekannter Weise durch Formung und Härtung hergestellten
Fertigprodukts wird in zerkleinertem Zustand mit iooo g wasserfreien, in der vorstehenden
Weise schwefelfest gemachten Pyridins versetzt. Das Gemisch wird unter Umrühren
bei 5o° bis zur Auflösung behandelt. Der ausgeschiedene Ruß wird durch Filtration
von der klaren Lösung getrennt. Die Lösung wird durch Eingießen in Wasser oder verdünnte
Mineralsäure gefällt, wobei das Kondensationsprodukt in Form einer zunächst weichen,
zusammenhängenden und nach Trocknung gut elastischen Masse wiedergewonnen wird.
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Beispiel 3 5oo g hochsiedende Basenfraktion von Kp. 38o bis 42o° werden
mit iog Schwefel versetzt und 5 Stunden auf etwa 200° erhitzt. Dann wird die Basenfraktion
im Vakuum destilliert. ioo g eines Fertigprodukts eines schwefelhaltigen Kondensationsprodukts
auf Basis von Äthylenchlorid und Polysulfiden wird mit Zoo g der schwefelfest gemachten
hochsiedenden Basenfraktion vom Kp. 380
bis 42o° vermischt und das Gemisch
unter Umrübren auf 8o bis ioo° erwärmt. Die erhaltene Lösung wird filtriert und
ist dann klar und bei gewöhnlicher Temperatur gallertartig. Durch Eingießen der
Basenlösung in verdünnte wäßrige Mineralsäure wird das gelöste schwefelhaltige Kondensationsprodukt
zurückgewonnen. Beispiel 4 5oo g Pyridin werden mit 6o g Schwefel versetzt und 12
Stunden am Rückflußkühler zum Sieden erhitzt. Dann wird das Pyridin destilliert.
ioo g eines durch Umsetzung von Äthylen mit Schwefel unter Druck hergestellten schwefelhaltigen
Kondensationsprodukts wird zerkleinert und mit iooo g schwefelfest gemachtem Pyridin
auf iio° erwärmt und unter Rühren gelöst. Durch Eingießen in Essigsäure wird das
Kondensationsprodukt ausgefällt und in Form einer elastischen Masse zurückgewonnen.
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- Beispiel 5 5oo g Teerfraktion vom .Kp. i i o bis i 4o°, die 5o%
Basen enthält, werden mit 459 Schwefel -versetzt und 5 Stunden am Rückflußkühler
zum Sieden erhitzt. Dann wird die Teerfraktion destilliert. ioo g eines aus Athyfenchlorid
- und Polysulfid erhaltenen schwefelhaltigen Kondensationsprodukts wird fein zerkleinert
und in 3 kg einer auf etwa i i o° erwärmten schwefelfest gemachten Teerfraktion,
Kp. i io bis 140°, die 500/Q Basen enthält, nach und nach eingefüllt und unter gutem
Rührem gelöst. Durch Abtreiben des Lösungsmittels mit Wasserdampf läßt sich das
gelöste Kondensationsprodukt zurückgewinnen.